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Herr Jessen aus der Tafelrunde des Für- > sters Hochmeier habe verschwinden müssen, weil sein Betragen den alten Förster geär- gert hatte. Das wußte der Vater mit so befreiendem Lachen zu erzählen, als sei er selbst dadurch einer Last enthoben worden. Heller, lachender Sonnenschein lag über dem Garten. Der „Altweibersommer" hatte sein Regiment angetreten, und er schien es gut mit den Menschen zu meinen. Es war. als wenn er sagen wollte: „Spottet ihr nur! Auch im Alter gibt's Freuden, die das Herz erwärmen und fröhlich machen!" Auf den Beeten stand der Herbstblumen bunte Pracht, die Rotdornhecken hatten weiße Bee ren angefetzt und die Sonnenblumen bau ten an ihren dickgssülltcn Samenkapseln. An den Bäumen hing das Obst in reicher Fülle und die grünen Bäckchen der Aepfel färbten sich mit schämigem Not. Wie schön es draußen war! Martha be schloß, den Vater zu bitten, daß der Kaffee auf der Veranda getrunken werde. Dort kehrte die Sonne gegen Abend noch einmal wieder, und ein zierlicher Gasofen sorgte dafür, daß es mollig warm wurde, wenn der Tag sich nagte und die Dampfheizung nicht für den freigelegepen Raum genügte. (Fortsetzung solgt.) Gelungenes Zpiel. Nach dem Schwedischen von Hans Günther. er Zug hielt mit einem plötzlichen Ruck, der alle Passagiere ohne jede Zeremonie gegeneinander stieß. Werner Brandt ging hin aus, kam aber gleich zurück und sagte, sich zu Fräulein Wangel wendend: „Es ist keine Ursache zur Unruhe, nur eine Schraube hat sich irgendwo an der Ma schine gelöst. Wollen wir nicht aussteigen und während des Wartens ein Weilchen promenieren? Der Mondschein ist so ver lockend." Lisbe.h Mangel sah in ein schönes Ge sicht und dachte bei sich, daß es außer dem Mondschein noch etwas anderes gäbe, was sehr verlockend sei. „Glauben Sie, daß dazu Zeit genug ist?" fragte sie. „Ja, sicherlich. Der Lokomotivführer meint, daß wir von Glück sagen können, wenn wir in einer Stunde wüterkommen." Als sie vor einigen Stunden in den Zug gestiegen, waren sie sich vollständig fremd gewesen. Lisbeth halte niit ewem flüchtigen Blick durch den Korridor einen großen, schö nen, stattlichen,.jungen Mann bemerkt, ta dellos gekleidet, mit einem humoristischen Ausdruck in den dunklen Augen und mit Mienen, die darauf h'ndeutetcn, daß er mit der ganzen Welt auf gutcin Fuße stand. Brandt seinerseits hatte Lisbeth beim Einsteigen beobachtet und gefunden, daß sie „schick" war vom Scheitel bis zur Sohle, und daß ihr entzückendes lachendes Gesicht von wundervollem Blondhaar umrahmt war. Nicht lange nach dieser stummen ge genseitigen Schätzung hatte er das Glück ge habt, ihr eine kleine Börse überreichen zu lönnen, die sie verloren hatte. Während des nun folgenden Gesprächs erfuhr sic, daß er der Werner Brandt war, von dem ihr Bruder so oft gesprochen hatte. Damit schritt ihre Bekanntschaft schnell vor wärts. So verließen sie nun gemeinsam das Abteil und schritten an dem Zuge entlang auf und nieder, in vollen Zügen die reine, frische Luft und die Befreiung von dem engen, staubigen Wagen genießend. Werner war mitten in der lebhaften Schilderung eines seiner tollsten Knaben streichs aus der Schulzeit, und sie hatten ge rade hinter dem letzten Wagen einen Augen blick Halt gemacht, als der Zug ohne ein warnendes Pfeifen sich plötzlich mit einem verächtlich zischenden Puff! Puff! in Be wegung letzte. Einen Moment hielt das Entsetzen über das Unerwartete sie gefan gen, doch wie auf ein gegebenes Zeichen stürzten sie dann beide wie ein paar Wahn sinnige die Geleise entlang. Werner rief so laut, Irre scine kräftigen Lungen es irgend erlaubten, doch vergeblich, der Zug dampfte weiter ohne Unterlaß. „Nein, daS ist ja aber — das ist ja toll! Und dieser Kerl, der Lokomotivführer, sagte mir doch — aber wehe ihm, wenn ich ihn erreiche!" „Ja, aber Ivas wird nun vor allem aus uns? Was um des Himmels willen sollen wir beginnen?" Und sie brach in ein leises Schluchzen aus, das Werner ins Herz schnitt. „Ach, weinen Sie nicht, weinen Sie nicht! Sie begreifen Wohl, wie unglücklich ich über diesen Zwischenfall bin. Und da bei habe ich diesem alten Dummkopf gesagt, daß wir c.ussteigen wollten. Warum in al ler bösen Mächte Namen hat dieser Idiot uns nicht gewarnt?" „Ich sehe nirgends eine menschliche Wohnung. Wir werden wahrscheinlich mei lenweit wandern müssen. Und sehen Sie her!" Sie streckte einen zierlich kleinen Fuß vor, mit dem elegantesten Halbschuh be kleidet, äußerst unzulänglich für einen wei ten Marsch über ungeebnete Wege. „Es sieht ja hier aus, als wären wir am Ende der Welt," fuhr sie mit leisem Zittern in der Stimme fort. „LiÄes Frärlein," begann er hofsnungs- vollor, „ich glaube, wir tun am besten, ein Stückchm diesen schmalen Weg entlang zu gehen, er führt sicherlich zu einem nahen Gehöft, und die Landbewohner sind ja sehr gastfreundlich und gutmütig." Und so machten sie sich mutig auf den Meg über den einsamen, dunkeln, staubigen Pfad. Endlich, nachdem sie glaubten, be reits stundenlang gegangen zu sein, fiel ein Lichtstrcifcn über den Weg und ein finsteres Haus tauchte in ihrer Nähe auf. Ihr Klop fen an der Tür wurde von einer alten, spitz- nasigen Frau beantwortet, die Werners be geisterter Schilderung wenig entsprach. An mutig sah sie wahrlich nicht aus, es blieb abzuwarten, ob sie gastfreundlich wäre. In kurzen Worten berichtete W.rner Brandt von dem Mißgeschick, das ihn und dis junge Dams betroffen und bat um Unterkunft für die Nacht. „Nun, ich könnte Sie vielleicht beherber gen," antwortete die Alte mürrisch. „Füh ren Sie Ihre Frau herein." „Nein, wir sind nicht verheiratet, wissen Sie," fiel Liesbeth hastig ein, „wir — — wir — " „Hm, hm!" Ganze Bände hätten keine tüserc Verachtung ausdrllcken können. „Ich habe mich geirrt, ich habe kein Zimmer frei." Und die Tür wurde mit einer Bestimmtheit zugeschlagen, die kein weiteres Parlamentie- ren zuließ. „Solch ein Affengesicht!" rief Werner ent rüstet aus und blickte unruhig auf Lisbeth, gerade zur rechten Zeit, um eine Träne unter ihren Lidern hervorquellen und über ihre Wange gleiten zu sehen. Minutenlanges Schweigen herrschte, wäh rend sie auf dem steinigen Wege weiter- stampftcn. Plötzlich rief Werner ungeduldig: „Wir können uns doch wirklich nicht die ganze Nacht hier auf dem verwünschten W:g aushalten. Alles, was wir gebrauchten, ist ein Platz, um auszuruhcn, bis das Tages licht kommt. Van den aufgeklärten Menschen in dieser Gegend ist aber scheinbar nicht viel zu erwarten," rief er bitter. „Können Sie eine Rolle spielen? Sicher können Sie es. So wollen wir an dem nächsten Hause, falls wir wieder eins finden, dessen Komödie spie len. Da sagen wir, daß wir Herr und Frau — Werner Brandt sind, nicht wahr? Wir brauchen ja nur ein Dach über dem Kops, bis es tagt. Aber das können Sie vielleicht nicht? Sie werden sicher alles verderben." „O nein, bestimmt nicht!" Sein miß trauischer Ton reizte sie. „Ich spiele sehr gut Komödie, das habe ich schon öfter als einmal in unserm Dilettantentheater bewie sen, und dann bekam ich immer eine Un menge Blumen und Hervorrufe. Es wird schon gehen!" „Soo!" Sein etwas verächtlicher Ausruf verletzte und stachelte ihren Stolz. „Da ist endlich wieder ein Licht! Also denken Sie nun beständig daran," sagte er stehcnbleibend langsam und nachdrücklich, „daß Sie Frau Werner Brandt sind. Alles übrige macht sich von selbst." „Aber," warf sie matt ein, „wir — das wird — ich verstehe nicht." „Seien Sie ganz ruhig. Ich werde alles so arrangieren, daß Sie nicht geniert sein sollen." Als auf ihr Klopfen von drinnen Schritte hörbar wurden, beckann Lisbeih Plötzlich in so verändertem Ton zu sprechen, daß Wer ner überrascht aufblickte. * „Wenn du auch nur einen Funken Ver stand hättest, wäre das nie passiert! Solch ein Einfall, meilenweit zu wandern und mein Kleid und meine Schuhe so zu ruinie ren. Ja, solche Dings hat man zu erwarten, wenn man einen Dummkopf heiratet!" Und sie wandte der ihnen öffnenden Frau ein rotes, ärgerliches Gesicht zu. Werner hatte sich kaum so weit erholt, daß er sein Anliegen Vorbringen konnte. „Wenn meins Frau und ich nur ein Paar Stühle in Ihrer Stube bekommen, sind wir Ihnen dankbar," fügte er seiner kurzen Erklärung hinzu. „Bei Tagesanbruch machen wir uns wieder auf den Weg." „Gern, gern, treten Sie nur ein." Und die freundliche Frau öffnete die Tür zu einem behaglichen Zimmer mit etlichen be quemen Lehnstühlen. Werner entschlüpfte ein Seufzer der Er leichterung. „Nun möchten Sie sich Wohl auch gern ein wenig stärken?" fragte die Frau gütig. „Bitte nur um einen erquickenden Trunk!" „Herzlich gern, liebes Kind. Sie sind ja meilenweit gelaufen, Aermsts. Aber warum blieben Sie nicht bei Schreiners? Sie feuer gerötet, und aus der Küche tönte eine silberhelle Stimme: „Darf ich jetzt anrich ten, Mutter?" „Los, Röse! Sie sehen ganz verhungert aus," rief die Försterin zurück. Die erste Fracht Klöße und Wildbret wurde mit rührender Andacht willkommen geheißen. Und dann der köstliche Anstich, die Schilderung der Erlebnisse, die ost et was gewagten Späßchen der Jäger — und draußen vor der Türe die stattliche Strecke. Dieses Raubtisrvergnügen beim Anblick des gefällten Wildes, das Wühlen in dem wei chen Pelz des Fuchses, das Gcwichtprüfcn und Schußerklären! Hochmeier gab einen Prächtigen Wirt ab. Er war liebenswürdig und herzlich, und der ungezwungene Ton, der an der Tafel herrschte, wurde von der stattlichen Försterin und ihrer hübschen Tochter unterstützt. Ein paar Mal wetterleuchtete es freilich in den scharfen Augen des Försters, als der neue, fremde Gast, Herr Jessen, allzu vertraulich mit der blonden Röse schäkerte. „Der wird nicht wieder eingeladen!" raunte er seiner Frau zu. Die Stimmung stieg. Das Bier war ausgezeichnet, der Durst desgleichen. Aber Berthold Sturm konnte dennoch die richtige Freude nicht finden. Die Anwesenheit seines Konkurrenten verdarb ihm die Laune. Es war ihm ein Rätsel, daß Herr J?ssen sich in so auffälliger Weise mit den Propeller- fabrikanten Große befreundete. Scharf äugte er hinüber. Da sah er plötzlich, wie Große auf eine Frage Jessens eine abwehrende Bewegung machte und zugleich etwas von ihm äb- rückte, sich seinem anderen Nachbar zu wandte und mit diesem ein lebhaftes Ge spräch begann, dessen lustiger Inhalt bald dem ganzen Tischgespräch die Richtung gab. Jessen sah vor sich hin, verbissener Grimm verzerrte seine Züge. Das machte Berthold Sturm froh und auch zugleich neugierig. Was mochten die Beiden mit einander gehabt haben? Wenn er doch dahinter kommen könnte! Röse wanderte um den Tfch und schenkte die Humpen voll. Als sie an J.ssensSü'e stand, trat plötzlich der alte Hochmeier da zwischen. Seine gefaltete Stirn kündete nichts Gutes. „Herr Jessen, die Jagd ist aus," sagte er mit scharfer Betonung. „Sie sind nicht in einer Berliner Straße zur Nachtzeit, son dern im Hause des Försters Hochmeier. Und wenn s Ihnen da nit gefällt und Sie sich nach Berlin zurücksehnen — bitte sehr, ich hab' nichts dagegen. In einer halben Stunde geht ein Zug ab." Jessen war rot im Gesicht vor Zorn. Aber er gab keinen Laut von sich, lächelte gönnerhaft und verneigte sich schweigend vor der Runde. Mit hallenden Schritten verließ er das Zimmer. Gleich darauf hörte man draußen den Wagen daoonröllsn, der den unangenehmen Gast zum Bahnhof fuhr. „Nun soll's erst gemütlich werden," sagte Hochmeier mit Lachen. „Kommen Sie nur, lieber Freund, kommen Sie! Sie werden sich doch vor Ihrem Landsmann nicht fürchten?" Sturm folgte dem Winke des Försters mit gemischten Gefühlen. Die Abneigung gegen den Konkurrenten schwand allmählich unter der Einwirkung des prächtigen Bie res, mit dem das Försterröschen nicht kargte. Und die Neugierde, vielleicht etwas von seinem Nachbar über das Gespräch mit Jessen zu erfahren, das zwischen den Beiden anscheinend eine so große Verstimmung her vorgerufen hatte, überwog alle Bedenken. „Warum nicht?" sagte er leichthin und nahm, sein Glas in der Hand, neben Groß: Platz. „Prosit. Herr Nachbar!" „Prosit," gab dieser laut und anscheinend gar nicht unfreundlich zurück. Die Gläser klangen dumpf aneinander und wurden mit kräftigen Zügen geleert. Fast gleichzeitig klappten die Böden auf die ! weißgescheuerte Tischplatte. „Wir bringen gute Amte heim," wandte sich Sturm an den Konkurrenten. „Her mannswalde wird staunen. Ich glaube, wir zwei haben das meiste Glück gehabt von allen. Hermannswalde geht voran." „Immer und in allen Dingen," sagte Große mit Bedeutung. „Aber es muß mit ehrlichen Waffen st in. Ich rede, wie ich es meine, Herr Sturm. Ihr 'Herr Sozius j scheint klumms Wege zu lieben. Hüten Sie sich vor ihm!" „Was wollte er denn von Ihnen?" frag e Sturm keck. Es war immer seine Gewöhn- ! heil, grade auf's Ziel loszugehsn. „Er hat mir Geld angeboten," verriet! Große. „Da mache ich nicht mit. Lieber! mit eigenem Gelds Herr sein, als Diener fremden Geldes," das ist meine Meinung, j Es gibt auch einen Kampf, der ehrlich ist: der Kampf um die höchste Leistungsfähig keit!" Seine Augen blitzten zu Sturm hin über. „Wir sind einen guten Sprung vorwärts ! j gekommen, und werden bald an der Spitze j , sein," versicherte S urm mit dem Stolz des- j jenigen, der bereits auf errungene Erfolge j blicken kann. „Ich versage Ihnen meine Achtung nicht," erwiderte Große. L>ein Blick wmds freuno- licher, wohlwollender. Der junge Mann da i gefiel ihm jetzt noch mehr als früher. Das Sichere, Selbstbewußte, das ihm einst ge- > fehlt hatte, als er noch ein Suchender war, sagte dem Fabrikanten zu. Strebsame jun- ge Leute fanden immer seine Sympathie. „Wir werden uns den Geldmann dsm- nächst auch wieder abstoßen, Herr Große! i Es war ja nur ein Notbehelf. Jetzt können wir auf eignen Füßen stehen." „Es ist fürwahr nicht leicht," seufzte Große. Sturm sah den Konkurrenten erstaunt ! an. Noch nie war es ihm in den Sinn ge- i > kommen, daß Jener auch Sorgen haben z könne, genau so wie er und Kleine. Und ! ! daß die junge Firma der alten Sorgen be- I j reitete, bekümmerte ihn in diesem Augen- ! > blick fast. Er mutzte daran denken, datz cs ihm einst wohl auch so gehen werdet daß Andere kamen, die ihm den schwer errunge- , j nen Bissen neideten. Das Leben ist wie j die Jagd. Ein Jeder strebt allein nach der? - besten Beute. Mancher wird zu Tode gc- - hetzt wie ein Stück Wild. Das blonde Röschen kam schon wieder! mit dem gefüllten Bierkrug. Der Dicks am anderen Ende des Tisches gab eine un glaubliche Schnurre zum besten von seinem i Dackel, der klug sei wie ein Mensch. Sie j glaubten es ihm alle nicht, aber sie lachten aus vollem Halse. Auch Große und Sturm lachten mit. Dann griff der Lange zur Zither. Trau lich klangen die zirpenden Töne durch Ven i ! raucherfüllten Raum, durch die geöffneten I Fenster hinaus in den dunklen, schweigeirden Wald. „Jetzt sing' ich Schnadahüpferl," krähte er mit Heller Stimme. „Heruntcn leicht Jaga derragst Auf Henna und Has'n und Fix, Wo drob'n aber 's Edelweiß wachst, Da taugn die niehreren nix. Aber i bi dabei, Denn „wie höcher, wie lieber" des is Mei Spruch alleweil!" Zum Schluß aber sang Röschen eins ihrer frischen Lieder. Lieblich klang ihre Stimme: „Und wenn es nicht um's Jagen wär' Als frei im Holz zu streifen, Zu lauschen, wie der Kuckuck ruft Und wie die Finken Pfeifen, Zu atmen frischen Lannenduft, Und taugelühlte Morgenluft, Es wär' genug der Lust dabei Zum Lob dec Jägerei!" Die milde Herbstnacht -vob ihre Schleier um das freundliche Försterhaus. Martha Große deckte den Eßtisch. Sie j tgt es mit der ihr eignen Anmut und Zier- ! lichkcit. Die letzten Rosen des Garpens hatte sie abschnittcq, damit sie dem Schmucke der Tafel dienten. Blitzendes Geschirr, fun kelnde Gläser standen auf der weißleuchten den Decke. Es war ja auch heute ein Tag, wie er in der jetzigen schweren Zeit zu den Seltenheiten gehörte: einer der von ihrem Vater erlegten Hasen sollte zum Schmause dienen, und der Vater hatte dazu sogar einen Gast eingeladen. Wer es war, den er erwartete, das hatte er nicht gesagt. Martha vermutete. Laß es einer seiner Geschäftsfreunde sei. Vielleicht war cs ein Flieger, der draußen im Felde die Kraft und Güte der Großepropcller er probt hatte und nun zum Vater gekommen war, um ihm von seinen Flügen zu er- zählen. Es war schon öfters vorgekommen, daß solche seltnen Gäste an der Tafel weil ten und sich des gemütlich.n und behaglichen Heims der reichen Fabrikanten erfreuen durften, der dann alles daran setzte, um ihnen die Stunden angenehm zu gestalten. Ja, in Fliegerkre'isen galt es als ein be sonderer Vorzug, wenn inan bei Große in Hcrmannswalde zu Tisch geladen war. Die Damen brachten, trotz der knappen Zeit auf dem Lebensmittelmarkte, immer eine ganz erlesene Speisenfolge zustande. Martha stand sinnend vor dem gedeckten Tisch. Der Braten geriet prächtig; lieblicher Duft, der der Küche entströmte, verriet es. i Dazu sollte Rotkohl gereicht werden, vor her gab es eine hwzhaste Tomatensuppe und i als Nachtisch Apfelkompott und Preissel- ! beeren. Sogar ein kleiner Kuchen konnte i gebacken werden. Des Vaicr hat e ein Pear Flaschm seines herrlichen Rotweins aus dem Keller ge holt, den cr für besonders festliche Gelegen- Heiken opferte. Es mußte also ein beson- ! ders willkommener Gast sein, der erwartet wurde. Martha legte die Hand auf's Herz. Wenn es nur nicht dieser entsetzliche Herr Jessen war, der schon einmal bei ihnen ge- i Wesen Und sie mit seinen fadm Schmeiche- ! leien und Redensarten gequält hatte! Es i war ihr unerklärlich, wie ihr Vater zu die sem unangenehmen Menschen hatte Sym pathie fassen können. Aber dann fiel ihr j ein, daß ihr Vater erzählt hatte, wie dieser t (üv-r Lci:e -L.-