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Wicklung der schwierigen Materie einen Vorwurf zu machen. Dadurch erledigen sich auch die wüsten Schimpfereien deS Flugblattes. Schon auf der erste« Seite verrät das Blatt übrigens, welchen Zweck die Schretbselei hat: „Es müssen neue heftige Kämpfe im Lande entbrennen!" heißt eS dort. Die Kämpfe werden nicht entbrennen, wohl aber werden die nationalen Elemente nach pflicht gemäßem Ermessen die Wahlrechtsreform betreiben — mit oder ohne die vollkommen überflüssige „Mitarbeit' der Obergenossen! — Oeffenttiche Stadtgemeinderatssitzung am 26. Juli. Den Vorsitz führt Bürgermeister Kahlenberger. Es fehlen St.V. Schubert und Tzschaschel. Der Vor sitzende teilt mit, daß Wilsdruff am 5. und 6. Septem ber Einquartierung erhält. Man nimmt davon Kenntnis. Ferner hat er an eine staatlich geprüfte Haushaltungs schullehrerin in Leipzig die Anfrage gerichtet, unter welchen Voraussetzungen sie die Leitung einer Haushaltungs- schule in Wilsdrujff übernehmen würde. Die Lehrerin teilt mit, daß sie die HauShaltungsschule aus eigenen Mitteln errichten würde, daß sie erwartet, daß die Stadt gemeinde die erforderlichen Räume kostenfrei zur Ver fügung stellt oder das Unternehmen finanziell unterstützt. Außerdem verlangt die Dame, daß die Stadt einen ent sprechenden Kochherd setzen läßt. Der Unterricht soll Kochen, sowie Wäschenähen und Schneidern umfassen. Der Kursus ist ganzjährig ev. halbjährig. Für Fabrikarbeiter innen werden Abendkurse eingeführt. Den Mädchen der oberen Schulklaffen würde die Lehrerin an zwei Nach mittagen der Woche Unterricht erteilen. Der Vorsitzende fragt an, wie das Kollegium zu der Sache denkt. St.R- Goerne begrüßt die Anregung dankbar; eS sei sicher zu erwarten, daß die HauShaltungsschule manchen Zuzug herbeiführen werde. Die Zweckmäßigkeit solcher Unterrichts kurse sei allgemein anerkannt. St.V. Loßner führt aus, er erachte eS für richtiger, daß erst die Frage des Kinder hortes erledigt werde. Im übrigen glaube er, daß solche Anstalten nur einen bedingten Wert haben. St.V. Schlich enmai.er vertritt einen gegenteiligen Standpunkt; für manches Mädchen, dem zu Hause die Anleitung fehle, sei ein solcher Kursus von großem Wert. St.R. Bret schneider steht der Angelegenheit lymphatisch gegenüber, aber er gibt zu erwägen, ob hier auch der Boden für eine derartige Anstalt gegeben sei. StV. Frühauf begrüßt die Anregung; gegebenenfalls werde die Stadt z« der Anstalt gern einen Beitrag leisten können. St.V. Loßner bemerkt, vielleicht lasse sich die Angelegenheit zweckmäßig mit dem Schulhausneubau verbinden. Dasselbe führt St.R. Goerne aus; auch der derzeitige Schulleiter, Herr Schuldirektor Thomas, verfechte die Einrichtung einer Haushaltungsschule. St.V. R. Ranft weist daraufhin, daß die Dame auf Lebensstellung reflektiere; da sei sehr sehr wohl zu prüfen, ob hierzu in Wilsdruff die Voraus setzungen gegeben seien. St R. Dinndorf spricht im gleichen Sinne. DaS Kollegium spricht sich einstimmig fiir Unterstützung der auf Errichtung einer privaten Haus haltungsschule in Wilsdruff gerichteten Bestrebungen aus. Die Lehrerin wird vom Vorsitzenden veranlaßt werden, zum Zwecke näherer Besprechung nach Wilsdruff zu kommen. — StV. Tzschaschel und St.V. Fischer sind jüngst die Umgegend Wilsdruffs abgegangeu, um geeignete Punkte für die Aufstellung von Wegweisern festzustellen. Die Herren schlagen vor, daß derartige Wegweiser im Sau bachtal, Prinzengrund und Tännichtgrund, Schoner Grund, Hühndorf, auf dem Landberge und in Herzogswalde an- gebracht werden. Die einzelnen Partien sollen nach dem von den Gebirgsvereinen geübten Verfahren verschieden- farbig ausgeführt werden. Am Bahnhof Wilsdruff wird man Orientierungstafeln anbringen. Das Kollegium er klärt sich mit den Vorschlägen einverstanden und überträgt die weitere Ausführung der Angelegenheit der Parkdepu- tation. — Die Sparkaffendeputation hat mit Rücksicht auf die gegenwärtige Konjunktur des Geldmarktes beschlossen, de« Zinsfuß für Spareinlagen von 3'/» auf 3Vz°/o zu erhöhen. Bürgermeister Kahlenberger betont, daß die Erhöhung notwendig sei. Der Antrag der Deputation wird debattelos und einstimmig zum Beschluß erhoben.— Der Stadtgemeinderat hat beschlossen, die Bismarckstraße in städtischen Besitz zu übernehmen, wenn der gegenwärtige Besitzer, der ländliche Spar- und Vorschubverein zu Röhrs- dorf, die Staße und die Fußsteige vorher in besseren Zu stand bringt. Die Kosten dieser Herstellung sind vom Amtsstraßenmeister Franze auf 146 Mk. veranschlagt. Der Vorschutzverein bittet jetzt, die Arbeiten in städtische Regie zu nehmen, wozu der Verein einen Beitrag von 75 Mk. anbietet. St.R. Wätzel führt aus, wenn man die früheren Beschlüsse umstotze, also dem Gesuch Folge gebe, entstehe ein reines Handelsgeschäft. Es bestehe kein Anlaß, die früheren Bedingungen aufzuheben. StV- R. Ranft und St.V. Loßner stehen auf demselben Standpunkt. St.R- Bretschneider führt aus, die städtischen Arbeiter seien für die Arbeit für Wochen nicht verfügbar. Außer dem sei zu bezweifeln, daß man mit 146 Mk. auskomme. Auf Veranlassung des St.V. Loßner gibt der Vorsitzende die Anschläge des Amtsstraßenmetsters Franze bekannt. St.R. Bretschneider bemerkt, daß der Anschlag die er forderliche Schaffung deS Packlagers und die Herstellung der Böschung nicht vorsehe. Beides müßte man aber ver- langen. Das Kollegium lehnt das Gesuch einstimmig ab. Im Anschluß hieran beantragt St.V. Schlichenmaier die Beseitigung des Mastes am Eingänge der Bismarck straße in die Meißnerstraße, der ein arges Verkehrshindernis und eine Gefahr bilde. Man überweist die Angelegenheit der Elektrizitätswerksdeputation. — Frau vcrw. Krtppen- stapel beabsichtigt, das Trockengebäude, dessen Genehmigung bereits ausgesprochen ist, verändert auszuführen. Bürger meister Kahlesnberger empfiehlt, veränderte Baubedtug- ungen nicht zu stellen. Dementsprechend beschließt das Kollegium und zwar einstimmig und debattelos. — Bei einer Lokalbesichttgung in Sachen des Baugesuches der Firma Eger L Koch ist man dahin schlüssig geworde«, für den zu errichtenden Schuppen einen Abstand von 10 Metern von der Wielandstraße zur Bedingung zu machen. Das Kollegium erklärt sich mit dieser Bedingung einstimmig einverstanden. — Die Firma Theodor Müller hat das Herrn StR. Bretschneider gehörige Hausgrundstück am Neumarkt erworben: sie beabsichtigt, dasselbe ntederzureißen und dort einen Fabrikanbau im Anschluß an das bestehende Gebäude zu errichten. Die Deputation schlägt vor, das Gesuch bedingungslos weiter zugeben. Der Antrag wird ein stimmig zum Beschluß erhoben- Damit ist die Tages- ordnung erledigt. Außerhalb derselben weist St.V. Schlichenmaier daraufhin, daß vom Feldweg nach dem oberen Park kein Zugang mehr bestehe; mau müßte viel- mehr einen Stacheldraht übersteigen. Er wünscht, daß der Zugang wieder hergestellt werde. St.R. Goerne unterstützt die Anregung. Der Vorsitzende führt aus, es handle sich um einen vom Publikum angemaßte« Weg, man habe also keine Handhabe, um die Anlieger.zur Duldung des Verkehrs zu zwingen, wenn man nicht das Areal ankaufe. StV. Schlichenmaier führt aus, er wünsche nur, daß man durch Vereinbarung mit dem betr. Grundstücksbesitzer an irgend einer Stelle einen Zugang schaffe. St.R. Goerne spricht im gleichen Sinne. St.R. Bretschneider bemerkt, er könne sich für die Sache nicht erwärmen; die Stadt habe genug Wege zu unterhalten. St.R. Dinndorf führt aus, die vorhandenen Zugänge reichten vollkommen aus. St.V. Frühauf empfiehlt eine Lokalbesichtigung. St.R. Goerne betont, von Wegebauen sei hier keine Rede: man solle nur den ungehinderten Zu gang wieder schaffen. Er sei bereit, die Angelegenheit persönlich in die Hand zu nehmen. — St.R. Wätzel bittet, den erhöhten Fußweg an der Wielandstraße iu Ordnung zu bringen, es tue not, daß hier etwas geschehe. St.R. Bretschneider erwidert, die verfügbaren Arbeiter seien mit anderen, dringenden Arbeiten beschäftigt, deshalb sei man noch nicht dazu gekommen. St.R. Goerne bemerkt, ein unbedingtes Bedürfnis sei die Herstellung des Fuß- Weges nicht, viel notwendiger sei es, daß der Schleußen- bau auf der Bergstraße auSgeführt werde. St.R. Bret schneider erwidert, man könne indieser Sache nichts tun, solange der Beschleußungsplan nicht vorliege, denn man wisse nicht, welche Rohrweite iu Frage komme. Auf An frage des St.R. Bretschneider erklärt der Vorsitzende, daß die Wahl eines Mitgliedes zum Schulvorstande — Braumeister Frühauf scheidet mit Ende dieses Monats aus — in nächster Woche in besonderer Sitzung erfolge. — Hierauf erstattet Bürgermeister Kahlenberger den Bericht über den Gemeindet« g iu Bautzen. Er be faßt sich vor allem mit der Anlegung von Sparkassen überschüssen in Staatspapieren, mit der Erhöhung der Ver- pflegbeiträge an die Landesanstalten, dem Wassergesetz. St.R. Goerne gab einige Ergänzungen hierzu. — Schluß der Sitzung 8 Uhr. — Wetteraussicht für morgen: Nach weit- verbreiteten Gewittern noch etwas Regen, später aufklärend, nordwestliche Winde, wärmer. — Tödlich verunglückt ist im benachbarten Birkenhain das 3jährige Töchterchen des Oberschweizers Nobs. Das Kind kam aus unbekannter Ursache zum Fall und erlitt schwere innerliche Verletzungen, die noch an demselben Tage den Tod herbeiführten Di« Lesart, daß das Kind beim Spielen auf einer Wiese giftige Pilze ge nossen und dadurch den Tod erlitten, ist unzutreffend. — Klipphausen, 29. Juli. Das Rotzberg'sche Ensemble, das sich jüngst hier so vorteilhaft einführte, gibt am Mittwoch wiederum eine Aufführung im hiesigen Gasthofe. Zur Aufführung kommt der unverwüstliche „Trompeter von Säkkingen". (Siehe Inserat) — Zöllmen, 29. Juli. Von einem schnellen Tode wurde der hiesige 34 Jahre alte Bergarbeiter Max Adam ereilt. Als er am letzten Sonnabend Mittags nach beendeter Schicht von seiner Arbeitsstätte nach dem Schachtaufgange sich begab, kam Adam auf unerklärte Weise mit der elektrischen Starkstromleitung in Berührung und ward dadurch sofort getötet. Kameraden sanden ihn mit tiefer Brandwunde in der linken Hand, eutseelt im Gange liegend. Seine Witwe mit vier kleinen Kindern, — das jüngste erst 14 Tage alt, — betrauern ihren Ernährer. — Infolge Austritt der Gemeinden Tharandt, Hains- berg, Somsdorf, sowie Eckersdorf mit Gutsbezirk aus dem Verbände der gemeinsamen Gemetndekrankenversicherung zu Tharandt und Umgegend ist von den Gemeinderäten der Gemeinden Oberhermsdorf, Braunsdorf, Klein- uud Großopitz beschlossen worden, einen eigenen Verband zu gründen. Hauptsächlich ist der Grund, welcher die Gemeindevertretung der beteiligten Gemeinden veranlaßte, einen eigenen Verband zu gründen, darin zu finden, daß z. B. die Gemeinde Oberhermsdorf in den Jahren 1884 bis 1904 insgesamt 488 Mk. 50 Pfg. Fehlbeträge der Hauptkasse, und 402 Mk. 96 Pfg. Verwaltungskosten, auch 834 Mk. 60 Pfg. Reingewinn von der Spezialkasse, in Summa 1725 Mk. 06 Pfg. an die Hauptkasse in Tharandt hat zahlen müssen, während von den Fehlbeträgen nur 40 Mk. und von der Spezialkaffe 350 Mk. Vorschuß von der Hauptkaffe erhoben worden sind. Es bleibt der Gemeinde Oberhermsdorf demzufolge ein ungedeckter Be trag von 1335 Mk. 06 Pfg. Zu verkennen ist es deshalb nicht, wenn eine Aenderung der Zugehörigkeit zum Verbände in Tharandt erfolgt, zumal auch bet den beteiligten Gemeinden ein Wachsen der Reinerlöse erhofft wird. Das von Herrn Gemeindevorstaud Pietzsch in Oberhermsdorf, dem derzeitigen Vorsitzführenden, aufgestellte Regulativ ist der Kgl. Arntshauptmannschast Dresden-Altstadt zur auf- fichtsbehördlichen Genehmigung eingereicht worden. — Die Holzarbeiter des Plauenschen Grundes hielten dieser Tage eine Versammlung in Deuben ab. Dr. Dunker hielt einen Vortrag. Kollege Lauter erstattete Bericht über die letzte Lohnbewegung. Es wurden in sämtlichen 21 in Betracht kommenden Betrieben durch die Werkstattdelegierten der für Dresden abgeschlossene Arbeits vertrag als Forderung den Unternehmern überreicht. Für den Plauenschen Grund bedeutet dies eine Forderung der Verkürzung der Arbeitszeit von drei bis vier Stunden pro Woche, Erhöhung der Mindest, resp. Normallöhne von 36 bis 40 Pfg. auf 50 Pfg. Von den 21 Betrieben waren 3 ohne Gehilfen; 6 erkannten den Dresdner Ver trag an, sowie die 53stündige wöchentliche Arbeitszeit. In den übrigen Betrieben wurde 54stündige Arbeitszeit be willigt. Lohnerhöhung erreichten 337 Holzarbeiter. Die Lohnerhöhung betrug im Durchschnitt 3,8 Pfg. pro Stunde, die Arbeitszeitverkürzung für 312 Mann 2,2 Stunde pro Woche. Die Erhöhung der Akkordpreise beträgt durchschnittlich 7'/, Proz. — Ein bedauerlicher Unglücksfall ereignete sich in Deuben. Oberhalb des Abhanges des sogenannten „schwarzen Tumps" war die Frau des Tischlers Betschke im Holze mit Ptlzesuchen beschäftigte. In ihrer Begleitung befand sich auch das 5jährtge Söhnchen. Plötzlich ver- schwand das Kind vor den Augen der Mutter und stürzte den Abhang hinunter in das Wasser des „schwarzen Dumps". Obwohl die entsetzte Mutter die verzweifeltsten Anstrengungen machte, das Kind zu retten, gelang ihr das doch nicht. Der Kleine konnte nur als Leiche ge borgen werden, ein Herzschlag war die Todesursache. — Niederschöna, 28. Juli. Die hiesige Kirche hat dieses Jahr bedeutende Erneuerungen erhalten. Vorerst wurden der Turm und das Kirchendach neu gedeckt, die Kirche abgeputzt und mit einem frischen Anstrich versehen (die Umdeckung des Turmes wurde von der Firma Joßiger in Wilsdruff ausgeführt). Auch im Innern der Kirche ist vieles erneut worden; so wurde von der Kirchenpatronem Exellzenz von Schönberg auf Krummen hennersdorf und von Herrn Kaufmann Paul schütz hier eine Kircheubeleuchtung gestiftet. Die Einweihung der selben, sowie auch der Orgel soll sich einem am 4. August stattfindenden Abendgottesdienst anschließen. — Nach kurzem Krankenlager ist in Meitze« am Freitag der Finanzrat Moritz Oskar Raithel, der Direktor der Königlichen Porzellan-Manufaktur beinahe während eines Vierteljahrhunderts, im hohen Alter von 82 Jahren gestorben. — Kindermund. Der dreijährige Herbert hat seine» Frühstückskaffee nur halb ausgetrunken und wird von seiner Pflegerin aufgefordert, die Taffe zu leeren. Nachdenklich blickt der Kleine auf die Flüssigkeit, uno plötzlich bricht er in die gefühlvollen Worte aus: „Ach, steh' mal, Fräulein, der Kaffee ist ganz verwelkt!" Der kleine Herbert scheint ein Naturforscher und Poet zu sein — das Aussehen des im Erkalten grau und un appetitlich gewordenen Milchkaffees läßt sich kaum treffen der charakterisieren, als in diesem kindlichen Vergleich mit dem Vorgang in der Natur. — Die Unsitte, sich von Hunden küssen zu lassen, hat sich bei emer Frau iu Hirschberg schwer ge- rächt. Schon seit Jahren warnte man sie davor, nicht weiter ihren Liebling in dieser Weise zu liebkosen, doch sie beachtete dies nicht. Seit etwa einem halben Jahre verspürte sie nun einen zunehmenden Schmerz im Leibe, bis sie sich an einen Arzt wandte, der ihr nach längerer Behandlung mitteilte, daß der Körper und sogar der Magen stark mit Huudewürmer durchsetzt sei. Nun liegt die Frau schwerkrank darnieder; es ist fraglich, ob sie je mals wieder genesen wird. Aris Sachsen. Wilsdruff, den 29. Juli 1907. In der Dresdner Heide wurden Freitag abend die Leichen zweier älterer Personen, wahrscheinlich eines Ehepaares, aufgefunden. Beide wiesen Schußwunden in der Schläfe auf. Der Mann dürfte zuerst auf seine Frau geschoffen und dann sich selbst den TodeSschuß gegeben haben. Das Paar ist noch nicht rekognosziert. Der Mann ist 65, die Frau etwa 60 Jahre alt. Ein 34 Jahre alter Referendar aus Hollstädt hatte in Leipzig in einem Restaurant eine tüchtige Zeche ge macht und wollte sich dann einfach französisch drücken. Aber man erwischte ihn noch rechtzeitig und übergab ihn der Polizei. Es stellte sich heraus, daß der Herr Referendar nicht einen Pfennig einstecken hatte. Die Lust zum Trinken hatte ihn wieder einmal befallen. Die Gruuauer Giftmordaffäre scheint mit dem gegen die Chausseewärtersfrau Ernestine Feige aus Grunau gesprochenen zweifachen Todesurteil noch nicht zu Ende sein. Es wurde in dieser Sache eine neue Leichenausgrabung vorgenommen, die neunte Leiche, die ausgegrabeu wurde. In weiteren Fällen sollen noch die Ermittlungen schweben. Diesmal wurde in Berbisdorf die Leiche des im Jahre 1896 verstorbenen Böttchers Rüffer ausgegraben, weil man glaubt, daß auch er von Frau Feige vergiftet worden ist. Rüffer war mit Fran Feige verwandt und hatte ein Vermögen von 600 Talern. Frau Feige besuchte des öfteren ihren erkrankten Ver wandten, und man nimmt an, daß sie Rüffer, der eines plötzlichen Todes starb, vergiftet hat, um in den Besitz des Erbteils zu kommen. Die Rechnung erwies sich hier allerdings falsch, denn es stellte sich heraus, daß die Feige infolge ihrer weitläufigen Verwandschaft und bei dem Vorhandensein näherer Verwandten nicht erbberechtigt war. Von der ausgcgrabenen Leiche des Rüffer wurde« die inneren Teile dem Chemischen Untersuchungsamt der Stadt Breslau zur Untersuchung eingesandt. Demnach dürfte die Vollstreckung des Todesurteils gegen Frau Feige, das durch die Verwerfung der Revision rechtskräftig geworden ist, sich noch ziemlich lange hinaus ziehen. Wie bereits gemeldet, ist kürzlich Auch eine Freundin der Frau Feige, eine Arbeitssrau Scholz aus Grunau, unter dem Verdacht des Giftmordes verhaftet worden. Frau Scholz soll einen Arbeiter Schäfer, der bei ihr wohnte, mit Arsenik vergiftet haben. In der ausgegrabenen Leiche des Schäfer wurde nämlich viel Arsenik gefunden. Auch bei Frau Scholz soll Erbschleicherei das Motiv zur Tat gewesen sein. Zur Deckung der Kosten des neuen Friedhofes hat der Kirchen vor stand von Neugersdorf eine An leihe von lOOOOOMark ausgenommen und beim Gemeinde rat die Bezahlung der ersten Rate für Zinsen und Amor tisation im Betrage von 3700 Mark beantragt. Der Ge meinderat lehnte jedoch die Bewilligung der Summe ab^ weil ihm in der Friedhofsangelegenheit jeder Einfluß ver wehrt worden ist. Der Gemeinderat wollte den Friedhof