Volltext Seite (XML)
Wilsdruffer Tageblatt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannsch^A Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des ForstrenLamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördliche^eits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. An,eig«nprri.: di« S^espaltkn« Ranmzcile 20 Npsg., dir t g-ipaltenc Zril« der cmillchkv Bekonntmochungrn 4» ««icks. Pfennig, die 3 geipalline Reklmnezeile im tcxllichen Teile I Reichsmark. Nachweijungsgrdühr ro Reichspsermis«. Bor ge,chiiebeneEricheinungs. tage und Platzonrichriften werden »ach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeign. annabme bis norm.lüUhr. > - Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernebmen wir keine Garantie. Jeder Radatianspruch erlischt, wenn der Betrag daech Klage eingczogen werden mutz oder derAuftrag geber in Konkurs,erü». Anzeigen nehmen alle Dcrmittluugsstelleu entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft- Da» »Wilsdruffer Tageblatt^ erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 NM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 NM., bet Postbestellung 2NM. zuzüglich Abtrag- —— . . -- . gebühr. Einzelnummern ISNpfg Alle Post anstalten Wocyenvlatt süv Wnsdrufs u. Umaeaend Postboten und unscreAus- t^LgerundDeschSsrsstellen - >' > - nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. JmFalle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Freitag, de« 25 Mai 1S2S Rk.121.— 87. Jahrgang Tetegr.-Adr.: „Amtsblatt" W il s d ruff - D re » d eu Postscheck: Dresden 2640 Das Reich als Unternehmer. Es ist in der Öffentlichkeit ziemlich unbekannt, daß auch das Reich, obwohl ihm die Reichsbahn entzogen worden ist, immer noch ein Großunternehmer, ein Teil nehmer ist an einer ganzen Reihe von Unternehmungen, unter denen gar viele mit ihrem Aktienkapital sogar völlig im Besitz des Reiches sind. Der Krieg ist es gewesen, der in der Hauptsache diese Entwicklung eingeleite't und schnell gesteigert hat, während vorher solche Unternehmungen des Reiches recht selten waren, hierfür hauptsächlich nur die Deutsche Werft, damals Kaiserliche Werft in Kiel und ein paar andere Unternehmungen der Marine in Frage kamen, die aber nur für die Bedürfnisse des Reiches arbeiteten. So sah sich das Reich bei Ausgang des Welt krieges im Besitz zahlreicher, darunter ganz gewaltiger Betriebe, die natürlich damals nur auf die Produktion von Kriegsgerät eingestellt waren, dann aber sehr schnell teils überhaupt zerstört, zum anderen Teil aber auf Friedenserzsugung umgestellt werden mußten. Dabei ist Unerfreuliches, Verschleuderung von Heeresgut, Schie bungen schlimmster Art, Verkauf an Private zu Preisen, die infolge der Inflation rasch auf ein Nichts zusammen schmolzen, vieles andere dergleichen geschehen; eigentlich hat erst die Währungsstabilisierung auch das ganze Gebiet der Reichsunternehmungen stabilisiert. Vieles konnte allerdings nicht mehr gerettet werden, so manches erlag auch jetzt der Stabilisierungskrise, aber nach dieser Sanie rung ging es doch wieder aufwärts. Die Dachgesellschaft all dieser Reichsunternehmungen ist die „Viag" (Vereinigte Jndustrieunternehmungen A.-G.) und sie legt jetzt ihren Geschäftsabschluß für das letzte Jahr vor. Entsprechend der allgemeinen Aufwärts bewegung der Wirtschaftskonjunktur ist es auch den Neichsunternehmungen recht gut gegangen, so daß die „Viag" ihre Dividende, die selbstverständlich nur dem Reich als dem einzigen Aktionär zugute kommt, von 6 auf 7 -PrEU-erhöhol! formte. - - Die Kontrolle der „Viag" erstreckt sich nun nach zwei Seiten hin: auf der einen Seite richtet sie sich auf die „Reichskreditgesellschaft" (Erka), ein Bankunternehmen, das schon längst den Zorn des Neparationsagenten er regt hat, weil es von zahlreichen Reichsbehörden für die Vermittlung ihrer Geldgeschäfte benutzt wird und damit der Neichsbank Konkurrenz bietet, und auf die Deutsche Revisions- und Treuhandgesellschaft, über deren Zweck der Name ja schon genug sagt. Auf der anderen Seite stehen die eigentlichen wirtschaftlichen. Unternehmungen des Reichs. Da sind zunächst die E l e k t r i z i t ä t s erzeu- gungs- und Verteilungsbetriebe wie die „Elektrowerke", das Ostpreußenwerk, die Württembergische Landeselektri- zitäts A.-G. u. a.; sehr stark beteiligt ist die „Viag" und damit das Reich auch an den „Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerken. Etwa 12 Prozent der gesamten deut schen Energieerzeugung dieser Art werden durch die elektrowirtschaftlichen Unternehmungen des Reichs be stritten. überall sind die Aktienkapitalien erhöht, die alten Dividenden wieder erreicht oder gesteigert worden. Ferner kontrolliert das Reich eigentlich die ganze deutsche Al u m l n i u m i n d u st r i e, die ja betriebstechnisch eng mit der Elektrowirtschaft zusammenhängt. Das Aktien kapital der Vereinigten Aluminiumwerke befindet sich in seiner Mehrheit im Besitz des Reichs; das gleiche gilt für eine große Reihe von S t i ck st o ff w e r ke n. Besondere Sorgenkinder waren lange Zeit die früheren Deutschen Werke, die es nicht etwa nur in Berlin-Spandau, sondern noch an sechs anderen Stellen des Reichs gab. Sie haben sich alle längst auf Friedens produktion namentlich von Maschinen umgestellt und machen jetzt den reinen Privatbetrieben eine von diesen vielfach sehr unangenehm empfundene Konkurrenz, nicht zuletzt deswegen, weil die „Viag", hinter der ja das Reich steht, natürlich viel leichter in- und ausländische Kredite erhalten kann als jeder Privatbetrieb. Infolge dessen gebk. es diesen Tochtergesellschaften der „Viag" im allgemeinen recht gut und die früheren Schwierig keiten sind fast überall überwunden. Beteiligt ist das Reich dann noch an der Jlseder Hütte, an einem Schiff fahrtsunternehmen u. a. Die „Viag" selbst hat ein Aktienkapital von jetzt 120 Millionen Mark und ihre Beteiligungen an all den erwähnten Unternehmungen haben jetzt die Höhe von über 172 Millionen Mark erreicht. Nimmt man aber noch die gewaltigen Beteiligungen der Länder und namentlich der Kommunen jeder Art an wirtschaftlichen Betrieben allerverschiedensten Charakters hinzu, so ge winnt man ein Bild von dem ungeheuren Ausdehnungs trieb der öffentlichen Hand in der Wirtschaft. Abgesehen von der gewaltigen Konkurrenz, die hierdurch der Privat wirtschaft gemacht wird und die sich auf Betätigungen ausdehnt, für die wirklich nicht die geringste gemeinwirt schaftliche Berechtigung vorliegt, schlummert auch in dieser übermäßigen Ausdehnung die Gefahr von infolge dessen großen Verlusten, wenn einmal die wirt schaftliche Konjunktur eine rückläufige Bewegung nimmt. Das sollte man nicht vergessen und sollte im Neich'sinteresse wie in dem der Privatwirtschaft die etwaigen Bestrebun gen zu weiterer Ausdehnung mit Sorgfalt prüfen. M Ende des AMmsten-ProM Ricklin, Rosse, Fahhauer und Schell wegen Komplotts gegen Frankreichs Sicherheit verurteilt Tumultszene» im Gerichtssaal Kolmar, 24. Mai. Nach 2 ^stündiger Beratung kehrten die Geschworenen im Kolmarer Autonomistenprozetz in den Ge richtssaal zurück und verkündeten das Ergebnis ihrer Beratung. Dir Frage, ob ein Komplott gegen die Sicherheit des französischen Staates vorliege, wurde bejaht. Die übrigen Schuldfragen wurden lediglich bei Ricklin, Schall, Faßhauer und Rosie bejaht. Diese vier A> grllagten wurden zu je einem Jahr Gefängnis unter An rechnung der fünf Monate Untersuchungshaft verurteilt. Ferner wird ihnen auf die Dauer von fünf Jahren der Aufenthalt im El saß verboten. Aus welche Weise sich das Verbot des Aufenthal tes bezieht, wird noch bekanntgegeben werden. Der Präsident gibt darauf den Angeklagten bekannt, daß sie innerhalb dreier Tage den Antrag wegen Kassation des Urteils beim Pariser Kassations hof einreichen kö men. Hauß, Schlegel, Baumann, Kohler, Würtz, Heil, Reisacher, Eggemann, Solveen und Schweitzer wurden frei- gesprochen. Sie werden sofort in Freiheit gesetzt, falls sie nicht we gen anderer Vergehen in Hast bleiben müssen. Nachdem die Geschworenen wieder im Saale erschienen waren erklärte der Ceneralstaatsanwalt. die französische Gerichts barkeit sei streng, aber auch großherzig. Als er für die vier Verur teilten müdeste Anwendung des Gesetzes beantragte, ereignete sich etwas Unerwartetes. Der junge Rechtsanwalt Feiltet sprang von der Verteidigerbanl aus und schrie dem Präsidenten zu: Eine Ver urteilung von Männern wie Ricklin, Rosie, Faßhauer und' Schall ist unmöglich! Er konnte jedoch nicht weiterreden, da er, VK> Irem Weinkrampf erstickt, aus der Vrrtcidigerbank buchstäblich züsam- menbrach. Im Saale erhob sich Zustimmungsgeschrei, Bravo und Händeklatschen, wie es in dieser stürmischen Form während der ganzen Prozeßverhandlung noch nicht vorgekommen war. Von der Straße drangen unausgesetzt stürmische Demonstrationen der nach Tausenden zählenden Menge zum Eerichtssaal empor. Die Aus regung wuchs von Minute zu Minute. Darauf wurde das oben Grüße vom Nordpol! Nobiles erfolgreicher Flug. Das Luftschiff „Italia", das am Mittwoch von Kmgsbay aus startete, passierte nach zwanzigstündigem Fluge den Nordpol. Nach einem Funkspruch hat General Nobile bei semem mitternächtlichem Flug über dem Nord pol die italienische Flagge und das vom Papst gesegnete Kreuz abgeworfeu. An den König von Italien, den Papst und Mussolini sandte er Grüße. Die „Italia" hatte bis zur Amsterdaminsel Gegen wind, von wo aus sie mit Achterwind Kurs nach Norden setzte. Die neuesten Telegramme aus Spitzbergen melden, daß Nobile eine volle Stunde, von ein bis zwei Uhr nachts, über dem Nordpol kreiste. Während die Fahrt selbst in einer Höhe von 6000 Fuß vorgenommen wurde, ging das Luftschiff Uber dem Pol bedeutend herab, um besser observieren zu können. Die Sicht war besser als beim Fluge der „Norge", die auch nur einige kurze Kreuzungen über dem Pol vornahm. Auf dem Wege zum Nordpol traf die „Italia" auf starke Unwetter mit Schneestürmen. Da jedoch die Meteorologen erklärten, daß es sich um rein lokale Stürme handelte, flog Nobile weiter. Eine Landung konnte er jedoch nicht vornehmen, denn dazu hätte er absolute Windstille gebraucht, die aber nur zur Zeit seines Abfluges vorherrschte. Den Rückflug trat die „Italia" über die vereiste Insel „Amster- d a m" an. Bombenaiieniat in Buenos Aires. 22 Todesopfer. Während die Empörung über das Mailänder Attentat ruf den König von Italien noch anhält, komntt schon wieder die Kunde von einem Bombenanschlag gegen die italienische Regierung. In Buenos Aires wurde eine Höllenmaschine in den Räumen des italienischen Konsulats rur Explosion gebracht. Eine zweite Bombe explodierte in der italienischen Bank. Im Patzbureau des italie nischen Konsulats in Buenos Aires wurden 22 Per sonen getötet und fast 50 verletzt. Es ist der fünfte Anschlag dieser Art, der in letzter Zeit zu verzeichnen war. Erst vor zwei Monaten wurden in zwei nordamerikanischen Bankhäusern Höllen maschinen zur Explosion gebracht; weitere Anschläge richteten sich gegen nordamerikanische Geschäftshäuser in Argentinien. Schließlich wurde vor kurzem aus der Fensterbank des Amtszimmers des argentinischen Justiz- Ministers eine Bombe gefunden. Alle diese Anschläge standen mit anarchistischer Propaganda mitgeteilte Urteil verlesen. Der Gerichtspräsident beglückwünschte die Geschworenen nach Verkündung -es Urteils zu ihrem Spruche. Die Verteidigung versuchte mehrfach das Wort zu ergreifen, wur de jedoch vom Präsidenten daran gehindert. Die Schlußansprache des Präsidenten cn die Geschworenen ging im allgemeinen Lärm unter. Die vier Angeklagten verabschiedeten sich von ihren Ver teidigern und umarmten sie. Unter großer Erregung leerte sich der Gerichlssaal, während man draußen fortgesetzt noch das Schreien und Pfeifen der Menge hörte. Man Hötte im Saale, wie die außerhalb des Gebäudes befindliche ungeheure Volksmenge das Lied „O Straßburg, o Straßburg" anstimmte. Nach Abschluß des Autonvmistenprozesies sanden in der Stadt stürmische Demonstrationen statt. Beneschs Berliner Besuch. Eine amtliche Mitteilung. über den Besuch des tschechischen Außenministers Dr. Benesch in Berlin wird in siner offiziellen Note mit geteilt, daß bei den mit ihm gepflogenen Unterhaltungen die befriedigende Entwicklung der deutsch-tschechischen Be ziehungen in den letzten Jahren fcstgestellt werden konnte. Eine Reihe aktueller Einzelsragen befindet sich auf dem Wege der Regelung. Auch in den allgemeinen europäischen Fragen ergaben sich mannigfache Berührungspunkte der Politik der beiden Länder, insbesondere die Übereinstim mung beider Negierungen in dem Ziele, den Wiederauf bau Europas durch nachdrückliche Fortsetzung der Ver ständigungspolitik zu fördern. Dr. Benesch ist wieder nach Prag abgereist. Staats sekretär von Schubert überreichte Frau Dr. Benesch bei der Abfahrt einen Strauß gelber Rosen. im Zusammenhang und waren, soweit sie sich gegen nord amerikanische Unternehmen richteten, ohne Zweifel Racheakte wegen der Hinrichtung Saccos und Vanzettis. Das letztere Attentat könnte den Anschein erwecken, als ob es von Personen ausgeübt wor den war, die mit dem Ende vorigen Jahres verhängten außerordentlich scharfen Auswanderungsbestimmungen der italienischen Regierung unzufrieden waren, durch welche die Auswanderung aus Italien so gut wie unmöglich gemacht worden ist. Jedoch ist es ebensogut möglich, daß bei dem Anschlag auf das italienische Paßbureau seine Lage maßgebend war, nämlich in der vornehmsten Villenstratze Buenos Aires, wo u. a. auch die Privatwohnung des Präsidenten Alvenar liegt. In diesem Falle würde es sich um einen Versuch der unbekannten Täter handeln, den Verdacht auf Antifaschisten abzuwälzen. Der Bombenanschlag gegen das italienische Konsulat in Buenos Aires hat in Rom das größte Aufsehen er regt. Man ist allgemein der Ansicht, daß der Anschlag dem italienischen Botschafter, der zur Zeit der Bomden- exploston eigentlich im Konsulat hätte weilen sollen, ge golten hat. Nach weiteren Meldungen aus Buenos Aires ist am gleichen Tage in einer Apotheke, deren Besitzer der Sekretär des Faschistenverbandes in Buenos Aires ist, eine Bombe gefunden worden, deren Explosion noch rechtzeitig verhindert werden konnte. Sie sächsische Industrie gegen Erhöhung der GsenSahnMerlache. In den letzten Tagen wurde die Denkschrift veröffentlicht, die die Reichsbahnhauptverwaltung zur Begründung ihrer Mchrfordcrung von 250 Millionen und der daraus sich er gebenden Forderung nach einer Erhöhung der Güter- und Per- sonemarife verfaßt hat. Nachdem der Rcubsverkehrsminister sich bereits früher gegen diese Tariferhöhung ausgesprochen hat, hat auch das Reichskabinctt vorläufig zu dieser Tarif erhöhung seine Zustimmung noch nicht gegeben, sondern einen Zwischenbescheid erteilt und um weitere Unterlagen gebeten. Ta aber damit noch nicht eine endgültige Ablehnung der Tarif erhöhung durch die Reichsregierung ausgefprochen ist, so er scheint es notwendig, nochmals darauf hinzuweisen, daß die im Verband Sächsischer Industrieller vertretene sächsische Industrie von der Notwendigkeit der jetzt von der Rcichsbahnhauptverwaltung geforderten Tariferhöhung nicht restlos überzeugt ist, sondern den dringenden Wnnsch hat, daß vor Durchführung einer solchen Erhöhung zunächst von objektiver Stelle, d. h. also nicht nur vo» der Neichsbahnhanpt- verwaltung selbst die Verhältnisse bei der Bahn daranfhin genau nachgeprüft werden, ob nicht aus dem Betriebe der Reichsbahnhauptverwaltung diese Mehrfordernngen in irgend einer Form herausgewirtschastet werden können. Zn dieser Annahme must man um so mehr aelanacn. als aerade auck