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Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Äürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20 Rpfg., die 1 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 10 Reich,. Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 2V ReichLPfennige. Bor- geschriebeneLrscheinungs- tage und Platzvorschrist« werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeige«, annahmebis vorm.lvUbr. —> —— Für die Richtigkeit der durch FernrufübermitteltenAnzeigen übernehmen wir Kerne Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn derBetragdnrch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellenentgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, WiWÄSW W.ch«»bl°tt str WNrdmff a Um«°«°nd Rr. 79. — 87. Jahrgang Montag, den 2 April 1928 Telegr.-Adr.: .Amtsblatt« Wtlsdrnff-Dresde« Postscheck: Dresden 2640 Auf in den Kampf! „Der letzten Tage Qual war groß . . .," so kann setzt wie Wallenstein der Deutschen Republik vierter Reichs tag von sich sagen. Doch nicht bloß der letzten Tage, sondern der letzten Wochen Qual war groß. An dew Reichsschulgesetz war die Regierungskoalition gescheitert und seitdem rüstete man zum Wahlkampf. Freilich ver langte der Reichspräsident, daß der Reichstag — um ein Scherzwort zu gebrauchen, das in diesem Zusammenhang gefallen ist — erst noch „seine Schularbeiten fertig machte". Das ist geschehen. Mit Ausnahme eben dieses Reichsschulgesetzes ist alles das durchgeführt worden was Hindenburg forderte. Der Etat ist fertiggestellt worden und damit wurde ein weiteres ungestörtes Ar beiten der Verwaltung gewährleistet. Ebenso ist das Notprogramm, das von der Regierungskoalition aus gestellt wurde, nach heftigen parlamentarischen Kämpfest sie häufig zu scharfen persönlichen Auseinandersetzunge« führten, im allgemeinen in der Form angenommen wor den, wie es vorgeschlagen war. Es trägt freilich das Zeichen augenblicklicher Linderung aus drängendster Noi an sich. Das gilt ebenso für die Erhöhung der In validenrenten wie vor allem für die finanziell-wirtschaft liche Unterstützung der Landwirtschaft. Nur ein Anfang ist gemacht und der kommende Reichstag wird vor du Aufgaben gestellt sein, aus dem Notprogramni Endgültiges zu machen. Wenn also auch die Beratungen des „sterbenden* Reichstages durchaus unter den Vorzeichen des Wahl kampfes standen, so kommen die Abgeordneten nun dock nicht mit leeren Händen nach Hause. Es hat sich eben gezeigt daß die sachliche Notwendigkeit stärker wirkte, größeres Gewicht hatte als parteipolitische Wünsche und Pläne Natürlich wurde das Plenum trotzdem zum Tummelplah wahlpolitischer Auseinandersetzungen, aber eben doch nicht so sehr, daß das Endresultat der gesetzgeberische« Arbeit gefährdet wurde. Als das Notprogrämm auf gestellt wurde, als der Reichspräsident seinen bekannter Brief an den Reichskanzler schrieb, mochte man im erster Augenblick nicht daran glauben, daß die darin nieder gelegten Anregungen und Vorschläge Wirklichkeit werde« würden. Zu stark schienen die Gegensätze zu sein, di! zwischen den Parteien der ehemaligen Regierungskoali tion erwachsen waren. Eine Zeitlang hatte es den An schein, als ob der Reichstag sofort aufgelöst würde, das Notprogramm erst durch einen neuen Reichstag erledigt werden sollte. Erfreulicherweise haben aber die Pro pheten, die die Arbeitsunfähigkeit des Reichstages unk damit ein Scheitern des Notprogramms voraussagtest unrecht behalten und der Reichstag hat sich als arbeits fähiger bewiesen, als man es ihm zutraute. Ruhe und Erholung ist aber den jetzigen Reichs- tagsabgeordneten a. D. nicht beschieden. Der Wahl- kampf ist ja schon im Gange und die Wahlkampstechni! wird zeigen, was sie seit der letzten Wahl, also seit den Dezember 1924, an Fortschritten aufzuweisen hat. Ob es dabei immer nur auf einen Kampf mit geistige« Waffen ankommen wird, muß man leider nach de« bisherigen Erfahrungen bezweifeln. Rechts wie links sind die Gemüter erhitzt aus Gründen, die gar nichi parteipolitischer Natur sind, sondern in der Hauptfach! wirtschaftlicher Art. Lohnpolitische Auseinandersetzun gen in Arbeiterkreisen, finanzielle und wirtschaftspolitisch! Erregung in der Landwirtschaft sind der Auftakt und dir Begleitmusik des Wahlkampfes geworden und es kam bekanntlich zu sehr scharfen Formen, zu grellen Miß- klängen. Der preußische Innenminister hat neulich er klärt, er werde dafür sorgen, daß der Wahlkampf durch diese Mißklünge nicht gestört werde. Trotzdem sind gerade Vie Auseinandersetzungen im Reichstag, wie sie sich in den letzten Tagen abspielten, ein recht bedenk liches Vorzeichen für die Art, wie der Wahlkampf vor sich gehen wird. Man möchte es ja auf das aller- dringendste wünschen, daß diese Auseinandersetzungen sich lediglich geistiger Waffen bedienen. Aber wenn schon im Reichstag zu ganz' anderen Waffen ge griffen wurde, so ist gleiches im Wahlkampf, in den Wahlversammlungen, wohl auch zu befürchten. Daß dies eines politisch reifen Volkes unwürdig ist, ist ja selbstverständlich, aber leider nicht so selbstver ständlich, daß es bei der Hitze des Wahlkampfes immer beachtet wird. Ob andererseits die Polizei überhaupt in der Lage ist, eine politische Erziehungsarbeit nach dieser Richtung hin zu übernehmen, muß man leider ebenso bezweifeln. Erfahrungsgemäß nützen auch parteipoli tische Abmachungen, sich eben nur geistiger Waffen zu bedienen, doch nur recht wenig; aber alle Parteien würden sich nur selbst schaden, wenn sie den Wahlkampf nicht so führen würden, wie sie es von den gegnerischen Parteien verlangen. Spannung zwischen Vatikan und Limina! Auflösung katholischer Pfadsinderorgamsatwnen. Die im italienischen Ministerrat beschlossene Auf lösung einiger katholischer Organisationen hat m vauka- nischcn Kreisen große Erregung verursacht. Die faschlsn schen Blätter bringen jedoch, wie aus Rom berichtet wird die offiziöse Mitteiluna, daß nur die nmb manckerarts kriancks Antwort an Kellogg Ächtung des Krieges. Der jetzt veröffentlichte Text der französischen Anl wort an die Vereinigten Staaten (auf die Note Kelloggs beginnt mit der Versicherung, daß Frankreich bereit sei die rasche Realisierung des Friedens durchzuführen. Di französische Regierung erklärt sich ferner damit einver standen, daß die amerikanische Regierung den Regierungei von Deutschland, Großbritannien, Italien un Japan den bisherigen Schriftwechsel übermittelt und dies Regierungen zur Zustimmung zu einem mehrseitigen Pa! auffordert, vorausgesetzt, daß die unterzeichnenden Mächt feierlich erklären, daß sie den Krieg als Instrument der nationalen Politik, d. h. als Aktionsmittel ihrer persönlichen, spontanen und unabhängigen Politik verurteilen. Sie verpflichten sich ferner, gegeneinander keinen Angrif und keinen Einfall zu unternehmen und nur durch fried liche Mittel die Regelung aller Meinungsverschiedenheitei oder Konflikte, welcher Natur und welchen Ursprungs si auch sein mögen, die zwischen ihnen entstehen könnten, zi suchen. Es muß jedoch als selbstverständlich angesehen werden daß die Verpflichtungen für die Unterzeichnenden nur dann bindend sind, wenn sie von allen Staaten übernommen werden, d. h. wenn der Vertrag auch dem Beitritt alle Staaten offen steht. Sobald eine der Mächte gegen de, Vertrag verstößt, würden die anderen Mächte automatisö gegenüber diesem Staat von den im Vertrage enthaltene! Verpflichtungen entbunden. Weiterhin dürfte der offi zielte Verzicht auf den Krieg für keine der Mächte, die eil solches Abkommen unterzeichnen, zu einer Beeintrüchti gung ihrer Rechte auf legitime Verteidigung werden. polnisch-litauische Konferenz in Königsberg. Woldemaras und Zaleski halten Eröffnungsreden. In Königsberg i. P r. wurde die auf eine An regung des Völkerbundes hin zusammengetretene polnisch litauische Konferenz, die den Frieden zwischen Litauen und Polen sichern soll, eröffnet. Ms Stellvertreter des Oberpräsidenten Ler Provinz Ostpreußen begrüßte Vize präsident Dr. Herbst die Konferenzteilnehmer in deut scher Sprache. Dor litauische Ministerpräsident und Außenminister Woldemaras hielt darauf in fran zösischer Sprache die Eröffnungsrede. Nachdem er den Behörden der Stadt Königsberg für den liebenswürdigen Empfang gedankt hatte, umriß er Zweck und Ziel der Konferenz, die an der Erhaltung des Friedens zu arbeiten berufen sei. Die Konferenz teilnehmer hätten sich zwar nicht verpflichtet, in dem pol nisch-litauischen Konflikt endgültige Lösungen zu suchen, aber doch ein gutes Einvernehmen zwischen den beiden Ländern hcrzustellen. Der polnische Außen minister Zaleski gab dann gleichfalls der Dankbarkeit an die deutsche Negierung für die in Königsberg dar- gebotene Gastfreundschaft Ausdruck und betonte auch seinerseits, das; man zu einer Herstellung von Beziehun gen zwischen Polen und Litauen zu gelangen hoffe, die zwischen den beiden Nachbarstaaten das „gute Einver nehmen" zu sichern geeignet wären. Rach Beendigung der Eröffnungsansprachen verlas der polnische Gesandte in Berlin, Olzowski. die Ge schäftsordnung der Konferenz. Die Verhandlungs sprache ist Französisch. In einer Unterredung, die er vor Eröffnung der Konferenz mit einem deutschen Jour nalisten hatte, wies Woldemaras mit großem Nachdruck darauf hin, daß in Königsberg auch über die Wilna frage verhandelt werden müsse und daß die litauische Delegation entschlossen sei, eine Vergütung für die durch den Wilnaeinfall des Generals Zeligowski verur sachten Schäden zu fordern. Woldemaras erklärte dann, daß die deutsch-litauischen Handelsvertragsverhandlun gen am 16. April ausgenommen werden sollen und daß man litauischerseits auf deren günstige Abwicklung hoffe. M Beschränkung ans schriftliche Vorschläge Die beiden Delegationen (Litauen und Polen) habe» folgendes gemeinsame Kommunique über den gegenwär tigen Stand der Königsberger Verhandlungen veröffent licht: ^chch Eröffnungssitzung der Konferenz träfe, sich die Führer der beiden Delegationen zu einer ge schlossenen Sitzung, um sich über die Art und Weise dei Fortführung der Verhandlungen zu verständigen. Ei wurde beschlossen, daß die polnische Delegation der Maui schen Delegation im Laufe des 31. März ihre Vorschlag! für den Abschluß von Vereinbarungen, die sich auf de« lokalen Verkehr, den Post- und Telegraphenvev kehr und den Eisenbahnverkehr zwischen Litauen uni Polen beziehen, überreichen soll. Bemerkenswert ist, das die Frage der Regelung des Schiffsverkehrs auf der Memel, die mit der Kernpunkt des wirtschaftlichen Problems de, beiden Staaten ist, bisher nicht berührt wurde. Charakte ristisch für diese Konferenz scheint zu sein, daß bishei überhaupt noch nicht verhandelt worden ist, sondern das man sich auf den Austausch von schriftlichen Vorschläge« beschrankt hat. Polnischerseits hat man sich dabei, Werr« aucp nicht erschöpfend, auf die rein wirtschaftliche« Fragen entsprechend den Genfer Vereinbarungen be schrankt, während die litauischen Vorschläge darüber hin- auszugehen scheinen. Die litauische Delegation hat einen Kurier nach Kowno entsandt, vermutlich um die Stellung nahme der entsprechenden Sachverständigen zu den pol nischen Vorschlägen einzuholen. Wie lange die Verhandlungen dauern werden, läßt sich noch nicht übersehen. Man nimmt an, daß sie min destens noch bis Dienstag oder Mittwoch dauern werden, worauf in jedem Fall die Delegierten eine Osterpause ein treten lassen werden. bestehenden katholsschen Pfadfindergruppen innerhalb vor 3V Tagen aufzulösen seien. Die Befürchtung, daß all! katholischen Privatschulen ausgehoben werden könnten gehe von falschen Voraussetzungen aus. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß die in Florenz erscheindende „Unita Cattolica", die einen der National katholiken (regierungstreue Katholiken) günstigen Artike: gebracht hatte, jetzt erklärt, daß sie den Artikel bedauere und zurückziehe und den Papst um Verzeihung bitte. Der Artikel war von der faschistischen Presse unter Hinweis auf das päpstliche Wappen, das an der Spitze des Florentiner Blattes steht, stark ausgeschlachtet worden. Russische Parteifunktionäre im Donezgebiet entlassen Eingeständnis kommunistischer Mißwirtschaft. Das nordkaukasifche Bezirkskomitee der Kommu nistischen Partei hat im Zusammenhang mit der Ans deckung der gegenrevolutionären Verschwörung in de» Kohlenindustrie des Donezbeckens eine Untersuchung bn den Parteiorganisationen des Schachty-Reviers vor genommen und daraufhin beschlossen, das Bureau des Schachty-Komitees der Kommunistischen Partei aufz« lösen, da es sich zur Leitung in den wichtigsten Frager des Wirtschastsausbaues als unfähig erwiesen habe, uni ein neues Bureau zu wählen. Das Bezirkskomitee Hai ferner beschlossen, eine Reihe von Parteifunktionäre» abznsetzen. Das Präsidium des nordkaukasischen Bezirksrates de» Gewerkschaften hat den Beschluß gefaßt, das Präsidium des Bergarbeiterverbandes des Schachty-Bezirks aufzu lösen und ein neues Präsidium zu wählen sowie ein« Reihe von Gewerkschaftsfunktionären abzusetzen. LärmsZenen im polnischen Landtag. Handgemenge mit Kommunisten. Im Polnischen Landtag kam es bei der dritten Lesung ves Budgetprovisoriums zu stürmischen Lärmszenen. Ein Kommunist, der die Rednertribüne betrat, wurde durch Zwischenrufe der Linken am Sprechen gehindert. Die Kommunisten antworteten hierauf durch Lärmen mit Autohupen und warfen Gegenstände nach den Bänken der Sozialisten. Der Sejmmarschall sah sich gezwungen, die Sitzung für eine halbe Stunde zu unterbrechen. In der Zwischenzeit schleppten fünf Mann der Sa al wache einen kommu nistischen Abgeordneten aus dem Saal. Hierbei entspann sich zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten ein Handgemenge. Als die Ruhe wiederhergestellt war, eröffnet der Sejm marschall die Sitzung, in der dann die dritte Lesung des Budgetprovisoriums für das zweite Vierteljahr ohne weitere Störungen erledigt werden konnte. Erdbeben in Anatolien. In Wcstanatolicn (Kleinasien) wurden siebe,» starke Erdstöße verspürt. Das Zentrum des Bebens lag in Smyrna, wo mehrere Gebäude, darunter der Uhrturm aus dem Regierungsplatz, einstürzten. Die Zahl der Opfer beträgt nach den bisherigen Fest stellungen 25 Tote und 60 Verwundete, darunter 15 Schwerverletzte. In Turbaly, 50 Kilometer von Smyrna entfernt, an der Bahnstrecke nach Ephesos, ist die Hälfte der Häuser eingestürzt.