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Die Sachsen-Zeitung enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats z« Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen u. a. SSlVelüM, Seamks, K-rMMe v. Kf-eSer Anzngrnprris ? die 8 gespalten« Siaamz-N« ro Goldpfenuig, die L gespaltencZeile der amtlichen Bekanntmachungen raDold- pfcnnig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile der Zeitung loo Goldpsennig. Nachweisungsgebühr 20 Gold- Pfennige. Dorgeschriebene Er- L sch->nungs»agc und Platzvoe schristen werden nach Möglich- Vt/'» V keit berücksichtigt. Anzeigen annahme dis vormittags 10llhr. Für die Nichtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn dcr Betrag durch Klage «iugezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen auch alle Vermittlungsstellen entgegen. KÄwM/e DaMZeSrms /öl' FwrSVttMaA Me «Sachsen-Zeitung- erscheint täglich nachmittags 5 Uhr für den folgende» Tag. 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Vor zehn Jahren krachten die Schüsse von Serajewo; aus der Pistole des Serbenverschwörers Princip fuhr der Feuerstrahl in ein Pulverfaß, auf dem Europa seit Jahren saß. „Rußland ist fertig und Frankreich muß es auch sein," schrieb in fetten Lettern im April die Petersburger „Birschewija Wjadomofti", und man wußte, daß der Artikel mit dieser Überschrift vom russischen Kriegsminifter Ssassanow herrührte. Und ein paar Monate später konnte sich der französische Präsident Poin- carö bei einem Besuch in Rußland überzeugen, daß es fertig war. Frankreich war es, war es fett den Tagen, da das Wort Clemenceaus: Nicht davon sprechen, immer daran denken! zum Leitgedanken feines Volkes geworden war. Wie haben wir dieses Frankreich umworben! Nicht nur Wilhelm II., sondern auch Bismarck, der durch seine Zurückhaltung die großartige Kolonialpolitik Frank reichs erst ermöglicht hat, damit es nicht fortwährend auf das „Loch in den Vogesen" starre. Es hat alles nichts genützt, und den Freundlichkeiten Kaiser Wilhelms setzten die Pariser Zeitungen das Wort gegenüber, daß all' das „den Eisblock nicht werde zum Schmelzen bringen lassen". Und am 24. Juli, ehe noch die österreichische Note anSerbien wegen des Serajewoer Mordes bekannt ist, bespricht Viviani, der französische Außenminister, mit seinem russischen Kollegen „die Gefahren, die aus einem etwaigen Schritte Österreich-Ungarns bei Serbien aus An laß des Attentats hervorgehen könnten". Diese Mitteilung geht an Bienveun-Martin, Vivianis Stellvertreter in Paris; jetzt sollte er Präsident des Senats werden! Sie hängen fest wie die Kletten zusammen, all die Poinearös und Vivianis und Palöologue, und sie werden sich hüten, ihre Geheimarchive zu öffnen, ebenso wenig wie es die Iswolskis und Ssasanows freiwillig taten, ebenso wenig, wie es Serbien tut. Auch England denkt nicht daran, aufzuwerfen, wie das „Oetorum oenseo, llsrmaniam 6886 äownäam," das „im übrigen meineich, daß Deutschland vernichtet werden muß" des Saturday-Review-Ar- tikels aus dem August des Jahres 1896 in allmählicher, zielbewußter Politik verwirklicht wurde. Wie man erst ver geblich versuchte, Deutschland als englischen Degen gegen Rußland zu gewinnen, welchen Dienst dann Japan übernahm; und wie man dann das besiegte Rußland all mählich abdrehte von seinen asiatischen Plänen, den Blick wieder richten ließ auf den nahen Orient, dem Balkan und das Meerengenproblem. Und dann kam alles, wie es kommen mußte, was Peter der Große schon zweihundert Jahre zuvor seinen Nachfolgern als Testament hinterlassen batte. Gewiß ist das Attentat von Serajewo die äußere Ursache des Weltkrieges geworden; denn es provozierte das Vorgehen Österreichs gegen Serbien. Oft hat man gesagt, daß Österreich den Krieg gMvollt hat; vielleicht ist diese Behauptung richtig. Aber dieser Krieg mit Serbien war so notwendig, so moralisch berechtigt wie es der „An griff" Friedrichs'des Großen im Jahre 1756 gewesen ist. Denn jener Pulverblitz am 28. Juni beleuchtete den Ab grund, an dessen Rand die Habsburger Monarchie stand. Wurde jetzt nicht endlich Schluß gemacht mit den serbischen Wühlereien, wurde auch das wieder geduldet ohne zu reichende Sühne, dann konnten beruhigt die Führer der Tschechen und Serben, der Kroaten und Italiener ihre hoch verräterische Arbeit zur Zerschlagung des Reiches fortsetzen. Die serbische Regierung hat ja später behauptet, sie habe davor gewarnt, daß der Thronfolger Franz Ferdinand nach Bosnien reise, am 28. Juni, dem Tage der Schlacht aus dem Amselseld, ein Manöver veranstalte; denn man habe in Bel grad Veranlassung zu glauben, daß ein Attentat geplant sei. Bei dieser Erklärung übersah man vollkommen, daß also die Belgrader Regierung eingeweiht war. Hat doch später ein Teil der Beteiligten ausgesagt, daß die betreffende Organi sation, „Vereinigung oder Tod", ein Verein gewesen sei, dessen Tätigkeit den serbischen Behörden stets bekannt war, eine Tätigkeit, die sich in Übereinstimmung mit den Inten tionen dieser Behörden befand. 1892 haben die ersten militärischen Besprechungen zwischen französischen und russischen Offizie ren stattgefunden, die sich dann bis zum Ausbruch des Weltkrieges zu intensivster, bis ins Einzelnste gehenden Zusammenarbeit steigerten. Die diplomatische Vor bereitung ging daneben her und der Hauplträger war Eng land, war Eduard VII. Im Mai schreibt der belgische Ge sandte in London, daß „das amtliche England im stillen eine deutschlandferndliche Politik befolge, die auf eine Isolierung Deutschlands abzielt und daß König Eduard es nicht ver schmäht hat, seinen persönlichen Einfluß dieser Idee zu widmen, und niemals war der Weltfriede ernstlicher bedroht, als seitdem der König von England sich damit bc faßte, ihn zu festigen." So war das Blut, das auf das Straßenpslaster von Serajewo stob, nickt die Quell« pes furchtbaren vierjährigen FmzW - WW MiNMeWMUhM Verschiebung -er Konferenz im Juli? Paris, 26. Juni. Herriot hat gestern abend den eng lischen Botschafter am Quay d'Orsey empfangen und mit ihm eine längere Aussprache gehabt. Der diplomatische Mitarbeiter der Daily Mail glaubt zu wissen, daß Herriot den englischen Botschafter dringend ersuchte, Macdonald sofort um Ausschlüße hinsichtlich des Unterschiedes zu bitten, der zwischen dem fran zösischen und dem englischen Kommunique, die als Ergebnis der Besprechung in Chequers veröffentlicht wurden, besteht. Namentlich läge Herriot Wert darauf, die genaue Bedeutung zu erfahren, die Macdonald dem Ausdrucke „moralischer, ver träglicher und ständiger Zusammenarbeit" zumesse. Herriot be tonte demgegenüber dem englischen Botschafter, daß die Ver schiedenheit der beiden Texte in Pariser politischen Kreisen großes Unbehagen auslöse und ihm viel daran liege, noch heute vor der Sitzung im Parlament, wo Herriot zu längeren Er klärungen genötigt werden wird, eine Antwort aus London zu erhalten. Daß zwischen dem französischen und dem englischen Standpunkt noch beträchtliche Differenzen bestehen, zeigte sich erst nach dem Besuch Herriots in Brüssel. Der Mitarbeiter des englischen Blattes macht weitere Angaben über den Plan Herriots zur Lösung der Reparativns- und Sicherungsfrage und stellt fest, daß Herriot angesichts der Widerstände, auf die er in Brüssel und bei Macdonald gestoßen sei, sich davon Rechen schaft ablege, daß vor einem erfolgreichen Zustandekommen der Londoner Konferenz im Juli ein weiterer Meinungsaustausch zwischen England und Belgien erfolgen müsse. In Paris herrscht daher, wie der Mitarbeiter schreibt, die Auffassung vor, daß die für Juli angesetzte Konferenz aus obenerwähnten Gründen auf später vertagt werden müße. Herriot berichtet in Paris. Paris, 26. Juni. Gestern versammelten sich im Vilyfee unter dem Vorsitz des Präsidenten der Republik die Minister und Unterstaatssekretäre. Herriot erstattete Bericht über die Unterredungen in London und Brüssel. Der Iustizminister wurde beauftragt, im Bureau der Kammer einen Gesetzentwurf unter- zubringen, der bestimmt ist, die Mieterschutzgesetzgebung zu er- gänzen. Macdonalds Zusagen London, 26. Juni. Die Pariser Behauptung, Mac donald habe Herriot versprochen, ,chei einem deutschen Angriff werde England auf Seite Frankreichs stehen wie 1914", wird offiziös widersprochen, Macdonald habe nur zugesagt, falls Deutschland nach Annahme den Dawes-Plan nicht erfülle, alle Alliierten gemeinsame Schritte unternehmen würden. Mili tärische Schritte wurden nicht erwähnt. Entweder — oder. Karlsruhe, 26. Juni. Emer Havas-Meldung zufolge sind für Mai und Juni noch insgesamt 240 Millionen Goldmark für Besatzungskosten durch die deutsche Regierung ausständig. Die letzte deutsche Zahlung sei am 20. Mai geleistet worden. In einer Rote sei Deutschland um Bezahlung bis Ende Juni Mutstromes, ver über Europa, über die Welt dahingeflossen ist. Ein Wort Englands hätte genügt, Frankreich und Rußland in ihrem Vorgehen zu bremsen. Das Wort ist nie gesprochen worden, wett ja alles, alles vereinbart war, weil ja Rußland, weil Frankreich „fertig waren". Fünf Jahre später, wieder am 28. Juni — mit sadisti scher Bosheit war der Tag ausgesucht — unterschrieb Deutsch land die Lügevo »Versailles, unser „Schuldbekennt nis", das die „Sieger" uns abgezwungen hatten. Das diese Sieger uns immer und immer wieder abzwingen. Und aus dieser „freiwilligen" Unterschrift wollen sie uns auch "mo ralisch" binden zur Erfüllung aller dieser Bestimmungen. Vor ein paar Tagen las man wieder in französischen Zei tungen die Warnitng an Deutschland, ja nicht die „Schuld ftage" aufzurollen, well das den „Frieden von Europa" störe. Das darf uns nicht hindern, .denn dieser „Friede" baut sich auf auf jener Lüge vom 28. Juni 1919, die das Geschehnis vom 28. Juni 1914 aus der Geschichte ausstreichen will. -aiMerksIMlir. Das deutsche Handwerk durchlebt gegenwärtig eine Zeit der Besinnung. Seine äußere Organisation hat es zu fester Form gebracht. Die einzelnen Verbände schlossen sich zum Reichsver- band des Deutschen Handwerks zusammen; der Handwerkskam- mertag sicht vor einer entscheidenden Erweiterung seiner Rechte; die Tagungen der Handwerker während des vergangenen Jahres bedeuteten machtvolle Kundgebungen; die Deutsche Gewerbe- schau in München, die lleberseewoche in Hamburg, Ausstellun gen in Bremen, Hildesheim und an anderen Orten waren von werbender Kraft. Dieser Bewegung im Handwerk entspricht aber auch eine Bewegung für das Handwerk, die sich aus die verschiedenste aufgefordert worden, wenn es die aus dem Versailler Vertrag sich ergebenden Maßnahmen vermeiden wolle. Bestimmte Anfragen Deutschlands an Herriot? Paris, 26. Juni. Journal glaubt zu wissen, daß Herr von Hoesch bei Herriot einen Schritt unternehmen wird, um von dem französischen Ministerpräsidenten Aufschlüsse betref fen die Räumung des Ruhrgebietes, die Wiederherstellung der deutschen Oberhoheit im besetzten Gebiet und die Wiederauf nahme der Militärkontrolle zu erlangen. DeuffAIsnck nimmt Sie Nontrolknote an? Paris, 26. Juni. Den Parifer Blättern wird aus Ber lin gemeldet, daß die Reichsregierung sich in einer Note Ende dieser Woche mit der Wiederaufnahme der interalliierten Mili tärkontrolle einverstanden erklären wird. Der Berliner Kor respondent des „Journal" behauptet, die Berliner Regierung werde nicht verfehlen, in dieser Note daraus hmzuweisen, daß die Kontrolle laut den Bestimmungen des Versailler Vertrages längst ein Ende genommen haben müsse und durch Beaufsichti gung des Völkerbundes hätte ersetzt werden sollen. Im übrigen hält der Berliner Korrespondent des „Echo de Paris" die gestern aufgestellte Behauptung aufrecht, wonach General v. Seeckt die Wiederaufnahme der Kontrolle in den Fabriken gestatten, sich aber einem jeden Versuche der Kontrolle der Reichswehrbestände widersetzen wird. Berlin, 26. Juni. Der „Berliner Lokalanzeiger" be richtet zu den gestrigen Besprechungen der Reichsminister: Aus den sachlichen Beratungen über die Antwort auf die Militär- konttollnote scheint sich bereits jetzt so viel ergeben zu haben, daß eine im Prinzip zustimmende Antwort zu erwarten ist, jedoch be darf es wegen der Formulierung dieser Antwort, vor allem wegen der wahrscheinlich notwendigen Kautelen, unter denen die Zu stimmung zu den Forderungen der Alliierten gegeben werden kann, noch einer genauen Einzelberatung. Jugoslawien fordert Teilnahme an der Londoner Konferenz. Belgrad, 26. Juni. Die jugoslawische Regierung hat die Teilnahme an der demnächst in London abzuhallenden Kon ferenz der Alliierten nachgesucht, da sich diese Beratung mit der Regelung der deutschen Reparationsfchulden befassen werde und Jugoslawien an der Reparationsfrage interessiert sei. Der Völkerbund lehnt alle deutschen Forderungen ab. Danzig, 26. Juni. Die „Pol. Tel. Agentur" meldet aus Genf: Der Völkerbundsrat hat sämtliche deutschen Forde rungen abgelchnt und die deutschen Beschwerden zurückgewiesen. Es bleibt bei dem polnischen Angebot von einer Gefamtabfin- dung von 2,7 Millionen Goldfranken an die rund 600 An siedler. Weise ausdrückt. Das Reichswirtschaftsministerium hat die für das Handwerk zuständige Abteilung tatkräftig ausgebaut; im vor läufigen Reichswirtschaftsrat bekam auch das Handwerk eine wichtige Gelegenheit, sich innerhalb der anderen Arbeitsgruppen Geltung zu verschaffen. Die deutschen Länder und Städte haben zur Hebung des Händwetks in letzter Zesi Manches getan; das llnterrichtswefen betont überall MH handwerkliche Erziehung und den Wert der Wer'kstätte. Dlaß 4n der kulturellen Stiftung, die der Reichspiäsidhnt a!m Merfafssingstage ausfetzte, von der Er haltung der in unserem Volke lebenden gestaltenden Kräfte ge sprochen wird, und daß dabei bas Handwerk in Zusammenhang mit Kunst und Wissenschaft erscheint, bedeutet Epoche: es ist das Symptom einer Auffassung, die wieder an Ne Wurzeln der Kultur denkt, an das in der Arbeit des Volkes und seiner Führer enthaltene Können und Wissen. Einen zufammengefaWen Ausdruck findet diese Bewegung in der Arbeitsgemeinschaft für Deutsche Händwerkskultur, die aus der Arbeit des ReichskuNstwärts heraus entstand. Das Wort „Händwerkskultur" bezeichnet, baß die Arbeit und Gesin nung des Handwerks eine wichtige Gäundlgge unseres geistigen Lebens ist und daß im Handwerk Werte lebendig sind, die er halten und gepflegt werben müssen, wenn man an eine neue Entfaltung Deutschlands denkt und überzeugt ist, daß ihre Pole Kultur und Wirtschaftsleben sein müssen. In der Arbeit vieler großer industrieller Verbände Deutsch lands, sei es, daß sie sich mit HeiMatschutz, Denkmalspflege, Förderung des Kunstgewerbes oder Schulfragen beschäftigen, sei es daß sle, wie der Merkbund, führend an der Stelle stehen, wo kulturelle und wfttschafKche Fragen sich im Brennpunkt treffen, liegt ein Stück Handwerkspvisisik, auch wb es bisher nicht erkannt ist. Lind ebenso liegt in den wirtschaftlichen Forderun gen, die das Handwerk in feinen größten Verbänden vertritt, ein Stück kultureller Arbeit, die das ganze geistige Leben Deutsch lands angeht. Wenn beispielsweise der Heimatschutz fordert, daß