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MsdrufferTageblatt s Blatt Amts für -ie Königliche Amishaupimannschast Meißen, für das Königliche Amisgencht und den Sta-trat zu Wilsdruff sowie für das Königliche Korstreniami zu Tharandt Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6. Postscheck-Konto: Leipzig Nr. 28644. Wochenblatt für Wilsdruff und Ämgegend. Erscheint seit dem Jahre 4844. D« »Wkdrufter Tageblatt' erscheint täglich, mit Ausnahme der Kann- und Festtage, abends 6 Uhr stir den folgenden Tag. / Bezugspreis bei Selbstabhvlung »on der Druckerei wöchentlich 20 Pfg., monatlich ro Pfg., vierteljährlich 2,10 M1.; durch unsere Austräger zugetragen monatlich 80 pfg-, vierteljährlich 2,40 Ml.; bei den deutschen Poffanstalten vierteljährlich 2,4« Ml. ohne Zustettungsgebühr. 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Nr. 180. Mittwoch den 34. Oktober 1917. 76. Jahr«. Der amtliche Dell befindet sich heute auf der 4. Seite. MWI Ein' feste Burg ist unser Gott! Zu Luthers Gedächtnis! Für seines Wesens Ehrenschild. Bier der Jahrhunderte entschwanden, Seit er erschuf sein großes Werk, Gott und Gewissen seine Richter, Die feste Hand am Bibelbuch, So stand der Tradition Vernichter, Dem deutsch das Herz im Busen schlug. Ein Geistesheld der Ueberzeugung, So sprach er mutig: Ich steh' hier, Ein Kämpe gegen Wahrheitsbeugung. Kann anders nicht. Gott helfe mir! Des Volkes Sohn, hielt er die Treue Dem Deutschtum gegen wälschen Spott, Und was er schrieb und sprach—stets neue Zwiesprach' hielt er mit seinem Gott. Das Gold der Sprache, die wir reden, Cs ist von Luther erst geprägt, Mit dem Gewebe feiner Fäden Hat er das Schrifttum festgelegt. Nicht Niederreißen, neu erbauen Wollt' er — so müßt ihr ihn verstehn. Drum Gegner gibt's in deutschen Gauen, Die keinen Feind in Luther sehn. Nicht die er schuf, die Glaubensformen, Die machen groß ihn, mehr noch gilt, Daß er dem Deutschtum gab die Normen Seit sich entriß den Geistesbanden Der kühne Mensch von Wittenberg. Er trotzte mächtigen Gewalten, Er kämpfte gegen eine Welt, Und dennoch hat er durchgehalten Als unbesiegter tapfrer Held. Des deutschen Hauses stillen Segen Hat er wie keiner je erkannt, Familienglück gar traulich hegen — Sein Vorbild leuchtet's durch das Land, Mannhaft und weich, ein Lied im Herzen, Zugleich ein Sänger und ein Held, So bracht' in Nöten er und Scherzen Die Kraft und Freude in die Welt. Drum feiert seinen Tag der Ehren, Da er zuerst zog in den Kampf. Singt laut sein Lob in vollen Chören, Ein Friedenslied im Pulverdampf. Auch Gegner singen seine Lieder, Zerschmetternd ihrer Feinde Spott. Es singt der Deutsche immer wieder: Ein' feste Burg ist unser Gott! Hans Frisch. Lum 4oojäkrigen Gedächtnis <ier Reformation. Von Pastor A. Spranger, Dresden. ssk. Der Jubeltag ist da. Höher als sonst schlagen die Wogen seelischer Erregung. Massen füllen die Kirche. Gemeinden legen von ihrem protestantischen Geist zündendes Zeugnis ab. Wir sind durch eine Fülle von Erinnerungs bildern einhergewandert. Heute stehen wir auf der Höhe. Der Blick geht weit zurück und weit hinaus. Vergangen heit und Zukunft wacht vor uns auf. Wir danken tief bewegt und wachen mit mutigem Sinn. Was muß uns heute bewegen? Die Geschichte belehrt uns, daß protestantischer Geist unser Volk zur Größe und Führung gebracht hat. Und nun ringt das Volk der Reformation erneut um die Führung I Wird es machtvoll an der Spitze bleiben? Der Krieg ist eine Belastungsprobe des protestantischen Geistes in unserem Volk. Sind die religiös-sittlichen Kräfte im Zerfall be griffen, dann muß sich ein schwerer Schleier auf die Zu kunft unseres Volkes senken. Aber noch steht der deutsche Eichbaum, der seine Wurzeln in das Evangelium gräbt. Viel Schwamm hat sich an seine Rinde gesetzt. Manche sehen nur diesen und kennen nur Not. Wir wollen, auf der Höhe stehend, die Lichter einfangen, die nock immer Helle Feuerscheine edler Gesinnung werfen; danken und wachen wollen wir. Gefahren erheben sich aus dem Gelände der Zukunft. Wir erleben ein Erstarken des Katholizismus. Nicht nur, daß der Jesuitenorden wieder zngelassen ist. nicht nur, daß die Friedensaktion des Papstes von vielen überschätzt und übermäßig gelobt wird, nicht nur, daß das Zentrum das Zünglein an der Wage großer politischer Entscheidungen geworden ist, sondern auch eine innere Erneuerung erlebt die katholische Kirche in der Gegenwart; neue Weiten tun sich ihr in geschlossenen Ländern auf. Bedeutet solches Geschehen nicht eine ernste Mahnung an uns, junge, geisies- mäßige, reformatorische Kraft zu sammeln, damit, wenn die beiden Energien sich messen, ohne sich zu reiben, der Sieg dem ptotestantischen Geiste wird? Gefahren erheben sich aus dem Gelände der Zukunft. Die evangelische Schule soll losgerissen werden von ihrer großen gesegneten Geschichte. Man will ihre Verbindung mit der Kirche aufgeben. Man achtet nicht des erfahrenen Segens im Sturme des Weltkrieges. Die Schule war bisher die Pflegstätte protestantischen Geistes. Soll dieser Geist das Feld räumen? Soll eme jahrhundertlange Ge schichte ihre Spur verwischen? Gefahren sammeln die Geister. Not läßt die Glut der Liede emporlohen. Zu solcher Sammlung ruft uns die Zeit. Zu solch neuer Glut fordert uns der Tag. Wir wollen dessen uns freuen, wo solches Erwachen uns grüßt und wollen Hüter heiliger Glut sein. Gefahren erheben sich aus dem Gelände der Zukunft. Nicht nur breite Schichten der Arbeiterschaft, sondern auch viele gebildete Stände unseres Volkes leiden an der Ver ständnislosigkeit für evangelisches Wesen. Sie sammeln sich in religiös gleichgültigen Lagern, in freigeistigen Zirkeln, in ästhetisch-schwärmerischen Verbänden, in monistischen Gruppen. Der Kirche begegnen sie mit Gleichgültigkeit und Feindschaft. Wird ihre zersetzende Gedankenarbeit, ihr schlechtes Führerbeispiel den Geist des evangelischen Be kenntnisses zur Flucht zwingen? Wir dagegen richten uns auf an den ganz Großen in unserem Volk, die von ihrem evangelischen Glauben einmütiges Zeugnis ablegen. Wir sehen in ihnen Gottes Antwort auf alles Bangen: Gott hat dennoch seine Leute für unsere Zeit. Das Ackerfeld Gottes ist nicht ohne Frucht, die stark aufgeht in entscheidenden Stunden. Darum wächst uns der Mut. Mit freiem Herzen fassen wir die Geschehnisse im Geiste Luthers und der Reformation und entfalten das Banner evangelischen Glaubens über Volk und Reich: Die Sache des evangelischen Glaubens, des protestantischen Geistes kann nicht untergehen. Ihr gehört die letzte Zukunft. Oie GeHrrrkssiunde der neuen Zeii. 1517 — 31. Oktober - 1917. Die Wittenberger Bürger und Studenten haben dem Professor v. Martin Luther vom Augustinerorden nichts angesehen, als er an ihnen vorüber heute vor 400 Jahren zur Schloßkirche gma und dieser deutsche Professor hat nicht- davon ge wußt, als er die Rolle in seiner Hand entfaltete, durch die er in einem gelehrten Streit „die Wahr heit an den Tag zu bringen hoffte*. Und doch — als er den Hammer hob, um das Blatt an die Kirchentür zu nageln, hob die Weltenuhr zum Schlagen einer neuen Welten stunde aus, und als er den Hammer senkte, war auS dem Schob der , - Ewigkeit und dem Willen GorceS nne neue Zeit für die Menschheit hervor getreten. Wir wissen's jetzt, was damals geschehen ist, und mitten im Taten- und Leidenssturm dieser Tage wollen wir in Kirche, Schule und Haus einen Augenblick iuns darauf besinnen. Der Augenblick soll auch für die hart drängende Gegenwart nicht verloren sein, denn aus ihm wird im Blick auf das Geschehene neue Kraft uns zum Handeln quellen. Was ist das Neue denn gewesen, was diese Welten stunde der Menschheit gebracht hat? j Wenn der Luther von seinem Gang zur Schlosskirche in seine Klosterzelle heimgekehrt ist, umgibt ihn eine Welt der Vergangenheit, der Autorität, der Überlieferung und ides Gesetzes. Vorgeschrieben sind ihm Kleid und Gang.