Volltext Seite (XML)
Erscheint wöchentlich dreimal und zwar DienStagS, Donnerstags und Sonnabends. BezugspreP vierteljährlich I Mk. 30 Pfg., durch die Post be zogen 1 Ml. 54 Psg. Fernsprecher Nr. S. — Telegramm-Adresse: Amtsblatt Wilsdruff. und Amgegend. Amtsblatt Inserate werden Montags, Mittwochs uud^reitagS biS spätestens 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 18 Pfg pro viergespalteu« KorpuSzeilt. Außerhalb des Amtsgerichtsbezirks Wilsdruff 20 Pfg. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 80 »/„ Ausschlag. für die Kgl. Amlshauptmannschast Meisten, für das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrat zu W sowie für das Kgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf. Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Gruno bet Mohorn, Helbigsdorf, HerzogSwalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Keffelsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Nsutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bet Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Druck und Verlag von Zschunke S- Friedrich, Wilsdruff. Für die Redaktion verantwortlich: Hugo Friedrich, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. No. 1v. Dienstag, den 22. Januar 1SV7. 6tz. Jahrg. Die in letzter Zeit häufigeren Unfälle, welche sich bei der Bedienung von land wirtschaftlichen Maschinen, insbesondere von Göpeln ereignet haben, geben Veranlassung, die genaueste Befolgung der von der Land- und Forstwirtschaftlichen Berufsgenoffcnschast für das Königreich Sachsen erlassenen Unfallverhütungsvorschristen den Betriebsunter nehmern unter dem ausdrücklichen Hinweis darauf nochmals e.nzuschärfen, daß Zuwider handlungen, abgesehen von einer etwa noch wetlergchenden zivil- oder strafrechtlichen Haftung, mit Geldstrafe bis zu 1000 Mark bestraft werden können. Meißen, am 9. Januar 1907. iss» Die Königliche Amtshauptmannschast. Bekanntmachung. Aus Anlaß des Geburtstages Sr. Majestät des Deutschen Kaisers soll am Vorabende Sonnabend, den 26. Januar d. I»., nachmittags 8 Uhr iwi im Hotel zum Weitze» Adler hier ei» öffentlicher Kommer- stattfinden, wozu hiermit ergebenst etngeladen und um recht zahlreiche Teilnahme gebeten wird. Wilsdruff, am 19. Januar 1907 Der Stadtrat. Kahlenberger. Metzel, waetz' auf! Fatzre darein! Michel, wach' auf! Fahre darein! Wie Sturmwind, der durch die Lande braust, Rüttelnd und schüttelnd mit eiserner Faust, So fahre darein! Sollen die Schächer dein Erbe schänden, Deutschen Namens Ansehn verpfänden? Sollen das Reich, das ein Bismarck geschaffen, Schelme verhöhnen und römische Pfaffen? Undeulscher Sippe ein donnerndes Nein! Michel, fahr' drein! Michel, wach' auf! Fahre darcis! Gleißender Worte voll Lug und Trug Sind es wahrlich nun mehr als genug! Mögen Sie schret'n! Freiem Worte soll niemand wehren, Läßt eS rein nur den Schild deutscher Ehren! Doch die undeutsch draußen und drinnen, Undeutsch im Fühlen, im Denken, im Sinnen, Sind das die Führer des Deutschtums? — Nein! Michel, fahr' drein I Michel, wach' auf! Fahre darein! Was die heimische Scholle gewährt, Ob eS sechzig Millionen ernährt? Ja oder nein? — Heißes Blut ist in Strömen geflossen, Daß Neuland uns werde erschlossen. — Was wir haben, wir wollen's erhalten! Deutscher Fleiß wird's zum Segen gestalten. — Willst du es missen? — Ein donnerndes Nein: Michel, fahr' drei»! Michel, gibt Acht! Sei auf der Wacht! Hoch die Fahne! Und drauf und dran! Stehe, es gtlt den letzten Mann! Hast du's bedacht? — Willst du feige bei Seite stehn, Wo deutsche Farben im Kampfe wehen? — Draus und dran! ES gilt deutsche Ehre, Deutsch ist der Schlachtruf, deutsch ist die Wehre! — Undeutscher Sippe Streich um Streich! Für Kaiser und Reich! Michel, wach' auf! Fahre darein! Lasse das edle, das heilige Gut: Deutsche Ehre und deutsches Blut, Nimmer entweih'«! Selbst die Gräber gewinnen sonst Leben, Blutige Häade sich klagend erheben! — Uusere Helden, die wacker gestritten, Qualvoll in tropischer Glut gelitten, Wehrlos machen? — Ein donnerndes Nein! Michel, fahr' drein! Auf zur Wahl! „Eine Stimme ist keine Stimme! 66000 Wahl berechtigte im sechsten Wahlkreise! Da ist eine Stimme, meine Stimme eine Null. Deshalb spare ich den Weg zum Wahllokale. Meine Zeit ist ohnehin schon kostbar und das Spießrutenlaufen zwischen den Zettelverteilern und sonstige« Wahlmenschen ist mir unsympathisch; über- Haupt: Politisch Lied ein garstig Lied! Wenn ich nur in Frieden meinen Tabak rauchen und meinen Schafkopf spielen kann; mehr brauch ich nicht; Politik verdirbt den Charakter; ich will mir meinen Charakter nicht verderben." So der bequeme Schlafrockspolitiker, der eben dadurch be weist, daß er längst keinen Charakter mehr hat, daß er ein unmündiger, kindischer Mensch ist, unfähig, das höchste Recht zu würdigen, das einem Volk seinem Bürger über tragen hat. Solch armselige Philister bedenken nicht, was sie tun: Sie verraten das Vaterland. Ihre Trägheit kommt niemand anderem zugute als den Soziaivemokralen. Denn die Genossen wissen ein jeder, was eine Stimme wert ist. Sie wissen, daß das Weltmeer aus lauter kleinen Tropfen aesteht. Wenn auch mancher Tropf dabei ist, ein Tropfen ist seine Stimme doch. Und das R.sultat? — ist eine Unwahrheit. Es ist nicht wahr, was die Stimmzettel der letzten Wahl sagten, daß nämlich die Bevölkerung unseres ganzen Königreichs mit Ausnahme eines einzigen Kreises i« seiner erdrückenden Mehrheit aus Männer« des Umsturzes besteht, aus Männern, die eine einseitige Klassenpolitik treiben, eine Politik, welche die Interessen des einen Arbeiterstandes über die Interessen aller anderen Stände stellt, unbekümmert, ob dabei der Handwerker, der kleine Kaufmann und Beamte zugrunde geht und der Kleinbauer auf seiner Scholle ver hungert, ob der Welthandel in Englands Händen monopolisiert wird und die Industrie aufhört, konkurrenz fähig zu bleibe«. Sonderbare Blindheit! wenn einer nicht sehen will, daß die einseitige Proletarierpolitik das Land in die Hungersnot treibt, daß, wenn die siegreichen Ge- »offen erst ihre rote Fahne über das ganze Land wehen lassen, der ganze Volkswohlstano längst — zum Teufel ist. Also Mann für Man« heran a« de« Wahltisch am 25. Januar! „Die königlichste Handlung freier Männer" nennt der Amerikaner den Wahlakt, und unser deutscher Patriot K i ch t e, der Vorkämpfer der deutschen Freiheits kriege, ruft allen Patrioten, auch allen träumenden, heute wie just vor hundert Jahren zu: .Jeder Deutsche hat zu tun, als ob er allein sei, und als ob lediglich von ihm allein das Schicksal des Vaterlandes abhinge!" Politische Run-schars. Wilsdruff, 21. Januar 1907. Deutsches Reich. Wahlzettel und Messe. Man berichtet aus Stuttgart: Ein hübsches Beispiel dafür, wir von der klerikalen Geistlichkeit Wahlbeeinflussuvg getrieben wird, kann aus dem Oberamt Neresheim mit- geteilt werden. In einem katholischen Ort dieses Ober amts wurde vor den Landesproporzwahlen folgendes hektographische Flugblatt verteilt: „Am Wahltage, Mittwoch, ist die heilige Messe um '/z10 Uhr. Gewählt wird von 10 bis 7 Uhr. Kein Wähler sollte an der Wahlurne fehlen. Besucher des Ellwanger Marktes sollten mit dem Zug, der in Ellwannen um 1 Uhr abgeht, Heimreisen. Abends 5 Uhr schauen die Vertrauensmänner in den Häuser« nach, wer noch nicht gewählt hat, und laden die, welche »och nicht gewählt Habes, ein, zur Wahlurne zu eilen. Diese Vertrauensmänner sind Josef Scherieble, Josef Pfeilmeier, Johannes Huber und in Stellvertretung Martin Bestle. Man gebe nur den Stimmzettel ab, den ma« von einem der genannten Vertrauensmänner bekommen hat. Wenn man von jemand anderem als vom Vertrauensmann einen Stimmzettel bekommt, dann zerreiße man diesen Stimmzettel. Wer seinen Stimm zettel verloren hat, hole eine« im Pfarrhaus Unter- risstngen oder Dorfmerkingen oder Flochberg. Unter rissiger Leitung der Zentrumspartei: Obmann Josef Schnitzler." Der Unterzeichner des Flugblattes hat in der Eile vergessen, zn seinem Namen seinen Stand htnzuzufügen; e» ist der katholische Pfarrer Schnitzler von Unterrtsstngen. Das Elend weiblicher Angestellter beleuchtete eine Verhandlung vor dem Kaufmannsgericht in Berit«. Die 20jährige Verkäuferin Sch. war vo« dem Kaufmann C. als „Filialleiterin" angestellt worden. Ihre Einkünfte bestanden in 80 Mark Monatsgehalt (!) nebst Wohnung, sowie 1 v. H. Provision vom Umsätze. Die Provision belief sich monatlich auf 1. Mk. bis 1,50 Mk.(ü), die freie Wohnung bestand aus einer leeren Küchel Am 1. November entdeckte C. beim Revidieren der Kusse einen kleinen Fehlbetrag und entließ die Angestellte sofort. Die Klägerin verlangte nunmehr von C. das Gehalt von 30 Mk. für den November, da die sofortige Entlassung als zu Unrecht erfolgt sei. Sie beteuert unter Tränen, daß sie sich keiner Unredlichkeit bewußt sei; es sei ihr aber unmöglich gewesen, mit den 30 Mk. bis ultimo zu reichen, obgleich sie sich die größten Einschränkungen auferlegte. Da habe sie sich einige Mark Vorschuß zur Beschaffung von Lebensmittel aus der Kasse genommen. Sie litt öfter den größten Hunger und bat den Prinzipal, er möchte ihr doch wenigstens jeden Tag ein Stückchen Brot geben!! Dieser lehnte die Bitte ab!! Zudem habe sie häufig Kunden aus ihrer eigenen Tasche das Geld herausgegcben; sie brachten das verkaufte Brot zurück, weil es verschimmelt war. Um sich die Kundschaft zu erhalten, zahlte sie ihnen den Betrag wieder heraus. Demgegenüber blieb der Be klagte dabet, der Fehlbetrag berechtige ihn zur sofortigen Entlassung. Ec muß aber auf Befragen zugeben, er habe gedacht, daß sich die Klägerin früher hi« und wieder kleine Vorschüsse genommen hatte. Nach der Beratung des Gerichtshofes erklärt der Vorsitzende dem Beklagten, er sei nicht berechtigt, das Manko gegen daS Gehalt auf- zurechnen, da dies das Gesetz bei Einkommen unter 1500 Mark jährlich nicht zulasse. Er müsse also der Klägeri« die 30 Mark zahlen und könne etwaige Gegenansprüche in einer besonderen Klage geltend machen. Der Vorsitzende rät dem Beklagten aber, freiwillig zu zahlen, da er sich „die Urteilsbegründung wohl nicht hinter den Spiegel stecken würde." Der Beklagte folgte darauf dem Rat des Vorsitzenden.