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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das Wilsdruffer Tageblatt euthäll die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmaunschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats z« Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Noffe«. D« Ml«Lr»-er Tageblatt' erscheint «Lgüch nachm. 5 Uhr sSr den folgenden Tao. Bezug-pr-ir: Bei Abholung in der »«fchLftrsteSe u»d den Ausgabestelle» 2 Wk. im Mona», bei Zustellung durch di« Boten 2,so Mb., bei Postbestelluxg Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Sttu Ln^ ttSacr u»d »eschtlstsstellen — — — nehmen zu jeder Zeit Be. ftellungen entgegen. Am Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger BetriebsstSrnngen besteht Hein Anspruch auf Lieferung der Zeitung »der Kürzung de« Bezugspreise«. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto bestiegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. 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Unzuverlässige, uneinige Freunde auf der einen, erbitterte Feinde auf der anderen Seite. Und diese Feindschafttn konzentrieren sich im Senat, konzentrieren sich unter der Führung seines Vorgängers Poincarö, der jetzt in den Auswärtigen Ausschuß des Senats delegiert ist und seinem Nachfolger auf Schritt und Tritt nachschleicht, um ihm den parlamentarischen Dolch bei der ersten Ge legenheit in den Rücken zu stoßen. Herriot wehrt sich zwar, mit Taten durch Festhalten an den „Garantien", durch Worte, indem er seinen festen Willen bekundet, gegebenenfalls die Opposition zu einer Entscheidung für oder gegen die Gruudzüge des Dawes-Gutachtens zu zwingen. In einer Rede am Sonn tag — wobei übrigens die Kommunisten eine laute Demon stration für eine Amnestie veranstalteten — sprach er von dem „gewagten Unternehmen", das seine Regierung dar stelle, aber er sei entschlossen, nicht nachzugeben, trotz der zahllosen Klippen, die den Lauf des französischen Staats schiffes bedrohen. Interessieren uns als Deutsche die innerpolitischen Schwierigkeiten des Kabinetts Herriot nur indirekt, so ist für uns von Wichtigkeit, was der Ministerpräsident in diesem Zusammenhang — immer in diesem Zusammen hang — zum Reparationsproblem zu sagen hatte. Und dabei kommt wieder das gewohnte „Ja — aber..." zum Vorschein. Man habe das Gutachten akzeptieren müssen, weil es die beste Zahlungschance für Frankreich darstelle. Aber es weise eine ganze Reche von Fragen auf, deren Regelung durch di« Regierung der Alliierten zu erfolgen hat. Und deswegen müsse eine Konferenz der Alliierten stattfinden, wobei wieder die Herstellung eines Einverständnisses zwischen England und Frankreich die Voraussetzung sei. Das habe man in Chegners versucht und erreicht, und unrecht sei es, die Bedeutung dieser Tatsache abzuschwächen. Mit diesen verschleierten Worten sucht Herriot die Opposition zu beruhigen, indem er einerseits das auch dieser erwünschte Zusammenarbeiten mit England als dringende Notwendigkeit in den Vordergrund schiebt, es als das eigentliche Ergebnis von CHegners bezeichnet, und andererseits die Regelung jener Fragen als spätere Sorge hinstellt — wenn man nur erst in London auf der Al liierten konferenz sitze. Daran, daß auch Deutschland bei dieser Regelung sozusagen interessiert sei, scheint man allerdings weniger zu denken. Im übrigen sind die Bemühungen schon im Gange, wenigstens eins der Hindernisse aus dem Weg zur Einigung zwischen Frankreich und England auszuräumen, indem man die Frage, was gegen Deutschland im Falle einer „Ver fehlung" zu geschehen habe, vcr Beratung der Lon doner Konferenz entziehen will. „Die Kon ferenz von London wird zusammenberufen, um den „Ge burtsakt" des neuen Systems auszuarberten, darf aber nicht die Art diskutieren, wie dessen Fehlschlag ssstgestellt wird. Denn dadurch würde sie -das neue Regime von vornherein schwächen, wenn man eine einzige der Smrktiorren einschrän ken würde, mit denen man di« Zerstörung dieses Regimes be strafen würde," schreibt der „Temps". Man soll« eben vor allem erst einmal Las ^chverständigengutachten, nur dieses, in Gang bringen. Das ist natürlich für Frankreich sehr bequem, beseitigt aber nicht den Hauptgrund der Zu rückhaltung, Lie sich der Weltkapitalmarkt einem Deutschland ' gegenüber auferlegen muß, das, wie bisher, von völlig un geregelten, willkürlichen „Sanktionen" bedroht ist und darum ständig in Gefahr schwebt, Lurch diese schwere wirtschaftliche Schädigungen zu erleiden. übrigens beginnt man sich jetzt auch in Frankreich doch Gedanken zu machen Wer die internationale An leihe; hier betont auch wieder der „Temps" den himmel weiten Unterschied zwischen der Auflegung einer solchen und ihrer Unterbringung. Dabei hat man doch zu bedenken, daß der Weltkapitalmarkt ja nicht nur durch diese, sondern in riesenhaft gesteigertem Maße vor allen? durch Li« Unterbringung Ler deutschen Giseubahnanleihe und der deub- scheu Jndustrieobligationen in Anspruch genommen werden soll, eine Unterbringung, di« ja Mr Deutschland von be sonderer Wichtigkeit ist, »veil Frankreich sie erst abwarten will, ehe es das Ruhrgebiet wirtschaftlich räumt. Und da fällt Lem „Temps" auch ein, Laß Englands Stellung zur Wiederaufrichtung Deutschlands mittels dieser Anleihe, also zur Wiederbelebung Les deutschen Konkurrenten, noch ganz ungeklärt, diese Anleihe frage geradezu Ler Angelpunkt aller politischen und wirtschaftlichen Regelungen zwischen Deutsch land und seinen Gläubigern darstelle. Man scheint also in Paris mich allmählich dahinter zu kommen, daß Las Sachverständig«n-Gutacht«n auch ein paar ganz klare Rechte enthält, aus Lie Deutschland einen An spruch zu erheben hat. postMcb-aeutlche«' KonMkt. Polen fordert Genugtuung für Allenstein. Der polnische Gesandte in Berlin hat im Auftrage der Warschauer Regierung dem Außenministerium in Berlin eine Note überreicht, in der festaestellt wird, daß der Vize- (Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes".) London, 8. Juli. Ramsay Macdonald wird heute vormittag nm 9 Uhr aus London über Boulogne nach Paris abfahren. Er wird von dem zuständigen Unterstaatssetretär im Auswärtigen Amt Lord Crewe, dem Obersten Waterhouse seinem Kabinettschef, sowie von seinem Privatsetrotär begleitet sein. In Paris sieht man dem Ein treffen des englischen Ministerpräsidenten mit der größten Spannung entgegen. Die Situation hat mit dem gestrigen Tage eine entscheidende Aenderung erfahren, und am Abend herrschte der Eindruck vor, daß ' eine wesentliche Entspannung zwischen Frankreich und Großbrita- nien zu Stande gekommen wäre. Macdonalds Erklärungen im Unterhause über seine Pariser Reise Paris, 8. Juli. Wie aus London gemeldet wird, hat Macdonald gestern nachmittag im Unterhaus nritgeteilt, daß er nach Paris abreisen werde. Bei dieser Gelegenheit sagte der Premier, er werde Mes tun, was von ihm abhänge, um zu ver hüten, daß übgelgesinnte Menschen die Möglichkeit einer französisch englischen Verständigung zunichte machen. Er fügte hinzu, er weigere sich, eine so schreckliche Eventualität ins Auge zu fassen. Zum Schluß sagte Macdonald, er werde am Donnerstag im Un terhanse über das Ergebnis seiner Pariser Besprechungen ge naue Angaben machen-. Macdonalds Reise doch auf Herriots Bitte erfolgt Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 8. Juli. Ueber den bevorstehenden Besuch Mac donalds werden in amtlichen Kressen keine Mitteilungen gemacht. Von maßgebender Seite verlautet indessen m später Abendstuntw, dah Herriot bereits am Samstag an den englischen Premier die Bitte rechtete, sich sobald als möglich mit ihm zu treffen. Die Zustimmung Macdonalds und seine Absicht, nach Paris zu kom men, soll der Londoner französische Botschafter Herriot heute früh mitgeleilt haben. Dieser Besuch ist also keineswegs so unerwar tet, Wie von einem Teil der Pariser Nachmittagspresse behauptet wird. Die gesamte Presse mW dem Besuch des englischen Mi- nisterpräsidentent die größte Bedeutung bei und hebt die Tatsache hervor, daß Macdonald alles tue, was in seinen Kräften stünde, um die von „Foreign Office" begangenen Irrtümlichkeiten wieder gulzumachen. Das franzöfifche Ultimatum. Paris, 8. Juli, lleber den Inhalt des Mmdestprogrammes der französischen Regierung so sür die Londoner Konferenz soll Chigago Tribune folgendes erfahren haben. Die französische Nole hält an den im Versailler Vertrage festgelegten Rechten Frankreichs fest. Herriot zeigt aber in einer Reihe von Punkten seinen Berständigungs- willen ohne indessen von der Form des Versailler Vertrages abzu gehen. Ein horvorsLehender Punkt der französischen Note, der ohne konsul Ripa in Allenssein die Genugtuung Mr den Anschlag auf sein Leben nicht erhalten hat, da der Regierungspräsident von AllensteiU bisher persön lich nicht bei Ripa vorgesprochen und sein Bedauern über den Vorfall ausgedrückt habe, wozu die deutsche Note sied verpflichtete. In der polnischen Note wird außerdem behauptet, Latz die ostpreußischen Behörden, statt der Preffehetze entgegen- zutreten, sich mit ihr solidarisch erklärt hätten. Das be weise u. a. eine Erklärung Les Regierungspräsidenten in Allenstein in der Allensteiner Zeitung vom 2. Mai, die den Charakter einer Polemik mit den Leitern der polnischen KonMarstellen habe, und die ganze Anschlagfrage als bedeutungslos hinzustellen suche. Die polnische Rote er hebt gegen die Haltung der deutschen Behör de n in dieser Frage Protest, fordert die Leistung der vereinbarten Genugtuung Mr Vizekonsul Ripa und die Einwirkung auf die ost preußische Presse, um diese zur Einstellung der polenfeindlichen Kampagne in der bisher geübten Form zu veranlassen. Die Rote be tont zum Schluß, daß nur auf diese Weise eine Einstel lung der Amtstätigkeit der polnischer» Konsulate inO st Preußen vermieden werden könne. vam« ima ass DsMs-MaM«. Voraussetzungen der Zustimmung. Ministerpräsident Dr. Held hat auf der Ministerpräsi- ventenkonferenz in Berlin die Zustimmung Bayerns zum Sachverständigengutachten unter folgenden Voraussetzungen ausgesprochen: 1. Es fei zu erwirken, daß die Zoll grenze am Rhein beseitigt und die Wirtschafts einheit des Reiches wieder hergestellt wird. 2. Die Aner kennung des Gutachtens dürfe keinerlei Anerken- nungder Kriegsschuldfrage in sich schließen, die im Gegenteil amtlich aufzurollen fei. 3. Freigabe der Ge fangenen und Rückkehr der Ausgewiesenen. .4. Zweifel in Deutschland einen Sturm der Entrüstung Hervorrufen wird, ist die bekannte Weigerung Herriots, die Deutschen zur Lon doner Konferenz zuzulassen, so lange sie nicht die zur Ausführung des Sachverständigenberichtes erforderlichen Gesetze angenommen haben. Dieses Ultimatum ist in der entschiedensten Tonart gehalten, und der Reichstag wird gezwungen sein, ja oder nein zu sagen; denn die Franzosen werden die Londoner Konsercnz verlassen, salls Eng land den Versuch machen sollte, die Deutschen vor der Annahme der durch den Sachverständigenbericht bedingten Gesetze einzuladen. Hetze in Italien. Rom, 8. Juli. Der popularische Abgeordnete Torini, der als italienischer Dragierter der interparlamentarischen Handelskonserenz in Brüssel beiwohnte, hat sich zu dem Pariser Korrespondenten des Giornale d« Italia über die Stimmung ausgesprochen, die heute Bel gien beherrscht. In allen Unterredungen haben sich Politiker, Indu strielle, aber auch Führer der Arbeiterorganisationen über die Be fürchtung ausgesprochen, daß ein neuer europäischer Krieg in nicht zu weiter Ferne sei. Außerdem hat der srühere belgische Minister de Veze sich auf der Konferenz ebenfalls in diesem Sinne geäußert Das Unbestimmte, das die kaiserliche Republik (!) einhülle, laste wie ein Albdruck auf die Nachbarstaaten. Es handele sich sür Belgien drum, um aus dem Dilemma herauszukommen, von Frankreich eine energische militärische Kontrolle gegen eine neue deutsche Invasion zu fordern. Kettogs Million. (Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes".) London, 8. IM. In hiesigen Kreisen spricht man davon, daß der amerikanische Botschafter in London Kellog von seiner Regierung angewiesen wurde, die Ansicht Amerikas zu dem Da wes-Bericht der britischen Regierung zu unterbreiten. Diese Mel dung hat in hiesigen Kreisen Befriedigung erregt, da man glaubt, datz zwischen der Ansicht der britischen und der der amerikanischen Regierung kein wesentticher Unterschied besteht. Keine Verlegung der Londoner Konferenz nach Brüssel. Paris, 8. Juli. Am Ouai d'Orsay wird erklärt, daß die Gerüchte, wonach die auf den 16. Juli in London festgesetzte Kon ferenz nach Brüssel verlegt werden soll, aus der Lust gegriffen sind. Aus Brüssel liegt eine offizielle Mitteilung vor, welche die selbe Richtigstellung enthält. OockesurtrN im kraftproretz. Eigener Fernsprechdienst des ,,Wilsdruffer Tageblattes". Stettin, 8. Juli. Heute vormittag b/9 Uhr wurde das Urteil verkündet. Die Angeklagten Karos und Engeler wurden zum Tode verurteilt. Der Angeklagte Schwrrrat wurde freige- sprochett. Die Kosten trägt, soweit Freispruch vorliegt, die Staats kasse. Räumung des Ruhrgebtetes und des Duisvurger und Düsseldorfer Sanktionsgebietes. 5. Prüfungder deut schen Zahlungsfähigkeit in längstens vier Jah ren Lurch ein unparteiisches neutrnkes Schiedsgericht und endgültige Festsetzung der deutschen Rvparationsfchulb inner- haw Les gleichen Zeitraumes. Bezüglich Ler Eisenbcchn- frage hat Dr. Held Lie Zustimmung Bayerns von den» Er gebnis der demnächst in München stattfindcnden Verhand lungen mit dem Reiche abhängig gemacht. Vie?olM Ser veuifchen vsllrrparlei Frankfurt a. M„ 7. Juli. Der Zentralvorstand der Deutschen Volkspartei hat in Frankfurt a. M. den Außenminister Dr. Stresemann unter lebhaften» Beifall einmütig wieder zum Vorsitzenden gewählt. Er hat dann zur äußeren Politik eine Ent schließung angenommen, in der di« Haltung der Reichs regierung gebilligt wird, insbesondere Stresemanns Stellung zum Dawes-Plan. Doch wird neben anderen allgemein gemachten Vorbehalten u. a. gesagt: Der Zenical- vorstand ist sich darüber einig, Laß das Sachverständigen gutachten nur angenommen werden kann, wenn mit An nahme des Gutachtens die Wiederherstellung Ler wirtschaftlichen Einheit und der Hoheits - rechte Les Reiches, insbesondere der vertrags mäßigen Zustände am Rhein, gesichert ist. Dies erfordert vor allem die wirtschaftliche und militärische Räumung aller über Las Rheinlandabkommen hinaus besetzten Gebiete. Der Zentralvorstand setzt als selbstver- ständ! h voraus, daß Versuche, die Räumungs- fristen des altbesetzten Gebietes hinausM- schieben, mit aller Entschieden Heft verhindert werden. In einer Entschließung zur inneren Politik wird bedauert, Laß die Bildung emer großen bürgerlichen Koa litionsregierung nicht gelungen ist.