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Wilsdruffer Tageblatt : 25.06.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-06-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192406253
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19240625
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19240625
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-06
- Tag 1924-06-25
-
Monat
1924-06
-
Jahr
1924
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 25.06.1924
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s. Matt Nr. 546 — M'ttlaoch öea S5. Aaa/ /9L4 -Akt. vorher 0,20S 0,9 1,65 4,4 vorher 0,4 6,0 ! 0,28 vorher 9,8 2,9 0,71 1,7 vorher 0,61 1,95 0,5 1,5 2,2 3,5 4,9 - gestal- bracht ! AMMst. Der WM wogt um den Wiesengrund Wie grüne Wiegenwand. Mit tausend Kindern wild und bunt Spielt Eonnenmutters Hand. Die Wiese ist voll Arnika, Ein goldbetupstes Tuch. Dvmhoch der Himmel, blau und nah, Wie -Gottes Bilderbuch. Buntstreifig breitet sich das Tal, Ein Dörflein kniet am Hang. In meiner Brust löst dumpfe Qual Sich auf in Lerchenfang. M-li-ebend zieht der gvldne Tag Mich an die Mutterbrust. Wie tief mein Herz gefangen lag, Das hab' ich nicht gewußt. Erst nun, da mich die grüne Welt In ihren Rhythmus reißt, Weiß ich, daß mich die Liebe hast, Daß Leben Frohmut heißt. Ilse Franke. mittag tt, si ch drüber c han ringen usweg uß ze r nich Mutz-i nfach: > nich Haden migen Fest er — nich. ward n- an- kannst gehn komm beige- >mmt, ' eb'n acht'» 6 Uhr !g über: inderZeitvom1.Nprilr923bis31.MSrz1SS4 Bericht, erstattet für die Bezirksversammlung am 28. April 192 vom Amtshauptmann Schmidt. lSortscbung.) Die große Notlage weiter Kreise unseres Bezirkes ve» anlaßte die Anttshauptmannschaft, auch im lebten halben Jahr der Kohlenwirtschaft größere Mengen Kohlen aus Mitteln des Kommunalverbandes zu beschaffen, und zwar insgefamt etwa 8500 Zentner böhmische Braunkohlen und 1000 Zentner Bri ketts. Hiervon ist ein großer Teil an die Bevölkerung zu er mäßigten Preisen, in besonders trostlos liegenden Fällen auch ohne Bezahlung abgegeben worden. So konnten verteilt werden: An kinderreiche Familien des ganzen Bezirkes 2 mal je 3 Zentner; an sämtliche -Kleinrentner 3 mal se 3 Zentner; an die Sozialrentner der Gruppe II und III von Meisatal, Korbitz, Questenberg, Scharfenberg, Lercha und Robschütz einmal je 3 Zentner; wiederholt an Kriegs- und son stige Blinde, an sämtliche Ortsarmen des Bezirks einmal je 3 Zentner; außerdem find laufend Kohlen für die Säuglings pflege und Krankenstuben abgegeben worden. Auch die Erwerbs losen einer Anzahl Gemeinden haben wiederholt Kohlen erholtem Nachdem -die Bestände aus 8er Ksvienwirtschaft aufgebraucht waren, beschloß der Bezirksausschuß, dem Amtshauptmann einen Betrag von 1000 Goldmark für llnterstühungszwecke zur Ver fügung zu stellen. Von diesem Betrage sind weitere Brennmate rialien gekauft und gegen ermäßigte Preise ober unentgeltlich verteilt worden. Des weiteren haben die auf Anrgung der Amtshauptmannschaft errichteten Küchen erhebliche Zuwendun gen erhalten. Im abgelaufenen Jahre biente die auf Grund des Landes gesetzes vom 27. März 1923 erhobene Zugticrfteuer, erstmalig dazu, den Gemeinden Beihilfen zu den durch die Wieder- instandsetzung der Wege un d Str aßen entstehen den Kosten zukommen zu lasten. Bis Ende Dezember 1923 wurden daraus 53 Gemeinden bedacht. Die Höhe der Unter stützungen belief sich auf 276 300 000 Papiermark. 16 Gemein den eihielten aus Staatsmitteln Wegobaubeihilfen in Höhe von 9 000 000 Papiermark. Im ersten Viertel des Kalenderjahres 1924 wurden aus den Erträgnisten der Zugtiersteuer, die nun mehr auf Goldmark umgestellt war, wiederum 44 Gemeinden mit Beihilfen, deren Gesamthöhe 50 550 Goldmark betrug, be dacht. Das Verhältnis der Unterstützungen zu den Baukosten (Gesamthöhe 107 035 Goldmark)- war hier sonach in Prozent 47,2. — In der Kriegs- und Nachkriegszeit mußten die not-- wendigen Instandfetzungsarbeiten auf den öffentlichen Wegen', deren Zustand im ganzen Bezirk viel zu wünschen übrig läßt, zurückgestellt werben. Mit der zulebt vorgenommenen Vertei lung wurde der Anfang gemacht, die Verhältnisse der Vorkriegs zeit herzustellen. — Schwierige Verhandlungen auf Grund von 8 17 des Wegegesetzes machten sich wiederum nötig hinsichtlich der im Ton- und Kaolingebiet -gelegenen Wege, die durch Ge schirre und Lastkraftwagen der in Frage kommenden Firmen in außerordentlichem Maße abgenutzt werden. — Mit Mitteln der Erwerbslosenfürsorge wurden in einer An zahl Gemeinden Notstandsarbeiten, wie Stratzen-Mastenschüt- tungen, Anlegung von Sport- und Spielplätzen usw., gefördert. Straßenausbesserungen, Abkanten, Gräbenheben u. a. m. wurde in vielen Gemeinden von den Erwerbslosen in den Pflichtarbeits- stunben ausgeführt. — Wegen Wieder-Inbetriebnahme der bereits vor dem Be richtsjahre infolge der schwierigen wirtschaftlichen Verhält nisse eingestellten wichtigen Kraftwagenlinie Mei ßen— Lommatzsch sind seitens der Staatlichen Krast- wagenverwaltung Verhandlungen ausgenommen worden, die aber zurzeit noch nicht abgeschlossen sind. Die Bautättgtert war im Ber,«ylLiayre stärker als tm Vorjahre. Baugenehmigungen wurden 716 (586) erteilt, darunter aber nur 112 (112) Wohnungen. Die meisten Baugenehmigungen entfallen wieder, wie in den Jahren vorher, auf die Landwirt schaft und betrafen zum Teile größere Bauten, wie Scheunen und Wirtschaftsgebäude. In der Industrie waren nur geringe Betriebsvergrößcrungen zu verzeichnen und zwar bei den Firmen Zorn in Coswig, Pekrun, Kotitz, und Aktiengesellschaft Elbtal- Obst- und Gemüsekonservenfabrik, Weinböhla. Als neuer Betrieb wurde der Bau einer Porzellanfabrik in Rauba bei Lommatzsch in Angriff genommen. Mit Zuschüssen aus öffentlichen, der Amts hauptmannschaft zur Verfügung gestellten Mitteln sind 15 Woh nungen neu errichtet und 14 baufällige Wohnungen erhalten worden. Außerhalb dieser Mittel hat das Landes-Wohnungsamt direkt noch 23 Wohnungen bezuschusst. Folgende Zuschußmittcl standen zur Verfügung: s) aus der Wohnungsbauabtzave: Landesmittel: 27 513 900.— Mk. Gemeindemittel: 27 513 900.— Mk. b) unverzinsliches Reichsbaudarlehn 8832000000.— Mk. c) wertbeständiges Reichsbaudarlehn 1215 235840000000.— Mk. 1215244727027800— Mk Brandschäden waren 33 (26) zu verzeichnen, darunter 7 grössere und zwar 1 Wohngebäude, 1 Stallgebäude und 5 Scheunen. „ Die Wohnungsnot hat sich auch im Berichtsjahre eher verschärft, als gemildert. Insbesondere wurde sie dadurch noch vergrößert, daß eine Reihe von Uüchtlingsfamilien, namentlich nach Auflösung des Flüchtlingslagers Zeithain, der Amtshaupt. Mannschaft zur Unterbringung überwiesen wurden. Die Amtshaupt- Mannschaft sah sich daher, genötigt, für einen grösseren Ausgleich der Wohnungssuchenden in den einzelnen Gemeinden Sorge zu tragen. Auf ihren Antrag hin sind deshalb vom Ministerium des Innern — Landeswohnungsamt — durch Verordnung vom 20. Oktober 1923 alle ursprünglich den Gemeindevorständen aus der Landesordnung über Massnahmen gegen den Wohnungsmangel zustehenden Rechte dem Vorsitzenden des Bezirksverbandes über- wagen worden. Hierzu gehört vor allem das Beschlagnahmerecht. Den berufsmässigen Gemeindevorständen sind diese Rechte dann erneut übertragen worden. In den übrigen Gemeinden bat die Anttshauptmannschaft bereits in 15 Fällen von dem Beschlag nahmerecht Gebrauch gemacht. Durch das Mieterschutzgesetz sind mit Wirkung vom 80. Septem ber 1923 alle bei Verwaltungsbehörden im Bezirk bestehenden Miet- etnigungsämter aufgelöst, deren Arbeitsgebiete zum grössten Teil den ordentlichen Gerichten zugewiesen sind. Für di« restlichen Gebiete waren gemäß den Vorschriften der Landesordnung über Maßnahmen gegen Wohnungsmangel bei den Gemeinden Woh- i nungssanedkamter einzurichten, die namentlich über die Beschwer. j den gegen Beschlagnahmeverfügungen zu entscheiden haben. Um em« emyemiqe Rechtsprechung zu verbürgen, hat der Bezirkstag am 28. Dezember 1923 beschlossen, ein WohnungSschiedsami für den Bereich des ganzen Bezirks bei der Amtshauptmannschaft zu Silden und mit dem Vorsitz einen juristischen Hilfsarbeiter der Amtshauptmannschaft zu betrauen. Das Wohnungsschiedsami halt seine Sitzungen je nach Bedarf in Meißen selbst oder in den Gemeinden des Bezirks ab. Das Wohnungsamt wurde stark in Anspruch genommen. Neben 493 schriftlichen Eingängen sand ein steter Publikum verkehr statt, wobei zumeist Auskünfte über den Mietpreis gefordert, sowie Anträge auf Wohnungszuweisung vorge bracht wurden. Seit dem 1 April 19S4 hat auf Grund von H 1 der fünften Ausführungsverordnung zum Reichsmiet-engesetz das Reichs» mietengesetz in allen Gemeinden Gültigkeit. Hierdurch sind gleich, zeitig auch di« Mieterschutz!)estimmungen in allen Gemeinden in Kraft getreten, was zu begrüßen ist, da bis zum 1. April 1924 die verschiedentlich« Handhabung der Wohnungsgesetzgebung in dicht beieinanderljeaenden Gemeinden zu mancherlei Harten Anlaß gab. In 91 Fällen (158) fand der käufliche Uebergang von Grundstücken nach dem Gesetz vom 28. November 1920 Genehmigung. Von dem gesetzlichen Vorkaufsrechte wurde nur einmal Gebrauch gemacht. In 8 Fällen wurden Nachprüfungen hinsichtlich der ordnungs gemässen Bearbeitung des landswirtschaftlichen Grund und Bodens mit dem Ergebnis der Androhung von Zwangsmaßnahmen bei wei. terer Vernachlässigung vorgenommen. Zwangsmaßnahmen selbst sind bisher keine erfolgt. In zwei Pachtverträgen mußte die Amts- hauptmcmnfchaft im Interesse der Erhaltung der landwirtschaft lichen Leistungsfähigkeit eingreifen und bei einer Weiterverpach- tnng energisch Nellung nehmen. Die im vorigen Berichtsjahre gestellten Anträge auf Zuwei sung von landwirtschaftlichem Siedlungsland sind fast alle noch unerledigt. Von den zur Landessiedlungsgesellschaft „Sächsisches Heim" zur Berücksichtigung vorgeschlagenen rund 1000 Scheffeln, sind bisher rund 112 Scheffel zur Verfügung gestellt worden, weitere 50 Scheffel sind vom Rittergut Rothschönberg im Ver- gleichswege in Form langjähriger Pachtverträge zugesagt worden. Da die Amtsbauptmcinnjchaft nur die Vorarbeiten zu erledigen und auf die endgültige Bereitstellung des Landes keinerlei Nn- flutz hat, konnte sie nur immer wieder im Wecze gütlicher Verein barungen versuchen, Land für Siedlungswärter zu erhalten. Diese Versuche sind zumeist an der ablehnenden Haltung der Besitzer gescheitert. Im Berichtsjahre ist die Schätzung zur Grundsteuer durchgeführt, es sind Steuerbescheide erteilt und die Einhebung der Steuer ist in die Wege geleitet worden. Für die ersten drei Termine war der nach Papiermar! errechnete Steuerbetrag sehr niedrig, wogegen mit dem vierten Termin die Neuer überhaupt erst fühlbar wurde. Mit diesem Zeitpunkte trat eine wesentliche Aenderung des Grundsteuergesetzes ein. Die Steuer ist in Gold markwährung zu zahlen, der Staatsanteil beträgt nur zwei Fünftel, während die Gemeinden drei Fünftel des Ertrages er halten; es fallen aber die Gemeindezuschläge weg. Besondere Schwierigkeiten machte die Feststellung der Ertragswerte der landwirtschaftlichen Grundstücke, insbesondere die genaue Ermitt- lung und Einstufung des Grund und Bodens der einzelnen Grund stücke in die entsprechenden Bodenklassen. Wenn aus dem Um- stände, dass die Grundsätze für die Ermittlung des Wertes des landwirtschaftlichen Besitzes vollständig neu waren, des weiteren durch die Geldinflation wesentlich beeinflußt wurden und nicht zuletzt das Verfahren mit besonderer Beschleunigung durchgeführt werden mußte, bei der Schätzung nicht allenthalben das Richtige getroffen ist, so ist doch im allgemeinen di« Wertschätzung der Grundstücke zutreffend erfolgt. Ungleichheiten werden natürlich ausgeglichen, wie denn überhaupt eine gründliche Revision ber Bodenklassen-Einteilung beabsichtigt ist. Die höchst bedenkliche Finanzlage der Gemeinden, die im verflossenen Geschäftsjahre die grösste Sorge der Amts hauptmannschaft war, hat dank der Stabilisierung der Währung und der Erschliessung einiger neuen Steuerquellen, von denen an erster Stelle ine Grundsteuer zu nennen ist, eine gewisse Ent spannung erfahren, wenn auch viele Gemeinden noch schwer zu kämpfen haben. Nur einige Gemeinden erheben zur Gewerbe steuer höhere Zuschläge als 190 Prozent. 130 Gemeinden erheben Höhere Hundesteuer als im Gesetz vom Lg. Juli 1922 als Mindest satz verlangt wird. 58 Gemeinden haben unter Aufhebung der Wertzuwachssteuer, die durch das KiiianzausgleichSgesetz praktisch unwirksam geworden ist, die Zuschläge zur staatlichen Grund- - "werbsstener auf 4 Prozent erhöht; in je 8 Gemeinden ist eins kc- und Feuerschutzsteuer neu eingcführt svorden. Die Entschädigungen sämtlicher Bürger meister sind ortsgesetzlich nach den Richtlinien des Mini steriums des Innern geregelt worden. — Als berufsmäßig wurde der Gemeindevorstand von Zehren anerkannt. — Die letzten 19 Rittergüter smo eingemeindet worden. Mit- Zi« Im" Land welch useit. 381 > h aus. „Das erste Ehejahr". 21 Roman von Ruth Goetz. Copyright 1914 by Greiner H Co., Berlin W 30. Nachdruck verboten „Otto," sagte sie nach kurzer Pause, „ich habe mich in Angst Verzehrt. Es ist acht Uhr. Wo warst du so lange?" ,-Kind, welch ein Empfang?" rief er fröhlich. Du tust ge rade als sei ich ein kleines Kind, das nicht einmal etwas länger ausbleiben darf, weil sich sonst die Mutter erschreckt. Komm, sag' mir guten Abend." Er versuchte, sie an sich zu ziehen, aber Renate trat einen Schritt zurück. „Ich bin froh, daß du wieder da bist," sagte sie und schüttelte den Kopf, unter der Lichtkrone glänzte ihr blondes Haar. Otto aber sah nas nicht, er schien überhaupt immer noch abwesend zu sein. ,Mo warft du?" fragte Reuate dringend. „Wie sich das anhört. Willst du mich ausforschen?" Er lachte noch immer, aber Renate sah auf feiner Stirn die leise Falte des Unmutes, die den strahlenden Glanz der Augen schnell verdunkeln konnte. „Ich war bei Weinholds." sagte er, als sei das die natürlichste Sache von >der Welt. Für einige Minuten vermochte Renate sich nicht zu fasten. Hellauf züngelte wieder der jähe Blitz des Mißtrauens und brachte «ine brennende Wunde in ihr Herz. „Wie kommst du denn jetzt darauf, zu Weinholds zu gehen?" Ihr Gesicht' erblaßte, während ihre Augen ernst wurden. ,Md ich -sitze hier und ängstige mich halb tot." „Dazu lag tein Grund vor. Ich gehe stets mit Weinhold an seinem Haufe vorbei. Frau Weichold und Malwe standen vor der Tür, und heute riefen sie mich hinein; ich mußte durchaus eine Kleinigkeit mitessen." „Du haß also bereits gespeist?" fragte Renate bitter und klingelte nach dem Mädchen. „Räumen Sie ab, Candida." du, «Renate, ißt du nichts, oder warst du so ver nünftig, nicht gar za lange auf mich zu warten?" Sie trat ein paar Schritte in bas Fenster hinein. Sie war totenblaß geworden and stand wie in Erz gegossen, ein Bild der Verzweiflung. Doch hafte das Haupt nicht gesenkt, sie wollte sich nicht demütigen, nicht zürnen, noch schelten in dieser Stunde. Ihre Stimme war unnatürlich ruhig, als sie sagte: „Ich habe keinen Appetit, ich werde nicht speisen." Otto war bei dieser Ruhe durchaus nicht behaglich zumute, vr suchte nach irgend etwas, um seine Frau zum Sprechen, zur Heiterkeit zu bringen. „Dann wollen wir ein wenig in das Herrenzimmer gehen," sagte er und nahm schon aus seiner Tasche eine Zigarre. ,-Komm Renate." Mit einer kühlen Selbstverständlichkeit folgte sie ihm. Aber als er sich auf den weichen Klubsessel niedergelassen, blieb sie we zaudrnd am Tsch stehen. Mrbetest du nicht?" fragte sie. Ihre Stimme war verändert und sie erschreckte ihn. „Heute nicht, Kind, ich bin fertig, vielleicht rechne ich in den nächsten Tag noch einmal alles durch, ach," ... er dehnte sich behaglich, . . . „morgen kann ich ausschlafen, ich mache einmal Nachtschicht, gehe eist um sechs Uhr auf das Werk und Haide den ganzen Tag Zeit für mich." „Wann alfo willst du morgen geweckt sein?" Sie schritt zur Tür. „Renate, ich werde schon von selbst erwachen." Und nun sprang er auf: „Aber wohin gehst du?" ,)Ich? Nun, wie jeden Abend, zu meiner Arbeit." „Und ich. . . und du gehst?" Er war nahe bei iHv und faßte sie an beiden Gelenken. „Du tust mir weh," sagte sie abweisend und kämpfte mit den Tränen. Er war zornig. „-Was arbeitest du denn so wichtig?" fragte er und zog die Lippen im Spott zusammen. „Es tut mir leid," meinte Renate, nun wieder beherrschter, „daß du bis jetzt noch keine Zeit gefunden hast, dich um meine Beschäftigung zu kümmern. Jedenfalls darf ich wohl Anspruch darauf erhöben, daß ich nicht dabei gehindert werde." „Mußt du dich gerade am Abend hinsetzen, wenn ich zu Hause bin? Du hast genug Zeit am Tage dazu, wenn die Arbeit drängt.". Ein spöttisches Lächeln ging über sein Gesicht. Das brachte Renate in Aufruhr. „Ja, es drängt," sagte sie, „auch mir ist mein Werk wichtig." Und noch eine Weile stand sie still: „Auch ich will wieder etwas haben, das mich ausfüllt." „^Bittel". Otto hob die Schultern und stand gleichfalls auf, er zog die Uhr, sie zeigte die neunte Stunde. „Dann gestatte, daß ich noch ein wenig fortgehe, ich treffe im Kasino einige Herren und werde mit ihnen verschiedenes zu besprechen haben. Aus Wiedersehen, wenn du wieder besserer Laune bist." Er. ging, er pfiff sogar ein Lied vor -sich hin. Renale blieb zurück, saß und stierte auf das Papier, dessen Zeilen ihr tot und leblos wurden. Stille war in dem Hause. Uber noch beängstigender lastete die Ruhe am folgenden Tage auf ihr. Sie wußte nicht, wie sie es beginnen sollte, sich ihm wieder zu nähern. Sie fand bas Wort nicht, das eine Brücke zu ihm spann, -er kam ihr keinen Schritt zur Hilfe. Die Sonne war glühend heiß emporgestiegen, so daß Renale aus der Laube in das Zimmer geflüchtet war. Üm sich abzu- lenken holte sie aus dem zierlichen Schreibtisch, auf dem sein Bild stand, die Blätter hervor, aber ihre Gedanken- waren nicht bei ber Arbeit, als Otto eintrat. Es war nachmittags gegen vier Uhr. Sie war überrascht, wie gut Und vorteilhaft er in dem ele ganten Sommeranzug aussah, bei seine Gestalt zur Geltung brachte. Das Gesicht zeigte eine gesunde braune Färbung, die Augen schienen ihr strahlender denn je. Der runde Hut auf dem! blonden, gescheitelten Haar gab ihm etwas Wnglinghäftes, und ihr Herz flog in Freude in Bewunderung zu ihm hin. Es war aber nicht der Zauber feiner äußeren Erscheinung aellin, der stark auf sie wirkte, der ihre Hände ihm entgegenhob; ihr verarmtes Herz schrie nach seiner Liebe und Zärtlichkeit. Und ihre Stimme klang weich, leise und süß. Sie wollte nicht länger zürnen. „Gehst du aus? Wenn du eine Minute warten willst, gehe ich mit dir." Sie schlug -die Augen auf. Wie Sterne standen sie in dem schmal gewordenen Gesicht. Er aber hatte es Malwe gestern versprochen, ihr eine Stunde zu lauschen und suchte sich krampfhaft einzureden- daß seine abgespannten Nerven nach Musik verlangten. Das flüchtige Spiel, das auf der Gesellschaft begonnen, sich jeden- Tag fortsetzte, wenn er mit dem Vorgesetzten an den Vor garten vorüberschritt und -dort Malwe stehen sah, bekam einen unwiderstehlichen Reiz des Unbekannten, den er auskosten wollte. Nach einer kleinen verlegenen Pause reichte er ihr die Hand. „Nimm es mir nicht übel, Renate," sagte er-, „heute beschäftigt mich eine Idee — ich muß eine Stunde mit mir allein sein. Jeden anderen Tag — heute nicht, sei nicht böse. . ." Er ging nicht, -er fürchtete die nächste Minute. Renate sah ihn starr, mit zuckenden Lippen an. Sie lächelte, sie warf den Kopf auf, denn die Röte, die ihr bei jedem Anlaß ins Gesicht schlagen konnte, raubte ihr die Beherrschung. Wie Hiß gegen den Mann stieg es in ihr auf. Sie dachte an Lohe, rief sich feine Worte ins Gedächtnis zurück und ahnte, daß er ihr Schicksal werden mußte. Sie wünschte es in der peinigenden Beschämung, die sie empfand. „Bist du einverstanden? Morgen also, Renate!" Otto fühlte, wie sie seine Worte verletzt haben mußten. Ein Zug von Hochmut und Verachtung, wie er ihn nie in dem sanften Gesicht vermutet hätte, entstellte ihre Lippen. ,Morgen? Ich kann dir kein Versprechen geben. Wenn ich heute gehen will, kann ich mich nicht auf das Morgen ver trösten. Aber bitte, halte dich nicht weiter auf, du hast nicht -einmal viel Zeit, wenn du um sech^ Ähr auf dem Werk sein willst." Sie ließ in stehen und ging aus dem Zimmer. (Fortsetzung folgt.)
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