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WMlt ßk UMM und Amgegend Amtsblatt 1 6«. Jahrg No. 83. Donnerstag, de« 18. Jnli 1907 Erscheint wöchentlich dreimal and zwar DienStagS, Donnerstag- und Sonnabends. B«oaSpreIS vierteljährlich 1 Mi. 30 Pfg., durch die Post bezogen 1 Mi. 54 Pjg. Fernsprecher Nr. 6. — Telegramm-Adresse: Amtsblatt Wilsdruff. Mr die Kgl. Amtshauptmannfchast Weihen, Mr das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrat ru Wilsdruff, fovne Mr das Kgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanueberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grunv bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Kefselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf Pohrsdorf, Röbrsdorf bet Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kefselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Wetstropp, Wtldberg. Druck rmd Verlag vou Zschunke » Friedrich, Wilsdruff. Für die Redaktiou undde» amtlichen Teil verantwortlich: Hugo Friedrich, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Inserate werde« Montag», Mittwochs und Freitag» bi» spätestens 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 15 Pfg. pro viergespaltene Korpuszelle. Außerhalb des Amtsgenchtsbezirks Wilsdruff 20 Pfg. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 Aufschlag. politische Rundschau. Wilsdruff, 17. Juli 1907. Deutsches Reich. Staatssekretär Dernburg hat am Sonnabend vormittag Berlin verlassen, um seine Reise nach Deutsch-Ostafrika anzutreten. In seiner Begleitung befinden sich der Chef des Kommandos der Schutztruppen, Oberstleutnant Quade, der Geh. Baurat Baltzer und Rittmeister Graf Henckel o. Donnersmarck. Zur Verabschiedung hatten stÄ, wie „Wolffs Bureau" meldet, neben dem Unterstaatssekretär in der Reichskanzlei, Herr v. Lebell, und den Familienangehörigen der Aus- reisenden die Beamten des Reichskolonialamtes und die Offiziere des Kommandos der Schutztruppen fak voll- zählig eingefunden. Die Rückkehr des Staatssekretärs Dernburg wird voraussichtlich in der ersten Hälfte des November erfolgen. Seine Vertretung führt bis zu der Anfang Oktober in Aussicht stehenden Rückkehr des Unter staatssekretärs v. Lindequist aus Südwestafrika der Direktor im Reichskolonialamt Dr. Conze. Ueber die Verlängerung des Dreibundes erfährt der römische Korrespondent der „Neuen Freien Presse" authentisch folgendes: Das Bündnis zwischen Oesterreich-Ungarn uno Italien wurde im Juli 1902 auf die Dauer von 6 Jahren ab geschlossen, somit hätte das Bündnis eine Geltungsdauer bis Juni 1908 In dem Bündnis war die Bestimmung enthalten, daß es noch weitere 6 Jahre Gültigkeit habe, wenn es nicht ein Jahr vor dem Ablaufstermin gekündigt werde. Da die Kündigung im Juni 1907 nicht erfolgte, geht das zwischen Oesterreich-Ungarn und Italien geschlossene Bündnis so mit bis Juni 1914. Die gleichen Bestimmungen gelten auch für das Bündnis zwischen Deutschland und Italien, somit ist der ganze Dreibund bis Juni 1914 verlängert. Damit meldet der Korrespondent des Wiener Blattes keine große Neuigkeit. Daß der Dreibund bis 1914 ver längert ist, wußte man schon aus früheren Veröffentlichungen. Bebel und seine Erbschaft vor dem Richterstuhl des Parteitages? Die „Deutsch. Nachr." lassen sich aus Essen melden, dem Abgeordneten Bebel sei auf dem sozialdemokratischen Parteitage eine recht fatale Ueberraschung zugedacht. Einige dortige Genossen verlangten nämlich, daß endlich ein Parteitag ihn dafür zur Rechenschaft ziehe, daß er das Kollmannsche Erbe zum größeren Teil in seine Tasche gesteckt hat. Das genannte Blatt schreibt weiter: Bebel selbst hat bekanntlich gesagt, dieses Erbe — über 200000 Mark — sei eine ihm ganz persönlich zugedachte Belohnung für die guten Ratschläge, die er ^dew Ingenieur Kollmann gegeben habe, und dafür, daß er sich seiner im Reichstage so entschieden angenommen habe. Die Genossen in Essen wenden dagegen ein: „Wenn Kollmann Bebels guten Rat wirklich mit 200000 Mark honorieren wollte, so war er wirklich, wie dievon ihm enterbten Verwandten behaupten, verrückt, sein Testament also nicht maßgebend: und für das im Parlament von ihm Geleistete darf der Abgeordnete eine Bezahlung oder Belohnung überhaupt nicht annehmen. Man zweifelt aber nicht daran und hält dies auch für die Ueberzeugung sämtlicher Parteigenossen, baß das Erbe der Partei zugedacht war und Bebel nur formell als Erbe eingesetzt wurde." m Bebelsche Erbschaft gar manchen in der Partei tüchtig verschnupft hat, ist nichts Neues; man hätte es gar zu gerne gesehen, wenn er den ganzen Mammon in den stets weügeöffaetea Schlund der P-rteikass- ge- worfen hätte. Daß aber ein paar armselige Nörgler ihn deshalb stellen können, ist eine lächerliche Vermutung und die Delegier en selber werden sich schöa hüten, die Nase darein zu stecken. Mit Bebel ist bekanntlich nicht gut Kirschen essen. Die KrieaShUttde in Südwestafrika. Die Mitteilungen über den Wert der Kriegshunde in der Praxis, wie sie im Verlaufe der nach drei schweren Jahren jetzt glücklich beendigten Kriege in Südwestafrika veröffentlicht wurden, widersprechen einander mehrfach. Sie lassen aber erkennen, daß die Mißerfolge nur durch unrichtig ausgewähltes Material veranlaßt wurden, während andererseits die Brauchbarkeit bestimmter Raffen, in erster Linie des deutschen Schäferhundes, für Kriegs- hundzwecke immer mehr hervortritt. Ein kürzlich aus Südwestafrika zurückgekehrter Offizier der Schutztruppe erzählt aus seinen darüber gemachten Erfahrungen: „Hunde aller oder gar keiner Rasse, dick gefütterte Damen hunde, Pudel, Jagdhunde und sonstige „Lieblinge", die der Besitzer der Steuern oder anderer Gründe halber los sein wollte und deshalb auf dem Altar des Vaterlandes opferte, kamen damals" — es ist die Zeit im Frühjahr 1904 gemeint, als die Aufrufe zur Stiftung von Kriegs- Hunden durch fast alle deutschen Blätter gingen und die Einsendung von Hunderten durchweg unbrauchbarer Hunde zur Folge hatten — als Kciegshunde angereist. Ich hatte damals einen Schäferhund und einen Atredale-Ter- rier erworben. Mit beiden Tieren war ich vollauf zu frieden, trotz der Hitze und der größtenteils kärglichen Verpflegung versagten sie nie! Ich habe beide Hunde stets bet mirgehabt, auf Patrouille, auf den Märschen mit der Truppe und auf der Jagd; den Schäferhund hatte ich bald so wett gebracht, daß er unsere Esel und selbst die Pferde beim Eintreiben zusammenhalten lernte, auskneifende „Verbrecher" stellte und zum großen Haufen zurücktried. Nachts zeigten beide Hunde sich sehr wachsam, der Schäfer hund ließ niemand in meine Nähe, ohne ihn durch Knurren zu melden, nötigenfalls zu stellen. Nachts patrouillierte er in weitem Bogen um das Lager, jeden Störenfried anmeldend. Auch auf der Jagd war er sehr gut. Er wie der Airedale hatte sich bald eine tadellose, schnelle Quersuche angewöhnt, beide standen fest vor und waren gewandt im Verlorensuchen des erlegten Wildes. Unsere deutschen Schäferhunde erweisen sich nach Bau, Behaarung und Eigenschaften für das südwekafrikantsche Klima geradezu wie geschaffen. Im Apportieren, Verlorensuchen, und Wachsamkeit konnte sich kaum ein Hund mit ihnen messen. Dem kleinen Airedale will ich jedoch seinen Ruhm nicht kürzen, er bemühte sich stets, seinem großen Kollegen gleichzukommen oder ihn zu übertreffen. Als Posten- oder Stationshund ist wohl der Schäferhund geeigneter als drr kleinere Airedale, weil er durch seine Größe mehr Eindruck macht, einen Mann wirksamer stellen kann und durch seine Kraft sicheren Schutz gewährt. An Jtelligenz und Wachsamkeit, Treue und Ausdauer bleiben sich beide wohl gleich." Ausland. General Stöffel wird sich wegen der Uebergabe von Port Arthur demnächst vor einem Kriegsgericht zu verantworten haben. Wie aus Petersburg berichtet wird, ist jetzt die Anklageschrift gegen ihn, sowie gegen die Generale Fock, Reuß und Smirnow veröffentlicht worden; ihr Inhalt ist für die Beschuldigten und besonders für Stöffel selbst geradezu vernichtend. Alle bisher erhobenen Vorwürfe werden durch die Angaben dieses amtlichen Dokoments noch wett Über boten und die ganze Verteidigung von Port Arthur, was die Oberleitung anbetrifft, als eine Reihe von Akten der Unfähigkeit, des Ungehorsams und des Betrugs gegen- über den Vorgesetzten und der Oeffentlichkeit dargestellt. Für die Verbrechen, welche Stössel zur Last gelegt werden, sieht das russische Militärstrafgesetzbuch die Todesstrafe vor. — In Rußland sucht man offenbar nach Sünden böcken, denen man die im Kriege erlittenen Niederlagen aufhalse« kann, um sdie erlittene Demütigung vou sich selbst abschütteln zu können. Den Orden pour is mörKe dürfte Stössel allerdings nicht verdient haben. Ein rnffischer General ermordet. Aus Alexandropol wird gemeldet: Ais General Alichanoff in der Nacht zum Dienstag 2^/, Uhr in Begleitung seines Sohnes sowie der Gattin und der Tochter des Generals Glieboff von einer Festlichkeit in dem Regtmentshause des Regiments Kabacdinsky heim kehrte, wurden an der Ecke der Bekutoff-Straße zwei Bomben unter seinen Wagen geworfen. Durch die Explosion wurden General Alichanoff, die Frau des Generals Glieboff und der Kutscher getötet und der Sohn Alichanoffs und die Tochter Älteboffs verwundet. Ei» gut bewachter Minister. Es mag wohl kaum einen Staatsmann geben, für dessen Sicherheit so umfangreiche Maßnahmen getroffen sind, wie für den russischen Ministerpräsidenten. Den Sommer verbringt Stolypin, wie ein französisches Blatt berichtet, auf einer der nördliche Inseln, und man hat alles aufgeboten, den leitenden Staatsmann vor Atten taten und Mordversuchen sicherzustellen. Die ganze Insel ist mit einem Stacheldrahtzaun umgeben, Tag und Nacht patrouillieren die Geheimagenten und im Abstand von je 30 Schritten zieht sich eine ständige Postenkette längst des Jnselufers. Zur Nachtzeit sind die Ufer durch große elektrische Bogenlampen erleuchtet, deren Jnstalatton gegen 80000 Mark gekostet hat. Elektrische Scheinwerfer suchen das Meer ab, um verdächtige Fahrzeuge bei Zeiten zu ent decken. Wenn der Ministerpräsident seine Sommerwohnung verläßt, um sich nach Peterbof zu begeben, so begleiten zwei Torpedoboote sein Schiff. Ein ansehnliches Netz von Telegraphen- und Telephondrähten, die in einer gepanzerten Zentralstation zusammenlaufen, vervollständigen die Schutz, mittel des Ministerpräsidenten. Eine Pnlvererplosion auf einem amerikanischen Panzerschiff. Das amerikanische Marineamt erhielt durch drahtlose Telegraphie vou dem das Schlachtschiff-Geschwader an der Küste von Massachusetts kommandierenden Kontre- admtral Thomas eine Depesche, welche meldet, daß bei einer Schießübung im Turm deS Schlachtschiffes „Georgia" ein achtzölliges Geschütz gesprungen ist, wobei 17 Personen verwundet worden sind, davon 8 schwer, unter ihnen ein Leutnant und zwei Sekadetten. Kontreadmiral Thomas hat die „Georgia" nach Boston gesandt, um die Verwunde ten ins Hospital zu überführen. Die „Georgia" ist eines der neuesten Schlachtschiffe und erst seit etwa 10 Monaten in Dienst gestellt. Das Schlachtschiff „Georgia" ist in- zwischen in Boston eingetroffen. Durch die Geschütz, explosion haben 5 Mann den Tod gefunden. Weiter wird aus Boston gemeldet: Der Unfall auf dem Schlacht schiffe „Georgia" ist einer Explosion zuzuschretben, die in einem Pulverbehälter erfolgte, als dieser von einem aus der Munitionskammer führenden Aufzug genommen wurde Das Schiff ist nicht weiter beschädigt, nur die Panzer- türme haben durch Feuer, Hitze und Erschütterung ge. litten. Die Seeleute find der Meinung, daß Funken aus dem Schornstein die Explosion verursacht haben. Diese Annahme ist etwas merkwürdig, da die Pulverkartuschen in einem gedeckten Panzerturm von Funken aus dem Schornstein kaum getroffen werden können. Eine weitere Meldung besagt: Von den bei dem Unglück auf dem Linienschiff „Georgia" Verletzten sind in der vergangenen Nacht noch ein Leutnant und ein Matrose gestorben, so daß die Zahl der Toten nunmehr acht beträgt; sechs Matrosen dürfen voraussichtlich auch noch ihren Ver letzungen erliegen. Amerikas Konflikt mit Japan. Die beiden in Kalifornien unter dem Verdachte der Spionage verhafteten Japaner sind wieder frei- gelassen worden, da sich nichts Strafbares gegen sie ergeben hat. Demnach find die Sensationsmeldungen der New-Iorker Presse bei weitem übertrieben gewesen. Außerdem gibt es in dem kleinen Fort von San Diego kaum irgend etwas auszuspionieren, waS die Japaner nicht längst wüßten. Aus Stadt und Land. MitteUauge« a«S dem Leserkreise für diese Rubrik nehme« wir jederzeit dankbar entgegen. Wtl 8 druff, den 17. Juli 1907. — Neue Eisenbahnsignalordnung. Mit dem 1. August werden auf den deutschen Eisenbahnen einheit liche Fahrdienstvorschriften etngeführt. Gleichzeitig tritt auch eine neue Eisenbahnsignalordnung in Kraft, die verschiedene Fortschritte bezüglich der Vereinheitlichung des deutschen Signalwesens aufweist. Unter anderem soll künftig die Ablenkung vom durchgehenden Hauptgleise den Zügen allgemein durch mehrflügelige Hauptsignale angezeigt werden, ebenso sollen für die Wejchensignale einheitliche Formen zur Anwendung kommen. Neu eingeführt wird das sogenannte Gleissperrsignal, das als Sondersignal in verschiedener Gestalt bei einzelnen Verwaltungen schon bisher im Gebrauche war, für das aber jetzt allgemein die bisher in Bayern übliche Form angewendet werden soll. — Wie uns die Handelskammer Dresden mit- teilt, dürfen in Venezuela mit einer Beförderungs- gelegenhett höchstens 4 Postpakete zu je 5 Kg gleichen Inhalts an den nämlichen Empfänger eingehen. Ueber-