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Die Sachsen-Zeitung enthüll die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshanvtmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen u. a. Nr. 147 - 83. Jahrgang. Wilsdruff-Dresden. Donnerstag, 26. Juni 1924 Postscheck: Dresden 2640 Tel.-Adr.: »Sachsenzeitung* SÄVsrlvm, Swmks, K/rMMe v. KröeSer Anzeigmprris: »i- 8 ,-fpaltrne Raomzeile ro Goldpsrnnig, dk 2gtspaItmeZeIl- der amtlichen Bekanntmachungen 40 VoU>- pfennig, die S gespaltene Aeklamezeile im textlichen TeUe der Zeitung l00 Goldvsennig. Nachweisungsgebühr 20 Sold- me?«L^ Km/ M. 6 annah me bis vormittags 10 Uhr. — Für die Richtigkeit der durch Fernrus übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn derDetrag durch Klag« eingezogcn werden muß oder der Austraggeder in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen auch alle Vermittlungsstellen entgegen. VsMM/rms /ür LmrSV/rMast, We,Sachsen»8eitnng" erschein« tägllch nachmittags 8 Uhr für den folgenden Tag. 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Die Zeit nach der Revolution von 1918 hat zunächst noch weit schärfer, als es in der Kriegszeit geschah, wirt schaftlich den Verbraucherstandpunkt vertreten; dem Er zeuger gegenüber hielt man eisern an der Zwangswirt schaft fest. Die Inflation machte dieser aber ein Ende, und sie fiel, nicht ohne daß in der Übergangszeit, als dis Nachfrage so ungeheuer viel größer war als das Angebot, vielfach bedeutende Gewinne gemacht wurden — in Papier. Aber allzu oft wurden die „Gewinner" zu In- flationsverlierern, wenn sie glaubten, daß Geld Geld fei. Wer es nicht im Betrieb, in Sachwerten anlegte, war es bald genug praktisch wieder los. Und Sachwert ist nicht immer wirklich ein Sachw e rt; denn auch hier entscheidet Angebot und Nachfrage, und wer sich vor dem Strudel der Inflation etwa durch Anschaffung eines — Klaviers zu retten glaubte, wird jetzt, da er Geld braucht, erfahren müssen, daß dieser Sachwert nur sehr wenig „wert" ist, weil er es nicht los werden kann. Bei der Landwirtschaft mit ihrem langsam nur einmal im Jahre erfolgenden Umschlag des investierten Betriebs kapitals haben aber kurzfristige Kredite wenig Wert. Nun hat aber diewichtigsteKreditquelle, nämlich die Nentenbank, statutengemäß nur das Recht einer kurzfristigen Kreditgewährung. Was nützt es da dem Bauer, der die Gewinne der Inflationszeit zum Ausbau seiner Wirtschaft verwandte, sich das lebende und tote In ventar reichlich erweiterte, wenn er kein Betriebskapital bat! Und er hat keins, weil er für seine Produkte viel Weniger erhält als im Frieden, seine Produktionskosten aber erheblich gestiegen sind — namentlich bei intensivem Betrieb —, und die Steuern noch höher kletterten. Und täglich weiter klettern! Wir leiden an einer Weltüberproduktton in der Land wirtschaft, nicht etwa, weil mehr produziert wird als im Frieden — 1923 erst brachte ungefähr eine Welternte von der Menge der Friedenszeit —, sondern weil der Bedarf so außerordentlich gesunken ist. Amerika erhält für seinen Weizen immerhin noch den Friedenspreis, aber nur nominell. Denn praktisch bedeutet das weniger als da mals, weil die Preise aller Jndustrieprodukte weit über 1913 stehen. Anders sieht es in den östlichen Gegenden Europas aus, wo man jetzt sehr billig produziert, so daß man russisches Getreide in Danzig zu 1 Dollar den Zentner kaufen kann, also zur Halste des deutschen Jnlandpreises vom Jahre 1913. Die täglich unerträglicher sich entwickelnden Verhält nisse haben nun die Führer der größten landwirtschaft lichen Organisation, des Reichs-Landbundes, veranlaßt, Persönlich beim Reichskanzler die dringendsten Vorstellun gen zu erheben. Nicht umsonst drohte Dr. Schlittenbauer, der Führer des Bayerischen Bauernbundes, damit, daß dis zum Zusammenbruch der Landwirtschaft nicht mehr viel Zett vergehen könne, wenn auch weiterhin nichts zur Erleichterung der auf ihr ruhenden Lasten geschehe. Das haben auch die Landbundführer dem Reichskanzler offen dargelegt. Der Kanzler versprach — Erwägungen und Be ratungen. Demgegenüber wurden aber ganz genau formu lierte Forderungen aufgestellt: Steuer st undung bis nach Einbringung der Hackfruchternte, also bis zu dem Zeitpunkt, da eine Verwertung der Ernte möglich ist, da mit die Steuerbezahlung nicht durch Abstoßung von Vieh usw. erfolgt. Dann: Milderung gewisser, von den Län dern eingeführter Sonderbefteuerungen und außerdem Verlängerung der Kredite bis zur Abdeckungs- Möglichkeit durch langfristige Kredite; und schließlich: Be- reitstellung eines beträchtlichen Kredits zurBergung derErnte, damit nicht zu lächerlichen Preisen — von denen der Verbraucher doch nichts hat — die Ernte auf dem Halm verkauft werden muß. Grundlegende Änderung — und damit geht man in das volkswirtschaftliche Gebiet über — ließe sich aber nur erreichen, wenn man in der Wirtschaft endlich alles Partei- dogmatische aufgäbe und zu diesem Zweck unserem Volke sagte, wie es mit uns steht. Dann würde die Rückkehr zu den Grundsätzen, einer wirtschaftlichen Vernunft und die Abkehr von wirtschaftszerstörenden Parteidogmen möglich werden, und erst dann könnte die -deutsche Wirtschaft zu Preisen produzieren, die nicht mehr 20 und mehr über den Weltmarktpreisen stehen. Das wieder bedeutete eine gründliche Herabsetzung der Produktionskosten auch der Landwirtschaft. Alles eigentlich selbstverständliche Dinge; aber leider werden Selbstverständlichkeiten gar nicht oder zu ipät an^aeführt. st?, und Meibt nun einmal so: „Hat der Bauer Geld, hat's die ganze Welt." Er hat aber keins, und das spurt dre absatzbedürftige Industrie nur -allzu sehr. Man ist eben aufeinander angewiesen, und es gibt Wege, einander zu helfen. Man muß die Politik aus der Wirt schaft ausfchalten, will man diese wieder lebenskräftig machen. Der Wortlaut der neuen Kontrolluote. Berlin, 24. Juni. Der englische Botschafter und der französische Geschäftsträger haben dem 'Reichskanzler am Diens tag nachmittag die in der Presse bereits angekündigte Note über reicht, die in deutscher Uebersetzung lautet: Chequers,22. Juni 1924. Wir wünschen uns in einer Frage, die unseren beiden Regierungen ernste Sorge bereitet, unmittelbar an Eure Exzellenz zu wenden. Wir haben nicht ohne grösste Besorgnis erfahren, daß die deutsche Regierung viel leicht die Absicht haben könnte, auf die kürzlich wegen der Mili- tärkontrolle in Deutschland an ihren Botschafter in Paris ge richtete Note keine zustimmende Antwort zu geben. Gleichzeitig eralten wir die beunruhigenden Berichte über die unausgesetzte und zunehmende Aktivität der nationalistischen und militaristischen Organisationen, die mehr oder weniger offene militärische Vor bereitungen treffen, um in Europa neue bewaffnete Konflikte her vorzurufen. Diese Berichte sind zu zahlreich und zu substantiiert, als daß man sie vernachlässiMN könnte. Sie führen dazu, die öffentliche Meinung in einer Besorgnis zu bestärken, die unver meidlich die Haltung der beiden Regierungen beeinflussen muß. Wir sind sicher, daß die deutsche Regierung, falls diese Be richte unbegründet sind, nicht nur ihre eigenen Interessen wahren, sondern auch ganz Europa einen großen Dienst erweisen wird, wenn sie an einer Untersuchung mitwirkt, die so durchgeführt wird, daß sie die Besorgnis vor geheimen militärischen Vorbereitungen zerstreut Wir können der deutschen Regierung nicht verbergen und wir halten es für gut, sie davon zu verständigen, daß jeder neue Verstoß gegen die loyale und genaue Durchführung der Verpflichtungen aus Teil 5 des Vertrages die internationale Lage gerade in dem Augenblick schwer belasten würde, an dem die Aussicht auf schnelle Iukrasts: zm.g des Dawes-Berichtes in allen beteiligten Ländern die Hoffnung auf eine endgültige Rege lung der Reparationsfrage, die einer allgemeinen und wirklichen Befriedung die Wege ebnen soll, auskeimen läßt. Wir bitten da her die deutsche Regierung, diese Befriedung zu erleichtern und zu diesem Zwecke zunächst mit Nachdruck und gutem Willen an Das offizielle Kommunique. Paris, 25. Juni. Am Schluß der zweiten Sitzung, die Herriot gestern nachmittag mit Theunis und Hymanns von 4 bis 6 Uhr hatte, wurde nachstehendes offizielles Kommunique veröffentlicht: Der französische Ministerpräsident hat heute mit Theunis, dem belgischen 'Ministerpräsidenten, und Hymanns, dem belgischen Außenminister, zwei Besprechungen gehabt. Herriot hat die belgischen Minister über die Unterredungen mit Ramsey Macdonald unterrichtet, die zu der Hoffnung berechtigen, daß durch ein enges Zusammenarbeiten Englands, Frankreichs, Bel giens und Rastens die Durchführung des Sachverständigenbe- richtes in kürzester Zeit gesichert ist. Der französische Minister präsident und die belgischen Minister haben daraus ihre An sichten über die wichtigen Punkte ausgetauscht, welche bei der nächsten interalliierten Konferenz zur Sprache gebracht werden. > Der Meinungsaustausch zwischen den Regierungen soll die zur ! Erörterung sichenden Fragen zum Gegenstand einer gründlichen « Prüfung machen, damit die Konferenz in London zu bestimmten übereinstimmenden Beschlüßen führen kann. Die Annäherung die sich zwischen den alliierten Mächten vollzieht und die von den belgischen Ministern in Paris, London und Mailand vorbereitet worden war, erleichtert die Lösung der noch schwebenden Fragen. Die Minister haben ihr Augenmerk insbesondere auf den Aus tausch der Pfänder gerichtet, zu dem geschritten werden soll, nach dem Deutschland alle Verpflichtungen, die ihm durch den Ex pertenbericht auferlegt werden, erfüllt, ihre Durchführung garan tiert und die Micumverträge erneuert haben wird. Die Ver treter der beiden Regierungen haben erneut ihren Willen zum Ausdruck gebracht, und die diesbezügliche Erörterung wird auf beiden Seiten fortgesetzt werden. Die Brüsseler Besprechungen waren von dem aufrichtigen Geiste inniger Freundschaft und gegenseitigen Vertrauens getragen. Sie haben den Eindruck hinterlassen, daß ein ernsthafter Fortschritt verwirklicht worden ist und die nächste Konferenz geeignet sein wird, dem Repara tionsproblem zu einer allgemeinen Lösung zu verhelfen. Herr Theunis hat seinerseits hinzugefügt: Wir sind sehr zufrieden, wir haben das Gefühl, daß auf dem langen Wege der Reparationen und des Friedens diesmal beträchtliche Wegstrecken zurückgelegt worden sind. Wir werden dem Programm der Iulikonferenz voll und ganz beitreten. Herriots Abreise. Paris, 25. Juni. Wie aus Brüssel gemeldet wird, ist Herriot 8,45 Uhr nach Paris abgereist. Theunis sagte den bel gischen Journalisten, daß sämtliche Fragen wegen Mangel an Zeit nicht ausreichend zur Sprache gebracht werden konnten und der Meinungsaustausch zwischen Frankreich und England in den nächsten Tagen weitergehen werde. der Verwirklichung -er rechtmäßigen Forderungen der Militär- kontroilkommission msizuarbeiten. Es läge im eigensten Interesse der deutschen Regierung, wenn die genaue Lage in bezug auf die Entwaffnung in Ueber- einstimmung mit den Bestimmungen des Vertrages festgestellt würbe. Wenn sie die Alliierten von der Aufrichtigkeit ihrer Haltung überzeugen will, muß sie von der Möglichkeit Gebrauch machen, einen Beweis hierfür zu geben, indem sie die Kontroll kommission bei der Feststellung der Tatsachen unterstützt. Wir appellieren an Eure Exzellenz, weil wir keine Gelegenheit ver säumen möchten, um eine Ursache ernster Schwierigkeiten zwi schen unseren Regierungen zu beseitigen. Frankreich und Großbritannien haben keineswegs das Be streben, der deutschen Negierung Schwierigkeiten zu bereiten oder die Kontrolle über das Maß des Notwendigen hinaus zu ver längern. Im Gegenteil, sie nehmen die Zurückziehung der Kom mission für einen möglichst nahen Zeitpunkt in Aussicht. Sie wünschen lebhaft, den Mechanismus -er Kontrollkommission durch das im Artikel 213 des Vertrages dem Völkerbund übertragene Unterfuchungsrechk ersetzt zu scheu, sobald sie in bezug auf die verschiedenen Punkte, die die alliierten Regierungen besonders bezeichnet haben, Genugtuung erhalten haben. Sie verlangen nur, daß man ihren berechtigten Besorgnissen jede Beruhigung zuteil werden läßt. Man kann nicht von ihnen verlangen, daß sie ihre Sicherheit durch den Wegsall der Garantten gefährden lasten, die sie auf Grund der Bestimmungen des Versailler Ver trags in Händen haben. In diestm Geiste bringen wir erneut unsere aufrichtige Hoffnung zum Ausdruck, daß die deutsche Re gierung auf die Note der Botschafterkonferenz die Antwort er teilt, die der Situation und dem im Vertrage feierlich festgeleg ten Verpflichtungen entspricht. gez. Herriot. I. Ramsey Macdonald. Der Reichskanzler hat dem englischen Botschafter und dem französischen Geschäftsträger erklärt, daß er die Note zur Kennt nis des Reichskabinetts bringen werde. Die Alliierten werde» rechtzeitig, d. h. bis zum 3Ü. Juni eine Antwort der deutschen Französisch-belgische Meinungs verschiedenheiten. Pari s, 25. Juni. Brüsseler Meldungen lasten erkennen, daß trotz der optimistischen Kommuniques die Brüsteler Aus sprache leinen so überaus herzlichen Verlaus genommen hat. Zwischen Herriot und der belgischen Regierung bestehen Mei nungsverschiedenheiten soweit die Berufung des Völkerbundes zur Regelung des Sicherheitsproblems in Frage kommt. Der Brüsteler Korrespondent des Echo de Paris meldet, daß drei belgische Minister gestern früh im Verlaufe eines Kabinettsrats sich gegen eine allzu starke Opposition ausgesprochen haben. Wenn das Ruhrgebiet voreilig geräumt werde, so ergebe sich die Frage, wie man Deutschland zur Ausführung seiner Ver pflichtungen werde zwingen können. Der Korrespondent des Blattes behauptet, Herriot sei es nicht gelungen, von Macdonald die Zusicherung zu erhalten, daß die Kontrolle der strategischen Eisenbahnen an der Ruhr und in den Rheinlanden in den Hän den der Verbündeten verbleibe. Herriot hat Sicherheiten erhalten. Paris, 25. Juni. Die Erklärungen, die Herriot heule vormittag hinsichtlich eines Defensivbiindnsses zwschen Frank reich, England und Belgien einem Vertreter der „Independence Delgique" gemacht hat, erregen in Paris ungeheures Aussehen. Herriot sagte, er habe sür den Fall eines vorbedachten Eingriffs durch Deutschland die Zusage eines Defensivpaktes erhalten, das Frankreich, England und Belgien binde würde. Er habe das durchaus formale Versprechen, -atz ein deutscher Angriff heute ebenso wie 1914 England an der Seite Frankreichs und Belgiens finden würde. Die Pariser Abendblätter verhalten sich zu die sen sensationellen Angaben Herriots absolut skeptisch. Nochmalige Verlängerung der Micum verträge Düsseldorf, 25. Juni. Wie die „Düsseldorfer Nach richten" hören, ergibt sich die Notwendigkeit, die Verträge zwi schen -er Micum und den Ruhrzechen welche bis Ende Juni laufen, abermals zu verlängern, da nach Lage der Dinge eine endgültige Regelung der Reparationsfrage innerhalb der kurzen zur Verfügung sichenden Zeit nicht möglich sein wird. Die Ent scheidung, die grundsätzlich wohl schon festliegt, wird Ende dieser Woche fallen. Voraussichttick wird sie eine Verlängerung der Verträge auf der Grundlage der Beschlüste vom 15. Juni mit einer Dauer von zwei bis vier Wochen bringen. Bochum, den 25. Juni. Das zwischen der Industrie und Handelskammer mit der MicuM bestehende Abkommen vom 25. März 1924, welches den im besetzten Gebiete südlich der Ruhr gelegenen Werken Zollerleichterungen gewährt, ist um einen weiteren Monat verlängert worden. Regierung erhalten. Vas Ergebnis von ürüssrl.