Volltext Seite (XML)
Erscheint wöchentlich dreimal und zwar DieuAagS, Donnerstags and Sonnabends. Bezugspreis vierteljährlich I Mi. 30 Pfg., durch die Post bezog« 1 Ml. 54 Psg. Fernsprecher Nr. S. — Telegramm-Adreffe: Amtsblatt Wilsdruff. And Umgegend. Amtsblatt Inserate werd« MontagS, Mittwochs und Freitags bis spätestens 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 15 Pfg. pro vtergesvaltene Korpuszeile. Außerhalb des AmtSaerschtsbezirks Wilsdruff 20 Pfg. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 °/» Aufschlag. für die Lgl. Amtshauptmannschast Meisten, für das Lgl. Amtsgericht und den Stadtrat zu Wilsdruff, sowie für das Kgl. Forstrenlamt ru Tharandt. , , Lokalblatt für Wilsdruff, Blttanneberg, Birkenhai«, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund Zbet Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Keffelsdorf, Kletnschöuberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanaeberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewaloe, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bet Mohorn, Seelizstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wtldberg. Druck Md Verlag von Arthur Zschunle, Wilsdruff. Für die Redaktion und den amtlichen Teil verantwortlich: Hugo Friedrich, für den Inseratenteil: Arthur Zschunle, beide in Wilsdruff. Ns. 144 Dienstag, den 16. Dezember LW7* j 66. Jahrg. Bausprechstunde bei der Königlichen Amtshauptmannschast. Die Bousprechstunden bet der Königlichen Amtshauptmannschast werden bis auf weiteres in den Monaten November bis mit Februar nur am ersten und am dritten Sonnabend des Monats, in den übrigen Monaten aber an jedem Sonn abend und zwar wie bisher stets in der Zeit von V-9 bis 10 Uhr bormittags ab- gehalten werden. Meißen, den 4. Dezember 1907. E Die RZ^igliche Amtshauptmannschast. Freibank Wilsdruff. Fortsetzung d:s Verkaufs von Rindfleisch- Preis: 45 Pfg. pro Pfund im rohen Zustande, 30 Pfg. pro Pfund tm gekochten Zustande. PEMche RtrnHschiM. Wilsdruff, den 9. Dezember 1907. Deutsches Reich. Der Fürst von Bulgarien heiratet wieder, diesmal eine Deutsche. Auf Schloß Serrahn tn Meklcn- burg hat gestern dieVerlobung des Fürsten Ferdinand von Bulgarien mit der Prinzessin Eleonore Reuß jung. Linie stattgefunden. Der Fürst ist 46 Jahre alt. Seine erste Gattin starb 1899. Zwei Söhne und zwei Töchter sind dem ersten Ehebund entsprossen. Geuoffenschwlndel. Der sozialdemokratische Stadtverordnete Dönicke in Mühlhausen in Thüringen hatte die Behauptung erhoben, daß über 200 Wähler der dritten Wähler- klasse aus der Gemeindewählerliste gestrichen worden seien, weil sie nach der Ansicht des Oberbürger meisters „nicht richtig" gewählt haben solle». Der Ober bürgermeister forderte ihn, wie die „Post" mitteilt, auf, ihm sein Material zur Prüfung zur Verfügung zu stellen Das geschah. Aber wie sah dieser „Wahlrechtsraub" schließlich in Wirklichkeit aus? Der Oberbürgermeister teilte in der letzten Stadtverordnetensitzung mit, daß D. gar nicht 200 Personen auf seiner Liste habe, dir aus der Wählerliste gestrichen worden seien, sondern nur 31. Von diesen sind sechs überhaupt nicht gestrichen, drei sind verzogen, 15 kamen infolge großer Kinderzahl um eine oder zwei Steuecstufen herunter, und sieben hatten ein Einkommen unter 900 Mark, waren also nicht wahlbe- rechtigt! Für eine solche Entstellung der Tatsachen, meinte der Oberbürgermeister, finde er keine Worte und überlasse das Urteil darüber der O-ffmtlichkeit. Wie der himmlische Richter «ach dem katholische« Volksverein fragt. Im katholischen Volksverein zu Flörsheim (Reichs- tagswahlkreis Wiesbaden) hielt, wie das Wiesb. Tgbl." mitteilt, ein Herr Dr. Lorenz, Redakteur der „Rheinischen Volkszeitung" in Wiesbaden, einen Vortrag, dessen Schluß verdient, in der weiteren Oeffentlichkeit bekannt zu werden. Mit großem Pathos behauptete genannter Herr: „Einst werden alle Katholiken von dem himmlischen Richter gefragt: hast du dem „Volksverein" angehört, warst du Mitglied des „Zentrumswahlvereins", hast du >ci Gemeindewahlen, bei Landtags, und Reichslagswahlen tets für das Zentrum gestimmt? Dann wohl dem- enigen, der zur himmlischen Majestät sagen kann, ch war überall dabei." Es fehlt nur noch, daß der romme Dr. Lorenz den himmlischen Richter auch noch die Frage tun läßt: „Hast du bet der letzten Reichstags- wähl auch den Genossen Lehmann gewählt?" Denn be kanntlich hat im Reichstagswahlkretse Wiesbaden das Zentrum auf die Weisung seines Führers Müller-Fulda dem Sozialdemokraten Lehmann zum Stege verholfen. Nach der Ansicht des Dr. Lorenz scheint der himmlische Richter ja rin strammer Zentrumsparteimann zu sein, der dann ja auch für die Weisungen Müller-Fuldas ein zutreten hätte. Weil ste mit ihrem evangelischen Schwiegersohn und ihrer Tochter einträchtig unter einem Dache wohnte, hat der katholische Pfarrer von Altmünsterol, wie der Straßb. Bürgerztg. geschrieben wird, eine geachtete Witwe von der Beichte zurückgewiesen. Die mündige Tochter hatte sich evangelisch trauen lassen, ihr Mann hatte die katholische Ktndererziehung abgelehnt. Der betreffende Pfarrer soll nach der „Frkf. Zt >" in einer öffentlichen Entgegnung sich auf seine Pflicht berufen haben, die Prinzipien hochzuhalten. Gibt es denn aber noch ein brutaleres Prinzip, das der christlichen Liebe mehr wider spräche, als diese Bestrafung einer Mutter dafür, daß ste ihre Mutterliebe nicht auf dem Altar römischer Un dultsamkeit opfern will? Und da verlangt man, der Evangelische Bund solle abrüsten! Ze«ge«experimente im Gerichtssaal. Ein kriminalpsychologisches Experiment, durch das die Glaubwürdigkeit von Kinderaussagen festgsstellt werden sollte, wurde in eurem Prozeß vocgenommen, der soeben das Schöffengericht Berlin-Mitte beschäftigte. Das „Berl. Tagebl." berichtet: Wegen tätlicher Beleidigung mußte sich der Kaufmann Albert F. vor dem Strafrichter verant worten. F. war im Sommer dieses Jahres in der Nähe der Petrikirche in einem Straßenbahnwagen verhaftet worden. Er wurde von einem Kaufmann Petersen be schuldigt, sich an einem stiemen Mädchen vergangen zu haben. Um zu beweisen, daß es sich um eine Personen- Verwechselung handele, wurde auf Antrag des Rechtsan walts Baha schon bei der Vernehmung vor dem Kriminal kommissar Dr. Kopp ein interessantes Experiment vorge nommen, das bewies, wie wenig Wert mitunter auf die Rekognition eines Augenzeugen gelegt werden kann. Ein Geschäftsfreund des Beschuldigten, der mit diesem eine entfernte Aehnlichkeit hatte, wurde dem Belastungszeugen vorgestellt. Das hatte den Erfolg, daß P. erklärte, die Identität des ihm Vorgestellten mit dem Täter beschwören zu können. In der Hauptverhandlung vor dem Schöffen gericht erklärte sich der Geschäftskollcg« des Angeklagten bereit, mit Einwilligung des Gerichts an Stelle des F. auf der Anklagebank Platz zu nehmen. Die verletzten Kinder, deren Väter Strafantrag gestellt hatten, wurden einstweilen in das Beratungszimmer geführt. Der An- geklagte wurde unter die inzwischen eingetretenen Zeugen gestellt. Dieses Experiment hatte das eigenartige Re sultat, daß einige der Mädchen den Geschäftsfreund, an dere wiederum den Angeklagten, den ste allerdings vorher schon gesehen hatten, als den Täter bezeichneten. Als F. den Platz auf der Anklagebank wieder betrat, behaupteten plötzlich alle Mädchen ihn jetzt mit aller Bestimmtheit als den Attentäter wiederzuerkennen. Das Gericht sprach F. frei, da der Zeuge P. infolge seiner falschen Rekognition auf dem Polizeipräsidium als unglaubwürdig erachtet wurde. Auf die Aussage von Kindern allein hin könne das Gericht einen unbescholtenen Mann nicht einer Straftat für überführt erachten. Das B. T. bemerkt: Der Fall erinnert lebhaft an die kürzliche Verurteilung eines acht- baren Mannes zu mehreren Monaten Gefängnis, die lediglich auf die Aussagen :ei«es achtjährigen Mädchens hin erfolgte. Ei« alter Achtundvierziger, der Bruder des Generals Siegel, ist, 78 Jahre alt, in Stapleton in den Vereinigten Staaten gestorben. War Carl Siegel General, so hat Franz Siegel, der jetztVrrstorbene, den Bürgerkrieg bei der Uaionarmee als Korporal in ehrenvolle Weise mitgemacht und ließ sich dann in Stapleton nieder. Im alten Vaterlande war er auf Seite der badischen Aufständischen zu finden gewesen, wo er gefangen wurde und mehrere Jahre im Gefängnis zugebracht hat. Sein Bruder Franz, der berühmte Genera! Siegel aus Sins heim in Baden, ist ihm vor 5 Jahren schon zur großen Armee vorangegangen. Ausland. Neber die Freundin des Kaisers von Oesterreich, die ehemalige Hofschauspirlerin Katharina Schratt, be- richtet die „Forinigthly Review" in einem längeren Auf satz interessante Einzelheiten. Die Beziehungen zwischen dem Kaiser und der Schauspielerin sind über ein Viertel jahrhundert alt und immer hat sie sich dem von Schick salsschlägen so schwer verfolgten Monarchen als treue Freundin bewiesen. Sie ist nicht schön, was man in land- läufigem Sinne unter schön versteht, aber vernünftig und von einfacher Güte. Niemals Hai ste beabsichtigt, die Rolle einer Montespan oder gar einer Pompadour zu spielen, ste lebt in stiller Zurückgezogenheit in einem ein ¬ fachen Hause nahe der Burg, oder im Sommer tn Ischl, unweit der kaiserlichen Villa. Was den Kaiser besonders an sie fesselt, ist der Umstand, daß sie weder für sich noch für andere Ganstbezeugungen erbittet. Der Kaiser soll sich bei ihr wie zu Hause fühlen, und Staat und Staats- leben vergessen. Ihre unendliche Diskretion hat ste dem Volk und bei Hofe wert gemacht und von der Kaiserin Elisabeth wurde sie kurz vor der unseligen Reise nach Genf, die ihre letzte werden sollte, aufgesucht, weil sich die Kaiserin persönlich von den großen Vorzügen überzeugen wollte, durch welche die einstige Schauspielerin ihrem Ge mahl so lieb geworden ist. Ein bekanntes, tn Wien weit verbreitetes Bild zeigt den Kaiser mit ihr zusammen am Tische sitzend, zwischen beiden liegt ihr Hund. Das Ver hältnis des Kaisers zu ihr ist von tiefer Innigkeit und Anhänglichkeit. Ost geht er in früher Morgenstunde zu ihr herüber, um mit ihr eine Stunde zu plaudern, ehe er die schwere Tagesarbeit beginnt und abends, wenn er müde und abgespannt sich in zwanglosester Weise erholen will, fährt er wieder zu seiner alten Freundin. Dort trinkt er sein Lieblingsgetränk, ein Glas Pilsenerbier, oder ein wenig alten Bordeaux, Nach Tisch werden bann einige intime Freunde des Hauses zum Taror etngeladen, den der Kaiser besonders liebt. Der hohe Wert dieses Ver hältnisses — und das österreichische Volk erkennt es dank bar an — liegt darin, daß durch die häufigen Besuche bei der Schratt Kaiser Franz Josepo mit den Schichten des eigentlichen Volkes in steter Berührung bleibt und daß dadurch der oft so schädliche alleinige Einfluß des Hof lebens auf den Monarchen in erfreulicher Weise paraly siert wird. König Oskar von Schweden f. Stockholm, 8. Dezember. König Oskar ist heute vormittag 9Uhr15Miu. gestorben. Dem greisen Herr scher des nordischen Reiches, der nahe vor Vollendung deS 79. Lebensjahres stand, ist nach kurzem, schwerem Leiden das Zepter durch den Tod aus den Händen genommen worden. Seit dem 18. September 1872 zierte er als Nachfolger seines söhnelosen Bruders, Karl XV., den schwedisch-norwegischen Thron durch seine hohen, allgemein anerkannten Eigenschaften als Monarch, Mensch nnd tat kräftiger Förderer von Kunst und Wissenschaft. König Oskar war mit der Prinzessin Sophie von Nassau ver mählt, die ihm vier Kinder gebar, von denen das älteste — Kronprinz Gustav — jetzt dem Vater auf dem Throne folgt. Die neue Königin ist ebenfalls eine deutsche Prin zessin, eine Tochter des verstorbenen Großherzogs von Baden, also eine Enkelin des alten Heldeakaisers Wilhelm l. Der „heilige Krieg" gegen die Franzosen ist nunmehr in ganz Marokko im Gange. Dem „Temps" wird aus Tanger gemeldet, daß die Nachrichten über die Kämpfe an der algerisch-marokkanischen Grenze und über die Niederlage, welche der Schauja-Stamm dec Mahalla des Machsen beigebracht hat, auf die Eingeborenen einen bedenklichen Eindruck gemacht habe. Diese seien überzeugt, daß die Franzosen genötigt gewesen seien, Udschda zu räumen, und daß ganz Süd-Oran bedroht sei. Man müsse sich auf schlimme Nachrichten aus Casablanca gefaßt machen. Ein russisches Sittenbild. Aus Suchum-Kaleh am Schwarzen Meer erzählt die Petersburger „Birsch. Wjed.": Es ist Mitternacht. Im Klub ist das Kartenspiel im vollen Gange. An den Spiel tischen drängen sich Damen und Herren aller Gesellschafts schichten. Plötzlich ertöat vor dem Tor des Klubs ein leiser Pfiff. Gleich darauf dringenMuf Vermummte in den Flur- Es erschallt der Ruf: „Hände hoch!" Der Pförtner wird geknebelt und in die Ecke des Vsrraums gebracht. Ein Diener will sich wehren und zieht seinen Revolver, doch wird er im selben Augenblick von einer Kugel der Banditen niedergestrrckt. In den Spielsälen entsteht ungeheures Entsetzen. Damen kreischen, die Spiel tische werden umgeworfen, bas Gold rollt über den Fuß-