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Fachn-r' s. G/a//69 - s/. MS55/9S9 Vas re»lt Ker;. Es ist aus Erden keine Nacht, Die nicht noch ihren Schimmer hätte; So groß ist keines Unglücks Macht, Ein Blümlein hängt an seiner Kette. Vst nur das Herz vom rechten Schlag, So baut es sich ein Sternenhaus Und schasst die Nacht zu Hellem Tag, Wo sonst nur Asche, Schutt und Graus. s n F<mSw/kWaMKes » 1 Hur üer I^egistranSe üer Hanäerkutturi'atr Dresden, 18. März. Bei dem Wirtschastsministerium wurde Einspruch gegen die Einsuhr von Zucht- und Nutzvieh aus der Tschecho-Slowakei nach Deutschland erhoben. — Das Wirtschastsministerium wurde ersucht, zu veranlassen, daß die Verpflichtung zur zwangsweisen Milchlieferung, die einer An zahl von Landwirten auserlegt worden ist, im Interesse des Wiederaufbaues der Milchwirtschaft sofort zurückgezogen wird. — Der Landesverband Sachsen für Obst- und Weinbau hat bei dem Ministerium sür Volksbildung durch den Landeskulturrat Antrag gestellt, daß Obst- und Gartenbau an den Schulen als wahlfreier Lehrgegenstand eingeführt wird. — Der Landesver band Sachsen sür Obst- und Weinbau hat ferner bei dem Mini sterium durch den Landeskulturrat beantragt, daß die Qbst- nutzungen an den Staatsstraßen nur an solche Bewerber ver pachtet werden, die volle Gewähr dafür bieten, daß das Obst erst im Reifezustand abgenommen wird. — Dem Finanzmini sterium wurde berichtet, daß von einzelnen Amtshauptmann- schaften als Grundsteuerbehörden die Gemeinden angewiesen worden seien, keine Gestundungsgesuche für die jetzt fälligen Grundsteuerzahlungen zu genehmigen. Es wurde dringend er sucht, im Hinblick auf das' von der Steuerdirektion in dieser Frage gezeigte Entgegenkommen die in Frage kommenden Grund steuerbehörden auf die Unzulässigkeit ihrer Anweisung hinzu- weisen und ihre Bestellung zu veranlassen. tt-WI-ge sür Sen Odslganen i« Monat MSrr. i Durch den langen Winter hat sich der Schnitt der Obstbäume ' in die Länge gezogen. Er sollte spätestens bis Mitte des Monats , restlos erledigt sein. Manche Obstbäume werden noch zu pflanzen sein Diese Arbeit ist fo schnell wie möglich zu erledigen. Man vermeide, Kunstdünger oder frischen Stallmist unter die Pflanz erde zu mischen, verbessere die Pflanzerde mit gut abgelagertem Kompost. Von einem sehr wertvollen Hilfsmittel, das Anwachsen der Obstbäume zu fördern, wird leider viel zu wenig Gebrauch gemacht. Es ist dies das Eintauchen der Wurzeln vor dem Pflanzen in einen LehMbrei, dem man zweckmäßig Kuhdung bei- mijcht. Vorher werden alle verletzten Wurzeln glatt geschnitten und die Kronen kräftig zurückgeschnitten. 'Besonders wichtig ist, dafür zu sorgen, daß die Obstbäume nicht zu tief gepflanzt werden. Die Stelle, wo der Stamm in die Wurzel übergeht, der Wurzelhals, muß beim Pflanzen oberhalb der Erde — also an der Luft liegen. Er muß auch in dieser Lage bleiben, nach dem sich der lockere Boden und mit diesem der Stamm gesetzt hat. ve gründlicher der Boden gelockert wird, je mehr senkt sich der Baum und desto höher sollte man ihn pflanzen. Man geht daher sicherer, stets den Bodenverhältnissen angepaßte Hügel pflanzung vorzunehmen. Beerenobststräucher sind gegen späte Frühjahrspflanzung empfindlich, man beeile sich daher, auch di^e Pflanzungen zu beendigen. Der März ist die geeignetste Zeit, eingehend und gründlich Schädlinge zu bekämpfen: wie Blutlaus, Blattlaus, Schildlaus, Ringelspinner u. a. Es wird zur gründlichen Durchführung aus das Merkblatt des Landesverbandes Sachsen für Obst- und Weinbau, Dresden-A., Sidonienstr. 14 (Landeskulturrat), über die Bekämpfung der Schädlinge und Krankheiten im Obstbau verwiesen. Man mache die gründlichsten Vorbereitungen zur Umveredlung aller Bäume mit minderwertigen oder ungeeigneten Sorten. Bei gutem Wetter kann mit dem Veredeln begonnen werden, zunächst mit Kirschen und Pflaumen. Wer zwischen Holz und Rinde pfropfen will, warte, bis sich der Saft löst. Wer nicht sogleich zum Kirschenveredeln kommt, der warte bis Mitte Mai; zur Zeit der Kirfchenblüte wachsen die Kirschenveredlungen am sichersten. - « SÄr Sss SüMflE -- - Vie Severbelrammef Vreraev' hielt am Montag, den 12. März, Sitzungen ihres Kleinhandelr- ausschustes und Verkehrsausschusses ab. In der ersteren wurde Stellung genommen zu der vom Verein Dresdner Kohlenhändler aufgestellten Berechnung des Kohlenverkaufspreises und die Höhe der in den Verkaufspreis einkalkulierten Kapitalzinsen und Risiko prämie als berechtigt anerkannt. Des weiteren wurde beschlossen, einem Gesuch des Vereins sächsischer Pfandleiher entsprechend dafür einzutreten, daß in Dresden die Genehmigung zur Aus übung des Pfandleihgewerbes vom Vorliegen eines Bedürfnisses abhänaig gemacht wird. Ferner befaßte man sich mit der Be handlung der zahlreich eingehenden Gesuche um Zulassung zum Handel mit Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Be darfs und beschloß unbedingt daran festzuhalten, baß nur^solche Gesuchsteller zum Handel zuzulassen sind, die über genügende Sachkunde und Erfahrung in den betreffenden Handelszweigen verfügten, unbedingt zuverlässig sind, die erforderlichen Betriebs räume haben und das notwendige Betriebskapital besitzen. Die von einem Stadtrat angeregte Aufhebung der Verordnung über die Zulassung zum Handel wurde entsprechend den bisherigen Erfahrungen als äußerst bedenklich bezeichnet. Hm Verkehrsaus schuß wurde lebhaft Beschwerde geführt über die Einstellung der zweiten täglichen Briefpvstbestellung in Kleinstädten sowie über die späte Bestellung in Dresden und andern Städten. Auch wurden Fälle bekanntgegeben, in denen die Beförderung von Paketen aus SübOund Südwestdeutschland unverhältnismäßig lange Zeit gedauert hat, und es wurde beschlossen, diese Be schwerden der Oberpostdirektion zu unterbreiten. Sodann wurden u. a. noch Wünsche nach Schaffung besserer Zugverbindungen geäußert, so z. B. nach einer besseren Frühverbindung von Schandau nach Dresden und nach Einrichtung von Abendverbin dungen von Dresden, Leipzig, Chemnitz nach Lommatzsch, wo >v"n 0-8 Wr abends ab jeder Personenverkehr ruht. Diese Wunsche sollen der Reichsbahndirektion Dresden zur Berück sichtigung bei Aufstellung des nächsten Fahrplans unterbreitet werden. l « Kru Ser- SeaMemveA - f i L//-r Z/r/s/'eLL/e/'/s^ ^e/LS Fs-e/sn j Neuoranung rum 5iuSium M SeruksOullebrer. Dresden, 19. März. Durch Verordnung vom 18. De zember 1923 ist die Ausbildung der Berufsschullehrer und -lehre: innen geregelt worden. Sie erfolgt ab Ostern 1924 durch das Studium an der Technischen Hochschule zu Dresden und die Einführung in die Schulpraxis im Institut für Berussschul- praxis, einer Abteilung des Pädagogischen Instituts. Das Studium dauert (einschl. der Einführung in die Schulpraxis) 4 Jahre, außerdem ist eine einjährige Betätigung in einem Betrieb der gewählten Berufsrichtung erforderlich. Diese prak tische Arbeit liegt in der Regel zur Hälfte von dem Besuch der Hochschule und kann im übrigen in die Ferien verlegt werden. Die Berufsschule braucht Lehrkräfte, die pädagogisch, tech nisch und wirtschaftlich geschult, befähigt und bereit sind, die berufliche Bildung und staatsbürgerliche Erziehung der Heran wachsenden berufstätigen Jugend zu übernehmen. Die Be rufsschule ist ein unentbehrlicher Faktor sür den Wiederausbau, trotzdem hat sie zur Zeit noch 42 Prozent der Stunden nicht durch hauptamtliche Kräfte besetzen können. Trotz des Auf baues werden also sofort weitere Lehrkräfte benötigt. Die Be soldung der besonders vorgebildeten Berufsschullehrer erfolgt nach den Gruppen 8, 9, 10. Die Aufforderung, die Berufs- fchullehrerlaufhahn einzuschlagen, richtet sich an die Abiturienten der neunstufigen höheren Lehranstalten einschließlich der säch- fffchen Seminare oder der Gewerbeakademie in Chemnitz, an erwerbslose Junglehrer jeder Schulart, an Studierende aller Abteilungen der Technischen Hochschule und an Diplominge nieure. Es wird Sorge getragen, daß für diejenigen, die bereits im Studium stehen und Berufsschullehrer werden wollen, keine Verlängerung des Studiums eintritt. Damit auch wirtschaftlich schwache Familien ihre Söhne und Töchter dem neuen ebenso aussichtsreichen wie bedeutsamen Beruf zuführen können, wird den Studierenden so weit als möglich, das Studentenheim zur Verfügung gestellt. Auskunft über das Studium wird erteilt im Pädagogischen Institut an der Technischen Hochschule, Dresden- A. 20, Teplitzer Straße 20, (Zimmer 177, Institut für Be- rufsschulpraxis), durch Berussschulleiter Mehnert (Wohnung: Pirna, Bahnhofstraße 10b, Tel. 923), Sprechstunden an jedem Donnerstag des April, vorm, —11 Uhr im Institut. Der SAiearspruG im kakeuarvetterttrettr. Hamburg, 19. März. Im Hafenarbeiterftreik wurde heute nacht ein Schiedsspruch gefällt, welcher in den Hauptbe- stimmungen wie folgt lautet: Die 8-stündige Arbeitszeit wird beibehalten, ebenso das 3-Schichtensystem. Als Arbeitslohn werden 4,50 für die erste Schicht festgesetzt, die am 1. 4. bis Ende Mai auf 4,80 erhöht wird. Für die 2. und 3, Schicht kommt ein Aufschlag von 15 Prozent hinzu. Die Arbeitszeitbe- stimmungen haben Gültigkeit bis zum 1. 10., die Lohnbestim« mungen müssen vor Ende Mai neu geregelt werden. Mast regelungen dürfen nicht vorgenommen werden. Der Streik gilt nicht als Unterbrechung der Arbeit. wettere Sellernng auf Sem MbettZwarltte. Dresden, 19. März. Das Landesamt für Arbeiisver- mittlung veröffentlicht über die Lage auf dem Arbeitsmarkte für die Zeit vom 8. bis 15. März folgenden Bericht: Abge sehen von Leipzig, woselbst die Erwerbslosenziffer in dieser Be richtswoche gestiegen ist, weil nach Beendigung der Messe di» daselbst in beträchtlicher Anzahl nötig gewesenen Hilfskräfte dem Arbeitsmarkt wieder als Arbeitssuchende zuströmen, ist festzu stellen, daß die Zahl der Erwerbslosen im Freistaate Sachsen allerorten im steten Rückgang begriffen ist. Besonders rege war in dieser Woche die Vermittlung weiblicher Personen. Aber auch für die ungelernten Arbeitskräfte besserte sich die Lage in sofern, als der Mangel an gelernten Arbeitern in verschiedenen Berufen zur Anlernung von Arbeitskräften zwingt. Günstig blieb die Lage insbesondere in der Textil- und in der chemischen Industrie, sowie im Holz- und Stoffgewerbe. Weitere Fort schritte waren in der Industrie der Steine und Erden, in de» Metall- und Papierindustrie, im Bekleidungs- und im Ver kehrsgewerbe sowie stellenweise auch in der Lederindustrie zr» verzeichnen. Aber auch das Baugewerbe läßt eine baldige Besserung der Lage erkennen. In der Landwirtschaft und in der Gruppe für häusliche Dienste machte sich ebenfalls ein Mangel an brauchbaren weiblichen Arbeitskräften bemerkbar. Ein Rückschlag ist teilweise im Vervielfältigungsgewerbe eingetreten und in den Gruppen für kaufmännische und Büroangestellte übersteigen die Zugänge noch immer wesentlich die verhältnis mäßig wenigen Abgänge. Z * - M/e - MMen » - Vie Vermögenssteuer i-ra (Von einem Steuerfachmann.) In der Zeit vom 1. bis 15. April 1S24 werden die Steuer erklärungen für die Vermögenssteuer eingefordert werden. Der Stichtag für die Feststellung des Vermögens ist der 31. Dezem ber 1923. Das Vermögen ist nach Goldmark zu berechnen, wo bei eine Goldmark — 1 Billion Papiermark — 1 Rentenmark bzw. — "/» Dollar ist. Den größten Umfang in den Durchführungsbestimmungen nehmen Ke Vorschriften über die Bewertung des landwirt schaftlichen Grundbesitzes ein. Maßgebend ist die Veranlagung zum Wehrbeitrag. Diese soll aber berichtigt werden können, und zu diesem Zwecke werden die Güter in 6 .verschiedene Ertrags« klassen eingeteilt und für jede dieser Klassen wird der Gold markwert für den Hektar in einer bestimmten Höhe sestgestellt. Diese Einteilung geschieht durch die Finanzämter, so daß die Einzelheiten den Steuerzahler noch nicht wesentlich interessieren. Erst wenn er mit der Zurechnung feines Gutes unzufrieden ist« » M W einander find. V Noma» von Fr. Lehne. . (Nachdruck verboten). „Die ganze Stadl spricht schon davon, Fritz —* - „Ach nee, bin ich wirklich eine solche interessante Per- fvnlichkeit?" lachte er. Uber ihnen wurden Stühle gerückt. Er lauschte. »Nanu, Herr Doktor Schultze mit tz will wohl vortragen?" .Nein, ich glaube, das Iulchen will den Fußboden Westen. Eie ist so peinlich sauber und so fleißig —* «Das reine Dienstmädchen!" Frau Rat glaubte eine Geringschätzung aus seinen Woe ste« -u hören. hA^beit schändet nicht, Fritzi Ich achte das Iulchen um er gelangweilt. Dann verabschiedete kv sich' „„„--den „üblichen Stadtbummel und auf weitere Eroberung — „sonst kommt man ja vor Langeweile um in diesem Rest —- „Fritz, Asi glaube, Sie machen in Ihrem Ueber- mut nochmal E gehörige Dummheit, di« Sie bitter bereuen werden. -- ^^chulmeister,n!- Ex lachte sie übermütig an, ehe er grüßend das Zimmer verließ. War es Absicht oder Zufall daß ihm am Wilhelmsplatz Agathe von Raudnrtz begegnete? Er wußte ganz sicher, daß «s ersteres war, denn das feine Rot, das über ihr klares, Deches Gesicht lief, verriet ihm, daß sie diese Begegnung ge- suLt hafte. Sie kannte den W-g, den er für gewöhnlich zu nehmen pflegte, wenn er nach der Stadt ging.. , Er grüßte und blieb stehen. Ihm machte es Spaß, das stolze Mädchen aus der Ruhe gebracht zu haben, und seine Augen führten eine gar kecke Sprache, wahrend er sich in verbindlichen Worten nach ihrem Befinden erkundigte und nach dem ihrer Angehörigen. Zu seinem Bedauern habe er den Herrn Oberstleutnant lange nicht gesehen * „Eie machen sich ja so selten bei uns, Herr von Dieseneck! Müssen Eie jedesmal erst eine gedruckte oder geschriebene Einladung erhalten haben, «he Sie unser Haus zu finden wissen?" fragte sie mit leiser, etwas verlegener Schelmerei. — „Papa hatte Ihnen doch gesagt, daß Sie ihm jederzeit willkommen sind." Er neigte vertraulich den Kopf gegen ihr erglühendes Gesicht — „nur dem verehrten Herrn Oberstleutnant? — Und Ihnen nicht, gnädiges Fräulein?" „Liegt Ihnen daran, das zu wissen» „Wenn man nicht aufdringlich auf einige Familien mitglieder wirken will, ja gnädiges Fräulein!" „Das müßte Ihnen Ihr Gefühl sagen —" versetzte sie errötend. Ihm machte das Wortgeplänkel Spaß. „Mein Gefühl sagt mir, daß Fräulein von Raudnitz eine sehr schöne, aber kühle Dame ist, die mit niemandem ihrer Anbeter eine Ausnahme macht, sie ist ein Bild ohne Gnade—" „Herr von Bieseneck —!" Aber in ihrer mahnenden Zurechtweisung lag kein Un willen; seine Keckheit erzürnte sie nicht, machte sie nur wan kend in ihrer stolzen Sicherheit. Und das gab ihm ein Sieger- gefühl; er spielte zu gern mit Frauen- und Mädchenherzen, und wo er ernsthaft gewollt, hatte ihm bisher noch keine ernst haft widerstanden! Er war an ihrer Seite geblieben, und gern hatte sie seine Begleitung angenommen. „Mein gnädiges Fräulein, Sie haben mir meine Frage noch nicht beantwortet." „Mir ist jeder willkommen, der meinen Eltern will- kommen ist." „O gnädiges Fräulein, mir wäre eine bestimmtere Ant wort lieber gewesen! — So sehe ich mich denn genötigt, die Probe aufs Exempel zu machen und nochmals durchzuprüfen, was mir mein Gefühl sagen wird. Also werde ich mir er lauben, demnächst vorzusprechen, ohne erst wieder eine ge- druckte oder geschriebene Einladung abzuwarten." Agathe von Raudnitz bemerkte erstaunt, wie man sie und ihren Begleiter beobachtete und sich auch interessiert nach ihnen umwandt«. Eie, die sonst Klatsch und Gerede haßte, war aber nicht unwillig darüber, daß man ihren Namen in Verbindung mit dem des Leutnants nannte. Und daß es bereits der Fall war, hatte sie aus manchen neckenden Andeutungen der Freundinnen entnommen, obgleich zu ihrem größten ö dauern dazu eigentlich noch keine Veranlassung vorlag. Wohl hatte er ihr gehuldigt, doch nicht in übertriebenem Maße, und bei den meisten Gesellschaften war er bisher ihr Tischherr gewesen; doch hatte er noch kein Wort verlauten lassen, daß sie ihm teuer war. Aber sie hatte ihr Herz an ihn verloren, den frohen, sonnigen Menschen. Und was sie sonst nie getan: in unauffälliger Weise suchte sie seinen Weg zu kreuzen, und sie war froh, wenn sie ihn gesehen hatte. Des Vaters Ansicht über ihn war: guter Kern, doch leichtsinnig, einer festen Hand bedürfend. Dennoch wären die Eltern einer Verbin dung mit ihm nicht abgeneigt gewesen, sie wußte es von der Mutter und schon aus dem Grunde, weil für sie in der kleinen Stadt sich schwer eine passende Partie finden ließ. Sie zählte bereits fünfundzwanzig Jahre, und es war all mählich Zeit, zu wissen, wem sie angehören würde. — Als sie sich von ihm verabschiedete,, hatte sie sein Ver sprechen, daß er am Sonntag nachmittag zwanglos den Kaffe« bei ihnen trinken wolle. Der Major, Hauptmann von Falkner und Oberleutnar Reitzenstein waren regelmäßige Sonntagsgäste im Raudnitz- schen Hause. Die Herren spielten Skat, und sie fanden es immer sehr gemütlich. Fritz dachte, daß es nur von Vorteil für ihn wäre, auf diese Weise außerdienstlich mit den Herren zusammenzukommen, die häufig allerlei an ihm auszusetzen hotten. Er liebte es, sich sein Leben so bequem und ange nehm wie möglich einzurichten und nach allen Seiten hin ge deckt zu sein. Er ging den Steinen auf seinem Lebenswege gern aus dem Wege, ehe er sich die Mühe machte, sich danach zu bücken und sie hinwegzuräumen! Frohgemut ging er heim. Es war schon halb sieben Uhr vorbei, wie er jetzt zu seinem Schrecken entdeckte. Da war Iulchen gewiß von ihren kleinen Besorgungen bereits wieder heim — schade, er hätte sie gern gesehen! Sie war wie ein erfrischender Quell nach der blöden Langweiligkeit Agathes. Wie meistens ging er an Lämmleins vorüber. Das Schaufenster wurde gerade dekoriert, und zwar war Lukrezia Schultze eifrig damit beschäftigt. Sie liebte es sehr, sich in dem Geschäft „künstlerisch und dekorativ" zu betätigen.