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nicht mehr an dir. Du bist so ruhig und siehst über die hübschen Mädchen weg, als wären es Zaunpfähle. Gott, wenn ich wüßte, wer es ist! Aber natürlich, du sagst es nicht, dazu kenne ich dich schon gut genug. Hübsch muß sie sein und gescheit, und um die belustigtes, halb ärgerliches Gesicht vor bei Kenntnisnahme dieses Impromptus. Diesmal aber ist es etwas anderes, der Versucher fehlt, ich bin allein; und fände ich auch Gesellschaft, ich wäre doch in wenigen Tagen wieder hier. Freilich, die Stunde kann ich dir nicht bestimmen, ich will recht con amor-e reisen." „Wie bist du so schön, o, du weite, weite Welt!" singt Gerhard Palmer vor sich hin, wie er den Nachen verläßt und zu wandern beginnt, nicht zu rasch, nein, mit ruhigem, gleichmäßigen Schritt; er ist ein guter Gebirgswanderer; er weiß, daß man seine Kräfte zu Rate halten muß und nicht anfangs gleich zu rüstig ausschreiten darf, soll man nicht bald ermüden. Ein an malerischen Schönheiten reiches Bild bietet der Gang über den Kesselberg — und nun gar in dieser strahlenden Frühlings pracht! Was gilt es Gerhard jetzt, daß Busch und Baum rings umher das verrufene „Giftgrün" tragen, das den Malern so antipathisch ist, weil sie es nicht gebrauchen können für ihre Land- schäften. Der Wind rührt leicht in den Zweigen und schüttelt blitzende Tautropfenschauer auf ihn herab — es belebt sich der Wald — im Baumgrun hüpft und schlüpft es, singt und klingt es. Jetzt ist er bei dem Wasserfall angekommen, er kennt ihn von früher, und Wie er sein Rauschen hört, lächelt er, trocknet sich die Stirn — denn es beginnt warm zu werden — und eilt ihm entgegen. — Ungestüm stürzt sich das Wasser aus der Höhe herab, — es sickert perlend an den Felswänden nieder, besprengt die üppig grünen Farn kräuter, die ihre feingefiederten Wedel aus jeder Spalte hervor drängen, und sendet dann wieder, von keinem Hindernis aufgehalten, einen kräftigen, eiskalten Strahl nieder, bis dunkle Tannenarme ihn auffangen und seine Kraft mildern. Auf die kahle Brust des Felsens malt der Sonnenstrahl, sich im Wassergeriesel brechend, bunte Regen bogenfarben; und dicht daneben auf schlankem Fichtenast, der von der Erschütterung des Wassersturzes leise zittert, singt eine Schwarz drossel ihr Morgenlied und flüchtet nicht, als sie Palmer gewahrt; wie schwarze Perlen blitzen des Vögleins Augen und wieder schickt es seine schönsten Triller zu dem Wandersmann hinüber, der regungs los steht, um es nicht zu verscheuchen. — Weiter, weiter, bergauf, immer bergauf — die Sonne steigt, der Wald wird lichter, der Weg allmählich eben; wilde, frühblühende Rosin nicken am Wege, Gerhard bricht ein Sträußchen und steckt es an den Hut — er kennt sie wohl. Das sind die Rosen de» Walchensees. Noch hundert Schritte, dann ist es erreicht. Tief melancholisch wie em Gedicht der Einsamkeit ruht der tiefgrüne See geheimnisvoll in des Gebirges Umarmung. Selbst jetzt im hellsten Sonnenschein lag er weltfremd und traurig, voll schwermütiger Poesie da, das Master so dunkel gefärbt, daß man den Gebirgsbewohnern glaubt, wenn sie erzählen, der Walchensee sei unergründlich tief und gebe nie ein Menschenleben, das in seinen Wassern zu Grunde gegangen, wieder. Gefährlich ist er wegen der Stürme, die sich in unglaublich kurzer Zeit über dem Wasserspiegel zusammenziehen und in wildem Wirbel einander bekämpfen, da sie aus dem rings verschlossenen „Gerhard, was heißt con amoi-e auf deutsch?" „Wörtlich übersetzt heißt es: mit Liebe." Er hielt einen Augenblick inne, im stillen betroffen, wie gut das stimmte. „Für gewöhnlich versteht man darunter ein behagliches Sichgehenlassen ohne Hast und Unruhe." „Nun, das ist dir zu gönnen nach der angestrengten Arbeit der letzten Zeit, du bist sehr fleißig gewesen, mein Sohn. Daß du mir das Bild des toten jungen Mädchens, das du begonnen hast, nicht zeigen willst, tut mir sehr leid; aber sei es. Ich will geduldig warten, bis es fertig ist." „Diese Entsagung ist zu loben, liebe Mutter. Und nun — vergiß nicht, die neuen Eichenholzmöbel für das Speisezimmer genau so aufstellen zu lassen, wie ich es dir angegeben; die Teppiche werden ebenfalls morgen ankommen." Die alte Frau schüttelte den Kops. „Wenn ich wüßte, was in dich gefahren ist. Nichts bei uns ist dir mehr gut genug; die alten Möbel waren doch noch so hübsch, du lobtest sie vor ein paar Monaten selbst noch. Lieber Gott, du kannst es ja haben; wer so viel Geld verdient wie du und ein solides Vermögen besitzt, braucht sich nicht zweimal zu besinnen; und besser ist es immer, sich seine Häuslichkeit schön auszustatten und sein Geld in Möbeln anzulegen, als in diesen schauderhaften Spiel höhlen zu vergeuden, von anderen Lastern ganz zu schweigen. Mich dünkt aber, für uns beide war das Bisherige fein genug — du bist mehr im Atelier als daheim, und ich alte Frau wage es gar nicht, mich im Salon auf die Polster von gepreßtem Samt zu setzen —" „Vielleicht kommt mit der Zeit eine junge Frau darauf zu sitzen," meinte Gerhard philosophisch. Frau Palmer hätte beinahe eine Karaffe mit Wein, die sie in der Hand hielt, fallen lassen; ihre Augen wurden ganz groß und eine rasche Röte färbte ihre Wangen. „Gerhardchen, Gerhardchen, ach Gott, was hast du gesagt? Sprich es noch einmal aus, mein einziger Sohn, daß du deiner alten Mutter die große, große Freude machen willst. Nein, ich muß mich setzen, mir ist der Schreck in die Glieder gefahren, ich zittere an Händen und Füßen. Und ich dachte bestimmt, ich erlebte eS dir. Du bist so ruhig und siehst über die hübschen als wären es Zaunpfähle. Gott, wenn ich wüßte. Oreisrötsel-Losnng. E Ei Eis Eins Bins- Sieben Eisbein Es gingen im ganzen 32 Lösungen ein und zwar: 22 aus Wilsdruff, 4 aus Grumbach, 3 aus Birkenhain, je 1 aus Limbach, Lampersdorf und Mittenwalde- Sämtliche Lösungen waren richtig. Gezogen wurde Nummer 18 mit der Unterschrift: Charlotte Krüger, Mittenwalde (Mark). Gewinn: Gedichte von Avelb. v. Chamisso. Dresden erhielt kürzlich von seinem Chef Auftrag, 13000 Mark Versicherungsgelder bei einem Bank hause einzuzahlen. Er zählte dieses Geld im Bankhause auf und erhielt eine Quittung über die Einzahlung des Betrages, die er seinem Vorgesetzten ablieferte. Am Abend fehlten aber dem Kassierer der Bank 13000 Mark am Kassenbestand. Es entstand nun der Verdacht, daß der Kassenbote das erst aufgezählte Geld mit der Quittung unbemerkt wieder an sich genommen habe, was er aber in Abrede stellt. Der Kastenbote wurde in Haft genommen, doch ist es bisher noch nicht gelungen, über den Verbleib der 13000 Mark irgend einen Anhalt zu finden. Vorgestern nachmittag fand, wie aus Dresden ge meldet wird, unter sehr zahlbeicher Beteiligung auf dem Loschwitzer Friedhöfe die Beisetzung der Freifrau Eleonore von Ende geb. Gräfin von Königsdorfs statt. Die Ent schlafene war die Schwiegermutter Friedrich Krupps, deS verstorbenen Essener „Kanonenkönigs". Friedrich Krupp wurde in der Blascwitzer Kirche getraut. Der Reichstagsabgeordnete für Leipzig-Stadt, Justiz- rat Dr. Junck, hat sein Amt als Stavtocrordneten-Vor- steher, wie überhaupt als Stadtverordneter nieder gelegt. Bet dem Wettbewerb für das Empsangsgebäude des neuen Zentralbahnhofs in Leipzig sind 75 Entwürfe eingegange«. Die Entscheidung ms Preisgerichts, dem 49 000 Mk. für Preise zur Verfügung stehen, ist Anfang Juni zu erwarten. Die Baukosten dürsen 5800000 Mk. nicht überschreiten. Bei der gestrigen Besichtigung des 78. Artillerie-Regi ments in Würze« durch den Divtsinnskommandeur Generalleutnant v'Etsa hatte der Regimentskommandeur v. Pflugk das Unglück, mit dem Pferde zu stürzen. Er erlitt einen Armbruch und mehrere Verletzungen am Kopfe. Einem Großfener sind in Hohe«fteitt-Er«ft- thal, wie bereits kurz gemeldet wurde, 5 Wohngebäude und 1 Hintergebäude nebst Werkstellen und Niederlagen zumOpfer gefalle«. Kurz vor 12 Uhr nacht« brach im Hinter gebäude des dem Oekonom Paul Bauer gehörigen Hauses an der Bikmarckstraße ein Brand aus, der sich infolge der hölzernen Bauart des Hauses sofort dem benachbarte« Grundstück des Kohlenhändlers Eifert mitteilte, sodaß Betrachtung zum Pfingstfest. Apostelqesch. 2, 1. Und als der Tag der Pfingsten erfüllet war, waren sie alle ein mütig bei einander. Nicht gleich nach der Himmelfahrt Christi ist der heilige Geist über die Apostel gekommen, sondern „als der Lag der Pfingsten erfüllet war," an welchem Israel daS Gedächtnis der Gesetzgebung auf dem Berge Sinai zu feiern pflegte. So wird die Verheißung gewiß erfüllt, die Zeit aber, welche Gott dazu bestimmt, muß man in Geduld abwarten Je länger sie verzieht, desto lieber ist sie, wenn sie kommt. Auf einen guten Freund wartet man oft lang, und er bleibt doch endltw aus. Gott kommt gewiß, warte nur. Am Tage der Pfingsten mußte aber der heilige Seist kommen, zum Zeichen, daß das Evangelium zwar erlöse vom Fluche, aber nicht auf- hebe den Gehorsam deS Gesetzes; daß ek dasselbe viel mehr mit dem Geist deS lebendigen Gottes nicht in steinerne Tafeln, sondern in fleischerne Tafel« des Herzens schreibe. Wer den Geist Christi nicht hat, der hat rin steinernes Herz, ist hartnäckig und widerspenstig; eher sollte man Wasser aus einem Stein, als aus ihm einen willigen Gehorsam bringen. Sobald aber der Seist Christi in die Seele kommt, gibt er ein fleischern Herz, das sich gern lehren, weisen und durch Gottes Gesetz regieren läßt. Die Apostel waren alle versammelt in einem Hause. Die den heiligen Geist empfangen wollten, dürfen nicht verlassen ihre Versammlung. In der Kirche wird das Wort gepredigt, wodurch der heilige Geist die Herzen anfeuert. Wer die Versammlung versäumt, achtet des heiligen Geistes nicht. Wir sollen den heiligen Geist empfangen nicht in der Zerstreuung, sondern in der Ver sammlung. Auch wenn nur zwei oder drei im Namen Jesu versammelt sind, soll sein Geist mitten unter ihnen sein. Darum sprich nicht, ich kann daheim auch GotteS Wort lesen, brauche keine Versammlung zu besuchen. Wer so denkt, verachtet das Amt des Geistes und liest, was er liest, ohne den heiligen Geist. Die Diener vom Wort sind Gottes Mithelfer; wer ihre Hilfe verwirft, der ver wirft die Hilfe Gottes. Das Lesen der Schrift soll den öffentlichen Gottesdienst nicht aufheben, sondern vielmehr befestigen. — Soll nun der heilige Geist zu dir kommen, so müssen die Gedanken in dir beieinander sein, nicht in der Welt umherlaufen, der eine dieser, der andere jener Eitel keit nach. Wie willst du den Geist des Herrn finden, wenn du dich selbst verloren hast? — Alle ader, die sich versammeln, daß sie beten und Gott loben, müssen ein Herz und eine Seele sei«. Zuvor allen Groll und Haß hinaus- stoßen, ehe man zum Tempel kommt! Der Tempel ist ein Bethaus: im Gebet aber muß man aufbeben reine Herzen und Hände, Herzen, die rein sind vom Zorn, Hände, die rein sind von Blut. Wer da« Wort, das zur Liebe nahmt und den Zorn straft, im Groll anhört, der hört es zum Gericht. Die den heiligen Geist empfangen wollen, müssen fleißig sein zu halten die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens. Darum lasset doch, liebe Christen leut, wenn möglich immer Frieden sein; traget das Oel- blatt de» Friedens immer im Herzen, tragt es im Mu«v, so wird der Geist GotteS bet euch wohne«. Aus Sachsen. WilSdruff, den 17. Mai 1907. Staatsmtnister Dr. Otto u»d Gemahlin in Dresden geben die Verlobung ihrer Tochter Eva mit Herrn Andrea Corradini in Neapel bekannt. Der Kassenbote einer Versicherungsgesellschaft in OMM für MMW Beilage zu Nr. 55. Sonnabend, 11. Mai 1907.