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Rr 152. — 87. Jahrgang Montag, de« 2 Juli 1928 MW AWiMsrMjt ill Gens Ein weiterer Retter verfcholl-m? Mailand, 1. Juli. Wie der Sonderkorrespondent des Corrierc della Sera meldet, ist der russische Eisbrecher Krassin bereits bis zum Nordkap von Spitzbergen vorgc stoßen. Der russische Eisbrecher Maligyn meldet, daß am Abend des 29. Juni der Apparat des Fliegers Babuschkin von der Insel König Karl zu einem Erkundungsslug nach der Insel Foyn ausgestiegen sei. 20 Minuten nach dem Start seien die Radiosignale des Flugzeuges verstummt und seitdem fehle jede Nachricht von ihm, weshalb man um das Los dieses russischen Fliegers nun ebenfalls besorgt sei. „polnische Wirsschast"! PilsudskiüberseincnRücktritt. Marschall Pilsudski erteilte einem Teil der polnischen Presse ein Interview, in dem er sich über die Gründe äußerte, die ihn bewogen, die Ministerpräsidentschaft an Dr. Bartel abzugeben. Der Marschall sparte hierbei nicht mit überaus scharfen Angriffen gegen das polnische Parla ment, deren Drastik alles bisher von ihm Gehörte überbot. Pilsudski beschwerte sich darüber, daß die polnische Verfassung dem Staatspräsidenten zu wenig Macht lasse. Er dürfe sich nicht einmal Diener und Dienstmädchen selbst wählen, man könne sagen, daß die polnische Verfassung den Staatspräsidenten so niederträchtig behandele, wie niemand in der ganzen Welt mit seiner Geliebten om- gshe. Nachdem er den Befreiungskriea für Polen geführt habe, müsse er Polen sich selbst überlassen. Dieser Land tag der Freudenmädchen habe die Verfassung so ein gerichtet, um dem volkstümlichen Mann in Polen d ' größten Gemeinheiten zufüaen zu können. Gemeinst^. Die Hoffnungen für Amundfen schww.d-.xr Kopenhagen, 1. Juli. Der vom Aeroarktifchen Kongreß in Petersburg zurückkehrcude dänische Forscher Peter Treuchcn berichtet der hiesigen Zeitung Politiken, daß man in norwegischen Sachverständigenkreisen nun mehr von dem Untergang des französischen Flugzeuges überzeugt sei. Der Begleiter Amundsens auf dessen Süd polexpedition Helmer Hansen hat die Ueberzeugung aus gesprochen, daß sein Freund den Heldentod gefunden habe. veiven Punkten eine zustimmende Haltnna einnebme. — Der italienische General de Marinis be zeichnete unter Berufung auf die langwierigen Beratun gen des Ständigen militärischen Ausschusses des Völker bundes Kontrollbestimnmnaen als undurchführbar und unwirksa m. Paul-Boneour (Frankreichs, der diese Frage als das Kernproblem der ganzen Debatte bezeichnete, unterstrich unter Zustimmung zu den deutschen Vorschlägen ebenfalls die Notwendigkeit von weit gehenden und wirksamen Kontrollbestimmungen. Im übrigen meinte Paul-Boncour, daß die deutschen Vor schläge in die bereits vorhandenen Musterverträge des Sicherheitskomitees über gegenseitige Unterstützung viel leicht hineingearbeitet werden könnten. Staatssekretär von Simson faßte das Ergebnis der bisherigen Aus sprache dahin zusammen, daß die Frage der Durchführ barkeit der Bestimmungen über die Wiederherstellung des normalen militärischen Status guo nicht nur vom rein militärischen Standpunkt betrachtet werden könne, sondern starken politischen Einschlag habe. Wenn Paul-Boncour von der Schwierigkeit der Bestimmung des normalen militärischen Status quo gesprochen habe, solange noch kein allgemeines Abrüstungsabkommen vorhanden sei, so spreche dies Argument lediglich für die Notwendigkeit der Beschleunigung der Abrüstungs- arbeiten. Angesichts des Widerstandes gegen die von Frank reich und Polen vorgetragcne Kontrollidee sei es Sache dieser Staaten, Vorschläge zu machen, die die Gegner dieser These annehmbar finden. Sie RMe-Gruppr treibt ins Meer. Die Lage derPolarfliege'r. Leutnant Lnndborg wacht in feinem letzten Funk spruch darauf aufmerksam, daß dem Lager der Gruppe Nobile jetzt ernstlich die Gefahr drohe, ins offene Mee? abzutreiben. Es befindet sich jetzt zwölf Kilometer östlich von Kap Light Smith. Das Eis treibt mit einer Geschwindigkeit von acht Kilometer pro Tag. Der Landungsplatz neben dem Lager ist bisher glücklichcr- weise einigermaßen verschont geblieben. Die gesamte Lagerbesatzung ist dabei, ihn weiter Zu ebne«;. Das Be finden des Chefingenieurs Ceccione, des Führers der Gruppe nach Nobiles Abflug, hat sich etwas gebessert. Mammeiiarbrri von Schiffahrt und Megerei. Hamburger Seeschiffahrtstag. Hie drei deutschen Atlantikflieger kommen nach Ham- »mg. Kein Wunder, daß der 1ü. Deutsche Seeschtssahrts- iag, der jetzt in Hamburg tagt, die Frage des Transozean- wftperkehrs, von dem die ganze Welt jetzt spricht, auf die Tagesordnung gesetzt hat. Zunächst gab der Vorsitzende Holm-Flensburg einen überblick über die Laae der Seeküükkabrt. Die Tatsache. daß verschiedene Schiffahrtsgesellschaften bescheidene Divi denden ausschütteu konnten, sei kein Anlaß, besonders günstige Rückschlüsse auf die allgemeine Lage im Reederei gewerbe zu ziehen, in der sich allerdings ein gewisser Nor malzustand anbahne. Dabei wies der Redner vor allem auf die ungünstige Entwicklung des Frachtenmarktes, die Lohnerhöhungen und die sozialen Lasten hin. Der Vor sitzende erläuterte die einzelnen Punkte der Tagesord nung, von denen die Revision des Internationalen Signalbuches und die Reform des ScenufaDantersuchungsgesetzes be sonderes Interesse beanspruchten. Bedeutsam waren die dann folgenden Ausführungen des Kapitäns Theo E. Sönnichsen (Hamburg) über die Lustnavigation. Wir stehen an der Schwelle einer neuen Epoche. Der Transozeanluftverkehr ist im Werden und alle Länder haben zurzeit noch die gleichen Chancen. Streitet man sich heute bei uns über die Zuständigkeit, die Art der Entwicklung, Personalfragen usw., und verliert Zeit und Geld mit unzulänglichen Versuchen und falschen Methoden, so wird uns diese große Chance entgehen. England, Frankreich oder Amerika werden die Führung an sich reißen und wir sind bestenfalls geduldet. Schiffahrt und Luftfahrt müssen hier Hand in Hand gehen. Da es noch keine ausgesprochene Lustnavigation gibt, muß die selbe erst geschaffen werden. Sie wird ihre natürliche Ent wicklung aus der Navigation der Seeschiffahrt heraus nehmen und findet alle Grundlagen bei ihr Die Schiff fahrt ist in engster Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Instituten, z. B. der Deutschen Seewarte, mit der Reichs- marinc und industriellen Firmen bemüht, stets die zweck mäßigsten Neuerungen für die Praxis zu verwenden. Bei dem Risiko, das der Luftflug über See für die kommenden Jahre noch haben wird, spielt die Frage der Verantwortung des Luftkapitäns eine große Nolle. Er muß in seemännischer Beziehung mehrjährige Praxis besitzen, mutz über die Seehafenplätze und die Zusammenarbeit mit den Schiffahrtslinicn Bescheid wissen und in jeder Hinsicht Führerquali täten haben. Man wird für ihn das Patent „Sceflieger auf großer Luftfahrt" schaffen müssen. Die Lufthansa, der die Führung bei dem kommenden Ozeanflugverkehr zugedacht ist, wird mit der Schiffahrt Hand in Hand arbeiten. Ein SpoWikd. Tie Göttin Justitia, die als Sinnbild der Ge rechtigkeit und der Rechtspflege die Waage in der Hand hält, um Unrecht oder Unschuld zu wägen, trägt auch eine Binde über den Augen. Das soll sie blind machen gegen jedes Blicken oder Schielen nach Gunst oder Ungunst, nach Hcrrschcreinfluß oder Volksmeinung. Aber tausendjährige Geschichte lehrt, daß die Justiz diesem Sinnbild allzuost nicht entsprach, und wenn es einst „Kabinettsjustiz" mit allen — bisweilen — guten und schlechten Seiten gab, so gibt es auch jetzt noch genug Prozesse, über die sicherlich die Göttin der Jnstiz nicht bloß die Augen, sondern das ganze Haupt schaudernd verhüllen mag. Die dunkelsten Zeiten der Rechtsgeschichte sind jene, als nicht bloß die Tat, sondern die Gesinnung „bestraft" wurde, weil es eine im Staat gerade herrschende Klasse so wollte, weil diese die Justiz Dienerin — nm nicht ein häßlicheres Wort zu gebrauchen — der politischen Machj- geküste zu werde« zwang. Die Zeiten der Französischen Revolution sind ein besonders drastisches Beispiel dafür, wie überhaupt Frankreichs politische Prozesse weltberühmt oder vielmehr weltberüchtigt geworden sind. Dock) hat es diesen traurigen Ruhm jetzt, wenigstens zum Teil, an Rußland abtreten dürfen. Der Schachtyprozeß hat gegen die deutschen Ingenieure und Monteure im Donezgebiet so wenig ergeben, daß die Anklage gegen den einen von ihnen überhaupt eingestellt werden müßte. Das Haupt„vergehen" des andern sei es gewesen, daß er in Deutschland früher einmal Mitglied des „Stahlhelms" war, und er „solle es sich im Gefängnis jetzt überlegen, wie man sich, unabhängig vom politischen Standpunkt, in Sowjet rußland zu benehmen" habe. Aber außerdem habe dieser deutsche Ingenieur noch einen Brief an einen der jei t Angeklagten überbracht und das sei „Beihilfe". Einen. Hut hat er ja auch mit überbracht uud das wurde ur sprünglich als „Zeichen zum Beginn der Sabotage" erklärt. Der Staatsanwalt hat gegen den deutschen Ingenieur aus Grund dieses „Bcwcismaterials" eine Strafe von sechs Mvnaten bis zu einem Jahr beantragt; aber man kann cs vollinhaltlich billigen, wenn das deutsche Auswärtia? Amt sagt, in Deutschland werde die öffentliche Meinung keinerlei Verständnis dafür aufbringcn, wenn das Gericht küesem Antrag des Staatsanwalts Folge leisten würde. Allzu deutlich war ja das Ziel des Prozesses; es sollte „bewiesen" werden, daß die wirtschaftlichen Zusammen brüche und Nöte in Sowjetrußland nicht etwa die bolsche wistischen Wirtschaftsmethoden als Urfache haben, sondern mir antirevolutionäre Sabotage daran schuld sei. Darum bat man einen phantasievollen Hauptangeklagten, der ver ständnisvoll aus dieses Endziel des Prozesses eingestellt war, jetzt freigelassen, will ihn höchstens bedingungsweise zu erner leichten Strafe verurteilen. „ Rußland trägt die Justitia die Sowjetkappe mit und Sichel auf dem Kopf und blickt nur durch chewistische Brille. Das Tribunal wurde zur .... auch Frankreich liegt im Schatten eines poli tischen Prozesses. Roch sitzen die „Verurteilten" des Ko! - marer Prozesses und sind nicht, wie es die Rc- ftwrung versprochen hatte, aus der Untersuchungshaft sreigelassen worden, soweit sic jetzt französische Kammer deputierte sind. Es liegen sär diese Freilassung „keinerlei zwingende Gründe" vor und der dadurch erzielte Erfolg ist nun natürlich nur der, daß die ganze Sache, also oic elsässische Autonomiebcwegung, in der Kammer zu er regten Auseinandersetzungen führen wird, woran kaum etwas ändert, daß Poincars die Kolmarer „Verbrecher" mn 14. Juli, dem Nationalfeiertag, amnestieren will. Denn trotz Amnestie bleibt ja der Verurteilte verurteilt, j bleibt der Verbrecher immer noch Verbrecher — und das wollen diese verurteilten „Verbrecher" nicht aus sich sitze?* lassen. Politische Prozesse — und zu diesen gehört der Kolmarer Hochverratsprozeß in allererster Linie — haben eben meist allerhand Gefährliches an sich, können allzuleicht in das Gegenteil des Gewollten Umschlagen, schaffen vor allem politische Märtyrer und diese sind im poli tischen Leben immer noch das wertvollste Agitations- „material", besonders dann, wenn der politische Charakter einem solchen Prozeß allzu dick aufgetragen wird. Jeder politische Eingriff m die Rechtspflege oder in ihre Durch führung ist vom Nbcl, wird aber geradezu gemeingefähr lich, wenn er obendrmn noch einseitig, etwa parteipolitisch erfolgt. Denn MeGottm Justitia wird zum Spott bl l d, wenn man ihr die Binde der Unparteilichkeit von den Augen reißt und ihr statt dessen die Parteibrille auffetzt. Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff- Postscheck: Dresden 2640 Englisch-deutsche Meinungsverschiedenheit. Die artikelweise Beratung der deutschen Vorschläge im Sicherheitskomitee des Völkerbundes beschränkte sich trotz fast vierstündiger Sitzung auf die beiden ersten Punkte. Diese enthalten die im voraus einzugehende Verpflichtung der an der Konvention teilnehmenden Staaten: erstens im Falle eines vor den Rat gebrachten Streitfalles dessen vorläufige Entscheidungen zur Verhütung einer Verschlim merung des Konfliktes und zweitens die Empfehlungen des Rates zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des normalen militärischen Matus Pw zur Ausführung zu bringen. Während sich der holländische Vertreter Rutgers und der schwedische Vertreter Unden dafür aussprachen, er klärte Lord Cushendun für England, die erste Verpflich tung nur mit sehr einschränkenden Abänderungen an nehmen zu können, während er sich über die zweite Ver pflichtung vollkommen negativ aussprach. Staatssekretär von Simson Wies die Argumente des englischen Delegierten zurück, indem er vor allem betonte, daß diese Verpflichtung die Lage des Rates nicht erschwere, sondern vielmehr ver stärke, und gab der Hoffnung Ausdruck, daß die augen blicklichen Meinungsverschiedenheiten zwischen der englischen und der deutschen Delegation sich beseitigen ließen. Auf den von Lord Cushendun aus gesprochenen Wunsch nach Zurückziehung der zweiten Verpflichtung könne er nicht emgehen. Sock al (Polen) erklärte, daß seine Negierung zu Von Amundsen yat man visyer mcyts Be stimmtes gehört. Die Fischer, die ihn gesehen haben wollen, wissen nur. daß ein Flugzeug vom Typ der „Latham" am 18. Juni im Süden von Spitzbergen ge sehen wurde. Es kann sick. hier aber um eine Verwechselung handeln. Die Teilnehmer an der Hilfsexpedition an Bord der „Visle Kari" werden von Tromsö aus so schnell wie mögliw nach Spitzbergen fahren. Die „Hobby" wird ebenfalls nach Spitzbergen zurückkehren, nm als Mutter schiff für die norwegischen Flieger die Suche nach Amundsen aufzunchmrn WiNmUrÄMM Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meitzen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzelle 20Rpfg., die 4 gespaltene Feile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile I Reichsmark. Nachwoisungsgedühr 20 Reichspfennige. geschriebeneLrscheinungs- n- tage und Platzvorschristen werden nach Möglichkeit Ksrnsvrecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annahmebis vorm.lOUHr. — —— — —- — Für die Richtigkeit der durch FernrufübermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. 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