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In seiner Wohnung in Vorstadt Kaditz schoß sich ein 24 Jahre alter Dresdner Markthelfer, der schon Selbst mordgedanken kundgegeben hatte, mit einem Revolver eine Kugel in den Kopf. Der Tod trat erst eine halbe Stunde später auf dem Wege zum Krankenhause ein. Lebens überdruß ist daS Motiv zur Tat. Die Angelegenheit des wegen Unterschlagung in Unter» suchungshast sitzenden Borsdorfer Gemeinde-Vorstandes Merkel wird immer merkwürdiger. Jetzt wird bekannt, daß man im Borsdorfer Gemeinderate den Plan gefaßt hatte, dem Gemeindevorstand Merkel den nach seiner Flucht in der Kasse fehlenden Geldbetrag als „Geschenk" anzu rechnen U Ein Teil des Gemeinderates legte jedoch gegen die Gültigkeit dieses Beschlusses Rekurs bei der Aufsichts behörde ein. Verwunderlich ist, daß die Aufsichtsbehörde den früheren Gemeindevorstand Merkel seines Amtes noch nicht enthob, trotzdem er sich durch freiwillige Flucht dem Arme der Gerechtigkeit zu entziehen suchte und sich nunmehr bald zwei Monate in Untersuchungshaft befindet. Infolge eines Schreckes ließ in Leipzig eine in der Windmühlenstraße wohnhafte Zuschneiders-Ehefrau ihr 3 Wochen altes Mädchen in die mit Wasser gefüllte Badewanne fallen, worin das Kind ertrank. Beim Spielen auf dem Damme des zur Bleicherei Aug. Fr. Döhler in Kirchberg gehörigen Teiches schleuderte der Sturm das etwa 5 Jabre alte Töchterchen des Herrn Moritz Wagner in den Teich, wo eS sogleich unterging. Auf das Hilfegeschrei der anderen Kinder sprang Frau Buchhalter Krumpholz in den Teich und rettete unter eigener Lebensgefahr das bereits dem Ertrinken nahe Kind. Zu dem Brande in Oberwiesenthal wird ge- schrieben, daß die Nachricht, wegen des Beztrksfeuerweyr- tages in Jahnsbach seien nur wenige Feuerwehrleute im Orte gewesen, falsch gewesen sei. 10 Uhr 40 Minuten ging das Feuer auf, 10 Uhr 45 Minuten traten die Bürger feuerwehr und 10 Uhr 48 Minuten die Freiwillige Feuer wehr Oberwiesenthal unter dem Kommando des Brand- direktors Bürgermeister Biltz in Tätigkeit. Zehn Minuten später fuhren die Freiwilligen Feuerwehren Unterwiesen- thal und Böhmisch. Wiesenthal auf und beteiligten sich am Rettungswerke. Schon nach 1*/, bis 2 Stunden waren olle acht Häuser niedergebrannt. Uhr rückten die fremden Wehren wieder ab, während die einheimischen biS Uhr ablöschten. Dir Glüht war entsetzlich; es bedurfte aller Anstrengung, um die Nachbargebäude zu halten. Zum Feuerwehrtage in Jahnsbach waren nur die zwei Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr, die Mannschaft war vollzählig da. DaS Unglück betrifft lauter arme Familien, die in große Not geraten sind. Der Konsumverein Olbernhau, der einen jähr- lichen Absatz in Backwaren in der Höhe von 70000 Äk. hat, beschloß die Errichtung einer eigenen Bäckerei. Der Konsumverein wurde zu diesem Schritt genötigt, da die Bäcker, die bisher lieferten, die Lieferung von Back waren ctnstellten. Aurze Lhrsnik. Verhaftung einer Hochstaplerin. In dem Luftkurorte Hauschka bei Brandeis a. d. Elbe (Böhmen) wurde eine junge, auffallend schöne Dame, die sich als „Felice d'Orendt" auSgab und den Mittelpunkt der dortigen Kurgesellschaft bildete, auf Requisition der Prager Ge- richtsbehörde durch die Gendarmerie während einer Soiree verhaftet. Sie ist eine ungarnische Chansonette namens Braunow und soll sich in Prag großer Betrügereien schuldig gemacht haben. Der Einbruch in de« Goldlade«. Kiel, 12. Aug. Letzte Nacht wurde bei einem hiesigen Juwelier ein Einbruch verübt. Den Dieben fielen für mehrere tausend Mark Gold- und Silberwaren in die Hände. Die Furcht vor dem Jrrenhaufe. Budapest, 12. Aug. Der Bukarester Universitätsprofessor und frühere Justtzminister Stefan Semdrea, der in eine Wiener Heil anstalt übergesührt werden sollte, sprang bet Magymagoce aus dem Waggon und wurde schwer verletzt. Er wurde nach Budapest transportiert, wo er mittags starb. Ein eigentümlicher Leichenfund. Auf dem Dachboden des Gerichtsgefängnisses in Königinhof (Böhmen) wurde der seit September 1905 vermißte 36 jährige Sträfling Koza gelegentlich von Räumungsarbeiten durch einen Gefängnisaufseher erhängt aufgefunden. Die Leiche war vollständig mumifiziert. Die späte Auffindung der Leiche war mit der „Unzweckmäßigkeit" des alten und verfallenen GertchtSgebäudes erklärt. (!) Die Falschmünzerwerkstatt im Forste. Der Gendarmerie-Wachtmeister Hauschild fand auf einem Patrouillierengange durch den königlichen Forst Höpen (etwa V- Stunde von Harburg entfeint) beim Dorfe Meckelfeld an einem Wege neben einem Tannendicktcht ein Stück von einem Deckel einer weißen Schachtel. Er meinte, es sei hier von einem Wilderer eine Rehschlinge versenkt; er ging in das Dickicht hinein und traf dort auf eine kleine Schmiede, bestehend aus Feuerstelle und Blasebalg. Unter Moos versteckt fand Hauschild ferner vier Pfund Metall in Stangensorm, zwei Platten, zwei Formen uud zwei Bruchstücke von mißlungenen Zwei- luarkstücken, außerdem fünf Pfund Nußkohlen, eine An zahl abgespruugener Schmelzstücke und ein Emaille-Löffel. Der Gendarm lauerte nun tagtäglich, nachts mit einem zweiten Beamten auf den Falschmünzer. Jetzt glückte es ihm, den Verbrecher bei der Arbeit zu überraschen. Der Gendarm fesselte ihn sofort und lieferte ihn im Harburger AmtsgerlchWängniS Der Falschmünzer ist ein Schloßen Oskar Blum aus Sellmoor (Kreis Graudenz). Seltsame Bercinsgründung. In Fürsten- Walde a. d. Spree, in dem die Vereinsmeierei ganz be sonders in Blüte steht, ist jetzt, wie in den dortigen Blättern bekannt gemacht wird, ein Verein der Kahlköpfe -unter reger Beteiligung gegründet worden. m,, Di-S-«tt- bringt -S a« de» Tag . . . 1 2. Aug. Bet einer Hauswirtin wurde eine Haus- vorgenommen, da die Betreffende wegen Dieb- W» verdächtig war. Man fand dabei die Ueberreste eines v^geborenen Kindes vor, die schon seit vier Jahren dort verborgen gehalten wurden. Es stellte sich heraus, daß die Frau vor vier Jahren, als sie bereits Witwe war, ent bunden hatte. Ob sie das Kind getötet hat,steht nicht fest. Die Schandtat i« der Dachkammer. Frank furt a. M., 13. Aug. Heute vormittag wurde in der Altstadt ein schweres Sittlichkeitsverbrechen verübt. Die neunjährige Marie Braun wurde von einem fremden Manne in die Mansarde des elterlichen Hauses gelockt und dort so lange gewürgt und stranguliert, bis sie be wußtlos war. Dann mißbrauchte der Unhold das Kind in bewußtlosem Zustande. Dos Mädchen wurde bewußt los mit schweren Verletzungen am Unterleibe ins Kranken haus gebracht. Ueber die Person des Verbrechers, der entwichen ist, konnte das Kind keine bestimmten An gaben machen. Ei« ganzes Dorf i« Flamme«. Deggendorf, 13. August. Der „Dovaubote" meldet aus Straubing: Heute mittag brach im Pfarrdorfe Alburg Feuer aus. Bis jetzt verbrannten 2l First!, darunter das Kloster und das Schulhaus. Die Kirche wurde mit größter Mühe gerettet. Militär wurde aus Straubing und Regensburg requiriert. Der Schaden beträgt bis jetzt eine Viertel Million Mark. Das Feuer brennt fort. Das Opfer einer unfinnigen Wette wurde der Bauer Loschofsky in Trzebotowitz nächst Budweis Er hatte sich erboten, vier Liter Schnaps auszutrinken, führte sein unsinniges Vorhaben auch aus, sank aber nach dem Genuß des Alkohols tot zu Boden. Gin Schlaf ohne Erwachen. Köln, 13. Aug. Die „Kölnische Zeitung" meldet aus Cronberg: Die Straßenbahn überfuhr den verheirateten Karl Gebauer, der sich auf einem Aschenhaufen nahe dem Gleise nteder- gelegt hatte und tötete ihn. Ein grauenhafter Mord. Pose», 13. Aug. In der Nähe des Ortes Kella fand man auf freiem Felde die Leiche des Wandernden Schneidergesellen Adolf Hübner aus Sachsen auf. Der Tote war in entsetzlicher Weise verstümmelt; die Haut war ihm buchstäblich über den Kopf gezogen. Aus dem Körper waren ihm drei Stücke Fleisch herausgeschnitten. Die Finger fehlten ganz. Von den Tätern fehlt jede Spur. Aus dem Gerichtrsaal. Dresden, 9. August. Eine Geschichte, die der Intelligenz des 20. Jahrhunderts nicht zur Ehre gereicht, beschäftigte heute die hiesige Strafkammer. Seit einigen Jahren klagten die Bewohner deS OertchenS Schön seid bet Pillnitz über den Rückgang des Vieh standes. Viele Milchkühe erkrankten beim Kalben, andere versetzten die Kälber, wie es in der landwirtschaftlichen Sprache heißt, und die Viehbefitzer hatten infolgedessen großen Schaden. „Kluge Leute" im Dorfe hatten nun von einem frommen Manne in Sadisdorf gehört, der imstande sein sollte, die „bösen Geister" zu bannen und auszutretben. Man ließ den Hexenmeister kommen, der auch versprach, das „behexte Vieh" zu heilen. Er ließ sich nachts bei den Kühen einschließen, sprach Gebete und erklärte am andern Morgen, daß das Vieh „enthext" sei. Als Lohn für seine Geisterbeschwörung erhielt er so viel, „als ein Kalb wert war". Nun fügte eS sich, daß bald darauf im Viehbestände eines Nachbarn des Gemeinde vorstandes Lehnert ebenfalls eine Kuh erkrankte. Auf Veranlassung des Gemeindevorstandes wurde der Sadis- dorfer Hexenmeister abermals geholt, der ob der aber maligen Erkrankung einer Schönfelder Kuh ganz geheimnis voll tat und dem Besitzer der Kuh erklärte, daß ein Ein- wohner von Schönfeld die Kuh behext habe. Auf die Frage, wer denn das sein könne, erwiderte der Hexen meister: „Der erste, der bei dir was pumpt, ist der Hexeri" Als nun am andern Morgen zufällig das Gemeinderatsmitglied Fiedler in die Behausung des Bauern trat, um ein Brecheisen zu leihen, ging ihm die ganze Familie aus dem Wege. Man betrachtete ihn als den „Hexer" und als solcher wurde er bald von der ganzen Gemeinde geächtet und gemieden. Fiedler nahm sich diese Behandlung seiner Landsleute sehr zu Herzen. Er war aber nicht imstande, den Leuten den Aber glauben auszutreiben. Er galt als „Hexer" und konnte sich öffentlich kaum noch zeigen. Sein Groll wendete sich erklärlicherweise gegen den Gemeindevorstand Lehnert, denn dieser war es ja gewesen, der denSabis- dorfer Hexenmeister hatte holen lassen. Das gespannte Verhältnis zwischen Lehnert und Fiedler wurde immer unerquicklicher und schließlich richtete Fiedler eine Beschwerde über den Gemeindevorstand an die Amtshauptmannschaft, in welcher der Gemeindevorstand beschuldigt wurde, die Reichstagswahlen im Januar d. I. nicht rechtzeitig bekannt gemacht, die Beschlüsse des Gemeinderates nicht befolgt und die Oberbehörde betrogen zu haben. Die Folge dieser Beschuldigungen war eine Anklage wegen Beleidigung. Das Dresdner Landgericht erkannte jedoch auf kostenlose Freisprechung, da Fiedler, der angebliche „Hexer", in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt habe und ihm somit der Schutz des 8 193 zuzubilligen sei. Vermischter. * Zum Mordprozetz Ha«. Rechtsanwalt Dr. Dietz wird keine Meineidsklage gegen Olga Molitor erheben. Als Hau im Gefängnis die Mitteilung gemacht wurde, daß Olga Molitor ihn für den Täter erklärt habe, sagte er nur lächelnd: „Auch die?" Herr Rechtsanwalt Dietz erklärt, er habe als Honorar im Hau-Prozeß nur 2500 Mk., nicht aber, wie in den Blättern behauptet worden war, 10000 Mk. erhalten. Ein Vertreter der „Neuen Freies Presse", der in Celerina Olga Molitor, ihre Schwester und ihren Schwager Bachelin kennen lernte, berichtet aus führlich über ein Gespräch, das er mit Olga Molitor und Bachelin hatte. Oberleutnant Bachelin sagte: Meine Schwiegermutter litt zeitweise an Bronchialkatarrh und hütete häufig das Bett. Sie wurde stets von Olga ge pflegt, die die einzige Stütze der Mutter seit dem Tode des Vaters war. Der Gedanke an eine Disharmonie zwischen dieser Frau und dem jungen naiven Mädchen ist ganz ausgeschloffen. Gerade daS Gegenteil ist richtig. Olga war der Liebling und der Augapfel der Mutter. Am 6. November, nach 6 Uhr abends, erfolgte das Ab leben meiner Schwiegermutter. Um 12 Uhr nachts kam ich in Baden-Baden an. Meine Schwägerin Olga holte mich ab. Ihre Trauer, ihr Schmerz, die Führung des Haushaltes während der Leichenfeierlichkeiten, wer alles dies beobachtet hat, muß, auch ohne den Charakter und die Persönlichkeit meiner Schwägerin näher zu kennen, diese Verleumdung als wahnwitzig ausschließen. Olga Molitor sagte in bezug auf den Revolver folgendes: „Ich habe nie einen Revolver besessen und hatte stets vor einer Schußwaffe Angst. Ich kann sogar sagen, daß ich niemals eine Schußwaffe in der Hand ge habt habe. Wie unerhört die Verleumdung ist, ergibt fich daraus, daß mich meine Mutter am 6. November von einem Tee abholte, damit ich sie auf dem Gange, der ihr letzter sein sollte, begleitete." Olga Molitor be merkte ferner: „Zwischen mir und Herrn Hau bestand keine wie immer geartete Beziehung, nicht einmal jene, die eine Schwester sür den Gatten ihrer Schwester sonst hat. Wir nannten uns Mister Hau und Fräulein Mol - tor. Es fehlte sogar daS verwandtschaftliche Du. Selbst meine Mutter sprach ihren Schwiegersohn nicht anders an als Mister Hau." Frl. Molitor bezeichnet die Be hauptungen Dr. Dietz' betreffend ihren Pariser Aufenthalt als unrichtig. Sie sei im Vari^tL gewesen, aber nicht nur mit Hau, sondern auch mit seiner Frau, ihrer Schwester. Einen Tag, nachdem ihre Schwester in Paris krank ge worden sei, sei sie mit ihrer Mutter abgereist. Frau Lina Hau habe ein Fläschchen mit Opium dem Dr. Dietz übergeben mit der Bitte, es dem Hau im Gefängnis zu übermitteln, dies jedoch nur aus dem Grunde, weil Frau Hau in ihrem Gatten den Mörder ihrer Mutter sah. Olga Molitor hat ihren Aufenthalt im Engadin abge brochen und ist nach Baden zurückgereist, um fich mit ihrem Anwalt, Dr. Schäfer, zu besprechen. * Z« dem Mordversuche im fahre«de« Automobil. Wir berichteten dieser Tage, so schreibt mau aus Wie«, über den Aufsehen erregenden Krtmminal- fall eines Mordversuchs im fahrenden Automobil, de« der angebliche „Direktor Steiner" und sein Chauffeur bei einer Probefahrt gegen den Automobtlhändler Kraus und dessen Chauffeur Mahringer zwischen Purkersdorf und Wien verübt hatten. Der angestrengten Tätigkeit der Wiener Polizei ist es nunmehr gelungen, einen der Täter, den angeblichen „Direktor Steiner", in Wiener-Neustadt zu verhaften. Sein wirklicher Name ist Hermann Hertzka, 29 Jahre alt, ein verbummelter Student der Philosophie. Der angebliche Chauffeur hat noch im letzten Augenblick fliehen können. Aber auch sein richtiger Name ist fest gestellt. Es ist der 25jährige Theodor Brosch, der hier unter dem falschen Namen Dr. Theodor Perez gemeldet war. Die rasche Entdeckung der Täter hat die Wiener Polizei in erster Reihe dem Umstand zu verdanken, daß sie von vornherein den Fall in voller Oefsentlichkeit be handelt, von jeder unnötigen Geheimniskrämerei abgesehen und das Publikum in weitestem Maße zur Mitarbeit auf gefordert hat. So meldete sich am Sonnabend nach mittag bei der Polizei ein Artist, welcher angab, daß die Beschreibung des angeblichen Chauffeurs völlig auf den Brosch passe, der mit einer Geliebten einen gemeinsamen Haushalt geführt habe und am Dienstag Wien plötzlich fluchtartig verlassen habe; gleichzeitig legte er eine Rohr- Postkarte mit den Schriftzügen des Brosch vor, die mit der Karte vollständig übereinstimmten, mit der der „Direktor Steiner" am letzten Montag dem Kraus seinen Besuch angekündtgt hat. Der Schreiber dieser Karte war also Brosch. Es wurde nun sofort die Geliebte des Brosch, eine Handarbeiterin Aloisia Uhlirz, die sich seit der Flucht des Brosch bei ihrem Bruder, einem Straßenreiniger, aufhielt, per Automobil zur Polizei ge- bracht. Sie legte ein volles Geständnis ab, und von ihr erfuhr die Polizei, daß der angebliche Direktor Steiner der Student Hermann Hertzka sei. Beide seien am Mittwoch früh ganz verstört in ihre Wohnung gekommen, und Brosch habe auf ihre Fragen ihr endlich gestanden, daß er in Gemeinschaft mit Hertzka bei Mariabrunn auf einem Automobil zwei Menschen niedergeschossen habe. Hertzka habe dann seinen Angehörigen zwei Uhren ent wendet und mit dem Gelde seien die beiden nach Wiener- Neustadt gefahren, wobei sie ihren Revolver mitgenommen hätten. Von der Schwägerin der Uhlirz erfuhr die Polizei dann noch, daß die letztere einen Brief nach Wiener- Neustadt unter der Adresse: Ignaz Lösch, poste restante — gerichtet habe. Um V,? Uhr abends wurde die Polizei in Wiener Neustadt telephonisch verständigt, daß zwei Männer, von denen einer Hertzka heiße, in Wiener-Neu stadt einen Brief beheben wollten. Diese Männer dürften wahrscheinlich die Täter des Automobilüberfalls sein. Das Postamt wurde sofort polizeilich überwacht, und schon eine halbe Stunde später sah der Wachmann Wally einen Manu vorübergehen, auf den die Personalbeschreibung des Hertzka genau paßte. Der Wachmann ging auf den Mann zu und fragte nach seinem Namen. Darauf ant wortete der Fremde: Ich heiße Hermann Hertzka. Er hatte den Namen noch nicht zu Ende gesprochen, als er schon von dem Wachmann mit beiden Armen umfaßt wurde, der ihn dadurch außerstand setzte, nach seinem Revolver zu greifen. Hertzka benahm sich bei seiner Verhaftung und auf der Polizeiwoche zunächst äußerst renitent, so daß er gefesselt werden mußte. Er schrie den Wachman Wally an: „Sie sind ein ganz gewöhnlicher Wachmann. Ich aber bin ein akademisch gebildeter Mensch und werde bis zum Kaiser gehen, wenn man mich nicht anständig behandelt." Als man ihn einem Verhör unter ziehen wollte, erklärte er, auf keinerlei Fragen eine Ant- wort zu geben. Schließlich erklärte er aber: „Ja, ich bin der gesuchte Direktor Steiner." Ueber seinen Komplizen Brosch verweigerte er jede Auskunft. Hertzka ist der Sohn achtbarer Eltern, auf die die Nachricht von seiner Ver haftung geradezu niederschmetternd wirkte. Namentlich seine greise Mutter, deren Liebling er gewesen, konnte sich nicht fassen. Sie verfiel in einen Weinkrampf, dem bald ein Ohnmachtsaufall folgte.