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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.02.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-02-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19050204012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1905020401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1905020401
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-02
- Tag 1905-02-04
-
Monat
1905-02
-
Jahr
1905
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Abend-AuSgabe: vormittag- 10 Uhr. Morgrn-Au-gabe: nachmittag« 4 Uhr. Anzeige» sind stet- au die Expedition zu richten. Extra-Beilagen (nur mit der Morgen- Ausgabe) nach besonderer Vereinbarung. Die »xpedttta« IP wochentags ununterbrochen geöffnet vou früh 8 bi- abend« 7 Uhr. Druck nnd Verlag von O. Polz in Leipzig (Inh. vr. B., R. L W. Klinkhardt). Nr. «3. Sonnabend den 4. Februar 1905. SS. Jahrgang. Var WMigrle vom Lage. * Auf Beschluß des Seniorenkonvents deS Reichstags soll die Beratung der Handelsverträge am Donnerstag beginnen. * Das preußische Abgeordnetenhaus begann gestern die zweite Lesung der Kanalvorlage, deren Annahme nach den Erklärungen der FraktionSredner gesichert erscheint. (S. Bericht.) * Graf Julius Andrassy ist vom Kaiser beauftragt worden, das neue ungarische Kabinett zu bilden. (S. Ausland.) * Die italienische Regierung bereitet eine Militär- vorlage in Höhe von einigen 60 Millionen vor. (S. Ausl.) * Aus der HullkomMission werden jetzt die Schluß anträge der Vertreter Englands und Rußlands äuge- kündigt. (S. russ.-jap. Krieg.) * 15 amerikanische Kriegsschiffe sind nach dem Süden des Philippinen-Archipels gegangen, um die Neutralität ver amerikanischen Gewässer gegen Rußland und Japan zu wahren. (S. russ.-jap. Krieg.) ver Zchulr Ser aglastrrben Minorität. Die einstündige Rede, mit welcher Graf Bülow den« versammelten Reichstage das Bouauct der .Handelsver träge präsentierte, läßt sich in das alte Schlagwort zu- sammenfassen, daß die Landwirtschaft geschützt werden müsse. Wir sind geneigt, diesem Satz zuzustimmen, können jedoch die Mirage, ob mit der Erhöhung der land- wirtschaftliclzen Zölle ein wirksames und unsäxidliches Mittel gewählt sei, nickst ohne weiteres bejahen. Un mittelbar nach der betr. Reichstagssitzung hal>en wir schon auseinander gesetzt, daß u. E. eine Zwangslage vorlxrn- den ist, aus der nur ein Weg hinausführt — die An- nähme der Verträge. Wir haben gleichfalls bei der Ge legenheit gesagt, daß der Regierung insofern Anerken nung gespendet werden muß, als sie mit ihren durch den Zolltarif gebundenen Händen kaum mehr erreichen konnte, und daß wir froh sein müssen, überhaupt zu Verträgen zu kommen. Damit lvar natürlich keinerlei prinzipielle Zustimmung zu der rein agrarischen Tendenz der neudeutschcn Handelspolitik ausgedrückt, vielmehr meinten wir, etwas weniger hohe Getreidezölle hätten es auch getan, zumal die Bündler sich schon aus tak tischen Gründen doch nicht zufrieden geben. Wenn wir heute also nochmals auf diese Lebensfrage des deutschen Volkes eingehen, so hat das vorläufig leider nur aka demische Bedeutung- Jedenfalls wünschen wir von Her- zen, daß die wirtschaftliche Entwicklung des deutschen Reiches in den nächsten dreizehn Jahren unsere Befürch- tungen zerstreuen möge. Zunächst sei ein allgemeines Bedenken hervorgehoben. Gewiß bedeutet jeder Schutzzoll für den geschützten Er werbszweig eine wesentliche Förderung, insofern er dem Produzenten einen höheren Verkaufspreis verbürgt. Es fragt sich nur, ob die Maßregel, die ein einzelnes Glied begünstigt, nickst etwa dem Gesamtorganismus schadet. Ter Preis ist das Ergebnis des Kampfes zwischen Ange bot und Nachfrage. In der künstlichen Erhöhung der Nachfrage zum Zwecke der Preissteigerung erblickt man mit Recht eine Störung und Gefährdung der normalen wirtschaftlichen Funktionen und wir fragen uns ver gebens, weshalb eine künstliche Erschwerung des Ange botes zum Zwecke der Preissteigerung einer anderen Be urteilung unterliegen sollte. Betrachten wir einmal die Wirkungen der Getreide zölle an den verschiedenen Gruppen der Bevölkerung, um festzustellen, ob diese Wirkungen vorwiegend nützlich oder schädlich sind, und beginnen wir nnt der Industrie. Hier müssen wir unterscheiden, wie die Zölle auf die Arbeitgeber und wie sie auf die Arbeitneh mer wirken. Die industriellen Unternehmer leiden auf dem inländischen Markte unter der verminderten Kauf kraft des größere» Teils der Bevölkerung, denn eine not wendige und gewollte Folge der Getreidezölle ist die Er- Höhung der Getreideprcise, also die Verteuerung der notwendigsten Lebensbedürfnisse. Nun wird dagegen von agrarischer Seite bisweilen eingewendet, der Ge treidezoll habe eine Preiserhöhung überhaupt nicht oder doch nur in geringem Maße zur Folge, der Zoll werde vom Auslande getragen. Wäre dies der Fall, so würde der Getreidezoll seinen Zweck verfehlen, denn er soll ja eben Lurch Erhöhung der Preise der Landwirtschaft einen besseren Ertrag gewährleisten. Er iväre nichts als eine sinnlose Chicane des internationalen Güteraustausches oder höchstens eine Maßregel zur Erhöhung der Zollein nahmen. Die Lcbensmittelpreise steigen also. Eine wesentlich größere Quote des Einkommens muß auf die Ernährung verwendet werden. Es fehlt an Geld für die Industrieprodukte und dadurch leidet natürlich der in ländische Markt. Auf dem ausländischen Markte liegt die Gefahr vor, daß die Staaten, die durch unsere erhöh ten Getreidezölle betroffen werden, ihrerseits unsere in dustriellen Exportartikel mit höherem Zoll belasten, wie dies ja auch jetzt eingetreten ist. Dadurch wird unsere Ausfuhr erschwert, nach manckien Ländern oder für manche Erzeugnisse vielleicht unmöglich gemacht und ge zwungen, neue Absatzgebiete aufzusuchen. Die industri ellen Unternehmer werden also, wie mit diesen Ausfüh rungen bündig nachgewiesen ist. durch hohe Getreide zölle geschädigt. Von dem Lose der Unternehmer ist, was man auch in der Zeit des Klassenkampfes dagegen sagen möge, das LoS der Arbeiter nicht zu trennen. Durch die Ge treidezölle wird, wie wir eben sahen, die Konjunktur in der Erportindustrie ungünstig beeinflußt. Es kann Arbeitsmangel eintreten und infolgedessen Verminde rung des Lohnes, hier und da vielleicht auch Entlassung von Arbeitern. Der Arbeiter wird also in zwiefacher Hinsicht getroffen, erstens, indem die LebenSmittelpreise sich erhöhen, und zweitens, indem der Lohn sich vermin dert. Dem gegenüber wird oft darauf hingewiesen, daß mit den höheren Lebensmittelpreisen auch die Arbeits löhne sich entsprechend zu erhöhen Pflegen. Wenn aller dings die Getreidezölle eine derartige Höhe erreichten, daß die bisherigen Löhne den Arbeitern nicht mehr das notwendige Existenzminimum gewährten, so würden diese genötigt sein, durch Streik oder Revolte eine Lohn erhöhung zu erzwingen. Was nützt ihnen aber der er- zwungene höhere Lohn, wenn keine Arbeitsgelegenheit vorhanden ist? Also wirkt die Verteuerung der Lebens- mittel auf das Budget des Arbeiters in dem Sinne, daß er einen größeren Teil seines Einkommens auf die Er nährung verwenden und an Wohnung und Kleidung noch mehr sparen muß, als bisher. Die industriellen Arbeiter werden demnach durch hohe Getreidezölle geschädigt. Allerdings kann man einwenden, daß ja infolge der höheren Geireidepreise die Kaufkraft der Landwirte wachse und die Stärkung eines Teiles der Landwirtschaft somit der Industrie zugute komme. Dieser Ausgleich funktioniert aber nicht gleichmäßig. Der Schaden der Industrie kann so groß, er kann ruinös werden, so daß ihn die so wie so sparsame Landwirtschaft nicht aus- gleichen kann. Außerdem gibt es, besonders bei uns in Sachsen, bereits Industriearten, die fast oder ganz aus- schließlich für den Export fabrizieren, die also von der ge- steigerten Kaufkraft der heimischen Landwirtschaft über haupt nichts profitieren. Was den Handel anbetrifft, so bedarf eS keines Beweises, daß erhöhte Zollschranken nur Nachteile und Schwierigkeiten für ihn Hervorrufen. Erreicht doch seder Schutzzoll sicher das Eine: die Erschwerung des Güter austausches. Auf den Nichts-als-Kons umenten, den Angestellten und den Rentier wirkt der Ge treidezoll als eine Herabsetzung seines Einkommens, denn der Getveidezoll verschafft ihm keineswegs höhere Einnahmen, nötigt ihn aber, die Ausgaben für seine Er nährung zu vermehren. Es würde nun vor allem noch zu untersuchen sein, wie die Getreidezölle auf die Landwirtschaft selbst wirken. Die Landwirtschaft ist nicht, wie die Agrarier immer behaupten, ein geschlossener Komplex von gleich artigen Interessenten. Einen Vorteil vom Getreidezoll hat nur derjenige Landwirt, der mehr produziert, als er gebraucht und das ist bei einem Umfang der Ackerfläche von mindestens 2 Hektar an der Fall. Nun gab es aber nack) der Erhebung von 1895 in ganz Deutschland 3 236 000 landwirtschaftliche Betriebe mit weniger als 2 Hektar landwirtschaftlich nutzbarer Fläche von 5,56 Millionen Betrieben überhaupt: das sind 58,2 Prozent, die kein Interesse an Getreidezöllen haben, weil sie kein Getreide verkaufen können. Sie scheiden also von vorn- herein schon aus. Ferner gab es nack) den Ermittelungen von 1895 981 000 Betriebe von 2 bis 5 Hektar, das sind 17,6 Prozent, die bisweilen, aber nicht immer ein Inter- esse an hohen Preisen haben werden. Durchgängig und hauptsächlich an hohen Getrcidcpreisen interessiert sind die Inhaber von 1 233 106 Betrieben, das heißt etwa 6 Millionen Einwohner oder 10 Prozent der Bevölke rung: rechnet man noch die Betriebe von 2 bis 5 Hektar hinzu, so sind es 11 Millionen oder 18'/» Prozent, also etwas über ein Sechsel -der Bevölkerung. Was die land- wirtschaftlichen Unternehmer anbetrifft, so haben wir also gesehen, daß nur eine Minorität an der Erhöhung der Getreidczölle interessiert ist. Die land wirtschaftlichen Lohnarbeiter aber haben von einer Erhöhung der Zölle keinerlei Vorteil. Er halten sie ihren Lohn in Naturalien, so wird ihre Lage durch die Preise überhaupt nicht beeinflußt: erhalten sie ihren Lohn, wie es meistens geschieht, in Geld, so leiden sie unter erhöhten Getreidepreisen ebenso wie die In dustriearbeiter. Die Erhöhung der Getrcidezölle erscheint demnach als eine Maßregel, die die Gesamtheit zu Gunsten einer Minorität benachteiligt. Diele Nationalökonomen er kennen dies auch an, doch sie wenden ein, daß die Land- wirtschaft aut nationalen und vor allem auch a«S mili tärischen Gründen mit dem nicht einwandfreien Mittel hoher Getreidezölle leistungsfähig erhalten werden müüe. Die militärischen Bedenken, die gegen den Uebergang zum Industriestaat geltend gemacht werden, sind aber hinfällig. Da wird zunächst die Möglichkeit einer Aus- hungeru-ng Deutschlands durch Blockade unserer Häfen inS Treffen geführt. Aber selbst wenn es einer feind- lichen Flotte gelingen sollte, unsere Nordsee- und Ostsee häfen zu blockieren, so bleibt uns nicht nur die Zufuhr aus Rumänien, aus Ungarn und aus Rußland, sondern auch die überseeische über Holland und Belgien, über Triest und über die italienischen Häfen durch die Schweiz. Für England ist die Befürchtung, daß seine Getreidever- sorgung von einer gegnerischen Flottenkoalition unter bunden werden könnte, nicht ungerechtfertigt, für Deutschland kommt sie nicht in Betracht. Ueberdies hat auch die Steigerung der Getreideproduktion ihre natür liche Grenze. Was dann die geringere Tauglichkeit der Industriebevölkerung für den Militärdienst anbelangt, so wird es hoffentlich möglich sein, durch den weiteren Aus- bau und die sorgsamere Durchführung der Arbeiterschub- gesetze den ungünstigen Einflüssen, die die andauernde Beschäftigung in Fabriken und Bergwerken zweifellos ausllbt. wirksam entgegenzutreten. Gerade vom militä rischen Standpunkt aber ist die Benachteiligung unserer Industrie durch erhöhte Gctreidezölle höchst bedenklich. In den Kriegen der Neuzeit wird derjenige Staat siegen, der dem zahlreichsten d. h. kostspieligsten Heere und der größten d. h. kostspieligsten Flotte die vollkommenste d. h. kostspieligste Ausbildung und Ausrüstung gewähren und die gewaltigen Aufwendungen, die ein Feldzug er fordert, am längsten ertragen kann. Solche oft angcstcllte, aber noch niemals widerlegte Erwägungen sind es, die es nns zweifelhaft erscheinen lassen, ob die vom Grafen Bülow eingeschlagene Richtung der Handelspolitik sich als segensreich bewähren wird. Heute steht Theorie gegen Theorie, und wir müssen durch Erfahrung klug werden. Wir erkennen gern an, daß der Reichskanzler sich nicht auf die Seite der agrarischen Exaltados und Desperados geschlagen hat: aber wir glauben, daß die neuen Vertrüge nur einer agrarischen Minorität zu gute kommen. Zum Schluß betonen wir aber nochmals die Notwendigkeit, zu Verträgen zu kom men, do. curch schlechte Verträge schließlich noch besser sind als gar keine. Vie ffriri; in siurrlanck. Russische Beamte über Gorki» Freilassung. Der nach Petersburg entsandte Mitarbeiter der „Preußischen Korrespondenz" depeschierte unter dem gestrigen Datum, 8 Ubr vormittag-: Die kiesigen maßgebenden Kreise verwahren sich auf das entschiedenste gegen die Auffassung, daß die im Aus land inszenierte Aktton zu Gunsten Maxim Gorkis auch nur den geringsten Einfluß auf die Entschließungen der Behörden gebabt hätten. Ruß land duldet keinerlei Einmischung in feine inne ren Angelegenheiten. Die ganze Aktion war von vornherein durchaus binsällig; denn Maxim Gorki war keineswegs so stark kompromittiert, als daß er hin gerichtet oder „verschickt" werden müßte. Dem Vertreter der „Preußischen Korrespondenz" wurde von einem Ministerial- gebilfen erklärt: ebenso wie ungezählte andere Vertreter der Intelligenz wird auch Gorki die Freiheit erhalten, wenn die Gemüter sich werden beruhigt haben. DaS schlimmste, was ihm passieren kann, ist zeitweilige Verweisung auS den Residenzen. Die Zustände in Warschau. Der Cbrf der Polizei macht bekannt: Infolge der außer gewöhnlichen Maßregeln horten die Ruhestörungen auf, die vollständige Ordnung ist wieder hergestellt. Man solle sich vor den Gerüchten hüten, die von böswilligen Leuten verbreitet würden, um die Einwohner zu erschrecken. Man solle sich nicht um die von Verbrechern, die die Wohnungen und industrielle BureauS heimsuchten, namens nicht existierender Organisa tionen erhobenen Forderungen kümmern und man solle ferner zu seiner gewohnten Beschäftigung zurückkehren, um die Wiederherstellung der normalen Lebenöbedingungen zu unterstützen. Es sei unmöglich, zu bezweifeln, daß die Arbeiter, beeinflußt von den gnädigen Worten deS Kaisers, die Arbeit wieder aufnebmen und ihre Familien von den schweren Schädigungen des Ausstandes befreien würden. Die genaue Ausführung der Maßnahmen deS Generalgouverneurs und aller polizeilichen Anordnungen werde die Ruhe wieder Herstellen. — Dem Polizeibericht zufolge wurden während der Unruhen 57 Personen getötet oder sind infolge erhaltener Verletzungen gestorben, darunter 6 Frauen und 3 Kinder. Heute ist die Stadt ruhig, die Zeitungen erscheinen, die Arbeiter beginnen wieder zu arbeiten. In allen polnischen Zuckerfabriken, ebenso in dem Kohlenbergwerk Dombrowa sind die Arbeiter in den Ausstand getreten, die Kohlen förderung ist eingestellt. Die Kohlenpreise in Warschau steigen. Streik In Listt«. Wie aus Tiflis weiter gemeldet wird, stellten am Dienstag die Arbeiter in den Werkstätten der trans kaukasischen Bah», den Fabriken und Druckereien die Arbeit ein. Außer der „KawkaS" erschien keine Zeitung. Die Zahl der Ausständigen beträgt 3000 bi« 4000; der Ausstand breitet sich weiter aus. Agitatoren, welche die Eisenbahn arbeiter zum Ausstand zu bewegen suchten, ferner Arbeiter, die die Angestellten kaufmännischer und ge werblicher Unternehmungen zum BnSstand zu zwingen strebten, und verschiedene Personen, die öffentliche Reden halten wollten, wurde« verhaftet. Vorgestern wurde der Pferdebahn- betrieb eingestellt, jedoch nachmittags unter militärischem Schutze wieder «mfgenommea. ver rurrircb-japanircbe Flieg. Die H«ll-Rsmm!sfion hielt gestern vormittag eine nichtöffentliche Sitzung ab. In der nächsten Sitzung werden die Vertreter Englands und Rußland« Schlußanträge stellen. DaS Zeugenverhör ist jetzt beendet. Fünfzehn amerikanische Ariegtschiffe nach dem Süden der Philippinen. Die „Agence HavaS" meldet aus Manila: Eine aus 15 Kriegsschiffen bestehende amerikanische Flotte verließ heute die Insel Luzon mit der Bestimmung, sich nach dem Süden des Philippinen-Archipels zu begeben. Die Ausgabe der Flotte soll darin bestehen, die Neutralität in den amerikanischen Gewässern gegenüber der russischen und der japanischen Flotte aufrechtzuerhalten. Der Ersatz für Gripenberg. Sollte General Gripenberg wegen der unnützen Auf opferung von 10 000 Mann in den letzten Gefechten heim berufen werden, so würde nach dem „L.-A." General Milow, Kommandeur des 8. Korps, zeitweilig die zweite Armee kom mandieren, unterstützt von den beiden Generalen Zerbitzky und Gerngroß, Chef deS 10. europäischen und 1. sibirischen Korps. Die von Gerngroß kommandierten zwei Divisionen sibirischer Schützen 1 und 9, sowie die beiden Iägerbrigaden und seine Kavallerie haben in den letzten Januariagen furchtbare Verluste erlitten. General Lien ewit sch, der Ches der ersten Armee, ist mit seinen drei wenig aktions fähigen sibirischen Korps 2, 3 und 5 auf die Beobachtung des japanischen rechten Flügels in der gebirgigen Region zwischen Taling und Komaputza angewiesen. Von -er Front. Die Petersburger Telegraphen - Agentur meldet aus Sachetun vom 2. Februar: Auf dem äußersten reckten Flügel dauert das Artilleriefeuer fort, auch finden weiter kleine Zusammenstöße bei verschiedenen Dörfern statt. Die Kämpfe bei Sandepu hatten den Erfolg, daß unsere rechte Borlinie auf dem rechten Flügel bi- zu den Dörfern Holoutai, Futsjatschiantsi, Tsintschatuu «nd Bei- tadsi vorrückte. Durch die Besetzung dieser Positionen erhielten unsere Truppen die Möglichkeit, da- Artillerie feuer auf die Befestigungen vou Sandepu und Lidiatuu zu konzentrieren. Auf den neuen Positionen werden Batterien ausgestellt. Die letzten Kämpfe galten dem Besitz des Dorfes Tschantanchenan auf dem linken Hun- houfer. Der Angriff in der Nacht deS 1. Februar wurde mit bedeutenden Verlusten zurückgeschlagen; unser Verlust beträgt 100 Mann. Am Tage beschoffen die Japaner das Dorf, besetzten eS, indem sie uns zurückdrängten, wurden aber von unS aus einem großen Teil des Dorfe- wieder ver drängt. Der Kanonendonner dauert auf dem fernen rechten Flügel an, während es auf den anderen Punkten ruhig ist. Die japanische Artillerie beantwortet in den letzten Tagen unser Feuer links von der Eisenbahn fast garnicht. Ein Drahtbericht Anrspatkin» an -en Karen. Nach einer über Paris geleiteten Meldung aus Peters burg erhielt der Zar von Kuropatkin einen Draht bericht, dessen auszugsweise Veröffentlichung demnächst erfolgen wird. Man wirb daraus erfahren, warum Kuropatkin den General Kaulbars hinderte, seine Streit kräfte dem General Gripenberg zur Verfügung zu stellen. — Kuropatkin meldet dem Kaiser von heute: Zn der Nacht zum 2. Februar griffen die Japaner Tschantanchenen, am linken Ufer des Hunbo, Schantau gegenüber, an und nahmen das Dorf; sie wurden mit großen Verlusten wieder daraus vertrieben. Unsere Verluste übersteigen 100 Mann. Infolge der ergriffenen Maßnahmen sind trotz der Kälte Frostbeulen selten. Nach der Erappenstation in Mulden sind bis heute 133 Gefangene und zwei unverwundete Offiziere gebracht worden. Ich besuchte heute unsere letzten Verwundeten; ihre Stimmung ist ausgezeichnet, sie sind wohlversorgt. Die Mehrzahl der Verwundungen sind Kugelschüsse. — Kuropatkin meldet end lich vom 2. Februar: Nach Meldungen griffen die Japaner nach vorhergegangener starker Beschießung mit Artillerie unsere Abteilung m der Front Tschantanchenan an. Mittags erhielt ich eine neue Meldung, daß unsere Truppen sich zuerst zurückziehen mußten und dann das Dorf wieder eroberten; nur einige Gedöste sind noch in Händen der Japaner. Unsere Verluste sind unbedeutend. In den anderen Stellungen verlief die Nacht ruhig. Ein neuer franzSfischer rNarineattachS. Der Schiffsleutnant Balldrh de Saint Lisnard ist nach einem Telegramm deS „L.-A." zum französischen Marineattachä in Petersburg ernannt worden, da jede Hoffnung auf die Wiederkehr des bei Port Arthur verschwundenen Attaches de Cuverville aufgegeben ist. Von -er sibirische»- Bahn. Wegen öfterer Unterbrechung der Proviant transporte auf der sibirischen Bahn wird nach einer Londoner Depesche des „L.-A." der Proviaut für die Mantschurei-Armee auf dem Seewege über Wladi wostok herbeigeschafft werden. Es sind zu diesem Zwecke in letzter Zeit viele Dampfer gechartert worden. Der -entschfein-ttche Pekinger Rorrespon-ent -er „Limes" Dr. Morrison, der kürzlich die deutsche Gesandtschaft wegen der Ti bet frage grundlos verdächtigt hatte, tele graphiert seinem Blatte, Deutschland bestehe darauf, daß China vor der Ernennung eine- Gouverneur« für Sckantung die Genehmigung Deutschland« einzuholen habe. Die Insinuation, die einer Kritik nicht bedarf, geht nach der „Voss. Ztg." dahin, Deutschland begreife augenschein lich, daß Rußlands Stellung in Ostasien hoff- nungSloS sei und wisse wohl, daß nach dem Kriege die EroberungSgelegenheiten weniger günstig sein werden, als sie bisher gewesen sind. Drshalv ergreife e« jede Gelegenheit, seine Stellung in Schantung zu befestigen. Bislang benutzt« «S seinen Einfluß, di« Tür m Schantung gegen alle, aus-
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