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16 verletzt. Fünf der angreifenden Flugzeuge wurden durch unsere Abwehrmittel über unserem Heimatgebiet ab geschossen oder zur Landung gezwungen. Der Erfolg der Angriffe steht dank der guten Arbeit unseres Heimatschutzes in keinem Verhältnis zu den starken Labei eingesetzten Kräften und den vom Gegner erstrebten Zielen. , * Oie Landung auf Oesel. Als der deutsche Generalstabsbericht Anfang September dieses Jahres die kurze Meldung brachte, daß die deutsche Flotte die Rigaer Bucht beherrsche, war vorauszusehen, daß das nächste Ziel der deutschen Heeresleitung die Säuberung der der Bucht im Norden vorgelagerten Insel Oesel sein würde. Die in letzter Zeit von russischen Blättern ge meldete Festsetzung starker englischer Einheiten am Finnischen Meerbusen, namentlich auf den Aalandsinseln und auf den Inseln Oesel und Dagoe, deren Verteidigung, wie es hieß, ganz unter englischen Befehl gestellt worden sei, beweist, Laß man in London das strategische Problem, das durch Lie Eroberung Rigas und der Rigaer Bucht aufgerollt worden war, in seinem ganzen Umfange begriffen hatte. Der deutsche Erfolg trifft daher letzten Endes am schwersten England, dessen Ostseepläne durch die Gewinnung weiterer deutscher Stützpunkte in bedrohlicher Nähe des Finnischen Meerbusens mehr und mehr in sich zusammenfallen. Auf die Operationen zu Lande kann die zunehmende Beeinflussung der livländischen und esthnischen Küste durch deutsche Streitkräfte nicht ohne Rückwirkung bleiben, da der Flankenschutz des rechten Flügels der russischen West front immer schwächer wird, während sich umgekehrt der jenige unseres linken Flügels in demselben Maße verstärkt Die zunehmende Beherrschung der Küste durch unsere Truppen muß die russische Verteidigung beständig weiter nach Osten drängen. Bemerkenswert ist das Interesse, mit dem man in Skandinavien, besonders aber in Schweden die Vorgänge in der Rigaer Bucht verfolgt. So schreibt der militärische Mitarbeiter im „Svenska Dagbladet" u.a.r In dem Augenblicke, da die Deutschen auf Oesel und Dagoe Fuß gefaßt haben, ist die russische Gewalt nach zwei Jahr hunderten wieder von der Ostsee abgesperrt. DaS Fenster, das Peter der Große durch Lie Besiegung Karls XU. von Schweden für Rußland nach dem Baltischen Meer hin öffnete, ist wieder verstopft. Das Neueste über Oesel. _ Berlin, 18. Okt. Die deutsche Unternehmung gegen die Insel Oesel steht im Vordergründe des Interesses. Die Insel stellte einen Flottenstützpunkt dar, den wir uns für die Herr schaft in der Ostsee nicht entgehen lasten bürsten, da ekln russischem Besitz eine dauernde Bedrohung unseres linken Flügels bei Riga war. Obwohl die Ausschiffung der deutschen Truppen besonders im Nordteil der Insel mit manchen Hinder nissen verknüpft war. ging die Landung doch glatt vonstatten, nachdem von unseren Grotzkainpfschiffen die russischen Küsten batterien erledigt worden waren. Unsere Infanterie drang trotz des russischen Widerstandes schnell vorwärts Und nahm Lem Gegner eine beträchtliche Anzahl Gefangene und Ge schütze, darunter verschiedene schweren Kalibers ab. Am 14. Oktober abends war der westliche Teil der Insel von den Russen gesäubert. In Arensburg ist inzwischen bereits eine deutsche Fliegerstation eingerichtet worden. . Petersburg, 16. Okt. Der Marincstab teilt amtlich mit, daß die Deutschen von dem ganzen nördlichen und östlichen Teil der Insel Oesel Haben Besitz nehmen können. Gegen gie Insel Dagoe habe der Feind nur eine Demonstratio« gemacht, ohne sie zu besetzen. Diese Nachricht ist am IS. Oktober in Petersburg aus- gegeben worden, was zu beachten ist. Am 18. Oktober um 1 Lthr mittags wird -ie Zeichnung -er I. Kriegs anleihe geschloffen. Mn ist keine Zeit mehr Zu verlieren, wenn Du -ie Er füllung Deiner Pflicht noch hinaus geschoben hast o-er wenn Du in letzter Gtun-e Deine Zeichnung noch erhöhen willst. Wer jetzt -em Vaterlan- -ie nötigen Mittel versagt, verlängert -en Krieg, u ierstützi -ie Fein-e un- macht sich so unsühnbar schul-ig an seinen Brü-ern im Kel-e. Darum mußt Du zeichnen! Genf, 15. Oktbr. In den Ententeländern bat die Nach richt von der Landung der Deutschen aus Oesel und Dagoe offensichtlich eineu starken Eindruck hervorgerufen. Der mili tärische Mitarbeiter der „Corriere della Sera" hält eine Offen ¬ sive der deutschen Truppen auf Petersburg für wemg wavr« scheinlich. Dagegen sei es sehr wohl möglich, daß die Deutschen sich des Hafens von Reval als Stützpunkt für zu künftige Operationen bemächtigen wollen. lEs ist rührend, wie unsere Feinde bemüht sind, Hindenburg Rat zu erteilen.) Vom Tage. „Auge um Auge, Zahn um Zahn." Auf die echt französische Idee, durch Bombenangriffe auf Süddeutschland Zwietracht zwischen Nord und Süd in Deutschland zu säen, setzt die Münchener Zeitung folgenden Keil: Das wäre eine Vermehrung der bereits ins Unab sehbare angeschwollenen Sündenrechnung der Franzosen, die politische Geschäfte mit Verbrechen machen möchten, aber es wäre auch das sicherste Mittel, um ganz Süd deutschland neuerdings an das alte Wort „Auge um Auge, Zahn um Zahn" zu erinvern und es politisch zu Härten. Daß die Franzosen den deutschen Süden für so beschränkt im wirtschaftlichen Denken halten, er könne je sich wieder vom Meere abschneiden lassen, und könne je wieder auf die Kraft des gesamten Deutschlands beim Einkauf und Absatz seiner Waren verzichten, ist in der Tat ein starkes Stück. ^egl und pflegt äie Meinpresse! Diese Mahnung behandelt Fritz Nieenkemper-Berlin in der „Allgemeinen Rundschau" in München. Er führt darin u. a. aus: Vom Lokalblatt, vom kieinen Blatt, vom Blättchen wird manchmal von oben herab mit Geringschätzung ge- sprachen. Das ist ebenso ungerecht wie das geringschätzige Gerede vom kleinen Mann. Hindenburg braucht den kleinen Mann, um sein- Pläne zur Rettung des Vater landes durchzuführen. Hinter der Front brauchen wir den kleinen Mann, um die Kriegswerkstätten im Gang zu hallen, und die kleine Frau, um nicht dem Hunger oder dem Flecktyphus zu verfallen. So ist auch die Kleinpresse unentbehrlich, um die geistige und sittliche Spannkraft im Volke zu erhalten. Gerade in den breiten Schichten des Volkes von Land und Stadt, die den Mutterboden bilden für die ganze nationale Macht und Herrlichkeit. „In der Heimat, in der Heimat . . ." singen die Soldaten in dem Ltrophenschwanz, den sich der „Gute Kamerad" hat gefallen lassen müssen. Das Heimatgefühl gehört zur deutschen Volksseele, ohne den weltpolitischen Weitblick oder den nationalen Zusammenschluß zu be einträchtigen. Im Gegenteil: wer tiefe Wurzeln hat im engeren Boden der Heimat, schöpft reichliche Säfte und Kräfte für sein Wirken in die Breite und Höhe. Vöm besonderen zum Allgemeinen! Wer klug ist, pflegt bei , sich und seinen Genossen den purzelechten Heimatsinn. I Der Lokalpatriotismus ist eine Tugend; nur in einseitiger und engherziger Uebertreibung schlägt sie auch zum Fehler um. Das „kleine Blatt" gehört zum Hausrat« der an gestammten Gemeinde; es ist die weltliche Ergänzung zu der Kanzel der Heimatkirche, die gedruckte Fortsetzung des Unterrichts in der Dorf- oder Bezirksschule. Es gibt jene innige Fühlung mit der näheren Umgebung, die kein Weltblalt ersetzen kann. Darum sollte auch der Abonnent der größeren Blätter das heimische Blatt daneben halten, nicht allein für seine Hausgenossen, sondern auch für sich selbst. Das Obst aus dem eigenen Garten ist auch am reichbesetzten Tisch besonders lecker und erfrischend. Eine ebenso zeitgemäße Nutzanwendung ist noch die: Schickt den lieben Soldaten neben dem anderen Lesestoff auch das Heimatblatt ins Feld; andauernd und regel mäßig, am besten durch ein Abonnement für die Feldpost, das nur wenige Groschen kostet und sehr viel Freude schafft. Die örtlichen Neuigkeiten werden auch im Kampf gebraus gern genossen, und sogar die Anzeigen wirken dort wie Klänge von den vertrauten Wegen und Plätzen, wie Grüße aus den Nachbarhäusern. Erquickende Er innerungen an die Jugend- und Friedensjahre; heilsame Fortspinnung der Verbindungsfäden! Der Kleinpresse ist die Unterstützung wirklich zu gönnen. Ihre Verleger und Redakteure haben es nicht leicht. Mit beschränkten Mitteln sollen sie viel leisten, denn die Kritiker legen meistens den Maßstab an, der für die größeren Blätter passen mag. Man spricht vom kleinen Blatt, verlangt aber recht Großes an Schnelligkeit, Reichhaltigkeit und Güte des Inhalts. Die Kleinpresse Vas verschwundene Oeltament. Roman von Erich Ebenstein. 47s (Nachdruck verboten.) Also wohl wahrscheinlich jenes Testament oder Be kenntnis, das er vielleicht schon in einer Ahnung des Todes niedergeschrieben hatte. Aber Berner hatte doch gesucht und nichts gefunden! Da fuhr es wie ein Blitz durch Ivonnes Gedanken: Berner hatte in der Bibliothek hinter dem berühmten Tankredbild gesucht. Aber es gab ja noch ein Tankred bild! Im Rittersaal — den jungen Tankred Lultra, dem Klaudio so ähnlich sah! Wenn dieses gemeint wäre? Es lieb Ivonne keine Ruhe: sie mußte nachsehen und das sofort. Jetzt war die beste Zeit. Edine befand sich ja auf der Terrasse und Klaudio war nicht daheim. Von bewohnten Zimmern gab es nur die Senfts nebenan, und den brauchte Ivonne nicht zu fürchten. Sie hatte eine Kerze mitgebracht, zündete aber nun noch ein paar Armleuchter, die auf Wandkonsolen standen, um besser sehen zu können, an. Erst wollte sie das Bild herabnehmen und untersuchen, dann die Wandfläche dahinter. Edine hatte in ihrer nervösen Rastlosigkeit die Terrasse bald verlassen und wandelte unten auf dem Kiesplatz zwischen den Blumenrabatten hin und her. Die bittere Stimmung, welche sie hierhergeführt batte, wuchs von Tag zu Tag. Sie grollte mit der ganzen Welt, hatte keine Erklärung für ihren plötzlichen Besuch gegeben und hielt sich von allem fern. Warum? Vielleicht nur, um Fragen auszuweichen. Weder Klaudio noch die Mutter sollten wissen, wie schro-^ man sie in Fischau gekränkt hatte, wie unheilbar Ler Rch zwischen ihr und Ler Baronin war. „Ich möchte hierbleiben, weil Tante Flora verreisen muß , war alles, was sie bei der Ankunft gesagt batte. Innerlich fühlte sie sich nicht nur verbittert, sondern auch grenzenlos unglücklich. Sie war daheim und dock I eine Fremde. Sie besaß eine Blutter und sand Lev W«r nicht zu ihr, obwohl die Sehnsucht nach einem Herzew dem sie sich rückhaltslos anvertrauen konnte, sie oft wir körper liche Schmerzen peinigte. Denn die stolze kalte Ginne Ivar innerlich sehr weich geworden in der letzten Zeit. Auch jetzt litt sie unter der selbstgeschaffenen Einsamkeit. Sie hatte die Gräfin fortfahren, Klaudio das Schloß ver lassen sehen. Es war so still ringsum, wie tot. Dann sah sie von der Terrasse aus Senft mit Ivonne zurückkehren. Sie gingen so eng aneinandergeschmiegt . . - Das erinnerte Edine plötzlich an einen, der vor einem halben Jahr auch einmal so mit ihr durch den Park von Hirschfelden gegangen war, während Tante Flora mit seiner Mutter plaudernd oben im Teezimmer saß. Damals war sie nicht so einsam gewesen . . . Dann hatte sie ihn übermütig von sich getrieben, indem sie über alles spöttelte, was ihm lieb war. Er fühlte es: Edine wußte dies genau, und dann kam er seltener — wurde kühler — sah sie an mit erstaunten traurigen Augen. Und doch hatte ihr Herz geklopft, wenn er kam oder ging, und während ihr Mund kalte Worte sprach. Und doch war es so schön gewesen damals in Hirschfelden, als die Rosen blühten wie heute und ein sternübersäter Himmel sich über ihnen wölbte, als sie langsam Arm in Arm durch den Park gingen . . . Edine stand plötzlich auf und verließ die Terrasse, um unten den Rosen näher zu sein, die leise mahnend Märchengrüße heraufsandten. Wie süß sie dufteten im Tau und Schweigen der Nacht. Sie stand gedankenverloren am Rand einer Rabatte und starrte auf die vielen Hellen dunklen Blüten, die sich undeutlich aus dem Laubgewirr abhoben. Da fiel ein Lichtstreifen aus einem der Fenster gerade auf das Rosenbeet. Edine blickte ihm unwillkürlich nach und sah, daß er aus dem alten Rittersaale kam. Wer weilte dort zu dieser Stunde? Klaudio war ja noch nicht zurück und die Mutter auch nickt . . . Auf der weißen Stuckdecke bewegte sich jetzt gespenstisch ein unnatürlich vergrößerter Schatten. Es mußte ein weib liches Wesen dort sein. Leise schlich sie über den Kiesweg und öffnete behut sam eine Seitentür, die ans dem Schloß in den Garten führte. Mehrmals hielt sie inne, wenn unter ihr die morschen Stufen knarrten. Endlich stand sie vor der Tür des Rittersaales, aus dem ein schwacher Lichtschein aus den Flur hinausfiel. Auf dem Fußboden unmittelbar unter dem Bilde des Ritters Tankred kniete Ivonne und be mühte sich, nachdem sie das Bild von der Wand abgerückt hatte, ein kleines Kästchen zu öffnen, das dort in die Wand gemauert war. Edine wagte kaum zu atmen vor Staunen und Neu gier. Wie kam jene Verhaßte hier in den Rittersaal und was trieb sie dort? War sie dem Familiengeheimnis auf der Spur? Eben wollte sie den Saal betreten, als vom anderen Ende des Flurs Stimmen laut wurden. Zwei Diener mit Kerzen und hinter ihnen die Gräfin am Arme Klaudios erschienen auf dem Gange. Blitzschnell wandte sich Edine um und trat ihnen entgegen: „Sieh, Mutter, wie deine Gesellschafterin dein Vertrauen lohnt, oder spioniert sie in deinem Dienste?" „Schweig" — gebot Klaudio. In diesem Augenblick ertönte aus dem weiten Saal ein unterdrückter Jubelruf und ehe die Aufhorchenden noch begriffen hatten, um was es sich handelte, kam Ivonne herausgestürzt: erst stutzte sie einen Augenblick, als sie die Gräfin und Lie Geschwister sah; dann aber eilte sie auf die alte Frau zu und rief: „Hier, Frau Gräfin, ist das verschwundene Dokument." Die Gräfin starrte sie fassungslos an, ein Schwindel drohte sie zu befallen, aber Klaudio hielt sie mit starkem Arm. „Jetzt, Mutter, müssen auch die letzten Schleier fallen.' Und als habe die alte Frau aus seinen liebeswarmen Worten neue Kraft geschöpft, richtete sie sich hoch auf und sagte: „Kommt in mein Zimmer. Ivonne, gutes Kind, ick erwarte Sie später." (Fortsetzung folgt)