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zusammen, die Absätze klappen und stotternd entringen sich seiner Männerbrust ein paar hastvolle Silben: „Gehör« samst . . . Entschuldigung . . . Prinzessin ... Kö . . . Königliche . . . Königliche Hoheit . . ." Und die Prinzessin wurde davon dispensiert, vor dem Kommissar zu er scheinen. _ welchen wirtschaftlichen wert haben die wilden Aastanien? (Nachdruck verboten.) In den letzten Jahrzehnten hat man die wilde Kastanie häufiger angepflanzt als früher. Man findet sie öfters an Straßen als Alleebäume und vor den Gehöften der Dörfer als Zierbaum, weil die reiche Fülle ihres Laubes Menschen und Vieh Schutz bietet vor den sengenden Sonnenstrahlen in der warmen Jahreszeit. Die Früchte dieses Baumes aber werden nur wenig geachtet. Sie liegen im Herbst nach heftigen Stürmen oft so dick unter den Bäumen, daß man kaum daneben treten kann. Nur hier und da lesen sie die Kinder auf, um mit ihnen zu spielen; sonst achtet sie niemand, weil man ihren wirt schaftlichen Wert nicht kennt und darum nicht schätzt. Aber gerade in landwirtschaftlichen Kreisen sollte dem Anbau dieses Baumes vielmehr Beachtung geschenkt werden, denn die wilde Kastanie besitzt nicht nur einen dem Roggen und Weizen ähnlichen Futterwert für Kühe und Schweine, sondern sie kann auch zur Stärkebereitung verwendet werden. Will man die wilde Kastanie als Futter« bezw. als Nahrungsmittel benützen, so muß man sie kochen; denn roh genossen ist sie von bitterem Geschmack. Dieser wird beseitigt, wenn man folgendermaßen verfährt: Die Kastanien werden mit der Schale gekocht bis sie weich geworden sind. Hierauf gießt man das braunviolette, bittere Wasser ab und läßt sie nochmals mit reinem Wasser kochen, bis sie ganz durchweicht sind. Jetzt hat das Wasser einen süßen Geschmack bekommen. Die Frucht aber duftet so lieblich und ist wohlschmeckend wie die edle Kastanie. Wird die wilde Kastanie roh verfüttert, so muß es auf folgende Weise geschehen: Man gibt sie klar gestoßen den Kühen mit den Rübenblättern. In diesem Falle bildet der Bitterstoff der Kastanien ein vorzügliches Gegenmittel gegen etwaige üble Folgen des Blätterfutters. Der Stärkegehalt der Frucht jedoch hat hohen Nährwert. Sehr vorteilhaft läßt sich die wilde Kastanie zur Stärke« bereitung verwenden; denn die Stärke aus dieser Frucht ge wonnen kommt der aus Getreide gewonnenen an Güte gleich. In Frankreich werden die Kastanien fast nur zur Stärkege« wtnnung benutzt und zwar wie folgt: Die Kastanien werden gedörrt, mit den Schalen zerrieben und gesiebt. Die abgcsetzte Stärke wird hierauf in Fässern mit Wasser, dem ein wenig Alaunlösung-beigefügt wird, angerührt und dann wieder gesiebt. Den auf den Sieben sich befindenden Rückstand verwendet man noch zur Alkoholgewinnung. Noch lassen sich die wilden Kastanien zur Vertreibung von Würmern und Ungeziefer aus Blumentöpfen bei der Zimmerblumenkultur verwenden, indem man mit dem Wasser, in welchem Kastanien längere Zeit gelegen, die Erde in den Blumentöpfen begießt. Alles Gewürm kommt bald darauf an die Oberfläche, wird dann gesammelt und vernichtet. In Berücksichtigung des hohen wirtschaftlichen Wertes der wilden Kastanien sollte man sich mit der Kastanien kultur noch viel mehr beschäftigen; denn selbige bringt reichen Gewinn und beansprucht wenig Zeit m d Mühe. Gerade in der jetzigen Zeit sollte der vorwärts ebeude Landwirt jede Gelegenheit zur Verbesserung seiner wirt schaftlichen Lage benützen. Aus Sachsen. Wilsdruff, 21. Oktober E „Stilgerecht, aber durchaus unpraktisch", so lautet dos allgemeine Urteil über das neue Justizge- bäude am Münchener Platz in Dresden, desseuMäugel und Fehler von Tag Zu Tag mehr hervortreten. Noch ist der letzte „Notanbau" nicht unter Dach und Fach gebracht, so schreitet man im Innern bereits zum — Umbau. Mauern werden entfernt, um dem Tageslicht Zutritt zu den gänzlich dunkeln Eingangsbureau zu ermöglichen, Durchbrüche müssen vorgenommen werden, da eine direkte Verbindung unter den einzelnen Abteilungen trotz der Unmenge von Gängen und Treppen im Bauplane nicht vorgesehen worden ist. Daß dos fortwährende Hämmern und Pochen an allen Ecken und Enden im höchsten Grade störend wirkt, ist selbstverständlich. Demnächst werden die Decken in den Verhandlungssälen einen weißen An strich erhalten, die bunten Fensterverglasungen wenigstes in den Räumlichkeiten der 1. und 2 Etage entfernt werden. Jedenfalls wäre es nicht notwendig gewesen, den Umzug von der Pillnitzer Straße zu überstürzen. Ein ganz be sonders bedauerlicher Uebelstand aber ist der, daß die mit einem Kostenaufwande von 160 000 Mark hergestellte elektrische Fahrstuhlanlage nicht benutzt werden kann Von den einzelnen Verhandlungssälen, von den Unter suchungsrichtern und Staatsanwälten führen Fahrstuhl schächte nach dem Parterre, von der Einmündung ein ge deckter Gang nach dem Gefängnis. Durch diese Ein richtung hofft man, die Gefangenen schnell, sicher und ohne sie mit dem Publikum in Berührung zu bringen, vom Gericht nach dem Gefängnis hin und her befördern zu können. Nun erhob zunächst zwischen der Gefängnis- Verwaltung und der Staatsanwaltschaft eine Art Kom petenzstreit. Erstere behauptet, für die Gefangenen erst nach der Einlieferung verantwortlich zu sein. Außerdem fehlte es an Gefängnisbeamten, um jeden Fahrsr Zschach! bedienen zu können. Die Staatsanwaltschaft ist ihrerseits ebenfalls nicht in der Lage, annähernd 30 Grrichtsdieuer zur ständigen Bedienung des Fahrstuhls zu stellen. Außerdem erhoben sich gerechtfertigte Bedenken, daß ein im Fahrstuhl sich selbst überlassener Gefangener Hand an sich legen, oder falls ihm ein Begleiter bcigegebeu würde, über diesen helfallen könnte- Wer wollte dafür die Ver antwortung übernehmen? So steht denn die kostspielige Anlage still! Nach jeder Verhandlung wandert also der Saaldiener mit dem in Haft befindlichen AugeklaZ n treppauf, treppab durch zahllose Gänge und Türeu bis vor die Eingangspforte des Gefängnisses, um den nächsten Hafilmg abzahokn. Vor der Hand hat jeder Verband- lungssaal mit zwei GenchMiencrn besetzt werden müssen, eine' allgemeine Vermehrung 1 r Gerichtsdienerstellcn im neuen Justiz-bäude wird in R ckücht auf den weitläufigen, schwierigen Betrieb kaum zu umgehen sein Die Frechheit der Fechtbrüder übersteigt jetzt alle Grenzen. In einem Hause der Lessinzstraße in Plaue» i. W. packte ein Bettler eine mit Scheuern beschäftigte Frau, von der er eine Abweisung erfahren hatte, von hinten am Halse und stieß sie mit dem Kopfe so h tig gegen den Scheuereimrr, daß ihr das Blut aus ^er Nase strömte und sie einen Moment die Besinnung verlor. Als sie wieder zu sich gekommewar der Freche ver schwunden. Gestern früh erschi u schon gegen 6 Uhr ein Fechtbruder in einem etwas von der Stadt gelegenen Gehör, der sag. Rußhütte, und bedrohte dort die allein anwesenden Frauen mit Totssichen und Hausanzünden, weil sie ihm nichts geben wollten. Der unverschämte Bursa .! wmde am Abend in tue Herberge ermittelt und nach heftigem Widerstand ftstge ommen. MwZs Ehxmnk. Absturz von eweM Hängegerüst. D.m „Matche Journal" zufolge stürzten in dem benachbarten Weisenau drei Arbeiter von einem Hängegerüst ans b> KSchMcher Höhs herab, zwei waren sofort tot, der driti liegt im Sterben. Unfall oSer Selbstmord? Aus dem T schneüznge Berlw-Msftl-FcaukZrr stürzte oder sprang eine unbekannte Dame bei der Station Borken h rar. ) und wurde dabei gnösit. Die Dame führte keinerlei Ausweispapiere bei sis (Berl. L -Anz-) Von einem Bullen zerquetscht. Auf der Domäne Bernstein (N nmm k) wurde ein Oberschw.izer, als er einen Bullen loshaün wollte, von dem Tier mit solcher Wucht an sie Wand gedrückt, daß er schwere innere innere Verletzungen davontrug, denen er kurz darauf erlag. Aufklärung eines Mordes nach 20 Jahren. Im Juni 1888 v rschwm d in Deutsch-Pickar (Schlesien) plötzlich der Gen Htsvollzkher Schott ans Beutheu. Ain Tag-! vor stimm V-rschwinden hatte er noch mit dem Hausbesitzer BooeMwitz im Gasthause gespielt und ihm im Glücksspiel 1000 Mal! abgewovnen. Die Leiche des Schott wurde später im Brennen des Bonczkowitz g> fuudm, Bonerkowitz selbst wegen Mordverdachts verhaftet Mangels genügender Beweise mußte nach Jahresfrist sein Fniluff NJ erfolgen. Jetzt, nach fast 20 Jahre«, machte ein Augenzeuge Les Verbrechens nach Verlust seines Vermögens, der Katscher Schaub, Angaben, auf Gu:..d derer gegen Bonczkowitz die Untersuchung wieder ausge nommen worden ist. Schaub behauptet, seinerzeit von Bonczkowitz 3000 Mark Schweigegeld bekommen zu haben. - so - „Sie wollen vermutlich ihre Aussage für eine Lüge erklärend" „Keineswegs. Auf der Leiter stand ich, aber nur, weil ich nach meinem Knecht Rupert aussah, der so lange nicht heimkam. Als ich ihn weit und breit nicht erblickte, ging ich in's Haus und weiß nicht, was weiter im Park drüben geschah." „Diese Einwände werden sie ja bei dem Kreisgericht in G. . - geltend machen können. Folgen sie uns jetzt lieber gutwillig, um noch größeres Aufsehen zu vermeiden. Ich habe einen Wagen mit gebracht, und sie können den Edelhof durch die Hintertür verlassen, denn die ganze Einwohnerschaft ist in höchster Aufregung." „O das feige, erbärmliche Volk!" knirschte Rainer. „Welcher Eifer und Jubel, wenn es gilt, die Ehre des Nächsten zu be schimpfen ! Sie find es nicht wert, daß man sie mit dem Fuße aus dem Wege stößt!" „Vorwärts, vorwärts!" drängten die Polizisten. „Geh mit Gott, Hans! Du bist unschuldig angeklagt und wirst dich rechtfertigen, das hoffe ich zuversichtlich. Der Himmel kann dich ja nicht so furchtbar verlassen haben," sagte die alte Frau, ihm die Hand reichend. „Der Segen und die Gebete deiner Mutter be gleiten dich." Er wandte sich zu Hildegard. Diese war neben dem Sopha niedergesunken und hatte das Antlitz in die Kiffen gedrückt Der ganze zarte Körper bebte. Rainer legte den Arm um die leichte Gestalt und hob sie enipor. Mit halb strengem, halb zärtlichen Ausdruck sah er in das blasse Gesichtchen und die überströmenden Augen und fragte: Glaubst du dem Gejohle da unten?" Schmerz und Zorn stritten in feiner Stimme. „Vater, lieber Vater", schluchzte sie, „meine Liebe soll dir nie mals fehlen!" Er befreite sich fast heftig aus ihren umschlingenden Armen und stürzte aus dem Zimmer, gefolgt von dem Gemeindevorsteher und den Polizisten. „Habe Mut, Kind," sagte die alte Frau zu ihrer Enkelin- Hildegard sah zu ihr auf mit einem Blick voll hoffnungslosen Jam mers: „O, daß ich tot wäre, daß ich auf dem Friedhof draußen be' der Mutter läge!" klang es leise und gebrochen von ihren Lippen. — Schon am nächsten Tage ließ der Untersuchungsrichter inG . . . Hans Rainer zu einem ersten Verhör vorführen. „Sie stehen unter der Anklage, ein schweres Verbrechen verübt zu haben. Bekennen sie sich desselben schuldig? begann er. „Nein! wurde kurz und entschieden erwidert. „Es liegen sehr dringende Verdachtsgründe gegen sie vor und die Zeugenaussagen lauten äußerst ungünstig. Es wäre besser, wenn - 91 - ", sie ein offenes Geständnis ablegen und zugleich die Beweggründe zu dieser Tat anführen wollten." „Ich habe das Feuer nicht angelegt und mithin nichts zu ge stehen." „Seit langen Jahren schon sind sie dem Freiherrn Gisbert von Hohenfels feindlich gesinnt. Das wird von vielen Personen bestätigt." „Ich gab mir niemals Mühe es zu leugnen." „Im Gegenteil Sie sprachen sich in dieser Hinsicht ganz offen aus, und zwar an öffentlichen Orten. Wiederholt sollen sie ihren Unwillen über den Ban des Pavillons geäußert haben: „Ich wollte, der Blitz führe hernieder und zerschmettere das unnütze Ding." „Das habe ich getan. Der Erwerb des Landes wäre für mich von höchster Wichtigkeit gewesen, während es sich für den Freiherrn nur um Befriedigung einer Laune handelte. Daß ich überboten wurde, mußte mich reizen, und erzürnen, um so mehr, als ich nicht zweifle, daß cs hauptsächlich in der Absicht geschah, mir meine Pläne zu durchkreuzen." „Sie waren früher Hauptmann der freiwilligen Feuerwehr und zeigten bei dieser Gelegenheit viel Mut und Geschicklichkeit Warum legten sie das Amt nieder?" „Weil cs immer zu Reibereien zwischen mir und den andern kam." „Das beweist ihre Unverträglichkeit." Rainer schwieg, und der Untersuchungsrichter fuhr fort: Wes halb beteiligten sie sich nicht an den Bemühungen, den Brand zu löschen?" „Weil ich sah, daß überhaupt nichts mehr zu retten war, und deshalb alles aufbieten mußte, um den Edelhof zu schützen." „Die zwischen ihnen und Herrn von Hohenfels bestehende Feind schaft ist übrigens schon alten Datums. Teilen sie mir das Nähere über die Gründe derselben mit." „Das gehört nicht hieher!" fuhr Rainer heftig auf. „Es handelt sich da um Zwistigkeiten, die nur Familienverhaltniffe betreffen Da rüber werde ich kein Wort verlieren." „Ich verlange aber jetzt entschieden, daß sie meine Fragen beant worten Sie sollen sich in letzter Zeit in besonders aufgeregter Stim mung befunden haben." „Das ist möglich. Es kam vieles zusammen, was mich ver droß und besorgt machte" „Gestern, während alles im Edelhof und im Schlosse schlief, hielten sie sich noch allein im Garten auf." „Das stand mir doch wohl frei." „Der schroffe Ton, den sie anschlagen, gereicht ihnen nicht zum