Volltext Seite (XML)
König Ludwig an Benedikt XV. München, 24. September. Fm allgemeinen ist es «nbekannt geblieben, das« von Deutschland aus zwei Antworten auf die Friedensanregung des Papstes ergangen sind. Das erscheint zunächst wundersam, da Bauern natürlich keine andere Politik wie das Reich treibt, aber völkerrechtlich ist die Tatsache wohl begründet. Da der Nuntius beim König von Bayern akkreditiert ist, so hat er das Schreiben des Papstes an den König von Bayern übergeben und König Ludwig hat cs selbstverständ lich beantwortet. Diese Antwort befindet sich bereits in den Händen des Nuntius, der sie nach Rom wcitcrgegcben hat. König Ludwig bringt in seinem Schreiben die tiefste Verehrung für den Papst und seinen Friedensschritt zum Ausdruck und weist dann ganz im Sinne der Reicks- kanzlernote den von der Entente gemachten Vorwurf zu rück, als wenn die deutschen Fürsten und Völker den Krieg herbeigeführt hätten. Der König spricht schließlich dem Papste die Hoffnung aus, daß seine Friedensbemühungen oon Erfolg begleitet sein mögen. Die Antwort Bayerns, wie die Deutsch!^ ds und Oster reich-Ungarns haben im Vatikan volle Befriedigung hervor- gerusen. Die Meldung der feindlichen Presse, daß der Papst enttäuscht gewesen sei, ist durchaus unzutreffend. Wie aus zuverlässiger Quelle verlautet, sieht man im Vatikan die Lage für durchaus hoffnungsvoll an. Und wenn auch die Meldung nicht zutrifft, daß der Papst eine neue Note an die Staatsoberhäupter der kriegführenden Staaten zu richten beabsichtigt, so ist doch so viel sicher, daß man in Rom der Ansicht ist, daß die Antwort der Mittelmächte geeignet sei, die Anregung des Papstes weiter fortzuführen. * Das Echo der deutsch-österreichischen Antwort. In den neutralen Staaten hat die Antwortnote der Mittelmächte starken Eindruck gemacht. Es wird in allen holländischen und schweizerischen Blättern heroorgehoben, oaß die deutsche Note sich für die Abrüstung und die all gemeine Schiedsgerichtsbarkeit erklärt. Im feindlichen Ausland ist man — soweit die Pressestimmen erkennen lassen — nicht zufrieden. Englische, französische und amerikanische Zeitungen erklären fast übereinstimmend, daß die Antwort nicht befriedigen könne, da sie keine Einzel heiten, insbesondere über Belgien enthalte. Natürlich sind diese Äußerungen nicht bindend, denn sie geben wohl nicht restlos ein Bild der Meinungen der Regierungen. Be sonders bemerkenswert ist eine amerikanische Äußerung, die das Londoner Reuterbureau übermittelt. Danach läßt das Staatsdepartement deutlich erkennen, daß die Antwort der Mittelmächte keinen Anlaß gebe zu irgendwelcher Änderung in den Absichten und Zielen Amerikas oder seiner Kriegführung. Das Staatsdepartement ist vielmehr überzeugt, daß die Note keine Möglichkeit zu einem Friedensausgleich eröffnet. Man wird nun abwarten müssen, wie die Antwort der Verbandsmächte lautet. — In Deutschland sind die Parteien in der Beurteilung der Note an den Papst einig, wie nicht anders zu erwarten war, da ja alle großen Parteien durch ihre Vertreter au ihrem Zustandekommen beteiligt waren. England in Schwulitäten. Ein Neutraler berichtet aus London: Lord Rhondda, der britische Lebensnüttel- kontrolleur, entfaltet die größte Energie, um die Engländer Hum Sparen zu zwingen. Am 3. September traten die 'Höchstpreise für Fleisch in Kraft. Der Brotpreis ist auf 75 Pfennig Mr das Vierpfundbrot festgesetzt, aber die .großen Kaufhäuser bieten, um Reklame zu machen, das 'Brot für 65 Pfennig an. Höchstpreise wurden ferner fest gesetzt Mr Speck and Schinken. Zucker ist vom 1. Oktober ab nur noch gegen Karten erhältlich, wobei noch der Ladenzwang eingeführt wird. Die Verteilung der Kohlen wird kontrolliert, und sie werden nur noch im Verhältnis zur Zahl der Zimmer geliefert. Sogar die Kontrolle der Streichhölzer wurde beschlossen, da sie in der letzten Zeit infolge der schlechten Verteilung zu fehlen begannen. Die ^verschiedenen amtlichen Kontrollen können allerdings Preis wucher nicht verhindern. So haben die Untergrundbahn- «esellschaften und die Omnibusse ihre Taxe bedeutend er- Höht. Die Taxameter werden immer seltener, denn auch sie sind Mr das Petroleum rationiert, das übrigens stark vn Preise gestiegen ist; die Chauffeure fühlen sich als -roße Herren und nehmen nur die Kunden, die ihnen gefallen. Reichstags Aufgaben. Bon unserem parlamentarischen Mitarbeiter.) Berlin, im September. Der Reichstag wird sich in seiner beginnenden Tagung u. a. auch mit dem Nachtragsetat zu beschäftigen haben, der die Mittel Mr die Neuordnung in der Reichs- Nicht Mut- mcht Opfersinn, nur ein bischen gesunder Menschenverstand! Oie Zeichnung -er Kriegs anleihe ist jetzt für jede« einzelnen ein Gebot -er Gelbsterhaltung!—Denn: ein guter Erfolg ist die Drücke zum Krie-en — ein schlechtes Ergebnis verlängert den Krieg! Darum zeichne! leitung und die Bildung der neuen Reichsämter, deS Reichswirtschaftsamtes und des Reichsernährungs amtes, fordert. Bekanntlich wurde durch die kaiserliche Verordnung vom 6. August eine Teilung des Reichsamtes Les Innern vorgenommen, dessen Aufgabenkreis im Laufe der Jahre so gewaltig angewachsen war, daß er über die Arbeitskraft nur einer leitenden Persönlichkeit hinaus- Vas verschwundene Testament. Roman von Erich Ebenstein. 3Sj (Nachdruck verboten.) Sie hatte mehr und etwas ganz anderes gesagt, als ste eigentlich wollte. Dinge, die bisher nur unklar in ihr gelegen und sich nun zum erstenmal in Worte geformt hatten. f Klaudios Blick ruhte in innigem Mitleid auf ihr. »Sie schmerzt auch in der Ferne", sagte er dann leise. -Und sie müßte tausendfach schmerzen an der Seite eines Menschen, der sie weder kennt noch versteht und darum mit rauher Hand anfassen würde." Edine hatte die weiche Regung gewaltsam in sich nieder- zekämpft. „Du willst also nicht", sagte sie kalt. „Dann bleibt nur ein anderer Weg übrig und diesen endlich zu gehen, Litte ich dich nun nicht, sondern ich fordere es von dir! (So oder so muß es klar werden zwischen Mama und uns! Verlange du von ihr Rechenschaft über den wahren Grund, warum sie uns unseres Vaters Vermögen vor- citthält, warum sie uns fremden Händen überließ und wohin Papas Testament gekommen ist. Sie leugnet, daß es existierte —" „Nein. Sie hat sich inzwischen überzeugt, daß es tatsächlich gemacht wurde." Er erzählte ihr, was er oon Doonne über den Besuch der Gräfin im Pavillon wußte. Edine verzog spöttisch die Lippen. „Verzeihe, wenn ich dieser Quelle nicht dieselbe Gläubigkeit entgegenbringe, wie du. Mich blenden weder schöne Augen noch heuchlerische Madonnenmienen. Diese Person hat es sehr gut verstanden, sich hier in unsere An gelegenheiten zu drängen und handelt ganz einfach als Werkzeug Mamas. Sie ist der Lockvogel, mit dem du hier »ahm gemacht werden sollst. Dein angeblicher Freund Senft, der sehr gut weiß, was für eine Vergangenheit diese Hartstein hat, steckt mit ihr unter einer Decke. Natürlich läuft das Ganze auf ihren eigenen Vorteil (hinaus. Beide find arme Schlucker, die sich, wenn ihr Merk gelingt, hier auf Rotholzen ein warmes Nestchen zu bereiten hoffen." Slaudio hatte sprachlos zugehört. Jetzt fuhr er auf. !7 Kapitel. Im Rittersaal war es kühl, denn die Fenster waren beschlossen. Kitty, die nicht recht wußte, wie sie mit dem beginnen sollte, was ihr so sehr am Herzen lag. blickte sich befangen um. > .Wie hübsch das nun alles blinkt und glanzt vier!" Yvonne, die ihm so rein, so edel, w steckenlos erschien, war die Geliebte eines Valentinit Konnte man sich so furchtbar in einem Menschen täuschen? Er kannte Valentini nur zu gut von München her, wo er zugleich mit ihm und Senft die Akademie besucht hatte. Schon damals war er ihm als widerwärtiger, ge wissenloser Mensch erschienen, oon besten Zynismus er sich abgestoßen fühlte. Wer den liebte ... Er wurde in seinen Gedanken gestört. Eine kleine weiße Hand hatte die Portiere geteilt und Kittys brauner Lockenkopf schob sich laghast herein. Klaudio sprang auf. Kitty, deren Gesichtchen purpurrot geworden war. lächelte verlege-!. „Ja — es ist sehr unpassend, ich weiß es . . . aber eS ließ mir keine Ruhe . . . Sie hier so allein im Zimmer m wissen! Unten ist es schön ... ein so prachtvoller Sommertag voll Dust und Sonnenschein! Wir wollen bann hinunter, ja?" — „Wie Sie befehlen, Baronesse." „Sagen Sie doch nicht immer „Baronesse", das klingt so fremd! Wir sind ja Jugendgespielen und Nachbars finder. Sagen Sie nur „Kitty", wie in früheren Jahren. Und nun wollen wir in den Rittersaal hinüber gehen, benn hier in Ihrem Zimmer kann ich dock nicht bleiben md ich habe Ihnen allerlei zu sagen." Sie wandte sich um und er folgte ihr schweigsam. „Ich verbiete dir, in diesem Ton von Fräulein Hart- stein und Markus zu sprechen. Beide lieben Mama, und nur dies . . ." „Pah, lab dir doch nichts weis machen! Bon Markus Senft will ich ja annehmen, daß er nur verblendet ist. fDie Hartstein hat ihm den Kopf verdreht, wie dir und manchem anderen vorher. Wäre dies nicht der Fall, müßte er dich und Mama gewarnt haben vor diesem Mädchen, das mit seiner Vergangenheit gar kein Recht hatte, sich in ein anständiges Haus einzudrängen." „Edine!" — „Du glaubst mir nicht?" — „Ich lege beide Hände ins Feuer für Ivonne Hartstein! Sie ist ein Anständiges Mädchen . . ." ging. Die Teilung des Reichsamts des Innern erfolgte in der Weise, daß die gesamten wirtschaftlichen Fragen mit der Sozialpolitik, die ja ein hervorragender Teil der wirtschaftlichen Fragen nickt nur in inneryoli- tischer Wirkung ist, abgezweigt und daraus ein neues Wirtschaftsamt geschaffen wurde. Diese Gliederung hat den Vorteil, daß die Sozialpolitik nicht mehr vom sozialen Gesichtspunkte allein, wie es bisher fast ausschließlich der Fall war, sondern künftig auch und in erster Linie vom wirtschaftlichen Standpunkt aus betrieben wird. Wenn der Friedensschluß kein Wiederaufnehmen der aus ländischen Handelsbeziehungen, d. h. der Einfuhr oon Rohstoffen und der Ausfuhr von Fertigfabrikaten bringen sollte, so würde der gesamten wirtschaft lichen Entwicklung des Deutschen Reiches das Rückgrat gebrochen werden. Daraus ergibt sich, daß keine erfolg reiche Sozialpolitik ohne die unbedingt notwendige Rück sicht auf die Wirtschaftslage getrieben werden darf. Aus diesem Grunde ist die Zusammenfassung der Handels- und Wirtschaftspolitik mit der Sozialpolitik als eine glückliche Lösung der Teilung des Reichsamtes des Innern anzu- sehen. Es ist aber zu erwarten, daß die Art dieser Gliederung eine lebhafte Aussprache im Reichstage zur Folge haben wird. Auch dürfte sich über die Eingliederung des Staatskommissariats für Übergangswirtschaft ein Streit der Meinungen erheben. Das Reichsernährungsamt ist aus dem Kriegs- ernähruugsamt hervorgegangen. Dies war bisher als eine zunächst nur für den Krieg gedachte Einrichtung nicht auf den laufenden Reichsetat übernommen worden. Das ist nun aber geschehen, und damit hat die. staatliche Wirt schafts- und Ernährungspolitik eine Festlegung auf viele Jahre erfahren. Es ist ja auch nur natürlich, daß beim Friedensschluß keine sofortige Änderung hierin eintrete» kann, weil eine nennenswerte Lebensmitteleinfuhr aus dem Auslande nicht in Frage kommt und mit den heimische» Beständen weitergewirtschaftet werden muß. Bemerkens wert bei der Gründung des Reichsernährungsamts ist seine Vereinigung mit dem preußischen Staats- kommissariat für Ernährungsfragen. Ein Vorwurf, den man dem früheren Kriegsernährungamt gemacht hat, war der, daß es die Erzeugung von Lebensmitteln nicht so förderte, wie es wünschenswert war. Die Schaffung des militärischen Kriegsamtes, dem ein Ausschuß zur Förderung der landwirtschaftlichen Produktion angegliedert ist, brachte auf diesem Gebiete Wandel. Auch die Regelung der Zuständigkeit oon Kriegsamt und Reichs ernährungsamt wird in den kommenden Verhandlungen des Reichstages eine nicht unerhebliche Rolle spielen. Eine weitere wichtige Frage betrifft die staatliche Organisation der Seefischerei. Die Angelegenheiten des Fischereiwesens sind bisher in der dritten Abteilung des Reichsamts des Innern bearbeitet worden, ohne daß dort eine sachverständige Stelle besteht, wie sie unsere Nachbar staaten für die Fischerei haben. Vielmehr bat sich das Reichsamt des Innern in fachmännischen Fragen des Deutschen Seefischerei-Vereins bedient, der in den dreißig Jahren seines Bestehens zwar eine segensreiche Tätigkeit entfaltet hat, bei der heutigen Ausdehnung der Seefischerei und der mit ihr in Verbindung stehenden Gewerbe aber nicht mehr allen Anforderungen genügen kann. Im Hin blick auf die Wichtigkeit des Fisches als Volksuabrungs- mittel und angesichts der Tatsache, daß die Seefischerei (Küsten- und Hochseefischerei), wie die Seeschiffahrt außer halb der Hoheitsgrenzen des Reiches betrieben wird und uns mit dem Ausland in Berührung bringt, sowie bezüglich der Zoll- und Steuerfragen ist eine amtliche Reichsstelle für die Seefischerei notwendig, die der Mittelpunkt für alle diese Bestrebungen sein müßte, die nickt oon einzelnen Bundesstaaten durchgeführt werden können. Ob diese Reichsstelle (oder Reichsamt) für See fischerei dem Reichs-Wirtschaftsamt oder dem Reichs-Er- nührungsamt angegliedert wird, ist von praktischen Er wägungen abhängig. Die Hauptsache ist nur, daß die neue Stelle sachlich und personell so ausgestattet wird, daß sie Ersprießliches leisten kann. Den mannigfachen örtlichen Vereinen und dem Deutschen Seefischerei-Verein bliebe auch weiterhin noch ein fruchtbares Feld der Tätig keit zur Hebung der Fischerei in den Binnengewässern der einzelnen Bundesstaaten. Über alle diese Fragen wird der Nachtragsetat Ge legenheit geben, eingehend zu sprechen, und man wird vielleicht bei dieser Gelegenheit auch noch oon weiteren Plänen der Regierung über eine Vereinfachung der kriegs- I wirtschaftlichen Organisationen hören. ! „Nein! Denn anständige Mädchen haben keine Ver gangenheit. Sie aber hat eine! Sie war in Wien die Geliebte des Malers Valentini und hat sich dadurch so schwer kompromittiert, daß sie schließlich frob sein mußte, diese Stelle hier, auf der es ihre Vorgängerinnen nicht aushalten konnten, zu bekommen." i „Das ist eine Lüge! Das kann nicht wahr sein! Wer hat dir diesen schändlichen Klatsch erzählt?" — „Ich weiß es oon Valentini selbst!" i „Der Schurke! Er ... er selbst... hat die Gemein heit begangen . . ." „Beruhige dich. Er wollte es mir natürlich ver schweigen. Aber nachdem ich einmal zufällig Zeugin einer Zusammenkunft zwischen ihm und der Hartstein gewesen war — oben bei der Scheidegger Ruine — da ließ es mir keine Ruhe; ich zog ihm das Geheimnis halb mit List, . halb mit Gewalt heraus. Da es sich um Mamas Ver- I traute handelte, batte ich wohl ein Recht dazu, klar sehen Zu wollen." Klaudio war aus einen Stuhl gesunken und starrte in die Weite. Es war ihm nicht klar bewußt, was Edins sonst noch sprach und wann sie ihn verließ. Wirr jagten sich die Gedanken in seinem Kopf. lagte sie, cm ganz andere Dinge denkend. „Früher war eS graulich unheimlich zwischen den vielen MordweNzeu^'n lind den steifen alten Herren . . . aber nun sehen sie unS fast freundlich an, finden Sie nicht?" — „Ja." „Besonders Tankred Luttra hier, der Ihnen so ähnlich sieht, als ob Sie selbst zu dem Mld Modell gesessen hätten!" fuhr sie, immer befangener werdend, fort. „Er wurde wohl Tankred getauft nach dem großen Bilde, daS drüben in der Bibliothek hängt und die Erstürmung Jerusalems darstellt, nicht wahr?" „Wahrscheinlich. Ich hörte einmal, daß der Vat« dieses Tankred hier das Äild gekauft und eine besonder« Vorliebe dafür gehabt hat. Vermutlich ließ er darum seinen Sohn nach dem alten Helden taufen ... in der Hoffnung, später auch einen solchen aus ihm zu machen." — „Wurde er dies nicht?" — „Nein, er war Maler» wie ich." „Deshalb kann er immer auch ein Held gewesen feint Man braucht dazu ja heute nicht mehr Jerusalem zu ev- stürmen! Ich glaube, die stillen Heldentaten, die ein gut« Mensch, verrichtet, sind oft viel mehr wert." (Fortsetzung wlgt )