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Wilsdruffer Tageblatt : 27.05.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-05-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192405271
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19240527
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19240527
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-05
- Tag 1924-05-27
-
Monat
1924-05
-
Jahr
1924
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 27.05.1924
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Höhung der Grundgehälter Vorbehalten hat. (Wie wir hierzu erfahren, hat die sächsische Regierung der Reichsregierung mit geteilt, daß sie nicht weiß, wie sie die Mehrsumme aufbringen soll.) Eine Sondervorlage an den Landtag, betr. den Bau eines Beamtenhauses in Waldheim wurde beschlossen. Infolge der Schließung mehrerer sächsischer Landesanstalten und ihrer Zu sammenlegung nach Waldheim ist eine größere Anzahl Beamter nach Waldheim versetzt worden, für die es infolge der Woh nungsnot an Wvhnungsgelegenheit mangelt. Dresden. (E r n e u t e r Uebe rf a I lau f jungö e u ts che Ordensbrüder.) Nach einem am 21. b. M. im Kurhaus Brüsewitz ftattgefunbenen Bruberabenb der Jungbruderschaft Dresden gingen etwa fünfzehn Brüder auf Idem Elbweg am Dampsfchifshvtel vorbei. Sie wurden in der unflätigsten Weise von einer Rotte jungev Leute beschimpft. Ein Ordensbruder erhielt Schläge auf den Rücken und am Kopf und wurde mit samt seinem Rade, das er führte, eine Treppe hinuntergeworfen. Einem anderen wurde unter gröblichsten Beschimpfungen die Bannerstange aus der Hand gerissen. Die Ordensbrüder, die weisungsgemäß in keiner Weise provoziert hatten, waren der Uebermacht gegenüber machtlos. Die herbeigerufene Polizei be freite die Ordensbrüder aus der verhetzten Menge. Die Ban nerstange wurde wieder herbeigeschafft. Wann werden endlich von behördlicher Seite Maßnahmen ergriffen, um den kommu nistischen Hetzern das Handwerk zu legen? Dresden. (S e e h u n d i n d e r M u l d e.) Bei dem letz ten Hochwasser der Mulde wurde, wie die Neudammer Fischerei- Zeitnng berichtet, ein junger Seehund angetrieben und einge fangen. Das Tier ist von dem -glücklichen Fänger an den Zoo logischen G-arteN nach Leipzig verkauft worden. -Nn- Rennersdorf. (B >l i tzschl a g.) Hier^ fuhr der Blitz in die Ziegeleiesse Und riß den oberen Teil derselben an einer Stelle auf. Kötzschenbroda. (U n g l ücksfälle i n der E l b e.) In Kötitz ertrank beim Baden in der Elbe ein Dreherlehrling wahr scheinlich infolge eines Herzschlags. Am Donnerstag abend ver sank beim Baden in der freien Elbe in der Nähe des Ruder hauses in Kötzschenbroda eine männliche Person. Trotzdem ihm ein Herr vom Ruderklub 'Kötzschenbroda nachsprang, konnte der bereits Deüsunkene nicht Mehr -gerettet werden. Bald darauf -ereignete sich an der -gleichen Stelle ein gleicher Uü-glückssalk. Vom Landungssteg des Ruderklubs -aus bemerkte man, wie eine männliche Person in der freien Elbe sehr mit der Strömung kämpfte und nur noch mit den 'Händen aus dem Wasser ragte. Zwei in der Nhe weilende Herren sprangen in boller Bekleidung in die Elbe und es gelang ihnen, den Ertrinkenden zu retten. Wiederbelebungsversuche waren von Erfolg. Lößnitz. (MotorradUnfälle^ Bei dem am Sonntag vom Motvrradklub Oelsnitz i. E. in- hiesiger Gegend abgefahre nen Straßenrennen ereigneten sich mehrere Unfälle. Ein Teil nehmer verlor die Herrschaft über sein Rad und fuhr in die Zuschauermenge, wobei eine Frau -aus Raum einen Bruch ebi- des Beine und eines Armes -erlitt; ein anderer fuhr in Harteni- stein in einen Bäckerladen und- wurde schwer verletzt; ein dritter prallte beim Umwenden an einen Baum, wobei das Rad stark beschädigt wurde, der Fahrer aber nur wenig verletzt wurde. Nieschiitz, Bez. Dresden. (Frühlingsf e ft.) Vorigen 'Sonntag wurde in dem herrlichen Golkwalö bei rechtem Früh- lingswetter ein -Frühlingsfeft -veranstaltet. Es waren viele Zu schauer und Zuhörer erschienen. Sie erfreuten sich überaus an den sinnigen Tänzen und Frühllngsliedern, die von den Wander- vv«el-n aus Priestewitz geboten wurden. -Es waren auch Won- dervögel -aus Großenhain, Riesa, Meißen und Dresden- er schienen. Rings um -den Maibaum herrschte fröhliches Leben. Das war ein „Sonnentag" unserer tatenfrohen rechten Jugend, die -echt deutsches Wesen uns vorlebt, in Gottes freier Natur sich j stärkt für die Alltagsarbeit. nt. Oberottendorf. (Feuer. — Unglücksfall.) Bei einem heftigen Gewitter schlug der Blitz in das Anwesen des Schuhmachers Dietze und richtete erheblichen Sachschaden an. Im benachbarten Rückersdorf brannte durch Blitzschlag zum dritten Male die n-eu-eibaute Scheune des Gutsbesitzers Wehner ! bis auf die Grundmauern nieder, wobei auch wertvolle Ma- j schi-n-en vernichtet wurden. Als die Neustädter Feuerwehr zur j Hilfeleistung anuücken wollte, brach der Kaufmann Voigt aus z Neustadt ein- Bein. -t- Liebethal. (Die bewohnte Kirche.) Seit einigen i Wochen hat sich -in unserer Kirche ein allerliebstes Pärchen fesk- ! -gesetzt. Es handelt sich um ein Rotschwänzchenpaar, welches j sein Nestchen auf -einen Balken dicht neben dem Altar, gebaut : hat. Da das Gotteshaus die ganze Woche über- verschlossen ist, -konnte man sich lange Zeit nicht denken, wie die Tiere ins Freie gelangen. Jetzt entdeckte man nun, daß an einem -großen FeNster -ein Stück Scheibe herausgeidrochen -ist. Diese Stelle j benutzen die Tierchen als Flugloch. Interessant ist es, daß die - Vögelchen eine Störung des Gottesdienstes streng vermeiden, j Sie sitzen während desselben ruhig auf ihrem Balken.und erst > wenn das Gotteshaus wieder leer ist, beginnen sie ihre rege j Tätigkeit. -l-Neukirch am Hohwald. (Blitzschläge.) In den letz- i t-en Tagen -raten hier zahlreiche heftige Gewitter mit großen s Regenfällen -auf. 8n mehreren Orten der Umgebung brannten : infolge Blitzschlages Gebäude nieder. Am Freitag nachmittag schlug ein Blitz in die Scheune des Vorwerks Än benachbarten Tautenwald. Nur dem tatkräftigen Eingreifen der Feuerwehren - gelang -es, das gefährdete Wohnhaus zu retten. Nossen. (A n s ch l a g auffahrende Eisenbahn- s ' z -üg -e.) Am Donnerstag wurde der 8,24 Uhr abends die hie- j sige Station verlassende Peisonentzug in der Nähe von Deut- i - schenbora mit Steinen beworfen. Glücklicherweise ist dabei nie- ; mand verletzt worben. Die Gendarmerie konnte als Täter zwei ; ! jugendliche Burschen -ermitteln', die ihrer -exemplarischen Be- i strafun-g entge-genseheN. ! W. Lommatzsch. (Unwetter.) Ein am Freitag nachmit- - tag gegen 5 Uhr von Westen- kommendes Unwetter (wolkenbruch- artiger Regenguß mit heftigem Wirbelsturm- ohne ausgesprochene Gewitterschkäge) und richtete in- -etwa viertelstündigem Wüten nicht - 'Unbedeutende Verheerungen an. Eine der herrlichen Linden der - Bahnhofsstraße wurde entwurzelt, in den Obstalleen der Um- -gebung der Stadt sowie in- Obstanlagen des Ortes selbst starke - Aeste, ja ganze Dämr -abgeknickt, mehrere zum -Glück Noch- leere j Jahrmarktsbuden auf dem Marktplätze umg-ewvrfen, Felder und j Wichen zum Teil arg verschlämmt. Möchte uns der W-ettergott j, nun in Zukunft nach dieser glücklicherweise nur kurz wirkenden j Kiaftprob-e vor solch unliebsamen Himmelsgaben verschonen. Döbeln. (H -e i m atfe st.)- Vor zehn Jahren wud-e hier das j erste Heimatfest abgehalten. Die starke BelsiliMng und der ! glänzende Verlauf zeigt-en- den Entschluß, die Heimatfeste aller - zehn Jahre in Döbeln zu wiederholen. Das Weite soll vom 5. > bis 7. Juli 1924 in- Verbindung mit dem Sächsisch-Dhü-ringW f Landsm-annsch-aststag stattfinben. Die Vorbereitungen werden in j Gemeinschaft mit dem Verband Sächsisch - Thüringischer Lands- - Mannschaften großzügig getroffen-. Es findet großer Begrüßungs- j abend, Feldgottesdienst, Festz-ug mit historischer Abteilung, Iu- gendwiese, Marktfest mit Illumination der Stadt, Kabaretts, Hsimatausstellung- Vorführung -von- Heimatbildern auf dem Markte usw. statt. Auch diesmal wird mit Tausenden von Fest gästen -gerechnet. Mittweida. (B a u einer n e u -e n Talsperr -e.) Das sächsische Finanzministerium hat der Stadt Mittweida wissen lassen, daß der Staat Idas große Talsperrenprojekt -von dev Lauenhainev Mühle ab bis nach Kriebstei-n nunmehr doch ver wirklichen will. Zum Zweck der baldigen Inangriffnahme des Baues ist der Ankauf der bekannten Lauenhainer Mühle durch die Staatlichen Elektrizitätswerke in Dresden erfolgt. Sayda. E in re i z end -e s G eschichtchen wird dem Saydaer Anzeiger -aus -einem Nachbarorte berichtet: Kommt da -eines schönen Tages -ein Bewohner iss ein Haus, um mit dem Nachbar -einen- kleinen- Plausch zu halten. Er erschrickt -aber nicht wenig, als -er den Nachbar stöhnend ach Tisch sitzen- sieht, mit den Händen immer ängstlich nach der MagrngegeNd greifend und aus rufend: „Ach die Schmerzen-, die Schmerzens" Die Angehörigen stehen ratlos um den Jammernden. hchum und auf vieles Be fragen erhält -der Nachbar endlich die Antwort: „Denk dir nur, Karle, was mir passiert -is, ich h-äbe mein -Gebiß verschluckt und fühle es deutlich, wie -es im Leibe festsitzt. Die Schmerzen werben immer -größer; ich kann es kaum noch aushalten!" Auf des Nach bars Anraten-, doch den Arzt holen- zu -lassen, hat der Leidende nur -ein Kopfsütteln, und man versucht -es zunächst mit allerlei Mitteln, den Eindringling auf natürlichem Wege zu entfernen. Am anderen Morgen läßt -es dem Nachbar keine Ruhe; er kommt herüber und sicht zu seinem Erstaunen lauter freudige Gesichter; der am vorhergehenden Abend so schwer Leidtragend-e sitzt ver gnügt beim Frühstück und nimmt -eben etwas „Stärkendes" zu sich. Endlich berichtet er dem Auskunft heischenden Nachbam:,Siehst*, Karle, als ich -gestern Abend zu Bett ging, da fiel mir das Gebiß aus den Unterhofen!" — „Ja, da find die gräßlichen Schmerzen begreiflich, die -du -gestern hattest", sagte tiefsinnig der Nachbar, und auch -er -goß rasch einen Magenbittern hinter die Binde. Plauen. (I m W asserfa H -e r t r u n k e n.) Der Semi- narlehrer Martin Schdtt fiel, als er- in seinem Garten aus einem Bottich Wasser ausschöpfen wollte, -in diesen hinein und -ertrank. Leipzig. (D e r >g r ö ß t e B a h n h v f b e r W -e l t.) Die weit verbreitete Ansicht, daß der- Leipziger Hauptbahnhof noch der größte d -e r W -e l 1 i st, -i st i r r i g. Der Leipziger Haupt- dahnhof weist 26 Gleise auf. Den Rekord hat München ge schlagen, dessen Hauptbahnhof 32 Gleise zählt. Der Münchener -Hauptbahnhof ist somit -der -größte der Wöll geworden. Der nächstgrößte Bahnhof ist der von St. Louis (Der. Staaten von Nordamerika) mit 31 Gleisen, hierauf folgt der Pariser Norb- bah-nh-of mit 2-8 -Gleisen Und dann -der Leipziger Hauptbahnhof der, wie erwähnt, 26 Gleise hat. i Dvmm, öpofl v-rS HM f Verein für Leibesübungen Wilsdruff (Mitglied des V. M. B. O.). Gestern- Sonntag spielte V. f. L. 1. Mannschaft gegen- Meißen -Sportverein 08 2. Mannschaft und -verlor 2 :4; V. f. L. 2. Mannschaft gewann gegen Freital 04 2. Jun. 4:2. ^Die heutige Ausgabe der „Sachsen-Zeitung" umfaßt 6 Seiten.. Verantwortlich für -die Schriftleitung Hermann Lässig, für An zeigen und Reklamen A. Römer. Verleger und Drucker: Arthur Zschunke, sämtlich in Wilsdruff. 50 51 berger Stadtwappen durch die Elster (Vogel) zwischen den Türmen und das Tharandter durch den Granatapfel neben der Ruine („Slädtlein Granaten unterm alten Schlosse Tharandt" hieß die Stadt früher). Dieses Verfahren bei der Bildung von Stadtwappen findet seine Erklärung in dem damaligen Vorhandensein vieler Lesensunkundiger, die die urkundende Behörde nur aus dem ihnen wohlbekannten Wappenbilde des Siegels zu erkennen vermochten. Dadurch wurde eine Unterschrift überflüssig, man gab im bürger lichen Leben deshalb nur „Brief und Siegel". Wie angesichts der zwei einzigen alten For men des Wilsdruffer Stadtwappens ein (nicht einheimischer) Schriftsteller 1840 angeben konnte, Wilsdruff führe im Siegel den mythi- fchcn Helden Wiland, ist wohl kaum zu er- kläken. Der Sage nach hatte das Kloster Alt- / zelle im Bereiche des alten „Willanisdrof" / ein Besitztum. Möglicherweise hat dessen/ Verwalter ein Siegel geführt gleich dem des! altzellischen Hofemeisters zu Leubnitz, das eine Mannesgestalt aufweist. Vielleicht ist diese Figur für das Stadtwappen gehalten worden, wozu die Umschrift „Sigillum villa- nicum cellense" verleitet haben mag. Mög lich ist aber auch, daß ein altes Erbrichter- Siegel im Spiele ist. Hierauf bringt uns Grumbach, der nächste und wohl ursprünglich einzige Ort im Bereiche der vermuteten Sau bach-Wilde. Von dort wird berichtet, daß sich im Wilsdruffer Anteile ein Erbgericht befinde, das „als Wahrzeichen den sogenann ten wilden Mann wie die Figur auf den hol ländischen Dukaten" trug. Die Figur auf den Floren, Dukaten oder Gülden war Johannes der Täufer in zottigem Mantel. Das Wilde- Manns-Bild hat Pfarrer Tauberth, „dem es 'M Jahre 1842 überlassen war, ein neues Gemeindesiegel anfertigen zu lassen, als Wahrzeichen des Ortes Grumbach überhaupt darinnen ausgenommen". Daß der Vergleich des „wilden Mannes" mit dem Täufer auf den Gulden nur oberflächlich war, darüber läßt uns die Wilde selbst nicht im Zweifel. Wo sie sich jenseits der Elbe ostwärts weiter erstreckte, hat sich der Greuzwald in der Dresdner oder Langebrücker Heide heute noch erhalten und an seinem Rande kommen wie bei Wilsdruff Namen vor, die noch an die Wilde erinnern, nämlich Wilschdorf und das Gasthaus zum Wilden Mann in Trachen berge. Die alten Gebäude des letzteren sind abgebrochen. Erhalten hat sich davon nur „eine nackte, stehende männliche Figur, Sand stein, etwa 70 Zentimeter hoch, mit Vvllbart, auf dem Haupte und um die Hüften ein Blattgewinde. Der linke Arm liegt an der Seite des Körpers, der rechte an einer langen Holzkeule. Darüber ein geschwungenes Band, bezeichnet: „17 Gast Hoff zum wilden Mann 75". Sv mag auch das Grumbacher Erb gerichtszeichen ausgeschaut haben, ein wilder Mann, wie er auf den Münzen Braun schweig-Lüneburgs bargestellt ist, entlehnt dem Landeswappen, in dem ihrer zwei den Herzvgsschild, gleich den anderwärts ge bräuchlichen Löwen, halten und schirmen. Was sollte wohl diese Art Kennzeichnung des Erbgerichtes besagen? „Die Polizei und Verwaltung lag früher lediglich in den Hän den des Erbrichters, der als Besitzer des be treffenden Gutes jedesmal das Amt zugleich mit ererbte." Er hatte vielleicht auch die Ob liegenheiten eines Grenzwächters dort, wo eine Straße die Grenzzone überschritt, so an der Dresden—Freiberger Straße in Grum bach, möglicherweise auch an der Brücke über die Sau in Wilsdruff im Zuge der Straße nach Altzelle. Sein Haus für den Lesensun- kundigen, der im Erbgericht übernachten oder Zoll entrichten wollte, kenntlich zu machen, vermochte nur ein Bild. Jeder Gasthof be durfte eines solchen; die beiden Wilsdruffer hatten einen weißen Adler und einen Löwen. Das Haus des Erbrichters und Gastwirts an der Wilde kennzeichnete das Bild des wilden Mannes, was sehr gut paßte; denn gabs, wie uns unsere Familiennamen bezeugen, einen Hofmann, der einen Hof verwaltete, einen Wiedemann, der einen Wald (Wiede, vergl. Wiedehopf — Waldhüpfer) hütete und noch andere solche Namen, so wird es auch einen Wildemann gegeben haben. In dem Erb gericht wegen des Bildes einen nackten Riesen zu vermuten, wird niemandem eingefallen sein, wie auch niemand in der Stadt Grana ten Granatäpfel, in Nossen Nußbäume und in Roßwein Rosse und Weintrauben gesucht haben wird, weil die „redenden" Wappen dieser Städte die entsprechenden Bilder auf weisen. Es galt eben nur, für Lesensunkun dige unverständlich gewordene Namen durch Bilder mit klang-, nicht sinnverwandter Be nennung lesbar zu machen. Als Wilsdruff sein Wappen wählte oder erhielt, konnte man es noch durch Aufnahme der Bäume des Grenzwaldes „redend" machen. Als der Erb richter von Grumbach ein Hauszeichen brauchte, sei es durch Errichtung einer Zoll stätte oder eines Schankes, da war das Ver ständnis des Namens Wilde wohl schon ver blaßt, so daß zu dem Bilde des sogen, wilden Mannes griffen werden mußte, um die für Handel und Wandel erforderliche Bilder schrift für das Haus zu beschaffen. Aber wie kam der braunschweig-lüneburgische wilde Mann in unsere Gegend? Die Landkarte gibt die Antwort. Auf der alten Gaugrenze, von jenseits der Elbe die Sau entlang bis zur Weißerih, kommen mit „W i l d" zusammen gesetzte Namen mehrfach vor, ferner Grun- bach (jetzt Grumbach) und Granaten (jetzt Tharandt) mit dem Gran aten-(Schlo- izbach-)Tal. Im Oberharz liegt die Stadt Wildemann am Grumbach unweit des Flusses Grane und des Kranichsberges. Sie hat ein Gasthaus „zum wilden Mann" und vor dem Rathause eine uralte Linde (Wilde mannslinde genannt) und durch sie hindurch zog sich die alte Grenze zwischen Ostfalen und Engern, der Diözese Hildes heim und der Erzdiözese Mainz, dem Densi- gau und dem Lisgau. Läßt schon der Orts name Sachsendorf (jetzt Sachsdorf) bei Wils druff den Schluß zu, daß die Kolonisten dieser Gegend aus (Nieder-)Sachsen stammten, so bezeichnet die Wiederholung der Namenbe- bestandteile Wild, Grum, Gran (Kran) als deren Heimat noch genauer die Umgebung von Goslar. Eine andere Schar (Nieder-)Sach- sen Machte sich im Erzgebirge seßhaft, wo an der Grenze des Grün Hainer Klostergebietes und der Herrschaft Schwarzenberg (seit 1212 böhmisches Lehensgebiet) entstanden: Wil- d e nau, Grune (und Dorfstädtlein, jetzt Grünstädtel), Crandorf und, zum Be weise der Herkunft der Siedler, Sachsenfeld. Die Wiederholung gleichlautender Namen bestandteile ist kein Zufall, ihr liegt auch keine sinnlose Uebertragung auf die neue Hei mat zugrunde, vielmehr wurden für die vor gefundenen Verhältnisse dieselben Benennun gen benutzt, die die alte Heimat in (Nieder-) Sachsen für Gleichartiges hatte. Im Harz, im Erzgebirge und an der Elbe, Sau und Weißeritz handelte es sich, wie bereits ersicht lich gemacht, um drei Grenzgebiete. Weil die dort verwendeten gleichlautenden Namens formen neben anderen Sachsenniederlassungen der Mark Meißen (Sachsenburg, Sachsendorf bei Rochlitz, Sachsendorf bei Wurzen), die an keiner Grenze lagen, fehlen, so werden sie wohl in Beziehung zu der Grenze gestanden haben. Von ihnen sind die mit „Wild" ge bildeten in Wilsdruffs näherer und weiterer Umgebung nicht gering an Zahl und an die Gaugrenze gebunden: Wilschdorf, der Wilde Mann in Trachenberge, Wildberg, Wilde Sau, der Wilde Mann in Grumbach und Wilde Weißeritz, vielleicht auch noch andere. Es liegt nahe, zu vermuten, daß Wilsdruff zu ihnen gehört. Wenn die ältesten über lieferten örtlichen Formen des Stadtnamens dies nicht mehr erkennen lassen, so wird man annehmen dürfen, daß an ihnen vor ihrer Verlautbarung die Mundart bereits ver ändernd wirksam war. Der Lock im Uderglsuben unsrer Heimat. Von Alfred Ranft, Blankenstein. Unsere körperlichen Lebensäußerungen liegen nur zu einem Teil außen, der andre Teil liegt innen und ist sinnlich nicht wahr nehmbar, z. B. die Tätigkeit der Galle, die physischen Vorgänge im Gehirn. Aehnlich ists im Seelenleben. Hier treten zu den bewuß ten Vorgängen unbewußte. Wundt redet von einem Leben über der Bewußtseinsschwelle und von einem Leben unter der Bewußtseins schwelle. Die Wissenschaft hat sich bisher vornehmlich mit den bewußten seelischen Lebensvorgängen beschäftigt. Das Unterbe wußtsein tritt selten klar in Erscheinung, trotz dem bewegt es das Menschenleben gewaltig.
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