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Ilm heimischen firrü Unterhsttungsbeilsge rum „wiiraruNer esgrvistt" — Mntrbistt. Die Spieluhr. Skizze von Stephan Georgi. Ganz klein ist sie, winzig und verborgen in der Ecke eines mit rotem Samt überzogenen Nähkästchens. Die kleine Spieluhr. Biel kann sie nicht; ein einziges Lied nur. Zu stiller Dämmerstunde singt sie's gewöhnlich, wenn die Schatten des Abends durch die Fenster steigen und die blassen Bilder des Vergangenen, aber nicht Vergessenen mit sich führen. Dann singt-sie ihr altes Lied: „Zwei dunkle Augen, Eni roter Mund ..." Ein altes Lied? Nein, es ist mehr. Eine Symphonie ist es, die Symphonie eines Lebens. — Hört, was sic erzählt, die kleine Spieluhr, hört ihre Symphonie! Das Allegro. In sorglosem Uebermut spielten die dichten Schneeflocken hernieder, sahen neugierig zu den abendlich erleuchteten Fenstern hinein und tanzten den eilenden Passanten mutwillig ins Gesicht. Auch droben im vierten Stock, in das kleine Stübchen der Liesel Berk, blickten sie hinein. Dort warf die Lampe ihren matten Schein auf das hagere Gesicht, auf dem Jugend und frühes Alter einen erbitterten Kampf auszuführen schienen. So sein und zierlich war es und doch so blaß und müde; so weiß war der schlanke Hals, und doch wurde er durch eine schiefe, verwachsene Schulter entstellt. Liesel Berk sah auf die Uhr. Es war um die siebente Stunde, also Zeit, um zum Theater zu gehen und wieder in ihren Souffleurkasten hinabzusteigen, in den engen Kasten, vor dem die bunten Gestalten durch Wort und Gebärde ver suchten, dem Publikum die Wahrheit des Lebens zu enthüllen. Sie lachte bitter auf. Sie kannte das alles; sie hatte ja einstmals selbst dort oben im Scheine des Rampenlichtes gestanden. Draußen klopfte es. Sie humpelte mit ihrem gebrochenen Bein zur Tür und ließ ihren Flurnachbar, den alten Charakterkomiker, ein. „Es ist Zeit, Kollegin, wir müssen gehen." „Ja, ich komme schon!" Draußen aus der Straße gingen sie eine Weile schweigend nebeneinander her, bis der Komiker zögernd begann: „Wissen Sie schon, daß unser braver Heimberg erkrankt ist und daß zur morgigen Aufführung ein auswärtiger Gast den Hamlet spielt?" „Von Heimbergs Krankheit hörte ich schon. Wer gastiert denn?" Eine Weile sah der Komiker verlegen vor sich hin; dann antwortete er: „Erwin Gräbermann." War der Boden zu glatt, oder war es etwas anderes; Liesel Berk machte eine Bewegung, als fiele sie. Der andere fing sie auf. „Lassen Sie, es ist nichts! Es ist nichts", sagte sie. Aber ihre Stimme zitterte. Das Andante. Es war spät in der Nacht. Liesel Berk hatte die gefalteten Hände aus den Tisch gelegt und starrte mit weitgeösfneten Augen ins Leere. Zwischen ihren Armen stand das rote Näh kästchen, aus dem die kleine Spieluhr ihr altes Lied leise und fein hervorsang. „Zwei dunkle Augen, Ein roter Mund ..." Liesel Berk sann und nickte mit halbem Lächeln vor sich hin. Ja, damals! Da strahlten ihre dunklen Augen so froh und freudig, da lachte ihr roter Mund ins Leben hinein; do war die Welt ringsum in eitel Freude und Wonne getaucht. Damals ... als sie am Arme des Heldendarstellers Erwin Gräbermann mit strahlendem Gesicht durch die Straßen ging, als sie bei übermütig-srohen Künstlersesten an seiner Seite saß, damals, als sich ihr roter Mund seinen Küssen bot. Sie senkte den Kops. Die kleine Spieluhr war alles, was aus jener Zeit übrig geblieben. Das rote Nähkästchen, das er ihr einmal gekauft hatte, als sie es mit begehrlichen Augen im Schaufenster betrachtete, war das letzte Andenken. So furchtbar erschien es ihr, als der goldene Wahn der grausamen Wahrheit wich. Aber damals, da wollte und konnte sie es nicht glauben, daß sie in dem Leben des be rühmten Schauspielers nichts weiter bedeutete als eine Episode. Und als die letzte, kleinste Hoffnung gestorben, als alles, alles tot war, da stieg ihr, wie ein drückender Alb, der Ekel vor dem Leben in den Hals. Und so kam es, daß man M unten, auf dem Pflaster, mit zerschlagenen Gliedern aufgefunden hatte. — Nun lebte sie weiter — als Krüppel. Noch immer klang die leise Stimme der Spieluhr. Und wieder ftelen Tränen in ihr winziges Räderwerk. Das Scherzo. Liesel Berk saß in ihrem Souffleurkasten und wartete mit dem Publikum auf das Aufgehen des Vorhanges. Endlich nahm die Tragödie des Dänenprinzen ihren Anfang. Wie langsam schleppte sich die erste Szene hin! Dann — das Staatszimmer im Schloß. Es flimmerte vor ihren Augen. Da stand er! Hamlet! Erwin! Mit verschränkten Armen an eine Säule gelehnt; neben ihrem Flurnachbarn, der sich als Polonius zeigte. Ein Glück, daß der sinstere König Claudius seine Rolle so gut beherrschte, denn im Sousfleurkasten war es plötzlich ruhig geworden. Wie das Stück weiter ging, wußte sie kaum. Erst beim letzten Niederrauschen des Vorhanges erwachte sie. Stimmen erschollen hinter dem Vorhang. — „Die alte Schachtel da unten im Kasten hat geschlafen statt zu soufflieren!" Ganz starr saß Liesel Berk da. Das war seine Stimme gewesen! Würde er das auch gesagt haben, Wenn er gewußt hätte, daß die einstmal hübsche, junge Liesel hier unten saß? Langsam wankte sie hinaus in den Abend. Ihre Kraft Ivar zu Ende. Bis an den Park kam sie, dort ließ sie sich auf die schneebedeckte Bank nieder. Wie ruhig war es hier! Wie still und feierlich! Und wie lustig die Flocken herniedertanzten. Flocken? Nein, das waren lichte, weiße Engel, die hernieder kamen, die zu ihr kamen, um ... Liesel Berk lächelte den Schneeflocken zu. Das Finale. Verspätete Passanten hatten sic dort im Park aus gesunden. Nun lag sie mit wirren Fieberphantasien im Bett, verlangte Hamlet zu sehen und weiße, tanzende Engel. Ihr Nachbar, der alte Komiker, sah dem Arzt fragend ins Gesicht. Der schüttelte den Kopf und ging. Spät in der Nacht richtete sich Liesel Berk auf. Dunkel und still war es im Zimmer. „Er kommt nicht", flüsterte sie vor sich hin. „Er kommt nicht! Aber meine Weißen Engel will ich hercinlassen!" Sic stand auf und öffnete das Fenster. Da waren sie, ihre kleinen, tanzenden Engel! Wie sie lockten und riefen! Kalter Wind fegte durch das Zimmer. Mit zitternden Händen tastete sie nach dem kleinen Nähkästchen, zog das Uhr werk auf und nahm es zu sich ins Bett. Mit beiden Händen hielt sic es fest. Mit letzter Kraft zog sie die Uhr, als sie ab gelaufen war, noch einmal auf; drückte das Kästchen an sich — und lächelte. Und dieses Lächeln lag auch noch um ihren Mund, als längst kein Atemzug mesr 'ihre Brust bewegte. — Durch das geöffnete Fenster flatterten die kleinen Weißen Engel ins Zimmer, und drüben, vom Bett her, sang die Spieluhr mit Dwr, feiner Stimme ihr altes Lied: „Zwei dunkle Augen, Ein roter Mund ..." Frauenlist. Skizze von N. C. Krumbholz-Bonn. Das gelbe Gesicht in kummervolle Falten verzogen, saß Fu Ho Lei, der chinesische Teehändler, unbeweglich auf einem breiten Diwan europäischen Stils. Der Kimono aus tomaten farbener, goldgestickter Seide war nur lose um die Schultern geworfen und darunter der Abendanzug sichtbar, dem nur die kurze, Weitze Jacke, die den Frack zu ersetzen Pslegt, fehlte. Neben ihm, auf einem Berg der prächtigsten Kissen, saß die fünfzehnjährige zierliche Li, die sich Fu Ho Lei vor zwei Jahren an seine Seite geholt hatte. Mit ängstlichen Augen musterte sie den Gebieter ihres Herzens. Jetzt war sie nicht mehr seine wilde Taube, sein Sonnenstrahl, sein stolzer Pstm, jetzt sah er sie kaum noch, streckte nie mehr die Hand ver langend nach ihr aus. Schmollend schürzte Ai ihre roten Kinderlippen und bewegte heftig den Fächer. Doch Fu Ho Lei achtete nicht darauf. Vielleicht wußte er gar nicht, wie nahe ihm die kleine Li, ohne die er einst nicht leben zu können glaubte, war. Damals kannte er aber auch Estella noch nicht, die spanische Tänzerin mit den nachtfchwarzen Augen, die sein träge fließendes Asiatenblut in kochende Lawa zu verwandeln verstand. „Die Frau muß mein werden und wenn ich ..." Ohne diesen Satz zu vollenden, erhob sich Fu Ho Lei langsam und klatschte müde in die Hände. Tsing Hu, der uEnc, chinesische Boy, nahm seinem Gebieter den Kimono ab u -d half ihm in die Weiße Jacke des Abendanzuges. Dann . g Fu Ho Lei in die Sänfte, die schon länger als eine Stunde .nn Eingang stand. Tsing Hu hatte sich ties vor seinem G bieter verbeugt. Erst als ihm die schnellen Fußtritte der Kulis sagten, daß Fu Ho Lei nicht mehr zu sehen sei, richtete er sich auf und sah verstohlen nach seiner Jugendgefährtin Li. Doch die Kleine hatte ihr hochmütigstes Gesicht, hinter dem D ihren Kummer zu verbergen hoffte, aufgesetzt und ries in stehlendem Ton nach Tee. Tsing Hu verschwand eilends und lam in kurzer Zeit mit dem beladenen Teebrett zurück. Seine Augen strahlten Liebe und Mitgefühl, und während er das Geschirr zierlich ordnete, hüllten seine warmen Blicke die ilEne Li förmlich ein, so daß ihr Hochmut verschwand und er: Mitleid mit sich selbst rege wurde. Ihre sammetweichcn Augen füllten sich mit Tränen, und sie beugte ihr Köpfchen tief auf das hochgczogene Knie. „Du liebst ihn also so sehr", flüsterte Tsing Hu kaum hörbar. Langsam richtete sich Li auf und sah ihren Jugend- gespielen erstaunt an. „Muß ich ihn nicht lieben? Ich bin doch feine Frau!" Und nach einer kleinen Weile: „Fuhr mein Gebieter ins Hotel?" „Ja, Herrin!" „Ist sie sehr schön?" Tsing Hu zuckte schweigend niit den Achseln: „Soll ich sie töten, Herrin?" Doch die kleine Li war schon wieder in Gedanken ver sunken. Da räusperte sich Tsing Hu, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. „Ich muß jetzt ins Hotel, Herrin, muß Blumen und Schmuck zu Donna Estella tragen." — Lis Augen weiteten sich. „Schmuck? Bringe ihn hierher!" Gehorsam überreichte Tsing Hu ihr den geschnitzten Elfen- beinkasten, der sich durch einen Druck öffnete und einen kost baren Armreisen sehen ließ. Lange betrachtete die kleine Li den Schmuck, und alles, was sich an Eisersucht in ihrem Herzen aufgestapelt hatte, wurde zum glühenden Wunsch nach Rache. So trippelte sie denn ins Nebenzimmer, in dem die Aquarien standen, und legte statt des Armreifens ein buntes, züngelndes Schlänglein, dem der Gistzahn lange fehlte, in den Kasten. Dann lief Tsing Hu so schnell, wie es nur ein chinesischer Diener kann, in das europäische Hotel und über reichte seinem Gebieter Blumen und Schmuck. Donna Estella saß auf einem reich geschnitzten, thron- artigen Sessel und plauderte. Als Fu Ho Lei ins Zimmer trat, machten ihm die europäischen Herren sofort Platz; denn sie merkten Wohl, wie begehrlich die Augen der Tänzerin aus dem Schmuckkasten hafteten. Fu Ho Lei verbeugte sich stumm und überreichte Estella Blumen und Geschenk. Dann be grüßte er die Herren, die den einflußreichen Chinesen in eine angeregte Unterhaltung zogen. Da zerriß plötzlich ein gellender Schrei das monotone Stimmengemurmel. Boll Entsetzen schleuderte Estella das Kästchen zum geöfsneten Fenster hinaus und verließ flucht artig das Zimmer. Verwundert sahen sich die Zurück bleibenden an, aber obgleich sie längere Zeit warteten, wurde ihnen keine Erklärung. Und als Fu Ho Lei am nächsten Tage oorsprach, um zu hören, was dre schöne Estella veranlaßt hatte, so voller Hast aus dem Zimmer zu stürzen, mußte er hören, daß die Tänzerin abgereist sei. So faß Fu Ho Lei bald wieder neben seinem stolzen Pfau, seinem Sonnenstrahl, seiner wilden Taube. Nur ab und zu betrachtete er das Elfenbeinkästchen, das ihm ein ehrlicher Finder zurückgegeben hatte, und stellte immer wieder kopf- schüttelno sest, daß nichts daran zum Fürchten sei. Die kleine Li aber schmiegte sich in solchen Augenblicken inniger als sonst i i ihren Gebieter. Die Belohnung. Groteske von Robert Fuchs-Liska. Durch die noch kahlen Kastanienbäume auf dem Sophien- markt geisterte der Frühlingswind einer Aprilnacht. Fern oer Dunkelheit des weitläufigen Platzes rumorte das Getreide der Großstadt. Hoch auf dem Giebel eines Eckhauses flirrte in glitzernden Buchstaben die Lichtreklame dahin. Die einander uachhastenden Worte verkündeten unter den für einen Geld losen höchst gleichgültigen Dingen auch eine Belohnung von Dreitausend Mark für die Aufklärung eines Mordes. Immer von neuem flammte diese Ankündigung schrill leuchtend über den Nachthimmel, hinweg. Die wandernde Schrift machte c mn den Eindruck, als jage sie rastlos hinter dem Mörder her ins regenschwangere Dunkel hinein. Dem sah schon seit einer Stunde Georg zu. Er war der einzige Mensch, der um diese Zeit eine der vielen Bänke aus DM Sophienmarkt als Raststätte erkoren halte. Dergleichen ntt nur ein obdachloser, hungriger und bettelarmer Müder. Das war Georg. Allmählich ärgerte ihn die in ihrer schreien- : :n Lichtfülle zeternde Ankündigung da oben. Das grell blin- i udc „Dreitausend Mark" leuchtete ihm auf wie eine hämische Erinnerung an die Leere seiner Taschen. Da fluchte Georg grimmig vor sich hin. Ein just vorüberschreitender Mann üeb stehen und nahm nach kurzem Abendgrnß neben dem Einsamen Platz. Der Fremde knüpfte ein Gespräch an. In einer Breite, ste für Georg nahezu quälend war, malte er das Nieder- ächtige des Gefühles restloser Armut. Schließlich mußte Georg dem Manne wenigstens einmal antworten. Da gerade wieder die marschierenden Zeichen auf dem Hausgiebel ihr „Dreitausend Mark" in die Finsternis hinein flimmerten, deutete Georg wütend nach oben. „Dies Geld müßte man verdienen können", knurrte er zwischen zusammengebissenen Zähnen. Der Fremde blieb eine Weile stumm. Plötzlich rückte er dicht an Georg heran. Er stellte verschiedene Fragen, bis er sich überzeugt hatte, sein Banknachbar wäre zwar ein an ständiger Kerl, aber nichtsdestoweniger oder eben deshalb der Aermste der Armen dieser trostlosen Lenznacht. „Gesetzt den Fall", hob er langsam an, „Sie könnten die Belohnung verdienen?" Georg grübelte, um dann zu staunen: „Mensch!" Und etwas lauter widerholte er: „Menschenskind!" Auf einmal brach es aus ihm hervor: „Soviel Geld — gar nicht auszu- denken!" Als Georgs Selbstberanschung sich ins Unerfüllbare ver lieren wollte, unterbrach ihn der Fremde nach einem leisen Auflachen: „Dreitausend Mark — das ist kern so großer Reich tum, wie Sie in Ihrer Armut wähnen. Versprechen Sie, daß Sie mit dem winzigen Vermögen haushalten werden — und ich verschaffe Ihnen die Belohnung. Ich bin nämlich der gesuchte Mörder!" Bevor Georg noch den Gedanken faßte, sein Nachbar sei ein Irrsinniger, strömte von des Mannes Mund — gleichsam als entlaste das Bekenntnis ihn von seiner Gewissensqual — eine Schilderung auch der geringsten Einzelheiten seiner Tat. Er berichtete in fliegenden, sich überstürzenden, oft nur halb ausgesprochenen Sätzen von einem mit satanischer List aus geklügelten Morde. Als er zu Ende war, seufzte er unter Tränen der Erlösung tief auf. Georg fühlte keinen Abscheu, nur heißes Mitleid. . Was er vernommen hatte, war zwar die Schilderung einer ver ruchten Tat, immerhin aber die Tat der Vergeltung eines Menschen, den ein anderer, bei weitem gemeinerer Mensch um die Liebe eines Weibes und um die Gattenehre bestohlen hatte. Das Furchtbare an der Sache war nur: der Entsetzliche hatte bis ins kleinste und feinste seine eigenen Spuren so ausgetilgt, daß es den Behörden unmöglich sein würde, jemals den Täter zu entdecken; hingegen hatte er mit ungeheuerlicher Geistes schärfe künstliche Spuren geschaffen, die einen Indizienbeweis erbringen mußten, mittels dessen die ungetreue Frau bedin gungslos als Mörderin des Geliebten zu überführen war. „Wir wollen es so machen", schlug der Mann vor. „Ich führe Sie in eine kleine Gastwirtschaft. Dort essen wir uns zunächst satt. Während ich zurückbleibe, begeben Sie sich auf die Polizei. Nach Sicherstellung der Auszahlung Ihrer Be lohnung kehren Sie mit den Beamten zurück." Georg wollte Bedenken äußern, doch der unheimliche Mann schnitt ihm das Wort ab. Er sagte: „Für die Welt bin ich doch verloren, und da mich bei der Tat nicht unedle Be weggründe leiteten, so werde ich — nur hinter Mauern ver bannt — Ruhe finden können vor dem Gram um die ver lorene Frau, unbehelligt Buße tun dürfen für mein Ver brechen." Danach machten die Beiden sich auf den Weg. Als später nach halbstündiger Abwesenheit Georg mit zwei Kriminalbeamten wieder eintraf in der Kneipe, war dort alles in Heller Aufregung. Ein Gast hatte soeben Gift ge nommen, war am Verscheiden: der unselige Mensch von der Bank auf dem Sophienmarkt. Vor dem Selbstmord hatte er den Wirt um ein Blatt Papier und um einen Briefumschlag gebeten, hatte hastig etwas niedergeschrieben und den Brief ans den Tisch gelegt. Der Kriminalkommissar öffnete die Botschaft, während oem tief mitfühlenden Georg die Hellen Tränen über die Wan gen liefen. Der Kommissar aber lächelte noch genau ft ungläubig wie vorher. Er schritt zu dem in eine dunkle Ecke geschafften Körper. „Stehen Sie auf, Knietschke, und kommen Sie mit!" be fahl er dem vermeintlichen Sterbenden. Dann wandte er sich an die Umstehenden: „Ein neuer, diesmal verblüffender Trick des arbeitsscheuen Zechprellers und Phantasten, der sich Gefängnisgast am geborgensten fühlt." Kopfschüttelnd ging Georg davon.