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Montag, den 6 Februar 1S28 Geben und nehmen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, O„ L Ntz«. »«WI.prri,: Bei Adb-I-tki-z i» ü» »esch«st»st-a- »»» «s»gad^»«eu 2 NW. i» d-i Asjtrll«, »sich dir »oirn r,Zo «M., bei PMd«ftrll«ns «M. ,L,»II«ch «dtr°»> «... . ,-dühr. LinHelsuMmcr« LEp-i. Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend P-std»t«»»»«n, --U 3-2 «ehmr» ,» jeder geil «e. ^Äc4«ngen rn^es«kr. ^»Faüe HAHerer ^ersalL, Krieg oder sSNstigr-r BLtriedrftdrnng^ besteht dein Anspruch ans Befvruug »der ALrrnng ve» BezAgspreise«. — AüLfendmrg eingefSNS»Lsr Schriftstücke erfslßt nnr, ssen« Porto deUirgt- Nr 31 — 87. Jahrgang Telegr.-Adr.: »Amtsblatt« Wilsdruff»» Dresden Postscheck: Dresden 2648 ! kür Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter ° Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauvtmannsckntt ,«richt- und »es SEr-t- zu Wii-dr-ff, di- F-rfiren-amts Tharandt und °°o FinLnz-mi- V.7b°hÄ2-^ Gedanken zur Briand-Rede. »Ms Worts sind dazu da, um die Gedanken zu ver- vergen — dieser Ausspruch kam einmal aus dem Munde . ^^^^"^iischen Staatsmannes und dieses Wort wurde als der politischen Weisheit letzter Schluß betrachtet. Wenn man es auf die Rede Briands über das deutsch- Nanzösische Verhältnis anwendet — und man darf das ruhig tun —, so ist ja daran zu erinnern, daß innen politische, daß Wahlrücksichten dabei von sehr bestimmendem Einfluß waren. Mit der einen Hand gibt er, mit der andern nimmt er, darum ist in Deutschland die Stellung zu seinen Ausführungen überaus verschieden, weil man eben nicht genau weiß, was er mit seinen Worten meinte und — beabsichtigte. Wenn Briand auf der einen Seite erklärte, daß „am Rhein nichts zu fürchten sei", so fragt man sich in Deutsch land erstaunt, warum trotzdem durchaus im Rheinland be sondere »Sicherheitsmaßnahmen" auch nach dem Zeitpunkt aufrechterhalten werden sollen, zu dem der letzte Franzose abmarschiert ist. Im Versailler Friedensvertrag ist die Entmilitarisierung des Rheinlandes in einer bis zur Groteske getriebenen Form ausgesprochen; sogar die Anlage von Eisenbahnen ist verboten worden, Wenn diese einen „militärischen" Charakter — für einen etwaigen Trnppenaufmarsch geeignet — haben könnten. Briand hat aber ausdrücklich erklärt, daß trotz Locarno und Thoirp der Versailler Vertrag bis zum letzten J-Punki aufrechterhaltcn bleibt, und Deutschland hat dem zu gestimmt. Daß eine deutsche Regierung noch weiter geht, noch mehr einräumt, ist nach bestimmtest abgegebenen Er klärungen nicht denkbar. Wir stehen ja grundsätzlich auf dem Standpunkt, daß die militärischen Ausführungs bestimmungen von Versailles restlos durchgeführt sind — was auch Briand in seiner Rede zugegeben hat —, daß durchgestthrt sind aber auch die wirtschaftlichen Bestim mungen in der Form, in die der Dawes-Plan sie kleidete. Nun kommt Briand mit der alten Formel Poincarös: Die Rheinlandbesetzung ist die einzige Garantie sür die Fort dauer der deutschen Zahlungen und Leistungen. Sozu sagen also einzige Garantie des Dawes-Planes. Darin würde einfach liegen, daß Frankreich überhaupt so lange am Rhein stehenbleibt, als der Plan läuft. Oder — es sich abkaufen laßt. Durch Geld oder durch ähnliche Zugeständnisse, wie sie von zahlreichen französischen Politikern, jetzt auch von Briand verlangt werden. Und was, man mag es ansehen, von welcher Seite man will, eben immer eine einseitige Be lastung Deutschlands varftellt: Garantien M -Frankreichs Sicherheit — wer aber garantiert dem wehr losen Deutschland die Sicherheit? Oder für Geld? Nach Thoiry sollten ja die zwei Milliarden Eisenbahnobligv- kionen „mobilisiert", also auf dem Weltgeldmarkt verlaus! Werden, damit ein entsprechender Teil davon zur Stab- lisierung des Franken verwendet würde. Aber dies.' Stabilisierung gelang auch ohne dieses Geld, außerdem winkte Amerika sehr energisch ab. Die Vorwürfe, die Briand in seiner Rede ausspricht, sind also mit Unrecht erhoben. Wenigstens steht die deutsche Regierung ans diesem Standpunkt; aber dies ist leider ja nicht das Ent scheidende. Nun ist die Hoffnung ausgesprochen worden — und der deutsche Außenminister Dr. Stresemann machte hier über im Reichstag schon ziemlich bestimmte Angaben —, daß im Frühsonimer dieses Jahres die deutsch-fran zösischen Besprechungen wieder ausgenommen würden, die seit Ende 1926 geruht hätten. Briand beklagt sich, daß die deutschen Vertreter dabei immer die Neigung haben, die Hände mehr zum Nehmen als zum Geben auszustrecken. Kunststück, da man uns in Versailles und im Dawes-Plan alles genommen hat! Aber es ist auch gar nicht richtig: nur Deutschland war in Locarno der Gebende nach Westen wie nach Osten, kämpft mit großem Fanatismus für eine wirkliche Befriedung Europas, denkt nicht mehr daran, offiziell gegen den Versailler Vertrag anzukämpfen, der die Grundlage dieses neuen Europas, aber nur auf unsere Kosten, geworden ist. Und nehmen nur die paar in diesem Vertrage auw für nns festgelegten Rechte in Anspruch Da» ist boch wirclich nicht gerade unbescheiden! ChamberSins Absturz. Neuer Versuch geplant. Der amerikanische Ozeanfliegcr Chamberlin stürz« mit seinem Flugzeug bei Richmond in Virginia bei einem neuen Versuch, den deutschen Weltdauerslugrekord zu schlagen, ab. Der Apparat wurde vollständig zertrüm- inert; Chamberlin und sein Begleiter William blieben fast unverletzt. Chamberlin will mit einem neuen Flugzeug den Versuch wiederholen. Bellanca, der Erbauer von Chamberlins Eindecker, erklärte, der Absturz sei lediglich der Tatsache zuzuschrsi- ben, daß die Anlaufbahn auf dem Richmonder Flugfelde zu kurz für einen sicheren Abflug sei. Das Flugzeug wog 6000 Pfund. Chamberlin und Williams wollen den Rekord versuch wiederholen. Die Ausbesserung der beschädigten Flugzeuge wird jedoch zwei Monate erfordern. Cham berlin zog sich bei dem Absturz eine Brandwunde an der Hand zu. Vas Settänänis des posträuber Hsin verhaftet und überführt. Der letzte Akt eines Kriminalromans. Endlich haben sic ihn, den Räuber und fünffachen Mörder Johann Hein. Auf dem Wege zwischen Wein garten und Schloß Banz <in der Nähe von Lichtenfels in Bayern) wurde er durch einen Schupobeamten namens Lechner anfgefundcn und gestellt. Hein sträubte sich zu nächst, mitzugehen und wollte sich auf den Beamten stürzen, wurde aber mit vorgehaltenem Gewehr durch den Schnpomann gezwungen, mit hochgehobencn Händen nach Weingarten zu gehen, wo er in der Wirtschaft ver haftet wurde. Der Raubmörder war stark heruntergekommen und völlig ausgehungert. Er gestand, der gesuchte Posträuber und Raubmörder zu sein. Auf der Wache in Empfang ge- nommeu, wurde Hein eingehend untersucht. Er mutzte sich dabei völlig entkleiden. Die Durchsuchung förderte zutage: in ein weiß-rotes Taschentuch eingebunden 37 Patronen, eure flasche Sprengstoff, einen Armeercvolver, eine gordene Uhr mit Sprungdeckel und einen Barbestand von 4,35 Mark. Den zu einem weiteren mitgeführten Streifen Patronen gehörigen Revolver hatte er inzwischen weggeworfen. Hein hat sich, wie er ohne weiteres zugab, während der letzten Tage seit der Ermordung des Gendarmerie kommissars im Banzer Walde aufgehalten. Er wutzte genau, daß der Wald rings von Polizei umzingelt war und daß ein Entweichen kaum möglich sein würde. Trotzdem wagte er den Versuch in der Hoffnung, das? der starke Nebel ihn durch die Postenkette entwischen lassen könnte. Als er sich aber vollkommen überrascht dem Polizeibeamten gegenübcrsah, war es ihm klar, daß Widerstand zwecklos sein würde. Er wird im Bureau des Bezirksamtmannes in Staffelstein, scharf bewacht von zwei Landespolizisten des Kommandos Koburg, gefangengehalten und unter starker Bewachung in das Gerichtsgegesängnis zu Koburg eingeliefert werden. Hsins Verhaftung. Als Unterwachtmeister Lechner ihm zurief: „Stehen bleiben! Sie sind Hein, Hände hoch!" versuchte Hein sich auf Ausflüchte zu verlegen, indem er sagte: „Was fällt Ihnen ein?" Der Abstand zwischen beiden betrug fünf zehn Meter. Als Hein sah, daß er nicht entweichen konnte, ließ er sich von Lechner vor diesem in einigen Metern Ent fernung herlreibcn. Plötzlich versuchte Hein seinen alten Trick, indem er sich auf Lechner stürzte und ihm den Karabiner zu entreißen versuchte. Es kam zu einem Handgemenge, in dem ihn der Unterwachtmeister überwältigte. Heins Schuf dksnio. Hein ist erst 26 Jahre alt. Das erstemal hatte er in Jena mit der Kriminalpolizei zu tun, als er mit seinem Komplizen Lar in mehrere schwere Geldschrankeinbrüche verübte. Dann erfolgte der Postraub in Klosterlausnitz, von wo aus die Verbrecher sich wieder nach Jena wandten. Dort erschossen sie einen Kriminalbeamten und verletzten einen anderen schwer. Von Thüringen aus gingen sie ins Rheinland und überfielen das Postamt Ohligs. Die Post beamten, die sich ihnen entgegenstellten, wurden durch Re volverschüsse verwundet. Als Hein und Lärm sich wieder nach Thüringen wandten, gelang es, Lärm im V-Zuae in Jas Arbeitsgericht erklärt den Men- SMrWch M tt-tsmölliz. Dresden. Das Arbeitsgeriacht hat soeben seine Ent scheidung in dem Streit um die Rechtsgültigleit des Schiedsspruches in der sächsischen Hüttenindustrie bekannt gegeben und den Schiedsspruch für rechtsungültig erklärt. Der Verband der Metallindustriellen wird jedoch gegen dieses Urteil beim Reichsarbeitsgericht Revision cinlegcn. Am morgigen Dienstag vormittag finden auf Einladung des Schlichters erneute Verhandlungen zwischen den beiden Parteien der Hüttenindustrie im Nrbeitsministerium statt. Die Besprechungen gehen dahin, wenigstens durch interi mistisches Abkommen den Arbeitsfrieden herzustellen. Hilfe für die sächsische Landwirifchast. Wie man aus Berlin erfährt, hat der sächsische Ge sandte in Berlin, Dr. Gradnauer, den Auftrag erhalten, der Reichsregierung die Lage der sächsischen Landwirt schaft eingehend zur Darstellung zu bringen und ihr die sich daraus ergebenden besonderen Wünsche Sachsens zu übermitteln. Potträubers stein, der Station Saalfeld in Thüringen seftzuneymen. yern tauchte dann in Plauen aus und wurde auch von der Po lizei ermittelt. Als seine Festnahme versucht wurde, kam es wieder zu einem Feuergefecht, bei dem ein Kommissar erschossen wurde. Er versuchte, über die tschechische Grenze zu kommen, ging aber dann in die Nähe von Koburg, wo er bei Untersiemau mit der Polizei zusammenstieß. Hier wurde ein Gendarm von ihm tödlich getroffen. Dann wurde ein großes Aufgebot von Schutz- und Kriminal Polizei aufgeboten und man fand bei der Jagd nach dem Mörder im Walde einen Zettel mit den Worten: „Iw bin's, der Mörder Hein!" Durch die Abriege lung der ganzen Gegend gelang jetzt die Festnahme. Er hatte sich übrigens im Freien rasiert und trug seine Klei düng in anderer Anordnung, als sie im Steckbrief an gegeben war. - Ein falscher Hsin erschossen. Die Gendarmeriestation Rositz im Landkreis Alten burg wurde von einer Zivilperson verständigt, daß sich in einer Wirtschaft in Rositz eine verdächtige Person aufhaltc, die mit dem Mörder Hein Ähnlichkeit habe. Der zuständige Gendarmeriewachtmeister Berger nahm unverzüglich die Beobachtung aus und verfolgte den Mann zum Bahnhof. Dort stellte er den Unbekannten, der dis Hände in den Hosentaschen hielt. Er zeigte ihm den Gendarmerieaus- weis mit den mehrfachen Anrufen: „Polizei! Hände hoch, oder ich schieße!" Als der Mann trotzdem dieser mehr fachen Aufforderung nicht nachkam, gab der Gendarmerie Wachtmeister einen Schutz ab, der tödlich traf. In dein Getöteten, der von dem Gendarmeriebeamten und den Zeugen des Vorfalles wegen seiner Ähnlichkeit immer noch als Hein angesehen wurde, stellte man den Stallschweizer Hermann Thum fest, der tags zuvor von seiner Dienststelle in Schilditz entlassen worden war. Dis FesinMme Heins. Überführung nach Weimar. Der Mörder Hein wurde zunächst ins Bezirksamt Staffelstein eingelieferl. Das übernachten im Freien und die Kälte haben ihm stark zugefetzt. Die ganze Bevölke rung der Umgebung hatte sich bei der Umstellung des Wäldes und der angeordneten Überwachung der Orte und der Flußübergänge beteiligt. Die Erregung war sehr groß, doch verhielten sich die Leute besonnen. Der An drang in der Straße, in der sich das Bezirksamt befindet, war so stark, daß sie geräumt werden mußte, doch konnte sie später wieder freigegeben werden. Der Verhaftete wurde von einem Polizeikommissar der Polizeidirektion Nürnberg-Fürth und dem Amtsrichter in Staffelstein ver hört. Er machte seine Aussagen zögernd. Hein war noch stark bewaffnet und hatte in einer großen Blechbüchse Dynamit bei sich, das genügt hätte, das 2800 Einwohner zählende Staffelstein in die Luft zu sprengen. Das Geständnis des Mörders. Der Verbrecher ist gänzlich gebrochen und hat alle ihm zur Last gelegten Verbrechen unumwunden e i n g e st a n d e n. Er wird scharf bewacht. Dem Ver nehmen nach wird Hein, der von Staffelstein in das Ge- richtsgesängnis nach Koburg übergeführt wurde, in de» nächsten Tagen nach Weimar gebracht werden. Er wird dort im Untersuchungsgefängnis des Landgerichts blei ben, bis die Untersuchungen gegen ihn zum Abschluß ge kommen sind. Aller Voraussicht nach werden auch die Gerichtsverhandlungen gegen Hein in Weimar geführt werden. Sie SchulverhandlMMU vertagt. B i s M i t t e A P r i l. Die Beratungen, die von den Kabinettsmitgliedsrn in den letzten Tagen über den Schulgesetzentwurf geführt worden sind, haben dem Vernehmen nach zu dem Ergebnis geführt, daß ebensowenig wie vorher unter den Fraktions- suhrern und den Schulsachverständigen eine sachliche Eini gung über die umstrittenen Paragraphen 20, 16, 14 und 9 Gesunden werden konnte. Man hat sich jedoch auf den Be schluß geeinigt, daß in diesen Beratungen zunächst eine längere Pause eintreten soll, damit ans jeden Fall erst der Ewt unter Dach und Fach gebracht werden kann. Es ist damit zu rechnen, daß die Schulberatungen erst nach meh reren Wochen — es dürfte Mitte April werden — wieder- anfgenommen werden. Abschaffung -er Sm- und Ausfuhrverbote. Denkschrift der Neichsregiernng. Der Reichsminister des Auswärtigen und der Reichs wirtschaftsminister haben dem Reichstag eine Denkschrift über die Internationale Konferenz für die Abschaffung der Ein- und Ausfuhrverbote und -beschränkungen vor gelegt. In dieser Denkschrift ist das internationale üb kommen über die Abschaffnng der Ein- und Aussuhrver-