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Die Herkomerfahrt. Siebenter und letzter Tag. Bon Augsburg bis Frankfurt a. M. Augsburg, 11. Juni. Heute morgen um 6 Uhr versammelten sich am Start zur letzten Etappe der Her komerfahrt im ganzen 132 Wagen. Die Abfahrt währte bis 8 Uhr 10 M'n. Der Start ging glatt von statten; Startlriter war Baron von Feilitzsch. AIS Erster und zugleich Oberleitungswagen fuhr wiederum Nr. 9 (Laden- bürg) ab. Ihm folgten die Wagen Nr. 7, 8, 12, 14, 15, 1ö, 17, 18, 19 usw. Wagen Nr. 43 (Edge-London) konnte nicht mitabfahrev, da er gestern abend kurz vor München einen Kurbelwelleubruch erlitt. Frankfurt a. M., 11. Juni. Kaum gibt es eine zweite deutsche Stadt, die so viel Interesse am Automobil erweist als Frankfurt a. M. Von der zweiten Nachmittags- stunde an strömten die Frankfurter und viele Fremde — die Hotels find sämtlich überfüllt — hinaus nach dem Ziel an der Hanauer Landstraße. Um 3 Uhr steuerte Prinz Heinrich von Preußen, von der Menge ehrerbietig begrüßt, sein Automobil zum gelben Zielbande. Dem Fond des Wagens enstieg seine Schwester, die Frau Erbprinzesfin von Sachsen-Meiningen. Wenige Minuten später verkündete dumpfes Donnern das Herannahen der Herkomerwagen. Schmutz und Staub, welche die Wagen mit ihren Insassen bedecken, kündeten von der langen scharfe» Fahrt, deren glückliche Beendigung deutliche Spuren der Freude auf die Gesichter der das Ziel Ueberschreitenden malte. Prinz Heinrich und der Großherzog begrüßten vielfach die Eivtreffenden persönlich mit Händedruck. Die Photographen arbeiteten natürlich fieberhaft, und die Kontrolleure machten die letzte Eintragung in das Kontroll buch. Dann ging eS in fliegender Eile der Garage zu — die 1800 Kilometer lange Fahrt war zu Ende! Als Erster ging durchs Ziel Edgar Ladenburg Nr. 9. Ihm folgte der Frankfurter Engler am Steuer des Wagens Nr. 21. Hierauf lief der Herzog von Bojano am Lenk- rad von Nr. 17 ein. Dann reihten sich an Nr. 2, 24, 26, 36, 49, 79 (Henry Bender), 38, 60 (Heinrich Opel), 47, 54, 60, 58, 59 usw. Kurz nach 5 Uhr waren bereit- 100 Wagen eingetroffen. Prinz Heinrich und seine Schwester fuhren jetzt nach der Stadt zurück. Unter den Eingetroffenen befindet sich auch Miß Levitt (Nr. 44), ferner Erle mit dem zweiten Wagen LadenburgS Nr. 19, Prinz von Isenburg Nr. 30, Herzog Ludwig in Bayern Nr. 165, Karl von Axelsohn-Leipzig Nr. 161, Direktor Horch-Zwickau Nr. 119, der zweite Wagen von Dr. Stöß Nr. 189 rc. Von nennenswerten Unfällen ist nichts bekannt geworden. Frankfurt a. M-, 11. Juni. Nächste Anwart schaft auf die Preise haben bis jetzt und find deshalb in einer besonderen Garage untergebracht die Wagen Rr. 36 (Weingand-Düffeldorf, Mercedes), 121 (Spitzner- Frankfurt, Benz), 92 (Neumaier-Hamburg, Hexe), 98 (Wilhelm Opel-RüffelSheim, Opel), 7 (Boehlcke-Gerurode, Argus), 119 (August Horch-Zwickau, Horch), 159 (Grüning- Frankfurt, Adler), 143 (Graf Künigl-Ehrenburg, Nacke), 59 (Lehmann-Zeuthen, Jtala), 100 (Lindpainrner-München, Benz), 152 (Schmierer-Stuttgart, Adler), 106 (Mandel- Wien, Benz), 104 (Weiß-München, Benz), 18 (Roth- London, Benz), 61 (Heinrich Opel-RüffelSheim, Opel), 41 (Edge-London, Napier), 22 (Dahmen-Köln, Opel), 19 (Ladenburg-München, Benz, Fahrer, Erle), 9 (Edgar Ladenburg-München, Mercedes), 14 (Stöwer-Stettio, Stöwer), 63 (Delfoffe-Köln-Riehl, Scheibler), 165 (Herzog Ludwig in Bayern, Metallurgique). ES kommen hinzu noch einige Wagen. * * Dr. Stöß, welcher bekanntlich auf der Etappe nach Eisenach auf einen Schottrrhaufeu fuhr und einen erheb- Uchen Defekt erlitt, reparierte seinen Wagen und fuhr, wie schon gemeldet, obgleich er außer Konkurrenz gesetzt ist, mit seinem Favorit-Wagen nach dessen Wiederherstellung in zäher Weise den Herkomer-Fahrern nach. — Abends */,9 Uhr fuhr der brave Fahrer von Eisenach ab, die Nacht hindurch nach Mannheim und traf iu Lindau «ach 21*/, stündiger Fahrt wohlbehalten mit den übrige» Fahrern ein; 694,6 Km. hatte er in dieser Zett zurückgelegt. Die Rennstrecke im Forstenrteder Park legte er von den 130 passierten Wagen mit 69°/, Plus-Punkeu zurück. — Allgemein wird der vom Mißgeschick verfolgte Fahrer sehr bedauert. — Die Schnelligkeitskonkurrenz hat besonders vorzügliche Resultate gezeigt. Es haben sich besonders hervorgetan die Marken Mercedes, Benz, Horch, Adler, Opel und Metallurgique. Aus Stadt und Land. Mitteilungen auS dem Leserkreise für diese Rubrik nehmen wir jederzeit dankbar entgegen. WtlSdruff, den 12. Juni 1907. — Zur Lan-tagswahl iu Dresden wird ge- schrieben, daß die Reformer im Wahlkreise Dresden. Johannstadt ihre eigene Kandidatur (Gemeiudevorstand Clauß-Reick) zugunsten des Konservativen Behrens, der diesen Kreis bereits seit 12 Jahren vertritt, zurückgezogen haben. Man hofft hierdurch offenbar die Chancen für die reformerische Kandidatur England im 3. Landtags- Wahlkreise zu verbessern, obwohl nach unsern Informationen kaum Aussicht dafür vorhanden ist, daß die Mehrzahl der Konservativen geneigt sein wird, den bisherigen Vertreter Dr. Vogel (natlib.) gegen den reformerischen Kandidaten einzutauschen. Nach einem Bericht der „Elb- tal-Abendpost" erklärte jüngst ein Angehöriger der konservativen Partei, „daß ihm seine Zugehörigkeit zur konservativen Partei schon allein nahelcge, die von der Leitung derselben unterstützte Wahl des Herrn England ebenfalls zu unterstützen." Wir bemerken hierzu, daß die Leitung der konservativen Partei bisher sich offiziell weder für die Kandidatur England, ncch gegen die — Vom uallsuultu Ausschuß für den 6. sächsischen Reichstagswahlkreis (Dresden-Land) soll Freitag, den 21. Juni, eine Ortsgruppe für den Plauenschen Grund gegründet werden. Die konstitutterende Ver sammlung findet am genannten Tag von 8 Uhr abends an in Angermanns Gasthof zu Döhlen statt. — Das 11. Sächsische vundesikegel«, das be- kanntlich vom 6. bis 10. Juli dieses Jahres in Freiberg stattfindet, wird ohne Frage eine« außerordentlich starken Besuch nach der alten Bergstadt führen. Nicht bloß der Kegelsport und insbesondere der Wettkampf auf der As phaltbahn wird die Freunde deS Kegelns in Freiberg vereinigen, sondern mancher wird auch in der Absicht kommen, die an historischen Erinnerungen und interessanten Bauwerken reiche, ehemalige sächsische Kursürstenresidcnz kennen zu lernen, von der einst der reiche Silbcrsegen aus- ging über dir Wettiner Lande. Der Kegelsport ist ziemlich der einzige Sport, für den die breitesten Volksschichten aktiv zu haben sind. Die Oeffevtlichkeit merkt nicht viel von ihm, denn das alte urdeutsche Kegelspiel vollzieht sich auf dem abseits gelegenen Schub. Sein wohlverdientes Ansehen in der Oeffentlichkeit zu fördern ist Zweck und Aufgabe der Bundeskegel-Frste. In der Feststadt Freiberg sind die Vorbereitungen im vollen Gange. Die 52 Meter lauge und 17,60 Meter hohe Kegelhalle, welche 16 Bahnen fassen wird, ist bereits im Bau begriffen. Schon jetzt kann man sagen, daß sie eine» imposanten Eindruck macht Zur Bequemlichkeit der Besucher sind große Büffeträume, Lese- und Schreibzimmer, Sanitäts- und Feuerwache, Wasch- und Frisiersalon, auch ein Raum für Post und Fernsprecher rc. vorgesehen. Der Gabentempel ist infolge der zahlreich eingegangenen Preise reich dotiet. Bereits jetzt stehen annähirvd 6000 Mark zum Ankauf von Ehren- preisen zur Verfügung, sodaß mancher, dem die Kugeln glücklich einschlagen, wertvolle Andenken mit nach Hause tragen kann. Auch nach anderer Richtung werden Ver gnügungen aller Art den Festteilnehmern geboten werden. Dafür ist ein umfangreiches Programm ausgestellt, sodaß jeder auf seine Kosten kommen wird. Darum: Kegler! Aus nach Freiberg zum XI. sächs. Bundeskrgelnl — Wünsche für den Winterfahrpl««. Wir weisen darauf hin, daß Wünsche für die Gestaltung des demnächst aufzustellendeu, künftigen Winterfahrplaus von der zuständigen Stelle nur dann in Erwägung gezogen und berücksichtigt werden können, wenn sie noch im Laufe dieses Monats der Königl. Generaldirektion der Sächsischen StaatSeiseobahne» zur Kenntnis gebracht werden. Der artige Wünsche können sowohl bei der hiesigen Stations- Verwaltung als auch bet dem Stadtrat hier zur Weiter- Vermittelung angebracht werden. — Eire vernünftiger Virei« — zur Nach ahmung empfohlen! Graf Johann Harrach in Wie» propagiert neuerdings die Gründung eines SaluttervereinS. ES soll durch konventionelles Ucberkommen statt des Grüßens durch Heben des HuteS das bloße Salutieren eingeführt werden. Bei Frost und Sturm wirkt das Abnehmen des Hutes schädlich und führt zu Neuralgien und anderen Krankheiten. Ist die Hand bepackt, dann ist es ohnedies unmöglich, in der jetzigen Weise zu grüßen, ohne daß sich jemand über den Ausnahmsfall aufhält. Graf Harrach macht sich erbötig, wenn genügend Zustimmungskund gebungen mit vollem Namen an ihn gelangen, zur Kon stituierung zu schreiten. Der Verein würde in allen Städten wo er Ortsgruppen bildet, namhafte Summen wohltätigen Zwecken zuwenden. Die Leitung würde ein Ausschuß von 12 Mitglieder! übernehmen. — Man könnte in der OrtS- presse die Namen derjenigen Herren veröffentlichen, die ihre Bekannten künftig militärisch grüßen wollen. Da sich Kaiser und Könige durch bloßes Erheben der Hand an die Kopfbedeckung grüßen lassen, so kann niemand eine Herabsetzung in dieser Art des Grüßt s finden. — Für die morgen Donnerstag, nachmittags 6 Uhr statlfindeude öffentliche Stadtgemeinderat-sitzung ist folgende Tagesordnung ausgestellt wordeu: 1. Ge- schäftliche Mitteilungen. 2. Erteilung von Zuschlag zu Verpachtungen. 3. Richtigsprechung der Sparkassen- rechnung vou 1904. 4. Besetzung einer fretgewordenen Kopikenstelle. 5. Einladung zur Teilnahme an der Ge- nosscnschaftSversammlung der TtefboubrrnsSgenoffenschaft. 6. Gesuch des Rechtsanwaltes Dr. Weise in Dresden um Ge währung einer Unterstützung. 7. Schulneubau btr 8. Gesuch des Herrn Fabrikant Schubert hier und Gen. um Ermäßigung deS Strompreises. — Wetteraussicht für morgen: Nach Auf- heiterung des Wetters zunehmende Bewölkung, nachher Regen, mäßige Westwinde, kälter. — Ei« Gesuch der Kraft und Lichtabuehmer des hiesigen Elektrizitätswerkes um staffelmäßige Herab- setzung des Strompreises wird den Stadtgemeinderat in seiner morgen abend stattfindenden Sitzung beschäftigen. — Die Mitglieder des hiesigen MilitärvereiuS werden hierdurch noch besonders auf den nächsten Sonn- tag stattfindenden Ausflug aufmerksam gemacht. Es wird der Mittagszug (11,43 Uhr) bis Niederdittmannsdorf be- nutzt. Von hier aus folgt gemeinschaftlicher Marsch über den grünen Wolf weiter, dem Gasthaus zur Grabentour, wo Station gemacht wird, durch die Grabentour nach dem Gasthofe Oberreinsberg, wo gemeinschaftlich Kaffee ge- trunken werden soll. Nach längerem Aufenthalte wird nach dem Zollhause marschiert, von wo aus 9,19 die Rück reise angelreten wird, um 10,40 in Wilsdruff eivzutrkffen. Außer den hiesigen Kameraden werden auch die der Um gebung gebeten, sich mit ihren Frauen und Angehörigen recht zahlreich zu beteiligen. — Ei« bedauerlicher Unfall hat den wegen seiner uneigennützigen Tätigkeit in mehreren Korporationen allgemein geschätzten Möbelfabrikavten, Herrn Heinrich Birkner betroffen. Birkner wollte gestern mittag am Fräser, der sich bekanntlich horizontal bewegt, ein Brett schlitzen. Durch einen in dem Holz befindlichen Ast wurde daS Brett plötzlich zurückgeschlagen. Dadurch geriet Birkner mit der rechten Hand, die daS Brett festhielt, in den Bereich des sich überaus rasch bewegenden Sägeblattes. Glied durch schräg verlaufende Verletzungen halb gespalten. Herr Dr. med. Bartcky ordnete die Uebersührung des Verletzten in die Diakonisstuanstalt zu Dresden an. Es ist zu hoffen, daß Birkner die Finger erhalten bleiben. — Aus Deuben berichtet der dortige „Bez.-Anz.": „Bei Herrn Photograph Krause ist die Photographie deS Mörders von Zöllme« ausgestellt. Der Mörder, ein Stallsckweizer, hat bekanntlich vor kurzem in Zöllmen einen Mitbedieustetcn erstochen." Es muß doch hcch« interessant sein, die Photographie von einem solchen Messer helden zu sehen!! — In Pvtfchappel hätten zwei Knaben im Alter vou 8 und 10 Jahren durch eigene Unvorsichtigkeit bei nahe ihr Leben eingebüßt, wenn nicht rechtzeitig Hilft erschienen wäre. Die beiden Knaben übten sich in der Hänsch'schen Badeanstalt im Schwimmen, blieben aber nicht in dem abgegrenzte» Raume, sondern wagten sich bis in daS große Schwimmbassin, wo sie den Grund verloren und von der Oberfläche des Wassers verschwanden. Zwei zufällig anwesende junge Herren, die eben dem Bassin entstiegen waren, bemerkten die beiden mit dem Tode ringenden Kuabeu, sprangen ihnen nach und brachten sie i« Sicherheit. — Nächsten Sonntag, den 16. Jnni wird der Meilerhaufen im Brette« Grunde bei Tharandt, nachdem er am Nachmittag vorher aufgeschichtet worden ist, ungebrannt. — Die Schuhmacherfachschule iu Siebeuleh« wir) der Stadt nunmehr erhalten bleiben. — Wieder haben sich eine Anzahl Brandstifter aus Siebe«leh« vor dem Schwurgericht Freiberg zu verantworten. Die Angeklagten find meist Feuerwehrleute, ebenso Mitglieder des Stadtverordnetenkollegiums. In der Sache find 65 Zeugen geladen; die Verhandlungen werden erst in nächster Woche zu Ende geführt werden. Die Anklage richtet sich im ersten Falle gegen die Ange klagten Schuhmacher Starke, Schlossermcister Kaden auS Siebenlehn und Wirtschastsbesitzer Nendel aus Breitenbach, die am 17. Juni 1901 den Pferdestall des Hugo Emil Starke gemeinschaftlich und vorsätzlich in Brand gesteckt haben sollen. Starke wird beschuldigt, mit Stroh Feuer gemacht zu haben, während Kaden das Mauer werk etngchackt und Nendel Löcher in das Dach geschlagen hat, um dem Feuer bester Zugluft zu verschaffen. Den Angeklagten wird vom Vorsitzenden vorgebalten, daß man in Siebenlehn die Feuerwehr, die sich jetzt aufgelöst hat, nur noch „Feuermcer" genannt hat. Die Feuerwehr hat die zahlreichen Brände selbst angelegt und die Spritzen nur zum Schein in Tätigkeit gesetzt. Es ist der Zweck verfolgt worden, dir ganze Stadt ueuaufzubauen. Nebengebäude seien ohne Not demoliert worden. Die Feuerwehr hat jedesmal genau bestimmt, wo es brennen sollte. Sogar in den Jnstruktionsstuuden tnr Feuerwehr ist von den Brandlegungen gesprochen worden Der An geklagte Nendel hat die Leute sogar gefragt, ob sie nieder gebrannt sein wollten. Bet dem großen Brande im Jahre 1905, dem sieben Häuser zum Opfer fielen, wurden gute, nicht gefährdete Dächer ruiniert und Häuser, die nicht brennen wollten, zwei- oder dreimal angezündet. Gegen Mannschaften, die löschen wollten, wurden sogar bittere Kämpfe geführt, die Brandmauern der Nachbarhäuser wurden eingeschlagen und in die Nebenräume brennende Balken hinetngeschleppt. Der Gendarm wurde von der Brandstelle weggeekelt, mit Ziegelsteinen hat man ihm nach dem Kopf geworfen. Wenn er sich nicht drücke, wurde ihm zugerufen, könne er die Spritze allein drücken. Auswärtigen Spritzen wurde die Lust am Rettungswerke vergällt, man gab ihnen kein Wasser oder zerschnitt die Schläuche. Eine Feuersbrunst war immer ein Fest für Siebenlehn, da die Abgebrannten Schmäuse auS- richten mußten. Gestohlen wurde natürlich nach Herzens lust. Einmal soll sogar ein Huhn unter einem Feuerwehr- Helm hervor gegackert haben. Um nicht ins Zuchthaus zu kommen, hat der frühere Feuerwehrhauptmann Klaus das Kommando niedergelegt. Der Feuertyph»s sei in Sieben- lehn au-gebrochen, so drückte er sich auS, man solle nur sehen, wie weit man komme. Der Angeklagte Starke ist zum Teil geständig; wenn Kaden und Nendel für alle Taten bestraft werden sollten, äußert rr, so würde ihre ganze Lebenszeit zur Abbüßung der Strafe nicht auSreichen- Der Angeklagte Starke erzählt, daß, als die Bieber steiner Mühle brannte, ein Uebergreifen deS Feuers auf das Wohnhaus ausgeschlossen gewesen sei. Dieses sei aber von der Siebenlehner Wehr unter Leitung deS Brand direktors Barthel, der gleichzeitig Bürgermeister war, in Brand gesetzt worden. Die Feuerwehr hat sogar eine Liste der wegzubrennenden Häuser geführt. Auch städtische Interessen spielten bei den Brandlegungen mit, sodaß man von einer Feuerpolitik sprach. Wie Starke bestätigt, hat ein förmlicher Plan Vorgelegen, zu dem Winke vom Stadtgemeinderat gegeben worden find. Es war genau bestimmt, wie man nach dem Brande die Straßen gerade legen wollte. Der Einwohner Leuter, dem man einen Brand bei ihm andeutete, hat sich vor Angst drei Wochen lang nicht ins Bett gelegt. Die Brandprämien für daS erste Erscheinen ans der Brand stätte spielten auch eine große Rolle, da aus der Kaffe jährlich drei Feste abgehalten wurden. Bei dem Brande der sieben Häuser am Markt wurden am anderen Tage noch die Mauern mit Winden umgerissen, um die Ver- stcherungsentschädiguvg zu erhöhen. Das Tollste ist aber das, was der Angeklagte Greif erzählt: Am Abend vorher bei dem Brande des Friebeschen Pferdestalles wurde er vom Bürgermeister am Spritze» gehindert. Bezeichnend für die Zustände und namentlich für die Gewissenhaftigkeit der Siebeulehuer Behörde, die über die Tätigkeit der Wehr zu wachen hatte, ist, daß Nendel, der Hauptbrandstifter, Inhaber des Feuerwehr-Ehren- Zeichens ist. AIS am 17. Juni 1901 daS Forsthaus brannte, hat der Angeklagte Starke zum Zeugen Koch gesagt: „Stell' Dich einmal hierher, ich muß hier onbrennen." Als Koch ihm erwiderte: „Mensch, Du bist doch verrückt, wenn das die Leute sehen", hieß es: „Der Bürgermeister