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WenM fk WilÄM Erscheint wöchentlich dreimal nnd zwar DienStagS, Donnerstags und Sonnabends. »ernaSprei» vierteljährlich 1 Ml. 30 Psg., durch dir Post ' " zogen 1 Ml. 54 Psg. Fernsprecher Nr. 6. — Telegramm-Adresie: Amtsblatt Wilsdruff. und Amgegen-. Amtsblatt Juserate wrrdeu Montags, Mittwochs und Frettags bis spätestens 12 Uhr angmommm JosertiouSPreiS 15 Psg. pro viergespaltene KorpuSzelle. Außerhalb des Amtsgerichtsbezkls Wlsdmff 20 Psg. Zeittaubender und tabellarischer Satz mit 50 Auffchlag. für dtr Kgl. Amtshauptmannschaft Weihen, Mr das Kgl. Amtsgericht und den SLadtrat zu Wilsdruff, sowie Mr das Kgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Gruno bei Mohorn, Helbigsdorf, HerzogSwalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Kefselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kefselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Druck ouo Verlag vou Zschunke S Friedrich, Wilsdruff. Für die Redaktion und den amtlichen Teil verantwortlich: Hugo Friedrich, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wlsdmff. No. 51. Donnerstag, den 2. Mai 1SV7. I 66. Jahrg. Vertilgung -er Fel-mRuse. Da in einigen Fluren des amtShauptmannschaftlichen Bezirks die Feldmäusr- plage neuerdings wieder stark überhand nimmt, werden die Landwirte der betreffenden Gemeinden darauf hingewiesen, daß als eines der wirksamsten Mittel zur Bekämpfung der Feldmäuse die von Professor Dr. Löffler entdeckten Mäusetyphusbacillen zu gelten haben. Dieselben sind von der chemischen Fabrik Humann und Leisler in Dohna (Amtshauptmannschaft Pirna) zugleich mit einer Gebrauchsanweisung zu beziehen. Der Preis eines Gläschens mit einer zur Mäusevertilgung auf Vi—V» Hektar Land ausreichenden Bacilluskultur beläuft sich auf 50 Pfg. Bei Entnahme größerer Mengen wird entsprechende Preisermäßigung gewährt. Das Mittel ist bei sachgemäßer Anwendung für Menschen, Wild und land wirtschaftlicher Nutztiere unschädlich Da ein wirksamer und nachhaltiger Erfolg nur dann zu erwarten steht, wenn das Mittel auf größeren zusammenhängenden Flächen zur Anwendung gelangt und sich hiernach ein Zusammenschluß weiterer Kreise zwecks gemeinsamen Bezugs empfiehlt, wird den Orrsbehörden anheim gegeben, nicht nur den gemeinsamen Bezug zu ver. mitteln, sondern auch die zur gleichzeitigen und planmäßigen Durchführung der Ver- tilgung erforderlichen Maß egeln tunlichst selbst in die Hand zu nehmen und insbe sondere dafür Sorge zu tragen, daß die Leitung der betreffenden Arbeiten zwecks ein- heitlichen Vorgehens für die gesamte Gemeinde einer Hand übertragen wird. Meißen, den 19. April 1907. Die Königliche Amtshauptmannschaft. Freibank Wilsdruff. Schweinefleisch, gekocht Pfund 35 Pfg. Donnerstag, den 2. Mai d. I., nachmittags 6 Uhr öffentl. Htadtgemeinderatssitzung. Die Tagesordnung hängt im Rathause aus. «« Wilsdruff, am 1. Mai 1907. Dev Bürgermeister. Kahlenberger. Winns sind eingegangen: vom Gesetz- nnd Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen daS 4. und 5. Stück vom Jahrgange 1907, vom Reichsgesetzblatte Nr. 12 bis mit Nr. 16 des Jahrganges 1907. Diese Eingänge, deren Inhalt aus dem Anschläge in der Hausflur des Rat hauses ersichtlich ist, liegen 14 Tage lang in hiesiger RalSkanzlei zu jedermanns Einsicht aus. WilSdruff, am 29. April 1907. Der Stadtrat. Knblenbeger. Im hiesigen Orte sollen Sonnabend, den 4 Mai 1SV7, mittags 12 Uhr 1 Arbeitsbude, 1 Baugerüste, ea. 600 Stck. Essenziegel, 5 alte Fenster, 3 Zementdielen, 1 Fügebank, 1 Hobelstellage gegen sofortige Barzahlung meist bietend versteigert werden. Sammelort: Schietzhaus. Wilsdruff, den 30. April 1907. Der Gerichtsvollzieher des König!. Amtsgerichts. WilSdruff, 1. Mai 1907. Deutsches Reich. Das Befinden des Prinzen Eitel Friedrich ist, wie Berliner Blätter melden, andauernd gut Die Folgeerscheinungen des Unfalles, den der Prinz beim Reiten erlitten hatte, find gänzlich gewichen. Der Prinz, der bereits im Garten seiner Villa spazieren ging, wird sich nur noch einige Tage der völligen Rahe hingeben, und vielleicht schon wieder am 2. Mai, dem Tage der Bataillons- Besichtigungen des 1. Garde-RegimentS z. F, seine Kom- pagnie führen. Eine hübsch- Stilblüt-, um die sie ein Wippchen beneiden mag, bringt die „Badische Landeszeitung" in Karlsruhe aus Anlaß des Minister- Wechsels Sie schreibt tiefsinnig: „In unserer Zett der gesteigerten Oeffentlichkeit ist die Presse wie ein Mikrophon, wie ein empfindlicher Rcgistrierapparat, in dem solche Staatsakte schon vor ihrem endgültigen Abschluß ihre Schatten vorauswerfen." Demnach >ehöct das Mikro phon zu den optischen Instrumenten, und das Problem des Fernsehens mit dem Telephon ist seiner Lösung nahe. Ein polnisches „Gebet". Die „Ruthenische Korrespondenz" macht folgende Mitteilung: „In dem rein ruthenischen Dorfe Zahajtzt wffkt als Lehrerin die Allpoltn Jadwiga Strzeleckl. Am 19. d. M. schrieb sie auf der Tafel folgendes Gebet auf: „Hier ist Polen, hier wirst du, Ruthenien, samt deinen Horden zugrunde gehen. OGott! O Gottesmutter von Jasna Gora! Erhöre uns! Vernichte dieses Volk, zermalme eS! Erhöre unsere Bitten! Es soll unter gehen! Unsere Tränen werden Dich versöhnen!" . . . Dieses Gebet, das sich im Polnischen reimt, ließ sie de. Schulkinder auswendig lernen. Als aber der Schüler Nikolaus Cybulskyi daS Gebet nicht erlernte, schlug sie ihn unmenschlich mit einem Holzscheit" — Das ist wohl polnischer Religionsunterricht"? Ausland. Was einem Oberpräsiventert passt-rt. Dem „B. x." Ed geschrieben: Der Oberprästdent des AppellatlonshofcS von Catania Kommendatore Casa- buri scheint trotz seines hohen Alters ein eifriger Freund und Bewunderer Noahs und seines Gewächses zu sein. Das ist ihm leider schlimm genug bekommen und zwar unter etwas außerordentlichen Umständen. König Viktor Emanuel, der auf der Rückreise von Athen mit seiner Jacht „Trinacria" in Catania ankerte, hatte die Honorationen der Stadt zu Tische geladen, unter ihnen natürlich auch den Herrn Oberpräsidenten des AppellationshofeS. Des Meeres (und des Durstes) Wellen gingen leider an diesem Tage etwas hoch, und als der Herr Präsident die in der Reede liegende Jacht bestieg, hatte er schon ein etwas un bestimmtes Gefühl im Mage». Dies Gefühl zu bekämpfen, hielt sich unser würdiger Präsident etwa? mehr als rälltch an des Bacchus Gabe, was eine doppelt tragische Wirkung bei ihm hervorrief: einmal geriet er — an der königlichen Tafel! — dem ihm nahesitzenden Justizminister Cocco Ortu in die Haare und warf ihm mit so lauter Stimme Nepotismus und dergleichen vor, daß der König auf- merksam wurde und sich ärgerlich nach dem Störenfried erkundigte. Das zweite Unglück unr aber noch viel tragischer, denn urplötzlich befand sich — an der könig lichen Tafel — der Herr Oderpräsident in jenem Zustand, in dem seine Vorfahren, die allen Römer, das sogenannte „Vomltormm" benutzten, während in demselben Zustand unsere christlich-germanischeu Landsleute den „Heiligen Ulerich" zum Zeugen ihres Leides anzurufen pflegen. Unter dem peinlichsten Aufsehen der erlauchten Tafel- gesellschaft wurde der lallende WeingreiS, links und rechts von Marineoffizieren gestützt, von dannen geführt und an Land gebracht ... Die Folge davon war, daß der Herr Oberprästdent des Appellhsfes von Catania wegen Aerger- nis erregenden Verhalten- an der königlichen Tafel ab gesetzt wurde. Ei« Mordanfchlag auf d-n Präsidenten von Guatemala. Dem Hamburger Generalkonsul von Guatemala ist ein vom 29. April datiertes Telegramm des Ministers des Auswärtigen Barrios folgenden Wortlautes zugegangen: Heute morgen um 8 Uhr explodierte in einer Straße der Hauptstadt Guatemals eine Bombe in dem Augenblick, als der Präsident Estrada Cabrera in einem Wagen vorbeifuhr. Der Präsident ist unverletzt geblieben, dagegen sind der Chef des Mtlitärkabinetts, General Jose Marta Orellana, und der Kutscher des Wagens des Präsioenten verwundet worden. Die Ruhe ist nicht gestört worden. Russische Momentbilder. Unter dem Titel „Rev. Russia" veröffentlicht der englische Schriftsteller John Foster Fraser soeben in London ein Buch, in dem er Beobachtungen und Eindrücke von dem Leben in Rußland in diesen Tagen der Unruhe schildert. Er vermeidet lange Erörterungen und sucht vielmehr in knappen, scharf umrisienen Momentbildern die Zustände im Lande zu kennzeichnen. Wie eine Illustration zu den Meldungen über die Folter in den russischen Ge fängnissen, die kürzlich bekannt wurden, liest sich z. B. folgende Szene: „Ein Trupp Kosaken greift eine un bewaffnete Volksmenge an. „Ihr rohen Burschen", schreit ein junges Weib, „Ihr seid tapfer, wenn Ihr gegen wehrlose Frauen zu kämpfen habt. Wo war Euer Mut, als Ihr Japaner vor Euch hattet!" Sie wird umringt, geschlagen und verhaftet. I» Begleitung von Offizieren wird sie zur Kaserne gebracht. Auf dem Kasernenhof er scheint der General Prinz L. „WaS hat diese Frau ge tan?" fragt er. „Sie hat die Armee beleidigt," lautet die Antwort. „Dann laßt sie jetzt hier auspeitschen, und zwar nackt unter freiem Himmel!" Sofort werden der Frau die Klemer vom Leibe gerissen. Nicht ein Fetzen wird an ihr gelassen. Sic steht nackt, wie Gott sie ge schaffen, vor den höhnenden Offizieren und Soldaten in der bitteren Kälte. Vor ihnen allen wird die Auspeitschung vollzogen. . ." Eine andere Szene spielt des Abends in einem Petersburger Cafs. „Ein Offizier und ein Student sind in Streit miteinander geraten, und der Soldat hat auf den Zivilisten geschaffen. „Seht, was dieser Patron getan hat," ruft der Student. Er hebt seinen Arm und zeigt die Hmd, von der das Blut tropft. Krach! Ein zweiter Schuß ist gefallen. Der Student ächzt und sinkt zusammen. Krach Krach! Der Soldat drückt alle Schüsse aus seiner Waffe in den Körper deS toten Mannes ab. Einige Frauen schreien. Aber die Musikkapelle ist eifrig am Werk, lautes Gelächter ertönt, und die Leute in entfernteren Teilen des Lokales meinen, daß nur Pfropfen geknallt hätten. Der Mann ist tot. Die Dame, die in seiner Gesellschaft war, hat sich über ihn geworfen und schluchzt. Die Tartaren, die hier be dienen, bringen ein langes Tischtuch. Sie breiten es aus und entziehen so den Toten den Blicken. Und nun kann es lustig weitergehen. Die Musik spielt einen Walzer „Champanski!" ist das Feldgeschrei ... Es besteht das Gesetz in Rußland, daß niemand eine Leiche be rührt, ehe die Polizei kommt. Es dauert eine volle Stunde, bevor sie eintrifft. Ihre Ankunft erweckt nur flüchtiges Interesse. Der Polizeiosfizier verhaftet den Mörder. Als die beiden der Tür zuschreiten, folgen ihnen die Blicke. Plötzlich springt ein Zivilist auf, er greift eine volle Champagnerflasche und zertrümmert sie auf dem Schädel des Mörders. Blut und Champagner fließen herab auf die Uniform. „Bravo!" rufen einige Gäste. Dann geht das lustige Treiben weiter . . ." Rußland, so führt Fraser an anderer Stelle aus, hat mehr Beamte als es brauchen kann. „Der öffentliche Dienst in Rußland ist überfüllt. Wenn ein Telegramm geschickt werden soll, so zählt ein Mann die Worte, ein anderer berechnet die Kosten, ein dritter kassiert das Geld ein, und ein vierter stellt die Quittung aus — was alles in einem englischen Telegraphenbureau von einem jungen Mädchen getan würde. Alle diese Leute müssen bezahlt werden . . ." Die besten Absichten gehen Hand in Hand mit mittelalterlichen Mißbräuchen. Folgende kleine Szene spielte in einen Gefängnis: Der Oberwärter stürzte her ein: „Da sind neunzehn Mann im Hofe, die zu meutern drohen, seit zwei Tagen haben sie nichts zu essen gehabt." Die Leute warteten alle auf ihren Prozeß und waren infolge des Hungers zu verzweifelten Schritten bereit. Die Männer, die in Haft genommen sind, sagte der Direktor, können von Freunden Nahrung bekommen, aber die andern —! „Nun was wird mit den andern?" fragte ich. Er zuckte mit den Achseln. „Sie sterben eben," sagte er. Später hörte ich jedoch, daß dieser Mann, dessen Leben von den Revolutionären bedroht war und der daher ständig sorgfältig bewacht wurde, täglich zwei