Volltext Seite (XML)
Freilig, diese türkische Geheimpolizei hat weder in ihrem Wesen, noch in ihren Zielen und in den Mitteln, mit denen sie arbeitet, etwas gemein mit dem westeuropäischen Sinn dieses Wortes. Sie ist ein riesiges Netz freiwilliger Spione und Denunzianten, dem mehr als die halbe Bevölkerung Stambuls aktiv angehört; sie braucht sich nicht zu sorgen um die Rekrutierung ihrer Agenten, denn zu Tausenden kommen diese von selbst und lassen sich in die Liste der „Hafiäs", der Spitzel, eintragen. Der „Hafit" ist es, der in der Türkei herrscht, er ist es, der dem Leden seinen Stempel aufdrückt, ihm winkt eine goldene Zukunft, Macht, .Ehre*. Denn sobald ihm, der direkt dem Sultan Bericht erstattet, über alle und über alles, eine „fette" Denunziation gelungen ist, ist sein Glück gemacht; Orden, Titel und rin einträgliches Amt sind ihm sicher. Fast alle Beamten, Soldaten, Zivilisten, Offiziere gehören dieser Clique an und die moralische Verheerung, die durch die offizielle Anerkennung und Förderung dieses Spionagewesens angerichtet worden ist, ist unabsehbar. Anfangs rekrutierten sich die Spitzel aus Griechen und Armeniern, bald aber kamen auch andere auf die Vorteile dieses Berufs und Türken und Syrier rissen sich um die Betätigung im geheimen Spionagedienst. Seitdem hat das Spionenwesen in der Türkei eine Aus- >reitung angenommen, die ans Märchenhafte grenzt, leberallhin erstreckt es seine Glieder, überall fordert es eine Opfer; Kutscher, Portiers, Diener, Beamte, Offiziere, a selbst die Minister scheuen vor der Teilnahme an diesem Geschäfte nicht zurück und die einzige Kaste, die sich von >em Spitzelwesen verhältnismäßig freigehalten hat, ist eltsamerweise die reguläre Polizei. Jedermann, der dem Sultan eine Mitteilung machen will, telegraphiert vorher, daß er eine wichtige Botschaft zu übermitteln habe. Er wird sofort in den Palast befohlen und von den Geheim- sekretären ausgefragt. Falls der Sultan, hinter einem Paravent verborgen, nicht selbst der Unterredung beiwohnt, wird ihm sofort Bericht erstattet; je nach der Laune läßt der Padischah dann seinem „treuen Diener" eine Geld summe überreichen oder schickt ihn wieder fort. Die be- sonders Ehrgeizigen bestehen darauf, den Snltan selbst zu sprechen, und wenn sie wirklich etwas Ernstes mitzu- teilen haben, ist ihr Glück gemacht. Oft freilich werden diese Mitteilungen zur Farce, schlaue Gauner, die wohl wissen, daß der Sultan selten einen Denunzianten mit leeren Händen entläßt, tischen dem Beherrscher der Gläu bigen die herrlichsten Schauergeschichten auf und machen sich dann mit dem Gelde fürsorglich davon. Die Spionage macht aber selbst vor dem Ministerium, den Bureaus, den Schulen, den Kasernen nicht Halt. Einflußreiche Be- amte unterhalten ein ganzes Heer eigener Spione, mit deren Informationen sie sich in die allerhöchste Gunst einschmeicheln. Freilich ist man inmitten dieses rastlosen Hin und Her von Verrat und Verdächtigung nie selbst seiner Stellung sicher; der Machthaber, der gestern von der Sonne kaiserlicher Huld bestrahlt war, kann heute schon im Gefängnis sein, und morgen auf dem Wege nach einem untergeordneten Posten in einer fernen Provinz, aus der er meist nie mehr in die Hauptstadt heimkehrt. Man kennt die hohen Machthaber, die nur mit Hilfe eines skrupellosen Spionagesystems Karriere gemacht haben, in Konstantinopel genau, raunt vorsichtig flüsternd ihre ge- fürchteten Namen und zittert vor ihrem Mißtrauen. Aber man ist auch nicht erstaunt, zwei Tage danach zu hören, daß dieser Günstling in Ungnade gefallen ist. Dann weiß man, er hat seinen Meister gefunden, einen Ge schickteren, der die Waffe geheimer Denunziation glücklicher handhabte und der nun seinen Platz etnnimmt, bis ein Dritter auch diesen Glücklichen stürzt. Die amerikanische Frau im Erwerbsleben. Man schreibt den „Müchn. N. N" aus London: Interessante Mitteilungen des „Daily Chronicle" über den letzten amerikanischen Zensus zeigen, daß von 23V, Millionen Frauen über 16 Jahre in den Vereinigten Staaten je eine von fünf sich ihr Brot selbst verdient und daß von den 303 Berufsarten, die der Zensus aufzählt, nur neun noch ausschließlich von Männern ausgeführt werden. Sie fehlen bis jetzt noch in der Armee, Marine und Feuerwehr und auch die Arbeit der Schieferdecker, der Errichter von Telegraphen- und Telephonlinien, der Kesselschmiede und Messtngarbeiter hat bis jetzt noch keine Anziehungskraft auf sie ausgeübt. Von den 294 Be schäftigungsarten, in die die große Armee der arbeitenden Frauen etngeteilt wird, zählen doch 125 mehr als 1000 Frauen. Die zehn wichtigsten Klassen sind folgende: Dienstboten 1124383; Arbeiterinnen im landwirtschaftlichen Betrieb 456405, Schneiderinnen 338144, Wäscherinnen 328932, Lehrerinnen 327206, Landwirtinnen 307706, Baumwollenarbeiterinnen 231458, Haushälterinnen 146929, Verkäuferiunen 142265, und Näherinnen 138724. Unter den Berufsarten, die ihrer Natur nach recht eigentlich für denMann reserviertscheinen, finden wir 1508Maschinistinnen, 185 weibliche Grobschmiedt, 45 Lokomotivführerinnen, 43 weibliche Droschkenkutscher, 31 Bremserinnen usw. Die meisten der arbeitenden Frauen sind jung; 68,4°/« find unter 35 und 44,2°/« unter 25, während die Zahl der arbeitenden Männer unter 25 nur 24,7°/, beträgt. Mehr als die Hälfte aller geschiedenen Frauen ernährt sich durch eigene Arbeit. Aus Stadt und Land. MItteilo ugm aus dem Leserkreise für diese Rubrik nehmen wir jederzeit dankbar entgegen. Wilsdruff, den 26. Juni 1907. — Sachfenherrfcher «uf dem Fichtelberg. Da am heutigen Mittwoch König Friedrich August auf seiner Erzgebirgsreise auf dem Fichtelberge eintrtfft, dürften folgende Mitteilungen über Besuche von Sachsenherrschern auf dem höchsten Gipfel unseres Landes oder in seiner nächsten Nähe manchem Leser von Interesse sein. Die ältesten Nachrichten in dieser Hinsicht führen uns zurück in das 16. und 17. Jahrhundert. Kurfürst August ist der erste sächsische Landesherr, der nachweislich hier oben in den Bergen Einkehr gehalten hat. 1567 hat er in den Tagen vom 1. bis 14 August in Crottendorf sein Lager aufgeschlagen. Dann wissen wir von Johann Georg 1., daß er 1609 und 1625 auf dem Fichtelberg oder wenigstens an seinen Hängen geweilt hat. Aber was diese Herren nach dem Gebirge geführt hat, war weder die Schönheit der Sonnenpracht, noch der Zauber der Winter- landschaft, sondern wahrscheinlich allein die Freude an der Jagd, beim Kurfürsten August vielleicht noch die Sorge um die gute Pflege des Forstes. Mag das ein Leben gewesen sein, wenn die Meute der Hunde durch den Forst kläffte, wenn des Hornes Ton durch den Wald hallte und die Reisigen unter dem Gebäum dahin sprengten! Eine lange Reihe von Jahren vergeht dann, ehe wir wieder Nachrichten über Fürstenbesuche auf dem Fichtelberge erhalten. Sie fallen in das 19. Jahrhundert und lassen erkennen, daß die Fahrten einmal dem Wohl gefallen am Naturgenusse entsprangen, das andere Mal aber unternommen wurden, um Fürst und Volk, wie dies ja jetzt geschieht, einander näher zu führen. 1831 bestieg der Prinz-Mitregent Friedrich August, der nachmalige König, den Gipfel. Im Jahre 1858 führte den König Johann eine Hochlandfahrt nach dem Ftchtelberge. Zu Pferde traf er am 22. August ein, vom Bärenstein und von den Crottendorfer Kalkbrüchen her. Endlich vergaß auch König Albert des Fichtelberges nicht; denn er würdigte ihn am 10. Juli 1880, als noch der alte bau fällige Turm stand, eines Besuches. Der Besuch des Königs Friedrich August, den dieser am 28. Dezember 1906, au einem sonnenklaren Wtntertage, mit dem Kronprinzen Georg, den königlichen Prinzen Christian und Ernst, Ihren Königlichen Hohheiten Prinz und Prinzessin Johann Georg und Prinzessin Mathilde, dem Fichtelberg abstattete, ist noch in lebhafter Erinnerung. Mittels Hörnerschlttten fuhr der König und die königliche Familie damals zurück nach Oberwiesenthal, von wo sie gekommen. Vor der Rückreise nach Dresden bezeichnete KöuigFrirdrichAugust auf dem Bahnhof die Umgebung des Fichtelberger als eine einzig schöne Gegend Sachsens und stellte ein baldiges Wiederkommen in Aussicht. Daß dieses Wiederkommen so schnelle Verwirklichung findet, und zwar nunmehr zur Sommerszeit, darüber herrscht in weiten Kreisen lebhafte Freude. (Leipz. N. N) — Die Tagesordnung für die Sonnabend, den 29. Juni vormittags ^10 Uhr stattfindende Sitzung des Bezirksausschusses der Königlichen Amtshaupt- Mannschaft Meißen enthält unter anderen folgende Punkte: Ortsstatutarische Beschlüsse und Ortsgesetze der Gemeinde Neutanneberg, die Bildung und Zusammensetzung des Gemeinderats betr., Lampersdorf, Veröffentlichung in Gemciudeangelegenheiten betreffend; Gesuch des Bäckers Kirsten in Helbigsdorf, eine teilweise Dispensation von den Bestimmungen den Verkauf von Brot betreffend. — Wie ein sächsischer Regierungsbeamter über die Presse denkt. Dafür sind die Ausführungen, die der Regierungsvertreter Kreishauptmaun Dr. Rumpelt in ausdrücklichem Einverständnis mit dem Minister Graf Hohenthal auf dem kürzlich beendeten Deutschen Journa listen- und Schriftstellertag hören ließ, ein wertvolles Zeugnis und darum von großem Interesse und hoher Bedeutung. Die Worte, die der Regierungsvertreter zu den deutschen Journalisten sprach, müssen allseitige Zu- stimmung finden. Sie sind in dem Festjubel und -Trubel nicht zur Kenntnis der Allgemeinheit gekommen und des- halb sei der Hauptinhalt der inhaltsreichen Rede an dieser Stelle wiedergegeben. Der Regterungs-Vertreter führte folgendes aus: „Vor etwa 14 Tagen waren wir hier in Dresden Zeugen des Triumphzuges, der englischen Journalisten in ganz Deutschland bereitet wurde. Ich habe mich damals nicht gewundert, hier und da die Be merkung zu hören und zu lesen, daß man deutschen Jour nalisten solche Ehren in ihrem Vaterlande noch nie er wiesen habe. Aber ich hoffe doch, daß die Erfahrungen dieser Tage bet Ihnen auch das leiseste Gefühl von Mißmut zerstreuen werden, das unsere nächsten lieben in Wilsdruff bei der Geschäftsstelle und Ausgabe- stellen (Bruno Gerlach, Ernst Adam, Bertha verw. Major, Bruno Klemm, Magnus Weise), und in folgenden Orten beiden Ausgabestellen, die das Blatt noch am Abend des Erscheinens den Lesern zustellen, und zwar in Birkenhain-Limbach: bei Herrn Gemeindediener Zönnchen, Limbach, Blankenstein: bet Herrn Arbeiter Zeller, Blankenste in, Grumbach: bei Frau verw. Köhler, Grumbach , Helbigsdorf: bei Herrn Kaufmann Nestler, Helbt gs- dorf, Herzogswalde: bei Herrn Julius Böhme, Herzogs- Walde, Kaufbach: bei Herrn Gemeindedirner W ä tz i g, K a uf b ach, Keffelsdorf: bei Frau verw. Becker, Kesselsdorf (im Hause des Herrn Pätzold), Klipphanfen-Sachsdorf: bei Herrn Bruno Kutschick Klipphausen, , Möhrsdorf: bei Herrn Hausschlächter Oswald Fritzsche, RöhrSdorf, Sora, Lampersdorf und Lotzen: bei Herrn Wirt- schaftsbesitzer Rentzsch, Lotzen, in den übrigen Ortes bet den Postbote» oder Postanstalten. Ma« bestellt das „Wilsdruffer Wochenblatt" für die Monate Juli, August, September Angehörigen zuweilen befällt, wenn sie sehen, daß für Fremde die besten Zimmer aufgeschloffen und die seltenste« Gerichte aufgetischt werden. Die Presse hat heute in unserm gesamten Staats- und GesellschaftSleben eine unermeßliche Macht gewonnen, zu nützen oder zu fchaden. Ereignisse, Anschauungen, Kriegs- und Frtedensrufe ver breitet sie im Nu durch die ganze gesittete Menschheit. Die Presse ist zwar gewiß nicht die alleinige Erzeugerin der öffentlichen Meinung, aber sie vermag sie doch zu leiten, zu erregen und zu besänftigen. Es ist ihr eine Art von Schlüsselgewalt gegeben, die guten wie die schlimmen Leidenschaften zu lösen und zu binden. Deshalb bedürfen auch die Regierungen der Hilfe der Presse, um ihr Werk zu vollführen. Aber wir verlangen nicht, daß Sie uns dienen sollen. Wir rufen Sie vielmehr auf zur kameradschaftlichen Mitarbeit nach dem einen, von allen Vaterlandsfreunden erstrebten Ziele, unserem Volke seine Kulturgüter zu erhalten und neue hinzu zu erwerbe», unsere öffentlichen Zustände so zu gestatten, daß wir auch unsern Kindern und Enkel«, soweit menschenmöglich, die Gewähr eines sicheren und glücklichen Seins hinterlassen. Die Unterstützung, die wir wünschen, ist auch nicht unbe dingte Zustimmung. Durch unser ganzes heutiges Leben, durch Kunst und Literatur, durch Staat und Gesellschaft geht die Sehnsucht nach Echtheit, Aufrichtigkeit und Wahrheit. So wolle« auch wir nur eine ehrliche, auf. richtige Freundschaft haben. Der Typus „Schmock", der je nach der Bezahlung rechts schreiben kann und links schreiben kann, wenn er überhaupt noch existiert, kann uns nicht helfen. Was wir brauchen, ist Unter- stützungeinercharaktervollen, überzeugungstreuen Presse, die sich ihrer großen Verantwortung jederzeit bewußt ist." — Diese Worte des sächsischen Regierungsvertreters fanden ungeteilten Beifall. — Der Vorstand des Landes-Obstbanvereins berichtet über die Obsternte-Aussichten im Königreich Sachsen wie folgt: Von Beerenobst haben besonders Erd- beeren in manchen Großkulturen im Winter sehr gelitten. In der Gegenwart ist oie Hocherntezeit bereits überschritten, es kann diese als mittel bis gut bezeichnet werden Stachel und Johannisbeeren ergeben geringere Erträge wie in den Vorjahren; ungünstige Witterung während der Blüte behinderte die Befruchtung. Himbeeren versprechen eine gute Ernte. Die Weinrebe hat schwach getrieben und wenig Gescheine oder Blüten, dementsprechend wenig Trauben. Von Steinobst tragen Kirschen gut, doch nicht so voll wie im vorigen Jahre; dafür bleiben die Preise höhere. Die Pflaumenernte wird als Mittel-Erute zu bezeichnen sei». Pfirsiche und Aprikosen zeigen die Nachwirkung des strengen Winters; Früchte recht wenig. Kernobst alS Haupthandels früchte sind Birnen gut bis sehr gut besetzt, Aepfel im allgemeinen gut. Für beide Keruobstarten besonders für Aepfel in guten Sorte« werden voraussichtlich auch gute Preise zu erzielen sein, was bei Verpachtungen oder bei der Obsternte zu beachten rst. Bei der Vermittelungs- stelle des Landes-Obstdauvereins für Obstverkauf in Dresden, die ihre gemeinnützige Tätigkeit für das laufende Obstjahr in vollem Maße wieder ausgenommen hat, liegen bereits Anfragen vor nach bedeutenden Mengen Erdbeeren, sauren Kirschen, Einlegebirnen, grünen Stachelbeeren nud anderen Obstarten. Von Konservenfabriken werden be- sonders gesucht: Weinbergs- und Monatserdbeeren, saure Kirschen, Williams Christbirnen u. a. m. Die bis jetzt vorliegenden Obstangebote beziehen sich vornehmlich auf Kirfche« jeder Art. Obstzüchtern und Käufern ist deshalb zu empfehlen, die Vermittelungsstelle recht ausgiebig und rechtzeitig in Anspruch zu nehmen. — Der Verband sächsischer Gewerbe- und Handwerkervereine hält seine diesjährige Verbands- tagung am 1. und 2. September in Sebnitz ab. Anträge für die Hauptversammlung find spätestens am 15. Juli bei dem Vorort Waldheim einzureichen. — V-« Kirschen und Kirschbänmen. Die Kirsche ist die Frucht der jetzigen Jahreszeit. Sie hat bekanntlich einen berühmten Paten, indem überliefert wird, daß LuculluS aus dem mithridatischen Kriege, und zwar aus der Umgebung der politischen Stadt Cerasus, den Kirschbaum mitgebracht und in Europa einheimisch gemacht habe. Schade, daß diese Ueberlieferung vor der kritischen Forschung nicht standhält. Sie wird durch ein paar lumpige kleine Kirschkerne, die man in den Pfahl bauten der Schweiz vorgefunden hat, über den Haufen geworfen. Denn damit ist der Beweis geführt, daß die Kirsche, und zwar insbesondere die Süßkirsche, schon vor Lucullus Zeiten in Europa heimisch gewesen ist und daß sie bereits unseren Vorfahren ihre angenehmen Früchte geliefert hat. Ja, selbst die Einführung der Sauerkirsche in Europa kann dem Lucullus nicht zugestanden werden, sondern diese scheint schon von den Griechen aus Vorder asien nach Europa übertragen worden zu sein. Der große Feinschmecker wird also wahrscheinlich nicht mehr Verdienst haben, als er eine besonders feine Kirschensorte mit nach Italien heimgenommen hat. Außerdem aber hat er der Kirsche in einer Menge von Sprachen den Namen ge- geben: denn dies Wort ist nichts anderes, alS ein Echo jener Kirschenstadt Cerasus, wie es sich auch in zahlreichen anderen Sprachen Europas, ja selbst Asiens erhalten hat. Seit den Tagen oes Lucullus hat sich ja nun die Kirsche über ganz Europa verbreitet. Daß der Kirsch baum ein ziemlich harter Baum ist, das hat bereits Plinius gewußt, und so ist er auch schon verhältnismäßig zeitig in die nordischen Länder, bis nach Britannien und Norwegen, eingedrungen. Heute müssen wir sogar die Kirsche als eine speziell nordische Frucht bezeichnen, da sie, nach einem bekannten Gesetze der Pflanzengeographie, im Norden weit aromatischer gedeiht als im Süden. So ist die norwegische Kirsche z. B. obgleich oft klein, doch im Geschmacke ausgezeichnet und etwa der italienischen weit überlegen. Im ganzen kennt man heute 231 Kirschen sorten. Deutschland kann mit den bei ihm gedeihenden Kirschen sehr zufrieden sein; es rühmt sich einiger ganz be sonders gesegneter Kirschgegenden, wie z. B. der Berg straße, des bayerischen Franken, Werders und des alten Landes bei Hamburg, wo vier Stämme zusammen 600