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«MM si, WM« Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. Bezugspreis vierteljährlich I Ml. 30 Psg., durch die Post zogen 1 Ml. 54 Psg. Fernsprecher Nr. 6. — Telegramm-Adresse: Amtsblatt Wilsdruff. und Umgegend. Amtsblatt Inserat« werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens 12 Uhr angeuommeu Jnsertiouspreis 18 Psg. pro viergespalteue Korpnszeile- Außerhalb des Amtsgerichtsbeztrls Wilsdruff 20 Psg. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 "/« Ansschlag. für die Kgl. Amtshauptmannschaft Weihen, für das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrat zu Wilsdruff sowie für das Kgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttauneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Gruno bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Keflelsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf Pohrsdorf, Röhrsdorf bet Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bet Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Druck und Verlag vou Zschunke L- Friedrich, Wilsdruff. Für die Redaktion und den amtlichen Teil verantwortlich: Hugo Friedrich, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. No. 4«. > Sonnabend, den 29 April 1W7, 66. Jahrg. politische Anndscharr Wilsdruff, 19. April 1907. Deutsches Reich. Berlin, eine Hochschule für Hexerei? Wir die „Augsburger Postzeitung" trotz Hansens, des Katholiken, Buch über Zauberwahn, Inquisition und Hexenprozeß im Mittelalter die Reformatio« für den Hexenwahn verantwortlich macht, so stempelt die „Germania" alterneuestens die Reichshauptstadt zur „Hochschule für Hexerei" und als Beleg dazu führt sie folgendes an: „Wie groß noch in der Stadt der Intelligenz am grünen Strand der Spree das Erntefeld für die Speku lationen auf den Aberglauben und die Dummheit der Mitmenschen ist, geht auS einer Zeitungsanzeige hervor, in welcher eine berühmte Wahrsagerin gegen Entgelt höheren Unterricht in allen Zweigen der schwarzen Kunst anbietet." Nun, so lange es Menschen geben wird, wird wohl der Aberglaube und die Dummheit nicht aussterben, und namentlich in den Großstädten, wo die Hefe des Volkes und allerlei lichtscheues Gesindel sich zusammen findet, wird die Spekulation auf jene häßlichen Eigenschaften des Menschenwesens immer ihre beste Rechnung finden. Daß aber Berlin darin den Rekord erreicht habe, wird die „Germania" wohl selbst nicht glauben. Am aller- wenigsten hätte sie, wie ihre Augsburger ultramontane Kollegin es törichter Weise getan, auf die Berliner Hexerei exemplifizieren sollen. Denn was will die einfältige Zeitungs- anzetge, auf welche höchstens einige Dumme hereinfallen, und die von irgend einer dunklen Größe ausgeht, gegenüber der Tatsache bedeuten, daß die katholische Theologie heute noch an der Realität der „schwarzen Kunst" festhält! Nach dem Vorgänge der Kasuisten alter und neuer Zeit der Liguori und Gury, handeln alle katholischen Moral theologen von der weißen und schwarzen Magie und vom Malefizium, und auch ein so grundgelehrter Theologe wie der letztverstorbene Erzbischof Simar von Köln rechnet in seiner „Moraltheologie" die magia, supsrgtiüosa oder äiabolica d. h. die schwarze Kunst, mit Hilse der böse« Geister zur Kenntnis verborgener Dinge zu ge- langen, zu den Todsünden, die der Christ gegen den Glauben begehen kann. Wenn die katholischen Theologen an die Realität dieser Kunst glauben, ist cs da zu ver wundern, daß sich auch Lehrer solcher Kunst finden? Wo also gibt es eine wirkliche Hochschule für Hexerei? Ein sozialdemokratisches Ketzergericht. Im Volkshause tu Charlottenburg hat am Dienstag abend die Generalversammlung des sozialdemokratischen Wahlvereins sich ebenso wie vor wenigen Tage« der Verein des 6. Wahlkreises mit dem Ausschluß des Heraus gebers des Plums Bernhardt beschäftigt. Nach längerer Debatte wurde nach dem Berliner Tageblatt die Einsetzung einer Schiedsgerichts mit 150 gegen 49 Stimmen beschlossen, worauf Bernhardt folgende Erklärung abgab: Es sei für ihn ziemlich gewiß, daß das Schiedsgericht nicht zu einem Ausschluß kommen werbe. Käme es jedoch dazu, so müßte sich der Parteitag noch mit der Sache beschäftigen, die Partei würde weiter in Unruhe versetzt, und er müsse fortwährend sich durch die Parteipresse schleifen lassen. Er erkläre deshalb seinen Austritt aus dem Wahl verein und aus der Partei und werde außerhalb des Rahmens der Parteiorganisation für seine Anschauungen und für die Arbeitersache weiterkämpsen. Das scheint ihm für alle Teile die beste Lösung. Noch eine Ablehnung der Maifeier. Der Vrrbaudsiag der schlffsztmmerrr Deutschlands beschloß mit Zustimmung eines Vertreters der General- kommtsston der Gewerkschaften Deutschlands, den einzelnen Filialen zu empfehlen, angesichts der angedrvhten allge meinen Aussperrung in diesem Jahre von der vollständigen Arbeitsruhe am 1- Mai abzufehen. Ein Kriminalschutzmann als Polizeispitzel gegen die Sozialdemokratie. Mit sattem Behagen erzählt der „Vorwärts" in seiner Donnerstagsnummer eine Geschichte, wie die Sozialdemokratie wieder einmal einen Kriminalschutzmann entlarvt und hineingelegt hat, der sich als Hausdiener Ernst Philipp im 5. Wahlkreis als Wahlvereinsmitglieo angemeldet und seit dem 1. Mai 1906 auch als solches tätig war. Es bleibt in der Tat ganz unverständlich, weshalb die Berliner Kriminalpolizei noch immer zu diesen lächerlichen Mitteln greift, um hinter die Ge- heimuiffe der Genossen zu kommen. Dafür hat sie nun auch verdientermaßen ihre Blamage weg, und schließlich liefern derartige Streiche der Sozialdemokratie immer nur Wasser auf ihre Mühlen. Ei« verurteilter Wahlfälscher. Wegen Wahlfälschung wurde in Eloerseld der Drucker Vogel zu einer Woche Gefängnis verurteilt. Vogel hatte sein Alter um ein Jahr höher angegeben, um an der R ichstagSwahl teilnehmsn zu körnen, und dann auch ge- wählt, obwohl er tatsächlich noch nicht wahlberechtigt war. Ausland. Ei« Mordanschlag auf einen persischen Beamte«. In Baku wurde auf den auf der Durchreise nach Persien dort weilenden persischen Chefingenieur Mirza Abbas Chaniz ei« Mordanschlag verübt. Von vier auf ihn abgegebenen Schüssen traf ihn einer in die Schulter, ein anderer in den Leib. Der Zustand des Verletzten ist bedenklich. Der Mordauschlag wurde von drei Personen verübt, von denen eine festgenommen worden ist. Sie haben den Ueberfallenen angeblich für de« ihm ähnlich sehenden, nach Persien zurückkehrenden ehemaligen Groß- Vezier Emines Saltaneh gehalten, der zur Unterdrückung der Revolution nach Persien berufen sein soll. Auch ei« Streik. Der Volksschuloirektor Sellfchopp in Rostock hat neben den städtischen Schulen auch die höheren Töchter- schulen und das Lehrerseminar zu inspizieren. An letzterem unterrichten nur akademisch gebildete Lehrer, die sich der Inspektion durch den Volksschuldirektor widersetze«. Montag früh haben infolgedessen die Lehrer des Seminars den Unlerricht niedergelegt und ihre Tätigkeit bis jetzt noch nicht wieder ausgenommen. — Hm! Eine Klage gegen die Kaiserin Eugenie. Es ist schon kurz gemeldet wmden, daß vor den Pariser Gerichten eine Schuldklage in Höhe von mehr als vier Millionen Frank gegen die Witwe des Kaisers Napoleon m. erhoben worden ist. Man schreibt der „NGL. hierzu aus Paris: Im Jahre 1855 hatte Napoleon IH. bei einem reichen Reeder namens Thiery eine Anleihe von drei Millionen Frank ausgenommen, die am 2. Juli 1870 nebst Zinsen zurückerstattet werde« sollte. Es scheint, daß es um die kaiserliche Privatkasse zu dieser Zeit nicht sehr glänzend bestellt war. Als der Neffe und Erbe des im Jahre 1849 verstorbene« Reeders am 4 Juli 1870 die Summe im Tuilcrten-Palaste in Empfang nehmen wollte, kam eine Verlängerung der Schuldfrist auf weitere 15 Jahre zustande. Der Kaiser Napoleon unterzeichnete einen neuen Schuldschein, der die Höhe des Darlehus und der Gesamtzinsen auf 4600000 Frank festsetzte. Der Gläubiger hat das Beweisstück seines Gut habens, das angeblich während des Krieges gegen Deutsch land verloren gegangen war, jetzt wicdergefunden und daraufhin die Klage angestrengt. — So lautet die Ver sion des Klägers. Aber die ganze Geschichte klingt ein wenig unwahrscheinlich und es bleibt abzuwarten, wieviel sich davon vor Gericht als wahr erweisen wird. Scharfe chinesische Strafe« i« Schanghai. Der gemischte Gerichtshof in Schanghai Hal sich genötigt gesehen, wieder zu alten chinesischen Bestrafungen zu greifen. Kürzlich verurteilte er zwei Männer zur Strafe des Kang. Der Kang besteht aus einem schweren, viereckigen, in der Mitte durchlöcherten Holzblock, der dem Gefesselten über den Kopf gestülpt wirb und schwer auf den Schultern aufliegt. Dieses Marterinstrument hat einen so großen Durchmesser, daß der Gefangene mit den Händen nicht um das Brett herum seine« Kopf erreichen und also auch nicht selber essen kann. Der Richter machte außerdem be kannt, daß auch das Prügeln mit Bambusrohren wieder eingeführt werden würde. Diese grausamen Strafen waren bisher nur in Schanghai abgeschafft woroen. Dieser Ab schaffung schreibt man es zu, daß die Zuchtlosigkeit der Chinesen im Settlement, und damit die Ueberfüllunz der Gefängnisse, wuchs. Die ausländischen Behörden sollen selbst die Rückkehr zu den alten Strasmethodeu empfohlen haben und der unerwartet kommende Beschluß des Ge richtshofes findet allgemeinen Beifall im Settlement. Aus Stadt «nd Land. Mttel'mugea aus dem Leserkreise für diese Rubrik nehme» wir jederzeit dankbar entgegen. Wilsdruff, den 19. April 1907. — Vo« der Herkomerfahrt. Zu der dies jährigen Herkomer - Konkurrenz liegen bereits jetzt gegen 200 Meldungen vor. Am 15. April war zwar offizieller Nennungsschluß, doch können Nachnrnnungen noch bis zum 15. Mai (2 Meldeschluß) erfolgen. Es wird also Anfang Juni eine recht stattliche Anzahl von Automobilen unsere nächste Umgebung durchsausen. Unter den bis jetzt vor liegenden ausländischen Meldungen zur Konkurrenz ist vor läufig vertreten Frankreich, Belgien und Oesterreich je 4mal, England 5mal, Holland 3mal, Schweiz 2mal, Italien 1mal. — Aus der Gefellschaft. In der katholischen Hofkirche zu Dresden fand am Mittwoch vormittag 11 Uhr die Trauung dw Tochter Elisabeth des Königlich bayrischen Gesandten am sächsischen Hofe Grafen v. Mout- gelaS, Exzellenz, mit dem Oberleutnant im 3. Ulanen- Regiment Nr. 21 Joseph v. Schönberg-Rothschönberg in Chemnitz statt. Der Altarplatz und die anschließenden zehn Reihen Bänke im Schiff waren mit rotem, zumeist mit goldenen Borten besetztem Plüsch ausgeschlagen und die Gänge und freien Plätze mit roten Plüschteppichen und Läufern belegt, wodurch der Altar und seine Umgebung einen stimmungsvollen Ausdruck erhielten. Eine glänzende Versammlung, zumeist aus Mitgliedern der sächsischen, bayrischen und österreichischen Aristokratie bestehend, fand sich vor 11 Uhr in der Kirche ein, wo ihnen Hauptmann v. Schönberg vom 1 (Leib-)Grenadier-Regiment Nr. 100 Plätze anwies. Geladen waren Ihre Exzellenzen der preußische Gesandte Prinz Hohenlohe und Gemahlin, der österreichisch-uugarische Gesandte Baron Braun und Ge- mahlin, der russische Gesandte Baron Wolff, der frühere russische Gesandte Baron Wrangel, der englische Minister resident Lord Gough und Gemahlin, die Herren Staats minister v. Hohenthal und Bergen und v. Metzsch mit ihren Damen, Generaldirektor der Hoftheater Graf v. Seebach, Oberzeremonienmeister Graf v. Wallwitz, sodann der bayrische Konsul Kommerzienrat Reichel und Gemahlin, der Legationssekretär der österreichischen Gesandtschaft Graf v. Strassoldy, der der russischen Gesandtschaft Baron Knorring nebst Familie, ferner Gräfin Schall-Riaucour nebst Töchtern und ihren beiden Söhnen, Graf und Gräfin v. Schönburg-Glauchau, Herr Rittmeister Adam von Wuthenau, Graf und Komtesse v. Einsiedel, Gräfin Julius Platen, Baron und Baronin Schönberg-Thammenbain, der Kommandeur des 3. Ulaneu-Regiments Nr. 21 Oberst Graf Schulenburg, der Kommandeur des Gardereiter- Regiments Oberst Krug v. Nidda und Gemahlin, Graf Friedr, und Wolfgang Castell. Castell, Herr und Frau Alfr. v. Nostitz-Wallwitz, Leutnant Graf Alex Wallwitz, Baron und Baronin FuchS-Nordhoff, Freiherr und Freifrau von Seebach, Major Baron und Baronin O'Byrn, Haupt mann Baron Humbracht, Frau Staatsminister und Frl. v. Abele«, Fräulein v. Borries, Baron und Baronin Viktor Kap-Herr, Herr Geh. Kommerzienrat Lingner, Baron und Baronin Huppmann, Frau v. Baggavout, Frau v. Vieregge, Komtesse Hardenberg, Frau v. Kracker usw. Von diesen Herrschaften waren die meisten erschienen, während der andere Teil direkt in das Haus der Braut fuhr, so unter anderen die Herren Staatsminister Graf Hohenthal und v. Metzsch. Auf einer Empore wohnte der Vater des Bräutigams in einem Krankenstuhl der Feier bei. Die nächsten Anverwandte« des jungen Paares, die Brautführer und Brautjungfern und einige geladene, zu den Familien v. Montgelas und v. Schönberg-Rothschönberg in näherer Beziehung stehende Paare harrten an der Hauptpforte. Um 11 Uhr setzte sich unter Orgelklang (Hochzeitsmarsch aus SommernachtStraum) der Zug in Bewegung. Voran schritten die Brautjungfern und Brautführer: Gräfin Edina Montgelas, Gräfin Ludwine Mornhal, Gräfin Harriet Einsiedel, Prinzessin Zdenko-Lobkowitz, Fräulein Therese von Schönberg- Rothschönberg, Gräfin Anna Montgelas, Erbgraf Fugger- Babenhausen, Baron Gudenus, Prinz Joseph Lobkowitz, Graf Nikolaus Arco-Zinneberg, Graf Franz Montgelas, Herr Michael v. Schönberg-Rothschönberg. Dann folgte die Braut in weißer Mefsalineseide mit langherabwallendem Schleier; die Komtesse, über deren Brust sich das Band