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LÄÄÄ st SÄ! «nö Amgegend Amtsblatt 66. Jahrg SoKnabend, den 12» Oktober 1667 No. 126 für die Kgl. Amts-Hauptmann schäft Weihen, für das Lgl. Amtsgericht und den SLadtrat zu Wilsdruff, sowie für das Kgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttauueberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Gruno bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach .Keflelsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bet Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmtedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bet Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Druck unv Verlag vou Arthur Zschunke, Wilsdruff. Für die Redaktion und den amtlichen Teil verantwortlich: Hugo Friedrich, sür den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Erich etot wöchentlich dreimal und zwar DieuSiagS, Donnerstags und Sonnabends. Bezugspreis vierteljährlich I Mt. 30 Psg., durch die Post bezogen 1 Ml. 84 Psg. Fernsprecher Nr. 6. — Telegramm-Adresse: Amtsblatt Wilsdruff. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitag? bis spätestens 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 18 Psg. Pro vtergsspalteue Korpuszeile. Außerhalb des Amtsger.chtsberirks Wilsdruff 20 Psg. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 Aufschlag. Lisenbahnbau Wilsdruff—Dobeln Teilstrecke Wilsdruff — Taubenheim. Bei der Königlichen Amtshauptmannschaft sind die Enteignungsunterlagen zur Herstellung einer schmalspurigen Nebenbahn Wilsdruff —Döbeln, Teilstrecke Wils- -ruff — Taubettheim, eingegangen. Diese Unterlagen liegen zu jedermanns Einsicht vom Erscheinen dieser Bekanntmachung an drei Wochen lang während der üblichen Ge- schäftsstunven sowohl bei der Königlichen Amtshaupimannschaft Meißen, Neumarkt 40, parterre links, als auch im Bauburean zu Wilsdruff aus. An letzterer Stelle werden jedem Beteiligten auf Verlangen besondere Erläuterungen und Auskünfte über die Ge staltung der betreffenden Anlage gegeben werden. Gemäß 8 41 des Enteignungsgesctzes vom 24. Juni 1902 wird dies mit fol genden Bemerkungen zur öffentlichen Kenntnis gebracht: 1. Widersprüche gegen die bevorstehende Enteignung oder gegen den vorläufigen Plan sind bei sonst eintretendem Verluste entweder vor oder spätestens in dem je für die fragliche Strecke anberaumten Feststellungstermine bei der unterzeichneten Enteig- nungsbehörde anzubringen. 2. Als Feststellungstermine werden hiermit bestimmt: I. für die Strecke von Station —4 bis 19-j-60 in der Flur Wilsdruff, Sonttabettd, der 2. November 1997, vormittags S Uhr, Ver- sammlung im Gasthof zum Adler in Wilsdruff; II. für die Strecke von Stanon 19 -s- 60 bis 47 -j- 45 in der Flur Klipp hausen, Dienstag, der 5. November 1997, vormittags 9 Uhr, Versammlung im Gasthof zum Adler in Wilsdruff; III. für die Strecke von Sralton 47-s-45 bis 83-s-10 in den Fluren Sora, RSHrsdorf und Ullendorf, Dienstag, der 12. November 1997, vormittags 9 Uhr, Versammlung im Gasthofe in Sora. 3 An die Nebenberechtigten, denen ein dingliches Recht am Gegenstände der Enteignung oder ein darauf bezügliches Gebrauchs- oder Nutzungsrecht zusteht, ergeht die Aufforderung, solche Rechts und die hieraus abzuleitenden Entschädigungsforderungen spätestens im Feststellungstermine anzumelden, widrigenfalls sie die in diesem Termine getroffenen Festsetzungen gegen sich gelten zu lassen haben und bezüglich des Rechts auf besondere Entschädigung im Enteignungsverfahren der Gefahr des Verlustes aus gesetzt find. 4 Die Beteiligten werden darauf hingewiesen, daß von der ersten Auslegung des Planes an bezüglich der nach dem Plane für den Bahnbau einschließlich der Neven anlagen in Anspruch zu nehmenden Grundstücke Entschädigungen für Neubauten, neue Anpflanzungen oder sonstige neue Anlagen, soweit solche nicht durch die Notwendigkeit oder durch ordnungsmäßige Bewirtschaftung geboten find, und die hierdurch herbetge führten Wertserhöhungen nur dann gefordert werden können, wenn die Anlagen mit Zustimmung der Königlichen Generaldirektion der Staatsbahnen ausgeführt worden sind oder soweit dadurch der Wert des Grundstückes für den Bahnbau selbst erhöht worden ist. Dasselbe gilt für die Wetterführung bereits begonnener Anlagen. (8 27 Absatz 2 des Gesetzes.) Diese Vorschrift ist entsprechend auch gegen Dritte anzuwenden, wenn der Ent schädigungsberechtigte nach der Planauslegung Dritten Rechte am Grundstück oder per sönliche Nutzungs- oder Gebrauchsrechte eingeräumt hat, durch deren Berücksichtigung sich der Betrag der zu leistenden Gesamtentschädigung erhöhen würde. (8 27 Absatz 5). 5. Schließlich wird noch darauf aufmerksam gemacht, daß die Beteiligten solche nur ihnen bekannte Umstände, aus denen Ansprüche aus außergewöhnlich hohe Ent schädigungen hcrgeleitet werden könnten, im Feststellungstermin anzuzeigen Haven, widrigenfalls diese Umstände bet der Entschädigungsfeststellung im Enteignungsverfahren nicht berücksichtigt werden können. Meißen, am 9. Oktober 1907. SN KSttigliche Arntshauptmattttfchaft. „ZnMr ma MffpmmWil" lautete das Thema des 1. von der Gehestiftung im großen Saale des VereinShauseS in Dresden, Zinzenoorsstr., m diesem Winterhalbjahre veranstalteten Einzelvortrages. Als Redner war genommen Herr Prof. Lr. Stein aus Frankfurt a. M., der die zahlreich erschienene Zuhörer schaft 1V, Stunde durch seine mit jugendlichen Feuer meist frei vorgetrageuen Ausführungen zu fesseln verstand. Wir entnehmen seinem Vortrag folgendes. Vor etwa 75 Jahren erschien von einem preußischen General ein Buch: „Vom Krieg". Dieses Buch ist das Lehrbuch ge- worden für die großen Heerführer von 1866 und 1870/71. Wie der General damals die Grundfätzedes militärischen Krieges formulierte, so muß man auch heute die Grund- gesetze des Arbeitskampfes, des Krieges zwischen Arbeit- geber und Arbeitnehmer formulieren. Der General sieht den Krieg als eine natürliche Erscheinung an und sucht ihn zu verstehen. So wollen auch wir heute den gcwerv- ltchen Krieg zu verstehen suchen. Der Arbeitskampf, sei er in der Form des Streiks oder der Aussperrung, ist nicht eine krankhafte Erscheinung. Er ist eine höchst un produktive Sache, ebs so wie der Staatenkcieg, und ent wickelt die bösesten Triebe und schlechtesten Seiten des Menschen; aber ebenso sicher ist, duß im Arbeitskampf Wie im Staatenkriege die ben Sorten menschlicher Ge sinnung zur Entfaltung kommen. Die großen Entscheid ungen im staatlichen, wirtschaftlichen und sozialen Leben werden nicht durch vernünftige Ueberlegnngen und Debatten entschieden, sondern durch Kampf. Wir wollen an den Arbeitskampf herantreten als an ein großes Naturereignis unseres Wirtschaftslebens, das wir kennen lernen wollen, um es dann vielleicht zu meistern. Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, ein Akt der Gewalt, um den anderen meinen Willen aufzu- zwängen, sagt jener General in seinem Buche. Ebenso ist der Arbeitskampf eine bloße Fortsetzung der Aus einandersetzungen über den Arbeitsvertrag, nur mit anderen Mitteln, und zwar mit den Mitteln der Gewalt, um den anderen seinen Willen aufzuzwänegn. Er ist nicht eia Abbruch der Beziehungen, sondern nur eine Unterbrechung. Im normaten Falle wird das Verhältnis durch Kündigung gelöst. Im Arbeitskampfe wird das Verhältnis nicht ge- löst, sondern nur unterbrochen in der sicheren Erwartung, daß nach Erledigung der strittigen Punkte der Arbeiter die Arbeit wieder aufnimmt. Es givt Streiks, wo ein Arbeiter nach dem anderen nach Kündigung der Arbeit austritt, bis den letzten endlich die verlangten Bedingungen zugestauden werden. Bei uns ist das nicht der Fall. Vor einem Jahrzehnt war der Kontraktbruch die übliche Form. Die Bergarbeiter handhaben ihn heute noch. Aber nur 10—20 Prozent der Streiks werden heute auf diese Weise begonnen, da die Gerichte in diesen Fällen ben Arbeiter zum Schadenersatz verpflichtet. Heule treten vir Arbeiter gruppenweise in die ArbeitSeinstellunn auf bestimmte Frist ein. Dadurch soll der Arbeitgeber in eine Notlage versetzt werden. Weil nun heute die Mafsenaufkündigung das wesentliche des Arbeitskampfes ist, so ist derselbe in seiner natürlichen Form an das Vorhandensein einer Organisation auf beiden Seiten ge bunden Früher war das unorganisierte Streiken fast allgemein. Da warf man einfach die Arbeit nieder. Heute ist die normale Form die, daß die Organisation den Arbeitskampf herbeiführt, und deshalb ist die natürliche Voraussetzung des Arbeitskampfes die Möglichkeit des Koalierens und daher ist 8 152 der Gewerbeordnung, der die Koalitionsfreiheit gewährt, die Voraussetzung des Arbeitskampfes bei unS in in Deutschland. Die nor malen Formen des Arbeitstampfes sind bei uns Streik und Aussperrung. Der Streik geht aus von den Ar beitern, die Ausspeerung von den Arbeitgebern. Eine 3. Form ist Boykott, eine Nebenform von beiden angewendet. Beim Streik wird in der normalen Form die Arbeit niedergelegt. Neuerdings haben die italienischen Eisen bahnarbeiter, und nach ihnen die österreichischen Eisen- bahner die Form des Resistenzstreiks gefunden. Nach der taktischen Form müssen wir unterscheiden Angriffs- und Abwehrkämpfe. 90 Prozent der Streiks sind An griffskämpfe, die Aussperrungen in der Hauptsache Abwehr- kämpfe. Die Arbeiterorganisationen wollen von sich aus die Kampfzeit und Kampftage bestimmen. Es gibt auch noch Sympathiestreiks, wobei man in den Kampf eintritt um seine Kollegen zu unterstützen. Beim politischen Streik soll bewiesen werden, daß alles stillstcht, wenn die betreffen- den Kämpfer nicht arbeiten wollen. Die russischen Massenstreiks waren politische Streiks. Die Arbeitskämpfe sind uralt, aber als Massenerscheinungen stad sie aber un trennbar verbunden mit der Entwickelung des großindu- striellen oder kapitalistischen Systems. Redner wies an der Hand von Zahlen die Entwickelung der Streiks uach, für die 1906 rund 14 Millionen Mark von den Gewerk schaften verausgabt wurden. Wir stehen jedenfalls mitten in der Hauptperiode der gewerkschaftlichen Kämpfe. Der Arbeitskampf ist aber kein isolierte Akt, sonder steht im Zusammenhang mit den sojialen und politischen Be- wegungen, er ist ein Machtkampf um die Bestimmungen des Anbotsvertrages. Es steht jetzt Organisation gegen Organisation. Zuerst traten die Arbeiterorganisationen in die Erscheinung: Gewerkschaften, Genossenschaften und Gewerkvereinen. Etwas mehr als 50 Prozent ihrer Ein nahmen haben diese Vereine für Kampfzweckc verausgabt Sie wurden die Triebfeder für die Gründung der Ar beiterorganisation. Wohl gab es schon früher Arbeit- geberverbände, aber sie waren keine Kampfesorganisationen. Nun stehen sich beide Organ sationen wie zwei Heeres formationen gegenüber. Seitdem die Arbeiteroranisationen zu Millionären wurden, mußte auch ein ausgebildetes Btrwallungsystem mit- einer Zentraltnstanz geschaffen werde«, die heute den Zeitpunkt eines Streikes bestimmt. Der Vorstand der Ozgantsation ist der Herr im Hause. So auch bei der Arbeitgcberoganteation. Nicht die ein zelnen Mitglieder der Organisationen führen jetzt den Ärbeitskampf, sondern die Verbände. Jetzt wo die Ar beiterorganisation die finanziell mächtigere Organisation der Arbeitgeber gegenüversteht, mußte die Taktik und Stratigie der Arbeiter eine andere werden als früher. Man sucht einzelne Arbeitgeber heraus, die man isolieren will. Die Arbettgeberorganisation aber sucht die Zahl der auf die Streikkasse fallenden Personen möglichst zu vernehmen, und deshalb folgt auf den Streik der Arbeiter der Grgenschlag der Aussperrung, die vielleicht weil über das Streikgebiet hiäausgeht. Verschieden sind die An sichten über die zweckmäßigste Aussperrung, ob nach Alters stufen, oder nach dem Alphabet. Der Erfolg des Kampfes hängt in letzter Linie davon ab,wer die größte Kriegskasse hat. Redner berichtet über die Riesensummen, die durch die Organisationen gesammelt worden sind. Es hat sich nun merkwürdigerweise gezeigt, daß, je größer das Ver mögen der Arbeiterorganisationen geworden, desto ge dämpfter ist die Streiksstimmung geworden, da man weiß, daß die große Masse, die jetzt zahlt, dann auch von der Kaffe zehrt. Manche berechnen nach Beendigung eines Streikes die angeblichen Verluste durch deufelben. Diese Berechnungen sind aber nicht Verschleierungen. Von dem Moment an, wo der Streik von einem wirtschaftlichen zu einem politischen Machtmittel wird, hat der Staat einzu greifen. In Werdendes soll aber der Staal nicht mit plumper Hand eingreifen. An der Macht der Arbeitgeber organisation ist die Phantasie der Arbeiter über ihre un begrenzte Machtmöglichkeit zuschanden geworden. Sie haben wirtschaftliche Einsicht gelernt. Aus dem Kampfe muß ein Vertragschlteßen werden durch Schlichtungs- kommissionen und Einigungsämter, die der Staat in den Gewerbegericht geschaffen. Die letzten Träger der Kosten der Arbeitskämpfe sind die Konsumenten, und dazu ge hören vor allem wieder die großen Massen der Arbeiter. Es besteht zweifellos ein Interessengegensatz zwischen Arbeiter und Arbeitgeber, aber es besteht auch zwischen beiden eine Harmonie, weil sie Glieder sind einer volks wirtschaftlichen Gemeinschaft. Es muß allen klar werden, daß wir Glieder eines Staates sind und für dessen Wohlsein zu sorgen haben. Langer Beifall lohnte den Redner. Der nächste Vortrag findet am 9. November statt über: Die ausländischen Arbeiter im Deutschen Reiche. - Wilsdruff, den 9. Oktober 1907. Wieder eine „Hofaffäre" melden Berliner Blätter. Es yandell sich um den Stall meister des Kronprinzen, den im Anfang der dreißiger