Volltext Seite (XML)
MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da« »Wilsdruffer Tageblatt' erscheint an allen Werktagen nachmittags s Uhr, Bezugspreis: Bei Abholung in »« DeschSsl-ft-lle unb den Ausgabestellen 2 RM. in, Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,3V AM., bei Poftbestellung 2 AM. zuzüglich Abtrag- , gebühr. Einzelnummern »»«psg.AlleP-st-nft-lten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaeaend Postboten und UN,ereAus. «rüg-rund Geschäftsstellen — ! u nehmen zu jeder geil B-. strllungen entgegn,. Im Falle höherer Gewalt, «lieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteh, kein Anspruch au, Lieferung Ker Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesaudter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 2V Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4V Reichs pfennig, die 3gespaltene Reklamezrile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 2V Reichspsennige. geschriebeneErscheinungs- tage und Platzoorschristen werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtig,. Anzeigen. anvahmedisvorm.lVUKr. - > " Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattansprv ch erlischt, wenn derBetrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerüt. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 186— 87. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt- Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2K40 Freitag, den 10 August 1928 Erste KabiMMmg «ch de« Jene« Stephan Ra-itschs Tod. Nicht unerwartet, aber doch überraschend, ist nach anscheinender Besserung der Kroatensührer Stephan Raditsch in Agram seinen Wunden erlegen, die er bei einem Attentat in der Belgrader Slupschtina erlitt, Er war Bauer, nur Bauer mit Leib und Seele. Er stellte seine nicht geringe Begabung und seinen gewaltigen Fleiß in den Dienst des kroatischen Bauerntums. Und wurde darum Bauernführer, Bauernkönig. Gewählter König der kroatischen Bauern, die ihm bedingungslos ge horchten, gleichgültig, ob er Frieden befahl oder, wie 1920, zu den Waffen rief, die in diesem Lande selbstver ständliches Besitztum jedes Mannes sind. Und Habsburgs beste, treueste Soldaten nichtdeutscher Art waren die Kroaten, die einst unter Jellatschitsch Wien bändigten und Ungarn niederwerfen halfen, die aber trotzdem immer Habsburgs Stiefkinder blieben. Als die Monarchie zusammenbrach, glaubte Ste phan Raditsch die Stunde der Kroatischen Republik für gekommen. Der damals 47jährige, aber ein Mann, dem in ganz Kroatien kein Gegner mehr erstand, prokla mierte diese selbständige Kroatische Republik, doch es war vergebens; in Versailles entschied man anders und Belgrad erraffte sich die Beute, schlug den bewaffneten Widerstand der Kroaten nieder in einer nicht gerade schonenden Art. Raditsch ging — nach Moskau. Der Kommunismus mag ihn weniger interessiert haben, aber daß neben dem Arbeiter der Bauer in den Sowjet behörden saß, reizte ihn. „Matjarka Rossija", Mütterchen Rußland, war ja für ihn, der durchaus in panslawistischen Ideen ausgewachsen war, und an dem Ziel einer riesen haften panslawischen Bauerndemokratie des Ostens und Südostens Europas hat er immer festgehalten. Die erste Etappe dazu, die Einigung seiner kroatischen Bauern, deren Herzen er besaß rind deren Köpfe nnd Arme er be herrschte, hat er erreicht. Vielleicht das Beste dazu tat — Belgrad, taten die Serben selbst. Sie machten ihn zum Märtyrer; jahre lang saß er als „Hochverräter" im Gefängnis, aus dem ihn sein gewandter, kluger Neffe Raditsch — auch er fiel ja in der Slupschtina den Kugeln des serbischen Mörders zum Opfer, als er den Onkel mit dem Leibe zu decken suchte — durch eine Unterredung mit dem König Alexander befreite. Aber man traute ihm — mit Recht — in Bel grad niemals; man wußte, daß sein nächstes Ziel die Umbildung des serbo-kroatisch-slowenischen Königreiches aus der Zentralisation durch Belgrad in einen wirklichen Föderativstaat war. Der radikale Republikaner vertrug sich mit dem Königtum, weil er warten konnte; denn nicht allzu fest stehen die Throne auf dem Balkan und über Nacht können sie, die oft über Blutlachen errichtet sind, auch wieder zerbrochen werden. Den serbischen Machthabern, die Kroatien als Sieges beute betrachteten, galt sein Kampf, in den er sich mit der ganzen Wucht seiner leidenschaftlichen, trotz aller hohen, selbst mühsam errungenen Bildung fast primitiv gebliebe nen Persönlichkeit hineinwarf. Das erfüllte ihn ganz und weil ihn nur dies erfüllte, Wei! dies die Seinen wußten, folgten sie ihm bedingungslos. Und weil sich nie — wie Wohl gegen die meisten Balkanpolitiker — der Vorwurf gegen ihn erheben konnte, eigensüchtige oder gar finan zielle Zwecke zu verfolgen. Er hätte es im Leben viel leichter gehabt, wenn er sich mit. den Belgrader Macht habern vertragen hätte; aber dann wäre er eben nicht das geworden, was er schließlich war: der ungekrönte König von Kroatien. Aber einer, der sich immer der Grenzen seiner Macht, der Erreichbarkeit seiner Ziele bewußt blieb. Den Nachfolger, seinen Reffen, warf die Kugel nieder und der neue kroatische Führer, Pribitschewitsch, ist weit radikaler als Raditsch. Das weiß man in Belgrad und wird danach zu handeln wissen. Ein Balkan im kleinen, dieses Jugoslawien; auf der Ostseite die noch immer ungelöste mazedonische Frage, wo auch fast täglich Gewehre, Bomben und Pistolen krachen. Und nun auf Ler anderen Seite die ebenso ungelöste kroatische Frage. Und die unsicher hin- und herschwankenden Slowenen. Da bleibt nur eins: Gewalt, Truppen marschieren, ge gebenenfalls schießen lassen. Schlimm nur, daß Belgrad dabei im Unrecht ist, weil der Knall der Schüsse in der Slupschtina über ganz Kroatien hindröhnte, aber — man in Belgrad bisher noch nicht einmal den Mörder bestrafen ließ, keinen Schritt den Kroaten entgegenkam. Weil eben heute wie einst in den längst vergangenen Türkenzeiten auf dem Balkan letzten Endes als einzige Regierungsmethode die Gewalt gilt. Ob man sich auch heute oder morgen noch damit durchsetzen wird? * Ministerrat in Belgrad. Eine plötzliche Herzschwäche machte dem Leben des erst 57jährigen Raditsch ein Ende. Die Leiche wurde ein balsamiert und dann öffentlich aufgebahrt; die Beisetzung findet am Sonntag statt. Agram ist vollkommen ruhig nnd nirgends haben Zwischenfälle stattgefunden, obwohl es wiederholt zu Troßen Menschenansammlungen kam. So versammelten sich in den frühen Morgenstunden einige tausend Menschen auf dem Jellatschischplatz auf das Gerücht hin, daß ein politisches Testament Raditschs verlesen werden solle. Pribitschewitsck soll an Ser umstrittene Panzerkreuzer. Dr. Stresemann noch abwesend. Da bis auf Dr. Stresemann alle Reichsminister wieder aus ihrem Urlaub nach Berlin zurückgekehrt sind, beschäf tigt sich die auf Freitag einberufene Sitzung des Kabinetts mit innenpolitischen Fragen, während die auswärtigen Angelegenheiten gerade mit Rücksicht auf die Abwesenheit des Reichsaußenministers nicht so sehr in den Vordergrund treten. Ziemlich umstritten ist noch immer die Frage, ob nun mehr der Bau des Panzerkreuzers in Angriff genommen werden soll. Bekanntlich sprach der Reichsrat anfäng lich sich gegen die durch den Plan des neuen Kreuzers be absichtigte Vermehrung unserer Marinestreitkräfte aus, während der alte Reichstag sich auf Befürwortung des Reichswehrministers Gröner sich für den Bau ent schied und damit auch den Reichsrat zu anderer Stellung nahme bewog. Aus Sparsamkeitsrücksichten wurde aber derBeginn des Neubaues einstweilen bis zum 1. September hinausgeschoben, um zu diesem Zeitpunkt übersehen zu können, wie die Gesamtfinanzlage des Reiches sich dar stellt. Wie es heißt, soll der Reichswehrminister bereit sein, innerhalb seines Etats wesentliche Abstriche vorzu nehmen, so daß man keiner neuen Mittel für die bewilligte erste Rate des Panzerkreuzers benötigen würde. Weiter kommen in dem Kabinettsrat noch die Vor schläge zur Erweiterung oder Abschaffung der An- gestelltenversicherung und die Übertragung der Arbeitsaufsicht von den Ländern an das Reich zur Besprechung. dem Sterbelager Raditschs vor Erregung ohnmächtig zu sammengebrochen sein. In Belgrad ist sofort ein Ministerrat zusammengetreten, um die Lage zu be sprechen. Die dortige Presse enthält sich in ihren Kom mentaren jedes Angriffes aus die Politik des verstorbenen Kroatenführers. Das von Stephan Raditsch hinterlassene politische Testament wurde eröffnet. Danach hat Raditsch den Führer des kroatischen Blockes Dr. Trumbit sch zu seinem Nachfolger in der Führung der Kroatischen Bauernpartei bestellt. Das Testament enthält ferner einen Appell an das kroatische Volk, nach seinem Tode die Ruhe zu be wahren. Emissäre der bäuerischen demokratischen Koali tion bereisen in Automobilen das ganze Land, um die Be völkerung im Sinne des Vermächtnisses zur Ruhe zu er mahnen. Furchtbare Braabkatastrophe i« der AerOlz. 80 Häuser niedergebrannt Nürnberg, 9. August. Ein furchtbarer Brand ver wüstete am Donnerstag nachmittag den Marktflecken Luhe, der etwa sechs Kilometer von Weiden fOberpfalz) entfernt liegt. Kurz nach 13 Uhr brach wahrscheinlich infolge Kurz schlusses in einem Anwesen der Hauptstraße Feuer aus, das sich mit ungeheurer Schnelligkeit ausbreitete. Inner halb kurzer Zeit wurden 80 Wohnhäuser und Scheunen in Schutt und Asche gelegt. Der Marktflecken Luhe ist so gut wie vernichtet. Infolge des stets wechselnden Windes schlu gen die Flammen bald nach dieser, bald nach jener Rich tung, so daß alle Anstrengungen der zahlreichen Feuer wehren, dem wütenden Element Einhalt zu tun, vergeblich waren. Infolge der furchtbaren Hitze mußte man sich schließlich darauf beschränken, die weiter außerhalb liegen den Häuser zu schützen. Die Aufräumungsarbeiten sind im Gange. Zahlreiches Vieh ist in den Flammen umgekom men. Der Schaden ist ungeheuer groß. Von den rund 105 Häusern sind 40 bis 50 Wohnhäuser und mindestens 120 Nebengebäude niedergebrannt. Die Ernte, die in den Stadeln untergebracht war, ist sämtlich verloren. Die Kirche konnte gerettet werden, nur der Kirch türm ist abgebrannt. Das Vieh konnte zum Teil gerettet werden. Hab und Gut der vom Brande Betroffenen ist sämtlich verloren. Das wenige Mobilar, das ins Freie gebracht werden konnte, fing infolge der riesigen Hitze Feuer und ist ebenfalls verbrannt. Für die obdachlosen Einwohner sind keine Wohnungen vorhanden. Sie müssen zum Teil in den wenigen stehengebliebenen Häusern un tergebracht werden oder Notquartiere beziehen. Schule und Postagentur sind ebenfalls niedergebranut. Ein Ver lust von Menschenleben ist nicht zu beklagen. Ei« Einwoh ner ist an Rauchvergiftung schwer erkrankt. In der elften Abendstunde wütete das Element ungebrochen weiter. Die Verfaffungsfeier im Reichstage. Teilnahme des Reichspräsidenten. Für die offizielle Verfassungsfeier im Reichstage am Sonnabend, den 11. August, sind nunmehr die Einzel heiten festgestellt worden. Um 12 Uhr mittags trifft Reichspräsident von Hindenburg in Begleitung des Reichs kanzlers und der Personen seines üblichen Gefolges am Hauptportal des Reichstages ein, wo er von den Reichsministern Severing und Gröner sowie dem Neichs- tagspräsidenten Löbe empfangen wird. Nach dem Er scheinen Hindenburgs im Plenarsaal beginnt die Feier, die aus dem Vortrag festlicher Musikstücke und Gesänge sowie Ansprachen des Ministers a. D. Radbruch und des Reichskanzlers Müller besteht. Nach Beendigung der Feier wird der Reichspräsident die Front der Ehren kompagnie abschreiten, die auf dem geschmückten „Platz der Republik" vor dem Reichstagsgebäude aufgestellt ist. Es hatte in einigen linksstehenden Blättern Kritik ge funden, daß sich unter den Büchern, die der preußische Minister für Kunst, Wissenschaft und Volksbildung als Prämien am Verfassungstage an Schüler höherer Schulen verteilen läßt, ein Buch von Hans Delbrück „Vor und nach dem Weltkrieg" befinde, in dem einige Stellen zu beanstanden seien. Das Buch ist als eines unter neun verschiedenen Werken im Ver trauen auf die Persönlichkeit des bekannten Historikers als Prämie ausgewählt worden. Nachdem im Ministerium jetzt bekanntgeworden ist, daß einer der Aufsätze des Buches eine Äußerungen enthält, die als Angriff auf den ersten Reichs präsidenten gedeutet werden könnte, ist nach amtlicher Mit teilung die Verteilung des Buches untersagt und das Werk aus der Verteilungsliste zurückgezogen worden. Größere Sicherheit auf der Reichsbahn! Die Arbeit des Untersuchungsausschusses Die erste Sitzung des vom Reichsverkehrsminister be rufenen Ausschusses zur Überprüfung der Verkehrssicher heit der Reichsbahn wurde in Berlin abgehalten. Dic Sitzung wurde in Anwesenheit des Generaldirektors der Deutschen Reichsbahngesellschaft Dr. Dorpmüller von dem Reichsverkehrsminister v. Guörard eröffnet. Dieser begrüßte die Mitglieder des Ausschusses und er örterte Zweck und Ziel der Arbeit des Ausschusses und die Art der Zusammensetzung desselben. Er hob hervor, daß der Ausschuß in seinen Arbeiten völlig unabhängig und daß er berechtigt sei, örtliche Besichtigungen vor zunehmen nnd nach seinem Ermessen Sachverständige zu hören und Gutachten einzufordern. Er betonte des weiteren, daß sowohl der Generaldirektor der Reichsbahn wie auch er, der Reichsverkehrsminister, dem Ausschuß stets zur Verfügung stehe. Er bat weiter, daß die Arbeit des Ausschusses ungeachtet ihrer hervorragenden Bedeu tung einen schnellen Verlauf nehme, damit das Ergebnis der Arbeiten des Ausschusses bald in die Tat umgesetzt werden könne, um das Vertrauen zur Deutschen Reichsbahn und ihren Einrichtungen wiederherzustellen. Reichstagsabgeordneter Scheffel betonte, daß er sich namens des Ausschusses mit den Aussührungen des Ministers nur einverstanden erklären könne. Der Reichs- verkehrsminister übertrug sodann den Vorsitz des Aus. schusses dem Geheimen Oberbaurat Zirkl er. Der Aus. schuß begann sosort seine Untersuchungs- und Prüfungs arbeiten. Beraiungen -er Kriegsbeschädigten. Vierte Jahrestagung in Berlin. Am Donnerstag wurde im ehemaligen Herrenhausc die Jahresversammlung der internationalen Arbeitsgemeinschaft der Kriegsbeschädigten und Kriegsteilnehmer in Anwesenheit von Vertretern der Reichs-, Staats- und städtischen Behörden, des Völkerbundes, des Internationalen Arbeitsamtes in Genf, der Deutschen Friedensgesellschaft und anderer Verbände eröffnet. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft, Viale, begrüßte die Teilnehmer und sprach der Berliner Organisation Dank für die Vorbereitungen zum Kongreß aus. Er gab darauf einen überblick über die bisherigen Arbeiten und die Erfolge der Arbeitsgemeinschaft. Diese habe diesmal die Tagung nach Berlin verlegt in dem Wunsche, die Beziehungen zwischen der deutschen und der französischen Hauptstadt freundlicher zu ge stalten. Viale schloß mit einem Appell an die Menschheit, die Arbeit des Kongresses zu unterstützen. An der Beratung nimmt eine größere Abordnung der französischen Kriegsver letzten teil, die aus Paris eingctroffen ist. Die französische Regierung steht der Bewegung wohlwollend gegenüber. Die Leitung der französischen Organisation betont, daß die amt lichen Stellen in Berlin, der Reichskanzler, der Reichsaußen minister und der Oberbürgermeister die Kriegsteilnehmer emp fangen werden, nnd sieht darin eine Bestätigung, daß auch die deutsche Regierung der Gesamtbewegung ihre Sympathie ent- gegenbringt. Nach Viale sprach im Verlauf der Verhandlung der Vor sitzende des Reichsverbandes deutscher Kriegsbeschädigter,