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MsdmfferTagMtt Nationale Tageszeitung für die Landwmschast, L« ,WU,»ruff«r Ta«ebiaU- rrjchcuu au allen Werkt« en nachmittags SUH«. Bezugspreis: Bei Abholung in »er VeschSftsftelle und den Ausgodestellea r RM. im Mouai, bei Zustellung durch die Boten 2,APRM., bei Poftbeftellung , «M. zuzüglich «dtrag. , . . , aedühi. Einzelnummern ILRpig. «ll-Paii-»ft»lte- Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Bostde»eu undunsere«»s> erügernnd Gelchästssteüen l nehmen ,u jeder -zeit Be strllnngen entgegen. JmFallc höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger BetttedsstSrungeu besteht dein Äusttruch aus Lleternag drr Zeitung oder Kür^lug des Bezugspreises. — «üchseuduag eingesaadtrr Lchristftüedr ersolgt nue, wenn Porto deiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigevpvris: die Z nespa'teue Raumzeiie 20 Sipfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekannimachuugen pjrnniy, die Zgespaltenr Reklamezette im rextlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisung-gebühr 20 Reichspsennitze. BOr- c,cickriebeneErscheinnn«s. rage und PlatzvottchttfHe» werden nach MSgUchdeit ^fk rnsvrecker: Amr Wilsdruff Nr. 6 derülsüchtigr. A-reig«. anvahmebis vorm.lVUHr. — " > — — -- - — Für die Richtigkeit dar durchFernrufüdermittellenRnzcrgen übernehmennnr pe ^Garantie. ^ederRadarranspri^ch erlischt, wenn de- Deira--«rch Klage eingezoLen werden mutzoderderAuftraggederi:. Konkurs gerLr. Anzeigen nehmen lUreVermilllvngsfteüenentHe-«n. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Rr. 86. — 87. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt« WilSdrUff-DreSdeN Postscheck: Dresden 2646 DvUUerStag, Vk« 12. April 1928 Die Llntersuchungshafi. Ben Akiba hat bisweilen unrecht. So etwas ist denn doch in den Moabiter Gerichtshallen noch nicht vor gekommen! Ein kommunistischer Schriftsteller, der in das Vernehmungszimmer des Untersuchungsrichters geführt war, wird dort durch gutbewaffnete Leute befreit, die beaufsichtigenden Beamten werden überwältigt; es gelingt bei der Verfolgung, nur einen der Täter zu erwischen. In Ser Berliner Kriminalgeschichte jedenfalls steht dieser Vorgang einzig da, der etwas an Wohl nicht ganz seltene ähnliche Ereignisse im fernen Wildwest erinnern mag. Der Angeschuldigte hatte schon anderthalb Jahre lang in Untersuchungshaft gesessen. Anklage wegen Hochver rats war gegen ihn erhoben worden und der Verhand lungstermin stand unmittelbar bevor. Da mag ihm nicht nur die Zeit etwas lang geworden sein, sondern er mochte dem Termin wohl mit einigem Bangen entgegensehen. Gewiß ist die Zeit, während der er in Untersuchungs haft saß, eine sehr lange gewesen, aber das ist leider nichts Auffallendes mehr und besonders nicht bei Hochverrats prozessen. überhaupt mehren sich die Stimmen, daß die Länge der Untersuchungshaft allzu häufig in keinem Verhältnis mehr zu der zu erwartenden Strafe steht, aber an unserer Justizverwaltung liegt die Schuld hierfür gewiß nicht. Die Kriminalstatistik hat leider mit der Feststellung nur allzu recht, daß in der Nachkriegszeit die Zahl der Verbrechen und Vergehen ggnz gewaltig gewachsen ist, infolgedessen auch die Zahl jener, die den gesetzlichen Bestimmungen zufolge in Untersuchungshaft genommen werden müssen. Die Richter sind durchweg ganz außerordentlich überlastet, werden dadurch allzu häufig trotz besten Willens nicht immer zu einer bis ins letzte gehenden Untersuchung und Behandlung des Einzelsalles die dafür notwendige Zeit haben. Das ist aber eine große Gefahr, weil dann allzu leicht die Pflege der Gerechtigkeit zum juristischen Handwerk wird. Aber an jeder Entscheidung, zum mindesten an den meisten von ibnen, hängt ein Menschen schicksal. Der preußische Justizminister hat vor einiger Zeit Richtlinien herausgegeben, wonach die Verhängung der Untersuchungshaft nur in wirklich dringenden und unbe dingt notwendigen Fällen erfolgen soll; das gilt natür lich nur bei Vergehen, wo sie in das Ermessen des Unter suchungsrichters gestellt ist, während ja ihre Verhängung bei Verbrechen gesetzlicher Zwang ist. Man will es jetzt möglichst zu vermeiden suchen, daß durch eine nicht unbe dingt notwendige Untersuchungshaft die wirtschaftliche und soziale Stellung des vielleicht zu Unrecht Beschul digten in verhängnisvollster Weise untergraben oder gar vernichtet wird. Das ist aber nur allzuoft die Folge längerer Haft; man kann freilich dem Richter keinen Vor wurf machen, weil er unter seinem Beamteneid dazu ver pflichtet ist, alles zu tun und nichts zu unterlassen, was die Findung der Wahrheit fördert. Aber wie bei allen menschlichen Einrichtungen, so ist auch hier Irrtum möglich; doch wirkt er hier besonders verhängnisvoll. Dabei soll aber nicht vergessen werden, daß manche Einrichtungen schon getroffen sind, um die Unter suchungshaft möglichst abzukürzen. Nach englischem Vor bild haben auch wir jetzt den sogenannten Schnell- richter, der für große Beschleunigung des Verfahrens und Erledigung des Falles in summarischer Weise sorgen kann. In England ist das in einem noch viel ausge dehnteren Maße als bei uns durchgeführt und wenn man in Deutschland gleichfalls auf diesem Wege fortschreiten würde, so würde das auch auf die Frage der Unter suchungshaft und ihrer Länge sich wohltuend auswirken. Einer Vermehrung der Zahl unserer Justizbeamten sind finanziell sehr enge Grenzen gesetzt, außerdem sorgt ein scharfes Prüfungsverfahren für sorgfältige Auswahl. Aber schon der neue Strafgesetzentwurf, der erfreulicher weise den gestorbenen Reichstag überlebt hat und hoffent lich in dem neuen seine recht baldige gesetzgeberische Er ledigung findet, strebt schon durch die Erweiterung der richterlichen Bewegungsfreiheit dahin, daß auch Lier die bisherigen Härten der Untersuchungshaft vielfmp gemil dert werden können. Nicht bloß jener kommunistische Schriftsteller saß in vielmonatlicher Untersuchungshaft, sondern es gibt auch eine ganze Reihe anderer, die sein Schicksal teilen. Ge wiß ist nicht anzunehmen, daß nun das Vorgehen seiner Freunde Nachahmung findet und daß der Ruf „Hände hoch!" etwa des öfteren in den Hallen der Justiz erschallt, — aber neben dieser fast komischen Seite darf doch die ernsthaftere nicht vergessen werden, daß schließlich durch die lange, zermürbende Untersuchungshaft nur allzu leicht die Häftlinge zu verzweifelten Entschlüssen getrieben werden. Oeutschlan-s Reparationszahlungen. Ein Bericht des Reparationsagenten. Der Reparationsagent Parker Gilbert veröffentlicht eine Übersicht über die im vierten Annuitätsjahr bisher vor genommenen Zahlungen. In der Zeit vom 1. September 1927 bis 31. März 1928 haben in Goldmark rund erhalten: Frankreich 450 Millionen. Grokbritannien 185 !4 Mil- AiMwett im krrliner kriminalgeriÄht Ein kommunistischer Handstreich. Gesänge ne nbefreiung in Berlin-Moabit. Eine durchaus wildwestlich amnutende Grfangenen- befreiung spielte sich im neuen Kriminalgcrichtsgebäude in Berlin Moabit ab. In das Vorzimmer -es Landgerichtsdirektoro Tr. Voigt, in dem sich der wegen Hochverrates verhaftete kommunistische Schriftsteller Otto Braun, von zwei Justizbramtcn bewacht, zu einer ihm vom Untersuchungsrichter gestatteten Unter redung mit einem Fräulein Olga Benario eingefun den hatte, drangen plötzlich sieden bewaffnete junge Burschen ein, riefen daS übliche: „Hände hoch!", bedrohten die Beamten mit Revolvern, schlugen den einen von ihnen mit einem Gummiknüppel nieder und versuchten auch den ander« zu überwältigen, was ihnen aber nicht gelang. Obwohl auf Alarmsignale bin von allen Seiten Beamte Das Kriminalgericht in Berlin-Moabit. herbeieilten, konnten die Eindringlinge mit dem Gefan genen Braun und der Besucherin entkommen und in einem bereitstchendcn Auto entfliehen. Einer von den sieben Kommunisten konnte am Hanpttor des Kriminal gerichtsgebäudes festgenommen werden. Er gab an, daß erKarlPhilipp heiße und Schlächtergesellc von Beruf sei. über die Persönlichkeiten der Mitbeteiligten will er absolut nichts wissen; er gab jedoch an, daß die Ent führung Otto Brauns schon seit acht Tagen sorgfältig vor bereitet worden sei. Was nun diesen Otto Braun betrifft, so war er der Politischen Polizei schon seit Jahren gut bekannt. Er war Leiter der Nachrichtenzentrale in der Kom munistischen Partei und führte im Jahre 1921 mit einigen Genossen als „Kriminalbeamter" eine groteske „Haus suchung" in der Wohnung eines früheren Obersten durch, um in den Besitz gewisser Akten zu gelangen. Sieben Monate Gefängnis waren der Lohn für diese Tat. Fünf Jahre lang hörte man dann nichts mehr von Otto Braun, bis eines Tages offenbar wurde, daß die Kom munistische Partei unter seiner Leitung „imlitärischc Kurse" zur Inszenierung von Putschen abhielt. Wegen dieser gefährlichen Lehrtätigkeit wurde gegen Braun ein Verfahren wegen Hochverrates eingeleitet, gleichzeitig aber auch gegen einige seiner Mit arbeiter in Bremen, München und anderen Städten. Zu diesen Mitarbeitern gehörte die 19jährige Studentin Olga Bcnario, die Tochter eines Münchener Rechts anwalts. Sie wurde auf freiem Fuß gelassen, während Braun im Oktober 1926 iu Untersuchungshaft kam. Am 4. Mai sollte vor dem Reichsgericht der Prozeß gegen Braun und seine Mitangeklagten beginnen. In den letzten Monaten besuchte ihn Olga Benario sehr häufig; die Unterhaltungen fanden stets im Sprechzimmer des Kriminalgerichtes in Gegenwart von Justizbeamten statt, wie es Vorschrift ist. Gelegentlich einer solchen Be sprechung nun ist Braun jetzt „entführt" worden. Die polizeilichen Ermittelungen zur Aufklärung des Überfalles haben ergeben, daß die Tat wirklich von langer Hand vorbereitet gewesen sein muß. Die Polizei ver folgt bereits gewisse Spuren, die vielleicht zur Ergreifung der Täter führen können. lionen, Italien 63X Millionen, Belgien 62 Millionen, Jugoslawien 3t Millionen Amerika 39X> Millionen, Rumänien 8,4 Millionen, Japan 3,6 Millionen, Portugal 4,8 Millionen, Griechenland 627 000 und Polen 177 000. In der Kasse des Reparationsagenten befanden sich am 31. März noch etwa 168 Millionen Mark, die bis zu diesem Zeitpunkt nicht verausgabt waren. Für Sachlieferungen wurden vom Reparationsagenten 419 Millionen und für die Besatzungstruppen 40,4 Millionen beglichen. Nie KommunisteiwerhafllWen in Japan. Russischs B o l s ch e w i s i e r u n g s m e t h o d c n. Die Behörden in Japan gehen gegen die Kbmmu- nisten im Lande scharf vor. Die japanische Regierung hat die Landarbeiterpartei („Ronoto"), den Japanischen Arbciterrat und die Liga der proletarischen Jugend als kommunistische Organisationen aufgelöst. In den ver fchiedensten Gegenden des Landes seien, so meldet der Hirohito, Kaiser von Japan, aeaen dessen Leben kommunistische Attentatspläne aus gedeckt wurden. Polizeibericht, nach dem alten Sowjetfystem sogenannte „Zellen" gebildet worden, die Mittelpunkte der roten Propaganda werden und die Keime zu einer Bolschewi siernng des Landes bilden sollten. Von den mehr als 1000 Verhafteten werden 450 unter Anklage gestellt. Die Verschwörung soll dadurch bedeutend verstärkt worden sein, daß aus Rußland Führer, dis mit den Kampfmethoden der Dritten Internationale vertraut waren, herangezogen worden sind. Diese Russen wur den zu Kommissaren und Leitern der einzelnen Zellen ernannt, deren es eine ganze Anzahl gab, so für die Industrie, für die Landwirtschaft, für die allgemeine Propaganda usw. Ore Ostpreußeuhilfe -es Reiches. Eine amtliche Aufklärung. Gegenüber Preffeäußerungen der letzten Tage, die sich mit der von Reich und Preußen angekündigten „Ost preußenhilfe" beschäftigten, wird amtlich darauf hin gewiesen, daß die von der Negierung für diesen Zweck angeforderten Mittel vom Reichstag erst am Tage vor seiner Auslösung, also am 30. März d. I., bewilligt worden sind, und daß daher die ReichszentralbehSrden bis zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage waren, über die Mittel zu verfügen. Inzwischen ist bereits für einen Teil der beschlossenen Hilfsmstzuahmen eine größere Summe bereitgestellt und der zuständigen Stelle in Ostpreußen zugeleitet worden. Nachdem noch in der letzten Woche des Monats März in Königsberg erneut eingehende Verhand lungen über die Durchführung der einzelnen Hilfsmaß nahmen mit den Vertretern der oftpreußischen Wirtschaft gepflogen worden sind, kann die Provinz Ostpreußen, deren schwere Schädigung durch die Abtrennung vom Mutterlande und deren gegenwärtige wirtschaftliche Not von den verantwortlichen Stellen in vollem Maße gewür digt wird, darauf rechnen, daß auch die übrigen Teile des Ostpreußenhilfeprogramms in Kürze verwirklicht werden. Schreckenstaten -es „Ku-Klux-Klan". Aufsehenerregende Enthüllungen. In Pittsburg in den Vereinigten Staaten wickelt sich zurzeit ein Prozeß ab, der entsetzliche Einblicke in die Tätigkeit des Ku-Klux-Klan-Bundes gewährt, der oft genannten amerikanischen Geheimverbindung, die sich jahrelang fast ungehindert eine Art Lynchjustiz anmaßen konnte, vorzuasweise in den Südsiaawn.