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NevissonSverhandkung im Düsseldorfer Echup»-Prozeß. Vor dem Nevisionsgericht der französischen Rheinarme« in Mainz begann am Donnerstag die Rcvisionsverhandlung in Lachen der Offiziere und Beamten der Düsseldorfer Schutzpolizei. Die Verteidiger haben in ihrer Re« visionsschrist zunächst wiederum die Unzuständi g k« i tdeS Gerichts gerügt, da es sich um Vorfälle in Düsseldorf, d. h. nicht aus feindlichem Gebiet, handele. Fernrr komme bei dem Vorgehen der Schutzpolizei gegen die Separatisten ein Angrif! auf die französische Armee oder deren Mitglieder nicht in Frage, es sm also nur ein Zwischenfall zwischen Deutschen, die Sache gehöre daher vor ein deutsches Gericht. Im übrigen richtet sich die Revisionsschritt gegen die Fragenstellung. Unter den 135 Schuldfragen, die das Kriegsgericht in Düsseldorf gestellt habe, seien die für diesen Prozeß wichtigsten aus gelassen worden, nämlich die Frag ob sich die Schutz polizisten in Notwehr befunden haben, und die Frage, ob sie durch das Verhalten der Separatisten gereizt worden sind. Unter Hinweis auf verschiedene weiter« Formfehler wird die Aufhebung deS Urteils verlangt. HE—————————— Fälschungen der Berliner Dollars. In Berlin Hausen sind die Fälschungen der Stadtdollars, d. h. des von der Siadt ausgegebenen wertbeständigen Papiergeldes, in er schreckender Weise. Die Stadt will demjenigen, welcher die Festnahme eines der Fälscher herbeisührt, bis zu tau fend Goldmark Belohnung zahlen. — Und dabei könnte die Stadt in ihrer mißlichen Finanzlage das schöne Geld für sich selbst viel besser gebrauchen! Ein weiblicher Fassadenkletterer. Der Berliner Kri minalpolizei gelang die Entdeckung einer gefährlichen Bande von Fassadenkletterern, die zahlreiche Einbrüche auf dem Kerbholz hat. Durch Beobachtung wurde einer der Kletterer überrascht, als er gerade seiner Braut, die ebenfalls geschickt Fassaden erkletterte, neugefiohlene Wäsche als Ausstattung schenkte. DaS Brautpaar wurde verhaftet. Die Helfershelfer werden noch gesucht. Durch EiS vom Festland abgeschnitten. Die ost frie sischen Inseln sind bis auf Norderney vom Verkehr mit dem Festland« abgeschnitten. Juist, Wangeroog, Lan- geroog usw. können nicht angefahren werden. Der letzte Versuch des Dampfers „Frisia 3", Juist zu erreichen, stieß auf größte Schwierigkeiten: die Passagiere mußten mit Gepäck und Post ausgebootet und von einem Boot des Dampfers in ein entgegenkommende? Boot von Juist um geladen werden. Die Boote schlugen voll Wasser und hatten unendlicl-e Mühe, nach der Insel und dem Dampfer zurück zugelangen. Da es aber leinen anderen Weg gibt, um di« Bewohner mit Lebensmitteln zu versorgen, müssen diese gefährlichen Transporte wiederholt werden. Antounfoll bei Schweningers Beisetzung. Pros. Ernst Schweninger ist im Lstfriedhof in München in aller Still» beigesetzt worden. Die Feier verzögerte sich dadurch, daß das Auto mit den Söhnen Schweningers auf der Fahr! zum Friedhof mit einem Lastwagen zusammenstieß, wobei der jüngere Sohn durch Glassplitter verletzt wurde, so daß er ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte und sich an der Trauerfeier nicht beteiligen konnte. Vergnügliche Winterreise in Pommern. Ein Kletn- dahnzug, der von Labes nach Daber in Hinterpommern ab gefahren war, blieb im Schnee stecken und mußte heraus geschippt weiden. Auf der Rückfahrt war der Zug nur bis in die Gegend von Zeitlitz gekommen, weil der Lokomotive das Wasser ausgegangen war. Sie war bis zur nächsten Station zurückgefahren, um Wasser einzunehmen, es gelang ihr jedoch nicht mehr, sich durch die hohen Schneeschanzen hindurchzuarbeiten. So blieb der Zug ohne Lokomotive liegen. Zum Glück befand sich ein Kohlenwagen im Zuge, so vatz die Fahrgäste sich wenigstens warme Abteile machen konnten. Nahrungsmittel wurden aus dem benachbarten Zeitlitz herbeigeschafft. Nach 24stündiger einsamer Warte zeit erreichte sie Maschine endlich den Zug, den sie am vierten Tage nach der Abreise an den Bestimmungsort be fördern konnte. Unfall bei einer Fahrprüfung der Schupo. Ein schweres Unglück ereignete sich in Elberfeld bei einer Fahreignungssahrt der Schupo. Ein mit zwei Beamten besetzter Kraftwagen kam ins Rutschen und sauste mit großer Geschwindigkeit eine steile Straße hinab. Der Lenker verlor die Gewalt über den. Wagen; dieser rannte über die > Straße hinweg gegen ein Haus, «on nverMug M oe, Wagen und begrub die beiden Beamten unter sich. Ein Oberwachtmeister wurde getötet, ein Wachtmeister erlitt lebensgefährliche Verletzungen. ScemmmSdrama aus der Nordsee. Der Fischdampfer ^Grimm" fand in der Nordsee ein treibendes norwegisches Motorboot mit drei Mann, von denen einer bereits tot war. Die Arme und Beine der beiden überlebenden waren schon total erfroren. Das Motorboot hatte am 22. De zember die norwegische Küste verlassen. Alsbald versagte aber der Motor, so daß es nicht zurückkehren konnte. Die drei Leute sind mit dem Boot über sieben Tage bei Frost und Sturm und ohne jegliche Nahrung umhergetrieben worden. Der Fischdampfer nahm die zwei noch lebenden Fischer und die Leiche auf und ließ das Boot wieder trei ben,, weil er weiter fischen wollte. Da aber der Zustand der erkrankten Seeleute zu bedenklich wurde, hat der Fisch dampfer sie nach Norwegen an Land gebracht. Schwere Verdächtigungen gegen die Wiener Ärzte. Der Vorstand der chirurgischen Klinik der Wiener Univer sität, Hofrat Prof. Dr. Hochenegg, hat in einer Vorlesung vor seinen Schülern schwere Vorwürfe gegen Wiener Ärzte s erhoben, indem er behauptete, daß ein S chm i e r g el de r- unwesenbei ihnen Platz gegriffen habe. Die Patienten würden nur dem Spezialisten zugewiesen, der Provision an die Ärzte zahle. Ein Spezialist habe bis zu 50 A alS Vermittlungshonorar abzugeben, und dadurch werde selbst» verständlich der Kranke geschädigt, da die Vermittlungs- Honorare auf das Gesamthonorar herausgeschlagen würden. Diese schweren Vorwürfe des Professors haben in der Wiener Ärzteschaft begreifliches Aufsehen erregt. -DaS dänische Hilfswcrk für deutsche Kinder. DaS unter Leitung deS Abgeordneten I. P. Nielsen stehende »Dänische Hilfswerk" setzt nach wie vor alle Kräfte darein, die deutsche Nöt, besonders die Not der deutschen Kinder, zu lindern. Im Laufe des Monats Dezember sind weitere 1300 deutsche Kinder zu längerem Erholungsurlaub nach Dänemark gebracht worden. Für den Monat Januar sind dem Deutschen Roten Kreuz bereits wieder 700 neue Plätze für erholungsbedürftige deutsche Kinder zur Versügung ge stellt worden. Jever Tag aber bringt neue Meldungen von Freiplätzen, so daß die Zahl 700 für den Monat Januar sicher noch weit übertroffen werden wird. In der ersten Januarwoche trafen in Deutschland aus Dänemark zwei Waggons mit insgesamt 3000 Liebesgabenpaketen für deutsche Kinder ein. Da« Wrack de^ englischen U-Boote« „L. 24". Der englische Admiralstab teilt mit, daß das Wrack deS kürzlich gesunkenen Unterseebootes „L. 24" entdeckt ist. Da die Lage deS Wrackes alle Hebungsbemühungen nutzlos macht, hat man ieven Rettungsversuch aufaeaeben. Der einarmige Klaviervirtuose. In Budapest starb der Komponist und Klaviervirtuose Graf Geza Zichy im Alter von fast 75 Jahren. Er war weltbekannt als Klavier spieler mit einer Hand. Graf Zichy hatte als Knabe aus der Jagd den rechten Arm verloren; aber seine Liebe zur Musik trieb ihn dennoch zur Ausübung ves KlavierspielS. Einer seiner Lehrer war Franz Liszt, überall erregte er mit seinem großen pianistischen Können Bewunderung. Polnische Dichtcrehrung. Das Warschauer Komitee, daS die Überführung der sterblichen Überreste des vornehm lich durch seinen Roman ,.Ouo vadis?" auch bei uns be- f kannt gewordenen polnischen Schriftstellers Sienkie wicz nach Polen plant, erhielt aus ver Schweiz die Nach richt, daß ver Ausgrabung der Leiche leine Schwierigkeiten bereitet würden. - * Me/Ve/ Sw/Me// » : gestalten Ser RegiMr kruiiwiitiptl In Leipzig. Optimisten An der Gulaschkanone Augusiusplatz. In langer Doppel reihe wartend, hungernd, frierend, «die sattsam 'bekannten Alten mit 'den vergrämten, zerfurchten Gesichtern. Zwei Weiblein in reger Unterhaltung: „Se meen wepglich, 's werd- uffgewerd'h . . . ?" ,Wsilich> wevds! HMsdeeg'n un so, — iwerhaubd alles ' Geld von vorn Grieche!" „Echa!" „Nu, mei Emil hadd's doch geläs'n in' Bl-abbe!" „Nu, da häbdj doch —ich hawwe nämlich von mein Gus- dav sei Schderwegeld noch fimfhundeib Marg uff d'r Gaste, — 's liegt nu seit d-reizehne, — -Sie meen', -das werd ooch mit . . „Das werd' ooch uffgew-erdld, — cha, da genn Se lach'n!" „Da gennd'sch mer doch eene neie Jogge goof'n, — un Schdrimbe . . .?" „Nadierlich, — genn' Se ooch!" Var reltgewissen Im Kasfee Felsche. Eine buntscheckige Menge, rauchend, trinkend, sorglos. Deutsche, Ausländer, Damen und Dämchen. > Gesprächsbrocken kbngen an mein Ohr: — „Prima Aus- s j zugsmehl, sofort greifbar!" — „Der Ehrenkodex sagt nicht, daß , s ich den Handel annehmen muß.!" — „Ach-, Otto, ich hab' mich ' > ja sooo nach Dir geseeeeehnt!!" Eine Frau geht von Tisch zu Tisch. Alt, hager, groß, be- l kleidet mit einer altmodischen, schwarzseidenen Mantille, die - nach Mottenkugeln duftet, auf dem erhobenen Haupt einen Ca- potthut mit Straußenfedern, — so wie ihn unsere Großmütter trugen. Die -alte Fran bettelt. Ihr Mund bleibt stumm, nur ihre Augen sprechen. Und seltsam, — auch dem verstocktesten Ego isten erstarrt die abweisende Gebärde, wenn -er in diese Augen schaut. Er wird fast verlegen und gibt, wenn er das erschüt ternde Leid unserer Alten aus den Zügen liest. So geht sie von Tisch zu Tisch, kaum, daß ihre welken Lippen „Danke" murmeln, -ihr starrer, gramvoller Blick öffnet jede Brieftasche, — langsam -entschwindet sie, aufrecht, groß und hager, geschmückt mit Straußenfedern, gekleidet in Seide, - - das lebende Zeitgewisten. „kW 6e»Mt»ensch " Mein Hauptberuf nötigt mir eine Gewohnheit ab, die vielen Zeitgenossen nicht gefällt. Ich schlafe morgens lange. Obwohl i das eigentlich meine -intimste Privatangelegenheit ist und ich als freier Republikaner schlafen kann, solange also kurz gesagt, dieser Tage habe ich wegen besagter Berussgewohnheit erneut an Wohlwollen eingebüßt. Das kam so: Morgens gegen -acht Uhr klingelt es heftig -an meiner Tür. Eine naive Ver wandte, die vor kurzem in völliger Unkenntnis der Geistesar beiterlöhne die Ausgabe übernommen hat, das in meinem phy sischen- Innern befindliche Vakuum auszugleichen, öffnet. Draußen steht ein junger, wohlgenährter Bettler. — „Ach, verzeih'» Se, Ham Se nich 'ne Taste G-assee?" — Meine , „Perle" mürrisch: „Nee, — ich hab' noch gern' gegocht!" — - Darauf der Bettler vorwurfsvoll: „Was, — noch- geen' Gaffer? i 'S is doch bald halbneine!" — Sprachs, und entschlürfte kopfschüttelnd. „Armin Heinrich 1897": Verschandeln Sie doch den Liedanfang nicht. Ls Hecht richtig: „Nun leb wohl, du kleine Gasse". Das Lie-d ward vor 1833 gedichtet von Albert Graf von Schlippenbach und ist überschrieben „In die Ferne". Die Melodie ist von Fr. Sucher. Geplagte Leserin in B.: Gegen zurückweichendes Zahnfleisch empfiehlt sich sanftes Linreiden mit Mirchentinktur. Es wird dadurch wieder zu einigem Wachstum angeregt. Man verhütet dadurch auch das Moblegen des unteren, schmelzlosen Zahnhalses, der sonst leicht angegriffen wird und zu Zahnkrankheiten führt. Leserin B. Cl. in N.: Die Ermnyen waren die Rachegöttinnen der Alten, Dienerinnen der Gerechtigkeit und Rächerinnen der von Menschen verübten Missetaten. Ihre Zahl ist 3: Tisiphone, Alekto -und Megära. „Mekka-Medina": Der um den Volksgesang so verdiente Musik pädagoge Ludwig Erk ward 1807 zu Wetzlar geboren. Zuletzt war er Musikdirektor in Berlin. Gartenfreundin Th. Z.: Pflanzen, die durch Frost aus dem Erdboden gehoben worden sind, müssen bei eingetretenem Tauwetter wieder festgedrückt werden. Verfolgen Sie diesen allgemein be kannten Rat. Die Pflanzen werden dann wieder. Nichte Aenni, gen. Mausi: Ein Slammbuchverslein, -das bas Eigenlob verurteilt, möchtest Du wissen? Hier hab ich ein für Dich von Friedrich -von Logau extra gedichtetes. Es heißt: „Sich selber schelten, sich selber loben Tun Kluge selten, tun nur, die toben". -- SchMlSMge. XmvrLrw : Oop/rigbt 1S20 b^ l,tt. Lur. bl. 1-tnke, 0r»«ckall-21 Roman von Matthias Blank. Nach ein paar Sekunden fügt« Kola Tobaisar hinzu: „Aber Durchlaucht müßten selbst nach El Arischer zurückkehren. Das alles verlangt viel Geld." Da blieb der Fürst dicht vor ihm stehen. „Wie sieht es in EI Arischer aus?" „Wie es war, als Durchlaucht uns verlassen Haden." „Kann dort auch eine junge Fürstin einziehen?" Tobraisar wiegte den Kopf hin und her; dann rieb er die fleischigen Handrücken gegeneinander und erklärte: „Ich müßte erst alles vorbereiten." „Kannst du das? Es muß alle» so sein, wie es einer Fürstin zukommt. Verstehst du?" Ein Lächeln glitt über Tobraisars Antlitz. „Oh, es gibt viele schöne Seide und prächtigen Schmuck. Und Tänzerin- nenl Aber Geld ist notwendig." „Das sollst du bekommen. Wer muß nicht auch aus El Arischer noch manches geändert werden?" „Dos kann ich machen. Ich verstehe es schon, wie auf El Arischer eine junge Fürstin empfangen werden muß. Ich werde die Paschers rufen."- „Gut! Du wirst noch genaue Weisungen erhalten. Wer den die Gläubiger warten?" „Sie werden es tun! Ich habe gesagt, daß ich Durch laucht selbst aufsuchen will. Und sie werden warten, bis ich von der Reise zurückkomme." „Du wirst im Fremdenzimmer bleiben. Zch werde unter dessen die Fürstin verständigen. " Fürst Muka verließ mit Tobraisar den Raum, wies ihn nach dem Fremdenzimmer und suchte dann die Fürstin Ena auf. Vorher war er nochmals in sein eigenes Zimmer zurückgc kehrt, um bei einer Zigarette noch manches zu über legen. Während er den bläulick^n Nauchringen nachstarrte, konnte er nach seiner Gewohnheit am besten Pläne spinnen. Uelerraschend waren ihm die Nachrichten gekommen. Er wußte wohl, daß Kola Tobraisar verschiedene Male Iammer- Hrnfe geschrieben hatte; da aber auch immer das geforderte Misit uitgeschickt worden war, so achtete er nie sonderlich da rauf. Nun aber war Tobraisar selbst gekommen. Fünfzig tausend Rubel verlangte er. Wo sollte er soviel Geld her nehmen? Er besaß kein Geld, wenn Tobraisar es nicht be schaffen konnte. Aber die Fürstin Ena war ja vermögend; doch über die ihr gehörenden Summen stand nur ihr allein das Bestimmungsrecht zu. Das war auch eine der lästigen Sitten des Westens. In seiner Heimat gehörte die Frau nur dem Gatten, gehörte ihm mit allem, was sie ihm in die Ehe mitbrachte. Fünfzigtausenb Rubel, ein« Kleinigkeit, wenn er über Enas Besitz frei verfügen könnte. Hier, das wußte er, konnte er das nicht erreichen. Ja, wenn sie erst in El Arisher sein würde! Dort könnte er auch nicht von Eifer sucht gequält werden, dort gab es keine fremden Augen, die begehrlich nach ihrer Schönheit zu schauen wagen durften. War er nicht jahrelang in der Fremde gewesen? Er fühlte seit langem Sehnsucht nach der Heimat, nach den Sitten sei- nes Landes und nach den Menschen. Auf El Arisher würde Ena nur ihm allein gehören. Und er würde mit ihrem Gelbe den alten Glanz seines Geschlechtes wieder auferstehen lassen können. Ob sie ihm willig dorthin folgte? Er schleuderte den Rest der Zigarette fort. Sie mußte ihm folgen! Es gab keine Wahl fllr sie. Und wenn es sein mußte, würde er sie zu zwingen wissen. War, sie erst in El Arisher, dann durfte er sich als Herr fühlen. Fürstin Ena saß allein in einer Fensternische; in ihrem Schoße lag ei» Buch, in dem sie kurz vorher noch gelesen zu haben schien. Min träumte sie vor sich hin. An ihr Leben dachte sie, an Wuka, an das, was sie einmal erhofft und er sehnt, und wie es dann gekommen war. Zuerst hatte sie es stolz empfunden, wenn sie seine maßlose Leidenschaft fühlte; sie glaubte darin die Größe seiner Liebe zu erkennen. Dann aber empfand sie, wie demütigend die Folgen dieses leiden schaftlichen Wesens für sie wurden. Sie fühlte, daß die Liebe nicht nur ein herrisches Begehren sein durfte, sie empfand es tief, daß sie wie ein Geschenk immer erneut gewährt und gegeben werden sollte. Und sie erkannte immer beschämender und drückender, daß die Furcht vor seinen leidenschaftlichen Ausbrüchen ost stärker war als ihre Neigung. Er quälte sie maßlos mit demütender Eifersucht. Aufseufzend dachte sie, wie so oft in den letzten Wochen, daß es nicht Liebe gewesen sein tonnte, was sie in der ersten Zeit gefesselt hatte. Ei« war ja io jung, vertrauensvoll und so lebensfremd gewesen. Die wilde Glut seiner Gefühle, die ihr unbekannt gewesen war, hatte sie gefangen. Jetzt, da sie es zu begreifen anfing, war es da nicht schon zu spät? Was vermochte sie nun noch zu ändern? Fllr ihn war es aber doch Liebe, was er für sie empfand; er mußte sie lieben, auf seine Weise lieben. Unglücklich war nur sie allein, da sie in ihrem Herzen Bangnis und Leere spürte. Eie hätte sich zuvor besser prüfen müssen; wenn sie manchmal noch Zärtlichkeiten für ihn fühlte, dann war es eine Art von wehem Mitleid, weil sie ja doch an seine große Liebe glaubte, so fremd ihr diese Art auch blieb. Nach ihrer Meinung war sie bestimmt, alles zu ertragen, denn nun war sie seine Gattin. Wenn er sie auch quälte mit seiner Eifer- sucht, so glaubte sie doch, daß seine Liebe es war, die iHv so leidenschaftlich machte. Deshalb versuchte sie es immer wie- der, seine Eifersucht zu ertragen. Daß es das dem ihrigen völlig andere Wesen im Fürsten war, das Asiatische seiner Abstammung, das ihr kein ruhiges und dauerndes Glück zu geben vermochte, war ihr noch nicht zur Erkenntnis gekom men. So sehr war sie in ihre Gedanken vertieft gewesen, daß sie dos Eintreten de» Fürste« nicht gehört hatte, der ihr jetzt zuvief: „Ena!" Sie blickte auf, und es schien ihr, al» ob seine Augen dunkler als sonst leuchteten. „Du weißt, daß mein Verwalter gekommen ist." „Ja! Hot er dir keine erfreuliche Botschaft gebracht?" „Nein! I-n meiner Heimat sind Angelegenheiten zu er ledigen, die ich nur persönlich in Ordnung bringen kann. Ich bin seit mehr als drei Jahre von El Arisher fort gewesen." „So mußt du dorthin?" ,2a!" „Und lange?* „Vielleicht einen Monats Ntnger wird es nicht nsstig sein." „Muß das so rasch gelassen?" „Jal Sonst wäre Tobraisar : cht selbst geko-mme Ena antwortete darauf nichts. Die Entgegnung, die Fürst Wuka Pascabianu er., haben mochte, war nicht gefallen; so mußte er selbst davon sprechen. (Fortsetzung folgt.)