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tlsdruss bischtal ssaal ; Richter WilsdEer Tsgedlslt 2. M«tl. — Nr. 186 — Freitag, den 10. Aug 1928 Feierstunde Wenns draußen in der Welt iso heimlich Wummech Da draußen vor -den Toren unsrer Slodt, Wenn alt Ler Werftagslärm schon eingeschlummert -Und jeder seine Feierstunde hat, Dann lieb ich's, m die Schleierwelt zu scheu, Die uns die Nacht um das Vergangne webt. Dann träum' ich von dem letzten Schlafengehen, Das auch den Schleier -vor uns hebt. H. Düring. Ehemaliger Großherzog von Badens Im Alter von 71 Jahren. Auf seinem Wohnsitz in Badenweiler ist der frühere Groß- Herzog von Baden, Friedrich II., im Alter von 71 Jahren gestorben. Friedrich II. von Baden kam erst in verhältnismäßig hohen, Alter, im Jahre 1907, zur Regierung als Nachfolger seines Vaters Friedrich I., der mehr als 50 Jahre regiert hatte. Bis 1918 trat Friedrich II. verhältnismäßig wenig hervor, da er seiner ganzen Charakterveranlagung nach ein stiller Mensch war. In den Novembertagen 1918 begab er sich nach seiner Abdankung zuerst ins Neckartal auf das Schloß Zwingenberg, später lebte er in Baden-Baden, Freiburg und Badenweiler, im Sommer auch auf der in dem Besitz der grohherzoglichen Familie gebliebenen Insel Mainau. Baden war eines der ersten Länder, das sich im Jahre 1919 eine neue Verfassung gab. Im unmittelbaren Anschluß hieran wurden, auch tue Beziehungen zum.ehemaligen Herr- Friedrich II., Großhcrzog von Baden ch. Wernaus in nnanzieucr uneylnng geregelt. Viet vemerri wurde die Tatsache, daß bei dem noch nicht lange verflossenen 70. Geburtstag des Grotzherzogs die badische Regierung, die sich bekanntlich mit kurzen Ausnahmen seit 1919 auf eine Weimarer Koalition stützt, dem Großherzog in herzlichsten Worten die Glückwünsche des badischen Volkes übermittelte und hierbei besonders betonte, daß er sich der Achtung und Zuneigung des ganzen Volkes erfreut habe. Der Großherzog war seit sieben Jahren leidend, besonders Porte ihn ein schon frühzeitig sich bemerkbar machendes Augenleiden. Seine ebenfalls erst vor wenigen Jahren ver storbene Mutter war die Tochter Kaiser Wilhelms I. Opfer des Vulkans. Tausend Personen lebendig verbrannt. Infolge des Ausbruchs des Vulkans Rokatinda auf der Insel Paloewch nördlich der Insel Flores wurden sechs Dörfer der Insel durch Brand zerstört, etwa tausend Personen lebendig verbrannt und 6ÜV durch herabfallende Steine verletzt. Durch das Erdbeben, das den Ausbruch des Vulkans begleitete, sind die Küsten der Insel über schwemmt worden, wobei andere Opfer zu beklagen sind. Die ttbriggeblicbene Bevölkerung, etwa 5VVV Seelen, zeigt sich ruhig. Man fürchtet, daß neun Eingeborenenschiffe mit ihrer Mannschaft untergegangen sind. Der Resident von Timor ist unterwegs nach dem Schauplatz der Katastrophe. Ein HM deWer Art M Sitte Oer Turnvaier. Friedrich Ludwig Jahns 150. Geburtstag. Schon das große Turnfest in Köln stand ganz im Zeichen dieses Geburtstages, und nun, da er gekommen ist, hat nicht bloß die Deutsche Turnerschaft, nein, hat alles, was deutsch denkt und deutsch fühlt, mehr als einen Grund, ihn mitzu feiern, denn Friedrich Ludwig Jahn hat sich in schwerer Zeit um die Wiederherstellung des gesunkenen deut schen Volksgeistes und um die Belebung des deutschen Nationalsinnes unter Jungen und Alten unsterbliche Ver dienste erworben, Verdienste, die in ihrer ganzen Bedeutung erst jetzt, wo wir in ähnlich harter Lage sind wie zu den Zeiten Napoleons, gewürdigt werden können. Am 11. August 1778 hat Jahn im Dorfe Lanz bei Lenzen in der Priegnitz das Licht der Welt erblickt. Einer alten Überlieferung seiner Familie folgend, wollte er Theo logie studieren, aber viel ist daraus nicht geworden. Seine Hauptneigung gehörte der Germanistik, aber zu einer Abschluß prüfung scheint er es auch auf diesem Gebiete nicht gebracht zu haben. Trotzdem strebte er 1805 in Göttingen seine Zulassung als Privatdozent der deutschen Sprache an. Ans der wissen schaftlichen Arbeit aber riß ihn die Kunde von dem netten Kamps zwischen Preußen und Frankreich. Er wollte in das preußische Heer einirclen, erreichte es rh?r erst nach der Jenaer Schlacht und zog nun in Deutschland umher, um Sinn und Verständnis für die Notwendigkeit der Be freiung vom Joche des korsischen Eroberers zu wecken. In dieser Zeit entstand auch eines seiner wichtigsten schriftstelle rischen Werke, „Deutsches Volkstum", ein Buch, das sich durch kernige, manchmal freilich auch etwas überschwengliche Sprache auszeichnet. Im Herbst 1809 ging Jahn nach Berlin und wurde 1810 daselbst Lehrer am Gymnasium zum Grauen Kloster und an einer Erziehungsanstalt. In seinem Schmerz um die Demütigung Preußens faßte er nun den Entschluß, die dieHebungundEntwicklungderphysischenund moralischen Volkskraft zur Aufgabe seines Lebens zu machen. Das Mittel dazu glaubte er besonders in der Turnkunst gefunden zu haben; daher eröffnete er 1811 einen Turnplatz in der Berliner Hasenheide. Die Eigenart des Jahnschen Turnens war, daß es neben die Übungen des Laufs, Sprungs, Wurfs, des Schwimmens, Wanderns, Ringens und Fechtens das Turnen an den Geräten stellte: Barren und Reck sind die eigenartigen Geräte des Jahnschen Turnens und mehr oder weniger seine eigene Erfindung. In Februar 1813 trat Jahn mit seinem Freunde und Jünger Friesen als einer der ersten in das Lützowsche Korps ein; er wurde Führer eines Bataillons, jedoch gleichzeitig auch mehrfach von der Regierung zu geheimen politischen Sen dungen verwendet. Nach den Feldzügen hielt er in Berlin Vorlesungen über deutsches Volkstum und wurde vom Staate als Turnlehrer angestellt. Die Zahl der Turnanstalten nach dem Muster der Hasenheide wuchs im Reiche so gewaltig, daß schon nach kurzer Zeit etwa 120 vorhanden waren. Auch an äußeren Ehren fehlte es Jahn, dem „Turnvater", wie er nun allgemein genannt wurde, nicht: die Universitäten Kiel und Jena verliehen ihm die Ehrendoktorwürde. Plötzlich aber kam der Rückschlag: Jahn geriet, weil an dem Wartburgfest 1817 Turner teilgenommen hatten und weil an der ungern ge sehenen Gründuna der Burschenschaften ebenfalls Turner be ¬ teiligt gewesen waren, in den Verdacht eines Demagogen mW es erfolgte die Schließung der Turnplätze. Der „Turnvater" wurde im Juli 1819 verhaftet und nach allerlei behördlichen Schikanen 1821 zu zweijähriger Festungsstrafe verurteilt, in zweiter Instanz aber sreigesprochen. Innerlich gebrochen, /ebte er, da ihm der Aufenthalt in Berlin verboten worden war, von da an in Freyburg an der Unstrut, mit einer Unter brechung von sechs Jahren, die er in Cölleda verbringen Karl Ludwig Jahn, ein Enkel des Turnvaters, der in Amerika Turnlehrer ist und an den Ehrungen auf dem Deutschen Turnfest in Köln für seinen Großvater teilnahm. nutzte, weil er der Jugend ein gefährliches Beispiel gegeben haben sollte. Seine ganze seelische Einstellung verhinderte es, Mß er noch besonders hervortrat. Auch die 1812 erfolgte Auf hebung der Turnsperre brachte ihn nicht mehr vorwärts, venngleich er alle seine Ehrenrechte zurückerhielt. Einen Höhepunkt seines Daseins erlebte er erst wieder im Zahre 1848, wo er vom Naumburger Wahlbezirk in das Frankfurter Parlament gewählt wurde. Hier ist er, der sich zur äußersten Rechten hielt, noch einige Male als Redner aus getreten. Am 15. Oktober 1852 ist Jahn in Freyburg ge- torben. Auf seinem Grabhügel daselbst wurde ihm 1859 ein Denkmal gesetzt, und 1894 wurde auf dem alten Friedhof von »er Deutschen Turnerschaft eine Erinnerungsturnhalle nebst Zahn-Museum erbaut. Noch an vielen anderen Orten gibt es Jahn-Monumente: in Lanz, in Berlin, in Bochum, in Köln »sw. Unvergänglich lebt Jahns Name fort im Buch der deutschen Geschichte als der Name des Mannes, der dem deut schen Volke das Turnen als Volkserziehungsmtttel gab, als der Name eines Herolds deutscher Art und deutscher Sitte, »rutschen Wesens und deutscher Sprache! Ournvater Jabn. Von Carl Kahle. Mögen noch so selbständige Menschen glauben, Neues aufrichten zu können, ohne in den Spuren des Alten zu wan deln, nie wird einem Volke eine Zukunft beschieden sein, wenn es nicht in dem Geiste der Väter forscht und aus deren Tun die Lehren zieht für sein Handeln. Im Wellengang des Schicksals der Völker wiederholt sich gar so oft die Vergangenheit, wenn auch in anderer Form. Was unsere Ahnen nach dem Niedergang von Jena und Auer- städt dnrchzukosten hatten, wir erleben es in zeitgemäß ge steigertem Maße. Lernen wir von denen, die am Eingang des vorigen Jahrhunderts standen und nicht verzagten, als das Geschick einmal wieder hart auf hart gegen deutsches Volkstum Pochte, zu stärken und zu stählen, den Trotz und die Kampfes- freude durch Niedergang heraus zu fordern zum Willen zum Siege, zur Erhebung, zu neuem Aufstieg. Friedrich Ludwig Jahn, damals Wohl nicht ein Mann nach aller Geschmack, zu derb, zu burschikos, zu sehr im Wider spruch zu der würdigen Ueberlieferung eines bezopften und daher reformbedürftigen Zeitalters. Und doch ein Mann, deren es wenige gibt, ein Mann, der gerade durch die Not ge boren wurde zu großer Tat, zu begeisterndem Beispiel, zu er hebender Selbsteinsetzung im Dienste des Ganzen. Der Lnlsrvlv Koman von K. Mller unck KorM von Werthern OokxriLkt bx Ltsrtin keuckUvsnser, Nulls <8ssle) Erstes Kapitel. 5 „Haben Sie die Sahne nicht vergessen, Morrls?" k „Nein, Herr Graf." - Das tadellose Faktotum des Hauses wies mit einer würdevollen Handbewegung nach dem bereits gedeckten Teetisch hinüber, den Franz Trevarrack eben in Augen schein nahm. Er betrachtete mit eingehendem Interesse den zierlichen Blumenstrauß und die Erdbeerschüssel, um dann seiner Zufriedenheit Ausdruck zu verleihen. „Gut, Morris. Nun öffnen Sie noch die Fensterflügel, ' — so ist es recht." Der Diener entfernte sich mit einer Verbeugung. Graf Trevarrack, der im Kreise seiner Bekannten meist schlecht weg „Franzi" genannt wurde, trat vor den Spiegel, um einen prüfenden Blick auf seinen Anzug zu werfen. Er war ein schöner Mann, von südländischem Typus, dunkeläugig, mit dunklem Kolorit und schwarzem Haar. Seine Hände waren zart wie die eines Weibes, dabei aber doch muskelkräftig. Er war schlank, besaß große Elastizität und war kerngesund; zudem war er außergewöhnlich in telligent und gründlich gebildet. Da ihm Geld im Ueber- fluß zu Gebote stand, er nichts zu tun hatte, als sich gut zu kleiden und sich zu unterhalten, da er so liebenswürdig oder so freundlich sein konnte, wie ihm beliebte, war er naturaemäß in erster Linie aus sein eiaenes Bebaaen be ¬ dacht. Er ließ sich von den besten Kleiderkünstlern Londons bedienen und war sorgfältig in der Auswahl seiner Kra watten. Das Resultat seiner Selbstmusterung im Spiegel war folglich befriedigend, und er schickte sich nun an, das Zimmer mit kritischem Blick zu betrachten, um zu er gründen, welchen Eindruck es auf Fremde machen könne. Es war ein schöner Raum, der die Aussicht nach dem Parke bot. Franz Trevarrack besaß künstlerischen Geschmack und hatte stets über reichliche Mittel verfügt, um einige Tausende zur Schmückung seines'Junggesellenheims ver wenden zu können. Bronzestatuetten, Bilder, Majoliken und ein prächtiges Klavier fielen sofort auf; die Fenster zierten grüne Topfgewächse, die einen wohltuenden und gemütlichen Eindruck machten. Jede Vase schmückten Blumen, und vor einem Damenporträt, das auf einer Staffelei stand, bemerkte man einen schönen Rosenstrauß, in einer Jardiniere aus getriebenem Silber. Wenn der Schönheit der erste Preis gebührt, so mußte man ihn diesem holden Mädchenbildnis zuerkennen. Das in Pastellfarbe ausgeführte Gesichtchen, mit seinen zarten, rosigen Wangen, den tiefblauen, von schwarzen Wimpern beschatteten, unschuldsvollen Augen, der feingeschnittenen Nase und dem roten Mund war noch vom Schmelz der ersten Jugend umhaucht. Ueppiges Blondhaar umstrahlte es wie goldige Sonnenstrahlen. Man glaubte die Phan tasie eines Künstlers vor sich zu haben, doch sprach die be zaubernde Lebendigkeit, des Ausdrucks dagegen. Franz blickte das Gemälde lange an, und ein Seufzer der Begeisterung trat auf seine Lippen. Er war heute wunschlos glücklich. Alles, was das Menschcnherz begehren kann, besaß er: Er war jung, schön, gesund, der einzige Sohn eines reichen englischen Aristokraten und mit dem schönsten Mädchen in London verlobt, das heute mit der Mutter bei ihm den Tee einnebmen wollte. Was ließ lick mehr wünschen und begehren? Es sei denn, daß er viel leicht gern auf die Schwiegermutter in 8pe verzichtet haben würde. In Augenblicken, in denen er seinen innersten Empfindungen Audienz erteilte, gestand er sich zu, daß Frau von Albinger eine unangenehme Person sei, die solcher Tochter gar nicht wert befunden werden konnte. Nach der Vermählung würden sich seine Ansichten über die Schwiegermutter vielleicht noch schärfer zuspitzen, jetzt aber, kurz nach der Verlobung, breitete sich der verklärende Schein, der Dora umwogte, auch ein wenig über die Mutter aus, und er sühlte sich versucht, ihre Fehler im mildesten Lichte zu beurteilen. Glücklicherweise war Frau von Albinger Witwe, denn Franz sagte sich, daß sein Schwiegervater in den Kreisen des Hochadels hätte verkehren müssen, und die Albinger hatten nur ein geringes Einkommen. In fieberhafter Aufregung schritt der junge Mann durch die Zimmer; er lebte seit dem verflossenen Sonntag in einem Taumel der Seligkeit. Am Sonntag war er mit sich selbst ins reine gekommen und hatte um die Geliebte an gehalten; am Montag hatte er ihr den Verlobungsring an den Finger gesteckt; am Dienstag hatte der alte Graf Trevarrack, der die Formen der Höflichkeit stets zu wahren pflegte, seinem Sohne einen Brief geschrieben, in dem er seine Glückwünsche aussprach und die künftige Schwieger tochter willkommen hieß. Frau von Albinger hatte Tränen der Rührung an seiner Schulter geweint, als er ihr diesen Brief zeigte. Am Mittwoch war er mit Dora nach Hurling ham gefahren; am Donnerstag hatte er ihr eine Brillant brosche und eine Kassette mit-feinsten Schokoladenbonbons geschenkt. Heute war Freitag, und nun sollte sie zu ih-a kommen!