Volltext Seite (XML)
MsdrufferTageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meitzan, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstreniamis Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. An,ri«rnprris: Li« k gespaltene Ravmzcile LV Rpsg., die 1 gespalten« Z«Ur der amtlichen Bekanntmachnngen Reich», pseanig, die 3gespaltene Reklamkztil« im teMch«» Teile I Aeichrmard. Nachtveijungsgebiitzr LV Reich»psennige. Va^> geschriebeneEescheinungs» —, , . „ -- tage und Platzporschristin werden nach Möglichkeit Kernsvrecher: Ami Wilsdruff Nr. 6 berücksich««!. Anzeigen, annadmedis eorm.IVUör. - > " - Für die Richtigkeit der durch Fcrnruf übermilleltenAnzeigrn übernehmen wir keine Garantie. JederRabatlansprv ch erlischt, wenn dei Bttra gdurch Klage eingezo^cn werden mutz odcrderAuslraggeberin Konkura gerät. Anzeigen nehmen olle Dernnitlur gsstellen -tttgrgen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktacen nachmittags 6 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der DeschLstssteLe und den Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bei Zustellung durch die Bote,. 2,3o RM., bei Postbestellung ^^^^lich dldtrag- . . ... gebühr. Einzelnumn ern Ntpfg.AllePostanst-lien Wochenblatt für Wilsdruft u.Umaeaend Postboten und unsereAi.s- tttageruudGeschüstsstellev —— — nehmen zu jeder ^en Be stellunge« entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteh» kein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Aüchsendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto deiliegt. Nr 149 — 87 Jahrgang Teegr-Adr: .Amtsblatt« Wilsdruff- Dresden Postscheck Dresden 2640 Donnerstag, den28 Juul 1928 ProvisorM Kabinett bis zm Herbst Berufsheere oder Dolksheere? Wenn überall in der Welt den Beratungen des Völker- bundes und seiner verschiedenen Kommissionen und Unter- kommissionsn nur ein „pflichtgemäßes", also gar kein Interesse entgegengebracht wird, so hat sich die Schuld dafür der Völkerbund in der Hauptsache selbst zuzu- schrciben. Die Mit- und Umwelt ist nämlich nicht damit zufrieden, daß in Genf mehr oder weniger gute Reden gehalten, mehr oder weniger lange Entschließungen zu tage gefördert werden, sondern immer wieder wird die ebenso neugierige wie berechtigte Frage gestellt: Was kommt denn nun eigentlich bei der ganzen Geschichte praktisch heraus? Was tut der Völkerbund, was geschieht in Genf — abgesehen von Reden und Entschließungen —, das dem 1918 so laut verkündeten Ideal, nämlich der Gesellschaft der Nationen, das „Völker Europas, vereinigt euch!" nicht in theoretischen, papierenen Lufterschütterun gen, sondern in praktischen Schritten näher kommt? Da ist — zum drittenmal tritt sie jetzt zusammen — die Sicherheitskommission, die, wohlgemerkh nicht zu verwechseln ist mit der Abrüstungskommission und ihren Unterausschüssen. Auch hier nur Reden und Reso lutionen, Gutachten von Sachverständigen oder solchen, die dafür gehalten werden, Vorschläge und dergleichen — aber keine klar umrissenen, vor allem mindestens zum Be schluß des Völkerbundes erhobenen Beschlüsse. Wie der Krieg verhindert, wenigstens sein Ausbruch möglichst er schwert, unter die Kontrolle des Völkerbundes gestellt werden soll — darüber gibt cs schon genügsam Reden, Entschließungen, Gutachten. Mehr nicht. Denn sorgsättia vermeidet man es, die Dinge in ihrer rauhen Wirklichkeit anzupacken. Ein Deutscher, der im Weltkrieg eine hervorragende Rolle spielte und der nach dem Kriege die kleine deutsche Wehrmacht durch ein Wirrsal bedrohlichster Klippen leitete, hat wie schon früher ein paarmal, so auch jetzt wieder die Haupt- und Kar-dinalsrage in den Vordergrund der De batten gestellt: Welches ist Form, Aussehen und Gest al t des modernen Krieges? General oberst von Seeckt hat in einem Münchener Vortrag darüber sich geäußert, hat gesprochen über diese Voraus setzung jeder Diskussion, die sich mit dem „Nie wieder Krieg!" überhaupt beschäftigt. Berufsheer oder Volkswehr? Die Beantwortung dieser Frage hängt nur davon ab, ob man sich klar darüber ist, daß nicht mehr wie 1914, der Krieg drei Wochen nach seiner Erklärung zu den ersten, mehr oder weniger entscheidenden Zusam menstößen führt, sondern diese Entscheidungen unmittel bar nach dem Kriegsausbruch fallen werden. Da ist's gar nicht Zeit mehr, ein Massenaufgebot an die Grenzen zu führen, sondern einen solchen Keindangriff vermag nur ein modern ausgerüstetes Berufsheer abzuwehren. Eine wirkliche Entscheidung, so erklärte Seeckt, hat im Weltkrieg auch dis „M a t e r i a l s ch l a ch t" nicht herbeigeführt; das wesentliche beim Kriege voll morgen ist der Versuch, die Entscheidung durch Einsatz des Materials an den Grenzen und vor allem im Hinterland des Gegners schnellstens herbeizuführen. Die Abwehr dieses Angriffs hat nicht durch die Masse, durch ein Volks- Heer — im alten Sinne — zu erfolgen, sondern durch ein hochqualifiziertes Berufsheer, durch deu „Wert", durch den Geist, ohne den ja das Material doch immer toter Stoff bleibt. Aber die Frage ist überhaupt nicht so zu stellen: Berufs- oder Polksheer?, sondern beides hat sich zu er gänzen. Etwa so, wie das neue französische Rüstungs- gesctz das vorsieht: „Ein Volk muß vorbereitet sein, um im Kampf um sein Dasein seine ganze Kraft einzusetzen", die ganze Nation muß ohne jede Ausnahme zur Ver teidigung herangezogen werden. Natürlich aber nur im Sinne der Verteidigung, ohne jeden aggressiven Charakter. Das gilt nicht bloß für den Menschen, sondern auch für das Material, also Wirtschaft und In dustrie. Auf der einen Seite — neben dem aus Frei willigen zusammengesetzten, auf langjähriger Dienstzeit beruhenden Berufsheer — die „allgemeine Wehr pflicht" im modernen Sinne einer Vorbereitung all seitiger Heimatsverteidigung und die mili tärische Jugenderziehung, auf der anderen Seite die Sicherstellung der Industrie für die sofortige Bereit stellung des Kriegsbedarfs. Denn nicht die Grenzen, sondern das ganze Laud des Gegners kann zum Kriegsschauplatz und damit fiir die Verteidigung not wendig werden. Daraus hat sich Frankreich eingestellt und partei politische Differenzen hat es dort hierüber nicht gegeben. Das sind die Voraussetzungen, von denen zunächst einmal jede Diskussion über Verhütung des Krieges überhaupt auszugehen hat, wenn sie nicht fruchtlos sehr bald stccken- bleiben soll. Tas alles sind schließlich aber auch nur Überlegungen und Wünsche, denen für Deutschland die C n t w a f f n u n g s b e st i m m u n g e n des Ver sailler Friedens ein Halt gesetzt haben, das vor läufig als unüberwindbar erscheint. Ein Berufsheer, wie Seeckt es sich denkt, vermag die deutsche Reichswehr ebensowenig zu sein oder zu werden, wie uns die primi- «bsten Vcrteidigungsmaßnahmen in dem oben angedeute- len Sinn verstattet sind. Und von der im Versailler Ver- Kag gleichfalls angekündigten allgemeinen Abrüstung hat we Welt in den zehn Jahren der Nachkriegszeit nicht das Seringste verspürt. Ser Kampf mn die Ministersessel. Langwierige-Beratungen der Parteien. Abgeordneter Müller- Franken hatte auch nm Mittwoch außerordentliche Schwierigkeiten, sein Kabinett zustandczubringcn. Diese Schwierigkeiten lagen vor allem in Personalfragen, da das Zentrum von seinem Anspruch auf den Posten des Vizekanzlers nicht abgchen und der Abgeordnete Dr. Wirth sich nicht in ein unpolitisches Ministerium cinfügen wollte. Ferner sprach man davon, daß das Zentrum auch gern das Reichsinnenministerium besetzt hätte, für das bereits der Sozialdemokrat Severing vorgesehen war. Dr. Brauns, der seit acht Jahren dem Reichsarbeitsministerium vorsteht, zog ebenfalls seine in Aussicht gestellte Mitarbeit zurück und war auch trotz per sönlicher Bitte des Abgeordneten Müller-Franken nicht dazu zu bewegen, das Ncichsarbcitsministcrium im neuen Kabinett zu übernehmen. Ob es bei dieser Weigerung bleiben wird, stand am Mittwoch Abend noch nicht fest. Abgeordneter Müller-Franken begab sich in den Abend stunden des Mittwochs zum Reichspräsidenten, um ihm über die politisch-parlamentarische Lage Bericht zu er statten. Von den weiteren Entscheidungen des Reichs präsidenten wird es abhängen, ob der Abgeordnete Müller-Franken sich weiter um das Zustandekommen der neuen Reichsregierung bemühen wird. über die Vorgänge im Reichstag während des Mitt wochs werden noch folgende Einzelheiten bekannt: Die Fraktion der Deutschen Volkspartei hielt eine streng vertrauliche Sitzung ab, die etwa fünf Stunden dauerte. In gut unterrichteten parlamentarischen Kreisen verbreitete man die Nachricht, daß der Fraktionsvorsitzende Dr. Scholz sehr verärgert sei und die Absicht habe, den Posten als Vorsitzender niederzulegen. Den Anlaß zu dieser Verärgerung sollte der Brief des Reichsaußen ministers Dr. Stresemann an den Abgeordneten Müller gegeben haben, in dem Dr. Stresemann sich für die Schaf fung der Großen Koalition aussprach und seine Bereit willigkeit erklärte, in einem solchen Kabinett Zeinen Ministerposten anzunehmen Der Abgeordnete Dr. Scholz fühlte sich durch diesen Schritt Dr. Stresemanns über gangen, da er von dem Bries seines Parteifreundes vor her nicht in Kenntnis gesetzt worden war. Aus diese Un stimmigkeiten in der Deutschen Volkspartei, die auch in den Parteikreisen zugegeben werden, läßt der Inhalt der Kommuniques schließen, die nach Beendigung der Frak tionssitzung von der Deutschen Volkspartei ausgegeben wurden. In diesen Entschließungen spricht die Deutsche Volks partei dem Fraktionsvorsitzenden, Dr. Scholz, ihr unein geschränktes Vertrauen aus, bittet ihre Fraktionsgenosfen, in allen politischen Fragen ständige Fühlung zu halten und erklärt sich schließlich mit der Beteiligung der beiden bisherigen volksparteilichen Minister beim Reichskabinett ohne Binduna der Fraktion einverstanden. Über die Perfonalschwierigkeiten beim Zentrum wurde be kannt. daß der Abgeordnete v. Guerard sich zur Übernahme des Verkehrsministcriums bereiterklärt hatte, dagegen Dr. Wirth, dem der Abgeordnete Müller-Franken das Ministerium für die besetzten Gebiete .angeboten hatte, die Übernahme dieses Popens oavon avvangtg machen wollte, daü dem entweder die Vizekanzlerschaft oder ein anderes politisches Ministerium zuaestandeu wurde. Die Sozialdemokraten ermächtigten den Abgeordneten Mütter-Franken schließlich, seine bisherigen Verhandlungen weiter fortzuführcn. * Die Unterredung Mller-Aranlens mit Hindenburg. Die Unterredung, die der Abgeordnete Müller- Franken mit dem Reichspräsidenten von Hindenburg am Mittwoch abend hatte, dauerte etwa 20 Minuten, über das Ergebnis wird bekannt, daß der Reichspräsident seine Bedenken gegen eine Vizekanzlerschaft aufrechtcrhklt. Abgeordneter Müller-Franken begab sich sofort wieder in den Reichstag und verständigte das Zentrum von dem Ergebnis seiner Verhandlungen mit dem Reichsprä sidenten. Eröffnung der Genfer SicherheMagmg. Beratung der deutschen Kriegsverhütungsvorschläge. Die dritte Tagung des Sicherheitsausschusses des Völkerbundes wurde, wie aus Genf berichtet wird, mit einer Begrüßungsansprache des tschechoslowakischen Außenministers Benesch eröffnet. Dr. Benesch legte das Arbcitsprogramm dar, zu dem u. a. die Beratung der deutschen Kriegsverhütungsvorschläge gehört. Er be zeichnete diese Vorschläge als sehr interessant und einer eingehenden Prüfung wert. Der Vertreter Belgiens erklärte, daß die Vorschläge weaen der von Frankreich ge wünschten Kontrolle Schwierigkeiten in sich trügen; jeden falls aber sollten einige deutsche Vorschläge verwirklicht werden. Das Zentrum besprach darauf sofort in einer neuen Fraktionssitzung die parlamentarische Lage und beschloß hierbei, unter Preisgabe des Ncichsarbeitsministeriums auf den Vizekanzlerposten und das Reichsernkhrungs- ministerium zu verzichten, forderte dabei aber unbedingt die Führerschaft für ein politisches Ministerium. Abgeordneter Müller-Franken wird am Donnerstag nochmals vom Reichspräsidenten empfangen werden, um dann die endgültigen Entscheidungen über die innen politische Lage zu treffen. MMr-NMe« gibt stillen Anstrng MN? Berlin, 27. Zum. Der Abgeordnete Müller-Frauke» wird sich am Donnerstag vormittag Z^10 Uhr zum Reichspräsi denten begeben, um ihm erneut Bericht zu erstatten. Zn sozial- demkratischen Kreisen nimmt man an, daß Müller-Franken vor aussichtlich dem Reichspräsidenten seinen Austrag zurückgeben wird. , Jie »Well Möglichkeiten. Berlin, 27. Juni. Es ergibt sich nun die Frage, was ge schehen soll, wenn Hermann Müller seinen Auftrag an den Reichspräsidenten zurückgibt. Man rechnet in parlamentarischen Kreisen mit mehreren Möglichkeiten. Zunächst denkt man daran, daß der Reichspräsident vielleicht den Abgeordneten Müller selbst noch einmal ersuchen wird, auf anderer Basis oder unter anderen Bedingungen die Kabinettsbildung zu übernehmen. Dafür könnte eineRegierung der Weimarer Koalition, eventuell aber auch eine rein sozialdemokratische Regierung mit dem Fachminister Groener in Betracht kommen. Eine andere Möglichkeit besteht in der Be trauung eines Zentrumsabgeordneten oder eines Führers einer anderer bürgerlichen Mittelpattei mit der Regierungsneubildung. Große Aussichten mißt men diesen Versuchen nicht zu, jedoch glaubt man überwiegend, daß diese Wege beschritten werden, ehe der Reichspräsident zum letzten Mittel, der Ernennung eines rei nen Beamtenkabinetts, schreitet. Jedenfalls sieht man ein Ende noch keineswegs voraus. * Das Uebergangskabinett. Berlin. Der Abgeordnete Müller-Franken erstattete )410 Uhr dem Reichspräsidenten Bericht über seine Verhandlungen. Der Reichspräsident ermächtigte ihn auf der Grundlage der neuen Besprechungen mit dem Zentrum die Verhandlungen zur Neu bildung des Kabietts fortzusetzen. Müller-Franken hofft, die Ver handlungen bis zum Nachmittag zu beenden und dem Reichs präsidenten dann seine endgültige Ministerliste vorlegen zu können. Wie die Telegraphen-Union erfährt, ist zwischen Zentrum und Sozialdemokratie eine Einigung auf der Basis eines provi sorischen Kabinetts bis zum Herbst erzielt worden, in dem das Zentrum nur durch den Abgeordneten Guerard als Verbindungs mann vertreten sein soll. Das Uebergangskabinett wird sich vor aussichtlich wie folgt Zusammensein: Reichskanzler: Hermann Müller-Franken (Svz.); Besetzte Gebiete und Verkehr: von Guerard (Zentrum); Außen: Dr. Stresemann (Deutsche Volks partei); Innen: Severing (Soz.); Arbeit: Wissel (Soz.); Wirt schaft: Dr. Curtius (Deutsche Dolkspartei); Finanzen: Dr. Hil ferding (Soz.); Justiz: Sänger (Svz.); Reichswehr: Gröner; Er nährung: Dr. Dietrich-Baden (Dem.) Post: Schätz! (Bayr. Volks partei'). Der Aeltestenrat -es Reichstages beschloß am Donnerstag vormittag, die nächste Reichstagssitzung sür Dienstag, den 3. Zuli, 3 Uhr nachmittags einzuberufen mit der Tagesordnung: Entgegen nahme einer Erklärung der Reichsregierung. Zum Schluß der Sitzung dankte der deutsche Vertreter vonSimsonfür die den deutschen Vorschlägen gewid meten wohlwollenden Worte. Diese Vorschläge, so er- klärte von Simson, seien praktische Maßregeln zur Ver hinderung der Kriegsgefahr und müßten daher zu einer Übereinkunft führen. Außer durch den Staatssekretär von Simson ist Deutschland auf der Tagung noch durch den Geheimrat s o n Weizsäcker und durch den Obersten vonBöt - ticher vertreten. Nobile schwer ertranki. Seine Darstellung vom Ende der „Italia". Das Befinden des Generals Nobile hat sich in den letzten Tagen bedeutend verschleckitcrt. Er leidet nickt »ur