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Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Wilsdruff-Dresden Dienstag 11 Nov inher 1924 Nr 264 83 Jahrgang Postscheck: Dresden 2S4V Telegr.-Adr.t .Amtsblatt" Jas Mergebais der LNdtagsiaHe» ia WÄ Dr. Seipel. herabgesetzt. Bei der Einkommensteuer 11p Die Gründe des Rücktritts der österreichischen Negierung. Bertin, 9. November. Zu dem Rücktritt der österreichischen Gierung verlautet aus österreichischen Kreisen Berlins, das; sich dabei um eine Kraftprobe zwischen der Regierung und er Sozialdemokratie bezw. den Gewerkschaften handelt. Das Ltccitsbjekt in Höhe von einer Million Goldkronen füllt nicht o sehr ins Gewicht wie die Frage, ob sich die Regierung dem crror der Gewerkschaften beugen muß oder ncht. Die Lohn- rettinoen der Eisenbahner würden zudem Forderungen cerer Berufsgruppen auslösen, denen die österreichische Re- >c!ting wegen Les starken finanziellen Druckes von außen nicht Nachkommen könnte. Eine Koalition von Christlich-Sozialen nd Ecoßdeutschcn würde wiederum die Kanzlerschaft eines Hristlich-Sozialen eraeben, für die nur Dr. Seipel in Frage 'innen kann glaubt, Laß der Versuch gemacht werden soll, ein Beamten- kabinett durch den Rationalrat wählen zu lassen. Jedoch hätte ein Beamlenlabinett wahrscheinlich keinerlei Aussicht, die Schwierigkeiten beseitigen zu können. Vielfach wird der frühere Bundeskanzler und jetzige Polizeipräsident von Wien Schober als kommender Mann genannt. Bahnverkehr Deutschland—Österreich unterbrochen. Von der Reichsbahndirektion München wird miige- teilt, daß infolge des Eisenbahnerstreiks in Österreich die deutschen Personen- und Schnellzüge nur bis zu und ab den Grenzstationen Kufstein, Salzburg, Simbach, Mitten wald und Griesen verkehren. Die direkten Wagen, die nach Österreich entfallen, sowie die Orientexpreßzüge 62/63 verkehren zunächst ab Sonntag, den 9. November, nur zwi schen Paris (Calais) und Salzburg. Auch die norddeut schen Verbindungen von Berlin usw. nach Österreich sind unterbrochen. treten weitgehende Erleichterungen für die minderbemittel ten Lohn- und Gehaltsempfänger ein. Die Voraus zahlungen auf die Einkommensteuer in Landwirtschaft, Handel, Gewerbe und Industrie werden mit Wirkung vom l. Dezember 1924 u m 25 gesenkt. Die Herabminde rung der Umsatzsteuer tritt am 1. Januar des nächsten Jahres in Kraft. Gleichzeitig auch eine Herabsetzung der sogenannten Luxussteuer von 15 aus 10 Die Länder haben sich ihrerseits verpflichtet, die Gewerbesteuern ent sprechend zu ermäßigen und die Gemeinden zu veranlassen, die Gebühren der verschiedensten Art, vor allem für Gas, Wasser und Elektrizität herabzusetzen. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Dessau, 9. November. Das Endergebnis der Wahlen in Dessau lautet: Sozialdemokraten 78 449 (64 935) 15 Abge ordnete (13); Demokraten 13 991 (6181) 3 Abgeordnete (1) Kommunisten 11217 (165709) 2 Abgeordnete (4); Zentrum 2406 (2009) — (—); Nationalsozialisten 7942 (7989) 1 (2); Bodenrefvrmer und Mieterpartei 3207 (3005) 1 (1); Bürgerliche Volksgemeinschaft 74 482 (74 514) 14 (15). Wirkungen -es Streiks. Der Eisenbahnerstreik ist im Lause des Sonnabends mit dem Eintreffen Ler letzten Personenzüge zu voller Auswirkung gekommen. Es verkehren nur noch Lebensmittel- und Arbeiter- Zeit dauern wird. Man für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzeilc 20 Goldpfennig, die 2gespal1eneZeile der amtlichen Bekanntmachungen 4» Gold pfennig, die 3gespalteneReklamezeNe im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Nachweisungsgebühr 20 Goldpscnnige. Vor- geschriebeneCrscheinungs- tage und Platzvolschristen werden nach Möglichkeit HbrnspLbchbr: ÄM1 91k. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis norm. 10 Uhr — — Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Feder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. scher Seite wurde von der Lage eine Darstellung gegeben, die den Eindruck erweckt, als ob es sich um zusammenhanglose anar chistische Anschläge handelt. Diese Regierungserklärung findet hier nur geringen Glauben. Bezeichnend ist, daß die spanische Regierung Gendarmerieabteilungen zur Verstärkung der Grenz polizei abgesandt hat. Vorläufig läßt nichts darauf schließen, daß die Bewegung gegen die Monarchie gerichtet ist, obgleich Masco Ibanez, der bekannte Schriftsteller, in einem in Paris erscheinen den amerikanischen Blatt erklärt hat, daß er mit seinem Feldzug zur Ausrufung der Republik in Spanien am 1. November be ginnen werde. Er wird fein Vermögen opfern, fügt er hinzu,, nur mit anderen Personen zusammen den Umsturz der Monarchie herbeizuführen. Meuterei in Barcelona Paris, 10. November. Das französische Blatt „Jude- pendance" meldet, das; nach einem Telegramm aus Barcelona ein Pionierregiment in der Stadt gemeutert hat. Der Gouver neur von Barcelona hat gestern Truppen zusammengezogen und die Kaserne der Meuterer umstellen lassen. Paris, 10. November. „Daily Mast" veröffentlicht über den mißlungenen Putsch in Barcelona nachstehende Einzelheiten: Die Verschwörer hatten sm Donnerstag im Einverständnis mit den Artilleristen einen Angriff gegen die ArtAeriekaseme von ALarazanss geplant. Die Polizei bekam crer Kenntnis von dem Vorhaben. Fünf Personen, die mit Bomben und automatischen Pistolen bewaffnet waren, wurden festgenommen. Zwei der Artilleristen leisteten heftigen Widerstand, wobei ein Polizist ge tötet wurde. Die beiden Artilleristen wurden zum Tode ver urteilt und beim Morgengrauen erschossen und außerdem erfolg ten noch sieben weitere Verhaftungen. Die Stadt selbst ist ruhig. ' Reichspräsidenten auf eine Verordnung, durch die die seitens Ler Reichsregierung vorgesehenen Steuersenkun gen herbeigeftthrt werden, durch die ferner die Weiter führung der ohnedies mit Ablauf des Kalenderjahres er löschenden Einkommensteuer in dieser nunmehr ermäßigten Form bis zu einer gesetzgeberischen Regelung gesichert und durch die endlich seitens des Reiches bis Ablauf des Rech nungsjahres-eine Gewähr dafür übernommen wird, daß die die Grundlage der Länderhaushalte bildenden Über weisungen von Anteilen an Reichssteuern in den vier Monaten Dözember 1924 bis März 1925 nicht unter den Monatsdurchschnitt der beiden Monate August und Sep tember 1924 sinken. Die Länderegierungen erklärten, daß sie, soweit Vies mit der Ausgleichung der Haushalte Vor einzelnen Länder nur irgend vereinbar ist, von sich aus eine Senkung von Ländersteuern mit tunlichster Veschleu- uigung vornehmen und entsprechend auf die Gemeinden nachdrücklich einwirken würden. Im einzelnen wird zum Ausmaß der b? hendcn Steuerermäßigung noch mitgeteilt: Die Um j atz st euer wird von 2 aus HevolutionSre Lemegung in Spanien. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes" Paris, 9. November. Fünfzig spanische Revolutionäre, die gestern nachmittag in San Juan de Luz angekommen waren und die Grenze überschritten hatten, wurden in Bera von Mei Soldaten der Garnison aufgehalten. Ohne eine Erklärung ab zugeben, haben die Revolutionäre die beiden Soldaten getötet. Vier ihnen zu Hilfe eilende Männer wurden gleichfalls beschossen und schwer verletzt. Nach diesen Ereignissen kam es zu einem Kampf in den Bergen, der bis gegen 4 Uhr morgens dauerte. Es wurden dabei fünf der Revolutionäre getötet, 27 verhaftet. Paris, 10. November. Usber den weiteren Verlauf der revolutionären Aufstandsbewegung in Spanien liegen bis zur Zeit keine verbürgten Angaben vor. Die Blätter melden, daß 27 Anarchisten, die nach blutigem Kampfe bei Vera der spanischen Grenzpolizei in die Hände liefen, vor ein Kriegsgericht gestE und standrechtlich erschossen werden sollen. Gestern abend wur- den zwei weitere Revolutionäre verhaftet. Von offizieller spani- Krise in Oesterreich. Infolge des ausgebrochenen Eisenbahner streiks hat das Kabinett Dr. Seipel in Österreich seinen Rücktritt eingereicht. Einst weilen führt das Kabinett die Geschäfte weiter. Zu der so plötzlich ausgebrochenen Regierungskrise in Österreich wurde uns zum Wochenschluß geschrieben: Es ist nicht das erste Mal, daß der österreichische Bun deskanzler Dr. Seipel vor der Demission steht, aus dem gleichen Grunde wie jetzt. Die Eisenbahner haben von der österreichischen Regierung eine Gehaltserhöhung verlangt, dazu noch einen einmaligen Zuschuß von 10 Milliarden Kronen. Das sind in LeutschesGeld umgerechnet 600 000 Mark, aber der österreichische Staat ist finanziell umschnürt und gefesselt durch die Aufsicht des Generalagenten des Völkerbundes. Immer und immer wieder kamen, seitdem das öster- ccichische Sanierungswerk begonnen hatte, die Vertreter Lieser und jener Beamtenkategorie oder der Staats arbeiter zum Bundeskanzler und baten oder sorderten Aus besserung ihrer Bezüge. In den meisten Fällen hatten sie wohl Veranlassung genug dazu; denn genau wie bei uns hat Las Aufhören der Inflation, also der Abdrosselung jeder zusätzlichen Kaufkraft, die nur in dem Rotenneudruü ihren Ursprung hat, schwere wirtschaftliche Spannungen und ein Herunterschrauben der Lebenshaltung mit sich gebracht, die wir nach Einführung der Rentenmark ja genügend über uns ergehen lassen mußten. Durchgeführt wurde die Sanierung unter der harten manchmal wohl übertrieben rücksichtslosen Faust des Generalagenten Zimmer mann, der bis in die einzelnen Bureaus hinunterstieg, um fcstzustellen, ob und wieviel Beamte der Staat bei schärfster Ausnutzung jeder Person noch nötig habe. Das österreichische Budget bedarf der Genehmigung des Gene ralagenten und er hat dieses Budget gründlich durchge- arbeitet und dabei die Ausgabeposten derartig beschnitten, daß Dr. Seipel die weitere Fortführung der Staatsge schäfte für unmöglich erklärte. Es kam zu einem derart heftigen Konflikt zwischen ihm und Zimmermann, daß sie überhaupt nur noch schriftlich miteinander verkehrten. Seipel ging dann zur Offensive über, beschwerte sich beim Völkerbund, suhr zur letzten Tagung nach Genf und hat es dort erreicht, daß die Völkerbundsversammlung eine ganze Reihe jener Abstriche gemildert oder ganz zurückge nommen hat. Aber im Rahmen dieses Budgets rpuß Dr. Seipel bleiben und den Deputationen hat er immer wieder er widern müssen, daß er jede Gehaltserhöhung ablehnen müsse, weil an eine Änderung bezw. Erhöhung des Bud gets gar nicht zu denken sei, so sehr er die Notlage Ler betreffenden Beamten auch anerkennen müsse. Mag sein, daß die Eisenbahner jetzt zu ihrer Forderung eine beson dere Veranlassung haben, da auch in Österreich die Preise in dauerndem Steigen sind. Aber Dr. Seipel kann nicht irachgeben, darf nicht nachgeben. Auch durch den Streik der Eifenbahner will er sich nicht zu einer Nachgiebigkeit zwin gen lassen, die nur der Anfang einer Reihe von gleich artigen Forderungen auch in den anderen Beamtenkate- gorien sein würde. Damit käme in das österreichische Budget ein Loch, das sich dann ständig erweitern und da mit den Haushalt aus dem mühsam hergestellten Gleich- gewickt bringen würde. Auf diesem Gleichgewicht aber be ruht die Stabilisierung der österreichischen Währung; von jeder Nachgiebigkeit muß Dr. Seipel auch eine Erschütte rung der Währungsstabilisierung befürchten und er ist des wegen nicht gewillt, die Verantwortung für die schweren Folgen einer neuen Inflation auf sich zu nehmen. Der Präsident der Bundesbahnen hatte ebenfalls seine Demis sion gegeben und das Kabinett tat den gleichen Schritt. Vielleicht ist es nur eine Geste, eine Drohung und da her noch nicht an der Zeit, dem Bundeskanzler einen Nach ruf zu widmen. Aber es ist eine Drohung sehr gewichtiger Art: denn Dr. Seipels große, ausschlaggebenden Ver dienste nicht nur um die Sanierung Österreichs, sondern auch um die Herstellung eines guten Verhältnisses nament lich handelspolitischer Art mit den Nachbarstaaten geben dieser Drohung das schwere Gewicht, dem gegenüber vielleicht nach der Eisenbahnerstreik nicht wirksam genug sein wird. Die Mehrheit des Volkes wird sich wahrschein lich hinter den Bundeskanzler stellen, um mit dem Mann Lus Werk zu retten. Besonders deswegen, weil ganz Öster reich weiß, daß Seipel jene Summe von 10 Milliarden Kronen bewilligen würde, wenn er dazu in der Lage wäre. Gewiß stehen wir Dr. Seipel, der in seinem Herzen überaus schwarz-gelb ist und von der Idee eines An schlusses Deutschösterreichs an das Deutsche Reich nicht das geringste wissen will, ziemlich kühl gegenüber, aber, wie eben gesagt: das Werk der Sanierung Österreichs ist s e i n Verdienst und das Werk würde zusammenbrechen, wenn der Mann, der es geschaffen hat und erhält, gehen würde. Nicht Seipels wegen, sondern um unserer deutschen Brüder willen. Einigung über die StkUkremWWg. Tas Ergebnis der Finanzministerlonfercnz. Halbamtlich wird mitgeieilt: Der Reichssinanz- mtnister und die Finanzminister der Länder verständigten sich angesichts der dringenden Notwendigkeit einer sofor- tiaen Steuersenkung vorbehaltlich der Stellungnahme des >n Österreich. Bezüglich neuer Ver- »andlungen nimmt. die General- Licektion der Bundesbahnen eine abwartende Haltung ein. Dagegen finden mit Vertretern der Gewerk- w-alien Besprechungen über Sicher stellung der Lebensmittel transporte für Wien und andere Städte statt. Diese Ver handlungen sollen sich recht schwie rig gestalten. Am Dienstag nach mittag um 3 Uhr findet eine Sitzung des Nationalrates statt, in ver der Präsident dem Hause Mit teilung von Lem Rücktritt der Re gierung machen wird. Zu diesem Zweck sind Züge sichergestellt wor den, um die Abgeordneten aus der Provinz nach Wien zu bringen. Im allgemeinen nimmt man an, daß dcr Eisenbahnerstreik längere Auflösung -cs Landtages abgclchnt. Dressen, 9. November. Der deutschnatio- «Äe Antrag auf Auflösung des Landtages, ebenso ein Mißtrauensantrag der Kommunisten gegen das Kabinett Heldt wurden abgclchnt, weil im letzten Augenblick dir Deutsche Volkspartei sich gegen die Anträge wandte. Der Sächsische Landtag nahm heute nachmittag 1 Uhr nach längerer Sommerpause seine Beraiungen wieder aus, und Mar unter der Losung: Auslösung oder nicht. Das Haus war voll besetzt und die Tribünen zeigten nur wenige Lücken. Vor Ein tritt in die Tagesordnung gedachte Präsident Winkler des Bb- lebrns 'des sozialdemokratischen Abgeordneten Sachse und des Redakteurs Hennig, die beide im Interesse des Hauses und de» Volkes gearbeitet hätten. Auch dem in den Ruhestand getrete nen Landtagsdiresior Hvsrak Kraus widmete er Worte des Dankes. Dann trat sosvrt die kommunistische Fraktion in Tätig keit. Abg. Böttcher beantragte eine Umstellung der Tagesord nung und Behandlung des Amnessieanira^es und des Verbotes der Verhaftung 'kommunistischer Abgeordneten nach der Land- Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das ^Wilsdruffer Tageblatt" erscheint täglich nachm. 5 Uhr für den folgenden Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 Mk. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mk., bei Postbestellung ISPsg'. ÄuePostanstaitcn Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und unsereAus- trägerun»B<schSktssteIlen — —— nehmen zu jeder Zeit Ve. ftellungen racheger. In, Falle böherer Bemalt, Krieg ade, sonstiger Betriebsstörungen besteh« kein Anspruch auf Lieferung »er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung cingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. zuge, letztere aus den Lokalstrecken. Der Streik erstreckt sich nur auf Las Personal der Bundesbahnen, nicht der Privatbahnen