Volltext Seite (XML)
MOrufferTageblati Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft W riß-m, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzei-tnprris: die 8,espollkne Raumzeile MRpfg., di-4 gespalten- Z-ilc d,r amilichcn k-kanntmachungcn 40Reich., plenni«, die 3gespaltene R-KIamezeilr im leMchen Teile 1 Reich.mord. Nachweisnngrxel iike LV Reichrpiennig«. Do.- gejchriedeneTischeinung.» er /> >»oe und Piatzvorschristen werden nach Möglichkeit KerNsprewer: AMt WitSokUff Nv. t> berü-kuchtigt. Anzeigen- anvabme bis norm.IVUHr. . —- ' Für die Nichtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. siedcrRabatlanspr: a <riich>. wenn dcrBetrag durch Klage eingezogcn werden mutzoderderAuftraggeberinKondursgcrLt. Anzeigen nehmen echt iliim.ittlungsftcllrn entgegen. Nationale Tageszeitung für die ^andwirtschast, sT Da» .Wilsdruffer TagedlattE scheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 NM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM.» bei Postdestellung ui«^s.«urP°^°ustalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postbötenm"dunft^Aus^ träger und Geschäftsstellen — ! _n nehmen zu jeder Zeit Be- ' ' stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung -er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Niicksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Montag, den 30 Juli 1928 Ar 176. — 87. Jahrgang Telegr.-Mr.: .Amtsblatt- Wilsdruff* Dresden Postscheck: Dresden L840 Der gute Witte. Die deutsch-französischen Beziehungen find wie eine Frau, entsprechend dem Wort, daß diejenige Frau die beste ist, von der man am wenigsten redet. Man redet aber sehr viel von diesen Beziehungen, redet auf beiden Seiten, und infolgedessen sind die Beziehungen keine erfreulichen. Man redet jetzt leider noch viel mehr als sonst, weil das Auslieferungsbegehren Frankreichs sozusagen einen Stein in das verhältnis mäßig beruhigte Wasser geworfen hat. Abseits von jeder gefühlsmäßigen Einstellung zu dieser Sache muß man es be dauern, daß schon wieder der deutsche Parteigeist sich dieser Angelegenheit angenommen hat. Es ist ja nur allzu richtig: jeder Deutsche würde am liebsten seine eigene Partei gründen, und wenn drei Deutsche zusammen sind, so haben sie, dem Witzwort zufolge, vier Meinungen, Meinungen, die alle miteinander bis zum äußersten ver schieden sind. Gibt man sich die Mühe, etwas objektiv zu sein, so wird man feststellen müssen, daß das Nieder drückende, das Aufwühlende bei diesem französischen Aus- lieferungsbegehren vor allem in dem Umstand liegt, daß hier Deutsche ausgeliefert werden sollen, die sich so genannter politischer Vergehen schuldig gemacht haben oder schuldig gemacht haben sollen. Seit undenklicher Zeit ist es ungeschriebener Satz des Völkerrechts, wurde es später sogar zu einer ausdrücklichen Bestimmung zwischenstaat licher Verträge, daß eine Auslieferung von Leuten, die politische Vergehen oder Verbrechen begangen hatten, nicht erfolgen sollte. Außerdem findet in gleich gelagerten Fällen die Gerichtsverhandlung gegen den Schuldigen oder angeblich Schuldigen auch erst dann statt, wenn er ausgeliefert ist. Den Bestimmungen des Nheinlandabkommens zu folge wäre Deutschland an und für sich verpflichtet ge wesen, reden Deutschen auszuliefcrn, der verdächtig ist, an der Tat teilgenommen zn haben, die von der französischen Besatzungsbehörde zum Gegenstand gerichtlicher Unter suchung gemacht worden ist. Derartige Auslieferungs begehren sind wiederholt gestellt worden und ihnen wurde stattgegeben, weil es sich immer dabei um Vergehen oder Verbrechen handelte, durch die die Besatzungsbehörde oder ihre Truppen direkt berührt wurden. Jetzt liegen die Dinge aber anders, jetzt handelt es sich um einen An griff auf eine Fahne, der natürlich lediglich politischen Hintergrund hat, und überdies hat das französische Gericht schon in letzter Instanz gesprochen, ist eine Wiederauf nahme des Verfahrens infolgedessen nicht möglich. Die Deutschen auszulieferu heißt also nicht anderes, als sie französischen Zuchthausbeamten auszuhändigeu. Die deutsch-französischen Beziehungen sind so mimo senhafter Natur, daß sie derartige Zugriffe nicht vertragen, »hne nicht auf das schwerste dadurch in Erregung versetzt zu werden. Es nutzt nichts, daß man von Paris aus dar auf verweist, es feien ja auch früher schon Deutsche den französischen Gerichten ausgeliefert worden. Die Dinge liegen, wie angedentet, diesmal eben auch juristisch anders. Außerdem erhebt sich im Hintergrund der ganzen Affäre eben gerade das, was als schwerstes Hindernis besserer deutsch-französischer Beziehungen vorhanden ist und als solches empfunden wird: die Besetzungsfrage. Es handelt sich sozusagen gar nicht um die vier Deutschen, die ausgeliefert werden sollen, sondern das deutsche Ge fühl reagiert in diesem Zusammenhang lediglich aus die Tatsache, daß auf deutschem Boden fremde Behörden regieren und Deutsche diesem Regiment unterworfen sind — und dies alles zehn Jahre, nachdem der Krieg zu Ende ist. Infolgedessen wächst sich dieses Pro blem der Auslieferung von vier Deutschen in einem weit größerem Maßstab aus, nämlich in die Streitfrage hinein, wie es sich mit diesen deutsch-französischen Beziehungen, hie durch Locarno und den Eintritt Deutschlands w den Völkerbund angeblich aus ein nettes Gleis ge schoben sind, nun eigentlich verträgt, daß die Verträge von 1919 durch Bajonette aus deutschem Boden garantiert werden. Man denkt dabei unwillkürlich an die letzten Vorkommnisse imElsaß. Der Prozeß von Kolmar war schwerster Verstoß gegen eine nun einmal vorhandene Volksstimmung, die auch durch die B e g n a d i a u n g der Verurteilten kaum in das erwünschte Fahrwasser geleitet wird. Jetzt versteift man sich in Paris darauf, daß zwar die Begnadigung für die Gefängnisstrafe ausgesprochen ist, die Verurteilten aber, die als Deputierte in die Fran zösische Kammer hineingewählt worden sind, infolge Ab erkennung der Ehrenrechte ihres Mandates ver lustig gehen sollen. So etwas zu tun ist unpolitisch und eine geschickte Regierung tut so etwas nicht, wenn sie die Dinge nicht auf die Spitze treiben will. Ebenso liegt rs mit der Besetzungsfrage im Rheinland, liegt es in folgedessen auch mit dem Auslieferungsbegehren von heute. So etwas tut eine gewandte Regierung nicht, wenn sie eben nicht auf ihrem formalen Recht bestehen bleiben will ohne Rücklicht auf attgemeinpolitische Stim- wunaen oder Absichten. W'll man wirklich Locarnopolitik treiben, also Der » ch<and und Frankreich in ein besseres Verhältnis ruin <o e* bringen, so darf man nicht mit rauher Faust wi das rst .angsam aufkeimende Einigungsaefühl rühren, ^onst gibt man nur allzusehr denen recht, die immer wie- ver behaupten, daß französtscherseits gar nicht der Wille Olympia in Amsterdam Die Olympischen Spiele eröffnet. Der Einmarsch in das Stadion. Sonnabend nachmittag wurde in Amsterdam der zweite Teil der Olympischen Spiele eröffnet. Als Ver treter der Königin von Holland erschien in einem von vier Pferden gezogenen Galawagen der Prinz Hei n - rich der Niederlande, der von den Mitgliedern des Internationalen Olympischen Komitees empfangen wurde. In der Ehrenloge sah man mit den übrigen Mit gliedern des Diplomatischen Korps den deutschen Ge sandten Grafen Zech. Als besonders interessante Gäste wohnten zwei Maharadschas der Eröffnung bei. Mit der holländischen Nationalhymne begann die Feier. Dann zogen die Olympiakämpfer in das Stadion ein. 47 Nationen nahmen am Einmarsch teil — rund 5000 Kämpfer und Kämpferinnen. Den Zug eröffneten dic Griechen, daAthender erste Schauplatz der neuzeitlichen Olympischen Spiele war. Deutschland kam an 14 Stells, 250 Mann stark. Den Schluß bildete Holland. Der frühere holländische Kultusminister Dr. Th. de Visser hielt die Weiherede, worauf der Prinz der Niederlande im Namen der Königin von Holland die Olympischen Spiele für eröffnet erklärte Zuletzt schworen der Führer der holländischen Olympia mannschaft, Harry Denis, und die 5000 Olympia kämpfer den Olympia-Eid: „Wir schwüren, in ehrlichem ritterlichem Geiste zu kämpfen, getreu den Olympischen Gesetzen zur Ehre unserer Länder und zu Ehren des Sports . . ." 1932 sollen die Olympischen Spiele in Los Angeles stattsinden. Die Spiele sür 1936 sind an Madrid vergeben worden. Zwei bedeutungsvolle Maßnahmen wurden dann noch getroffen. Auf Antrag des amerikanischen Generals Sherill wurde mit 15 gegen 13 Stimmen beschlossen, Fuß ball und Tennis vom Programm der kommenden Spiele zu streichen. Der deutsche Kurzstreckenläufer Corts, der in Amsterdam über 100 und 4X100 Meter im Wettbewerb ist. * Olympische Spiele. Die eigentlichen Wettkämpfe. In Amsterdam ist nunmehr der zweite Teil der 9. Olympischen Spiele eröffnet worden. Der erste Teil brachte, wie man weiß, Sportarten, die kaum zu den Olympischen Spielen, wie die alten Griechen sie verstan den, gerechnet werden können: Fußball und Hockey und Rugby, und seit 1924 hat man sogar den Wintersport als eine besondere Abteilung in die Olympischen Spiele hin eingeschoben. Wenn man streng zu Gericht geht, kann man die Kampfspiele und die Winterspiele nur als ein „Neben her" werten; mit gutem Recht können sich nur die Wett kämpfe, die am 28. Juli begonnen haben und bis zum 12. August dauern sollen, Olympische Spiele nennen. Vier große Nationalfeste kannten die Hellenen, und die Olympischen Spiele, die in Zwischenräumen von vier Jahren am dritten Vollmond nach der Sommersonnen wende im August oder September in Olympia, einem schön gelegenen Tal in der peloponnesischen Landschaft Elis, zu Ehre» des Zeus gefeiert wurde«, waren das berühmteste und bedeutendste von allen. Man kann in diesen Tagen viel von einer „Amsterdamer Olym piade" lesen nnd das ist Unsinn, denn „Olympiade" heißt nur der Zeitraum von vier Jahren, der zwischen den Olympischen Spielen lag, und die griechifchen Historiker rechneten bei Jahresangaben vielfach nack Olympiaden. Wann die Olympischen Spiele eingeführt wurden, das läßt sich nicht mit Sicherheit feststcllen; man weiß jedoch, daß seit dem Jahre 776 v. Ehr., wo Koröbns aus Elis Sieger im Wettlauf war, ein ununterbrochenes Verzeichnis der Olympiasieger geführt wurde. Nm die Mitte des 7. Jahrhunderts v. Ehr. war das Fest ein all griechisches geworden. Die letzte Olympiafeier fand 393 n. Ehr. statt. Die Wettkämpfe dauerten mit Einschluß der Preisverteiluug — der Siegespreis bestand in einem Ol- baumkranz — fünf Tage; für diese fünf Tage mußten die Kämpfer sich zehn Monate lang sorgfältig vorbereiten. Die älteste Art des Wettkampfes war der einfache Wett lauf, wobei die 192 Meter lauge Rennbahn, das Stadion, einmal durchlaufen werden mußte; dazu kamen nach und nach der Doppellauf, der Dauerlauf, der Ringkampf und der Fünfkampf, der Faustkampf, das Wettfahren, das Wettstreiten und das Pankration („Gesamikampf"), bei dem die Kämpfer den Faustkampf mit dem Ringkampf in einer besonderen Art verbanden. Der erwähnte Fünfkampf war eine Vereinigung von fünf verschiedenen Kampfarten: Springen, Laufen, Diskos- und Speerwerfen, Ringen. Seit 520 gab es als besondere Kampfart noch den Wett lauf von Kriegern, die in voller Rüstung waren. Ver heirateten Frauen war der Zutritt zu den Olympischen Spielen verboten. Die Sieger in den Olympischen Spielen, die „Olympioniken", wurden mit Palmzweigen in der Hand dem Volke vorgestellt; dazu kam noch die Verherr lichung durch Siegeslieder und Bildsäulen, bei der Rück kehr in die Vaterstadt feierlicher Einzug mit einem Vier- gefpann weißer Rosse, ein Ehrenplatz bei öffentlichen Schauspielen, Befreiung von öffentlichen Lasten, in Athen Speisung auf Staatskosten und ein Geldgeschenk. Wäh rend der Spiele mußte im ganzen Peloponnes Waffcn- rnhe herrschen, nnd jeder, der zum Feste reiste, galt als »»verletzlich. Man weiß, daß diese Olympischen Spiele zu Ende des vorigen Jahrhunderts durch die Initiative des franzö sischen Barons Pierre de Coubertin modernisiert wurden: im April 1896 fanden in dem dafür ne» hergerichteten Stadion des Herodes Attikus zu Athen unter der Teil nahme aller Kulturvölker neue Olympische Spiele statt, und im Jahre 1900 wurden sie gelegentlich der Weltaus stellung in Paris wiederholt. Seither haben sie sich zu einer dauernden Einrichtung, die nur durch die Kriegs jahre unterbrochen würde, gestaltet, aber es muß gesagt werden, daß von dem Sinn und dem Geist der alten hellenischen Olympischen Spiele in der neuen „Auf machung" nicht allzuviel übriggeblieben ist. Leichtathletik, Schwerathletik, Boxen, Schwimmen, Rudern, Segeln, Fechten, Radfahren — das alles gehört jetzt zu den Olym pischen Spielen. Deutsche Erfolge in Amsterdam. Zwischenfall mit den Franzosen. In den Abendstunden des Sonnabends wurden die ersten Entscheidungen bei den Olympischen Spielen ge troffen. Im Gewichtheben wurden in fünfstündigem Kampfe die Leichtgewichts- und die Federgewichtsklasse ausgetragen. Im Leichtgewicht endeten Helbig (Deutsch land) und Haas (Österreich) im toten Rennen auf dem ersten Platz. Dritter wurde der Franzose Arnaud. Auch iu der Federgewichtsklasse kam ein Deutscher zu olym pischen Ehren: der Münchener Wölpert wurde in dieser Gewichtsklasse Dritter hinter dem Italiener Gabetti und dem Sieger, dem Österreicher Andriesek. Es fiel allgemein auf, daß bei dem festlichen Einzug iu das Stadion die Franzosen fehlten. Der Sekretär des französischen Olympischen Komitees war von einem der Billetteure, der ihm deu Eintritt in das Stadion ver wehren wollte, angeblich mißhandelt worden. Auf einen Protest der französischen Leitung hin entschuldigte sich Baron Schimmelpenninck van der Oye namens des hol ländischen Komitees in Anwesenheit des französischen oorliegt, die deutsch.französischen Bezreyungen aus eme erträgliche Formel zu bringen. Wer recht hat. ob diese oder die anderen, die an einen guten Willen zur Verständigung glauben, wird dis Stellungnahme der französischen Re gierung gerade in dieser Frage entscheiden. Eingreifen -es deutschen Botschafters. Der deutsche Botschafter v. Hoesch hat bei dem General- fekretär des Außenministeriums. Pbilivv Berthelot, eine Vorstellung unternommen, deren Gegenflano vas -ver langen der französischen Besatzungsbehörde bildete, die vier vom französischen Kriegsgericht verurteilten Deutschen Weitz, Schimmel, Lutz und Merz auszuliefern. Ein bestimmtes Ergebnis hat dre Unterredung noch nicht gehabt, zumal Außenminister Briand zurzeit nicht in Paris anwesend ist, doch soll sich auf beiden Seiten Übereinstimmung darin herausgestellt haben, die Ange legenheit in keine Seite verletzender Weise beizulegen.