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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 28.04.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-04-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192804288
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19280428
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19280428
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Bemerkung
- Druckfehler: Titelseite der 1.-3. Beilage enth. falsches Ausgabedatum.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-04
- Tag 1928-04-28
-
Monat
1928-04
-
Jahr
1928
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3. Beilage znn» Frankenberger Tageblatt Nr I<M Sonnabend, den 27. April KN28 87. Jahrgang Filmtrick und Trickfilm. Wunder des rollenden Bandes. AMMei. Unter Filmtrick sind die zahllosen Hilssmittel P» verstehen, die den Film um real nicht darstellbare oder ge fährliche Momente bereichern, unter Trickfilm die Gattung des Filins, die, mit Zeichnungen, Schattenrissen, Figuren «reitend, ganz die Welt des Irrealen, meist Grotesken, geben will, dabei ' phototcchnischer Experimente meist eher als der andere Film i entrate» kann. In den Anfängen des Films unterschied man in Normal»! - film und Trickfilm. Nur daß letzterer Begriff sich nicht entfernt! - .mit dem heutigen deckt. Normalfilm war eben Film ohne jed- , ivedeg Experimentieren, Trickfilm ein nach heutigen Begriffen jtzrit Tricks gespickter Spielfilm. Diese ersten Tricks beruhten fast alle auf dem Prinzip der Unterbrechung und des Modells. Wopiertricks, etwa der Gedanke des Schauspielers, die sterbende iBraut auf der Stirn, die Girls auf dem Sektglas, sind späteren Datums. Sehr früh schon sah man den Mann, der an der Decke Läuft, wie im verrückten Haus auf dem Rummel. Sämtliche Möbel sind an der Decke befestigt, während di« Lampe stabil von dem als Deck« bemalten Fußboden in die Höhe ragt. Der Darsteller ist in der beneidenswerten Lage, durch einfaches Auf- und Abgehen Stürme der bewundernden Heiterkeit zu entfesseln, ' Ach beim Luftsprung scheint der Erdmagnetismus noch besonders deutlich auf die Zimmerdecke übertragen, die den Springer wieder anfangt. Hierher gehört auch der Fassadenkletterer, der in den alten Gnunront- und Paths-fröres-Filmen ein« hervorragend« Rolle lpielte. Di« Fassade ist Kulisse und liegt am Boden, drüberhin kriecht der tollkühne Verbrecher, über ihm hängt das allsehende Auge des Objektivs. Aehnlich auch die ersten filmischen Erleb nisse in den Schreckenstiefen des Ozeans. Bor dem Objektiv be- ffindet sich ein Aquarium. Die Goldfische und jungen Hechte er scheinen gigantische Ungeheuer. , Solche Anfangsscherze des Films sind nicht zu verwechseln 'mit den neueren, durch starke Beleuchtung aus einer großen Taucherglocke ermöglichten richtigen Unterwasser-Aufnahmen, ;di« das Leben in begrenzter Tiefe in aller Echtheit bannten. Aon allen filmischen Wundern eines der unheimlichsten, gerade weil ohne jeden Trick aufgenommen, wirkt eine Bildfolge am Meeresgrund: Taucher gehen im Winkel von 4S Grad vornüber- geneigt, Fische fliegen wie Vögel, der Seeal schießt znm Angriff vor und verzappelt an einer Lanze des Tauchers, der eine viel leicht hundertjährige Branntweinflasche zwischen Wrackresten findet. Er zerschlägt sie am Helm, Und der Cognac wölkt wie Hin Ranch davon. Diese märchenhaft anmutenden Aufnahmen sind ohne alle Tricks entstanden. Ueberhaupt ist es für den Laien schwer, zu erkennen, was unmittelbar« menschliche, was technische Leistung ist. Die guten Sensationsdarsteller setzen heute wieder ihre Ehre ,darein, ohne Trick zu arbeiten, und d«r Argwohn des schlau ge wordenen Publikums tut einem Luciano Albertini, Fairbanks, Atel oft bitter Unrecht mit der Ueberzeugung. jeder kühne Sprung, jedes Hangeln von Fels zu Fels sei „Trick". > Die ersten Zaubereien der Leinwand, die wir fast alle ge- .sehen haben, bestanden in Dingen, deren Wirkung man heute einfach nicht mehr begreifen würde. Das stereotype Ende des Schwanks war die Windeseile, die rasende Flucht der Straße, Kü« durch langsames Kurbeln bei der Aufnahme erreicht wurde. Anterbrechungstricks sind der Todcssprnng vom Turm, der Ab- Picrz des Autos, das Zerschlagen des tönernen Golems, der eben noch wandelt. ; In allen Fällen wird die Aufnahme unterbrochen und an Hie Stelle des Darstellers tritt ein Modell, beziehungsweise ein« tzanze Miniaturszenerie, in der das Auto stürzen kann, Kriegs- «schiffe explodieren können nsw. ck Eine andere Lustsplelsensatio» war das dreiaktige Lust-' Wiel, dessen dritter Akt im Rückwärtslauf des Zweiten bestand. „Die zurückgegangene Verlobung" z. B. war ein Lustspiel, dessen! tzweiter Akt das Festessen zeigte, das mit einer schweren Mei nungsverschiedenheit endete, worauf di« Gäste die Speisen aus /dem Mund auf den Teller, die Kellner vom Teller auf die (Schüsseln legten und rückwärts gehend abtrugen, di« Flasche Jog den Wein aus dem Elas usw. . Heute, wo kaum ein Film ohne irgendwelche technischen Mricks hevgestellt wird die ost gar nicht in Erscheinung treten! -sollen, sondern zur Verbilligung der Produktion angewandt (werden, sind die Grenzen zwischen Normal- und Trickfilm ver-! (wischt. . , , .... ' ' ' - > Der Name Trickfilm gehört heute dem Zeichen- und Fi-s gurensilm, den jeder aus eigener Anschauung kennt. Er er-j fordert neben künstlerischem Können, Geschmack und Erfindungs gabe einen unerhörten Fleiß und Präzision. Bei Silhouetten- filmen haben wir es mit einer beweglichen Silhouette zu tun, die in hundert variierten Stellungen unter dem Objektiv be-> wcgt wird, das Bild »ach Bild aufnimmt. Aus diesem Prinzips beruht auch das wandernde Gerippe. In Filmen älteren Datums, Detektivsilmen besonders,! spielt das Automobil ein« hervorragende Rolle, das eben vor' dem D-Zug die Geleise passiert. Hier ist der Film geschnitten,! an der Stelle nämlich, wo der Wagen an den Pustern tuuc Loko motive vorbeirast, ist eine Lücke, die das Auge in der Geschwin digkeit nicht wahrnehmen kann. Zug und Auto fuhren verhält nismäßig langsam, durch langsames Kurbeln erscheint alles blitzartig, durch Herauslassen der eigentlichen Kreuzung wird man über den Abstand getäuscht. Modelle von Menschen, Maschinen, Landschaften haben ein mal den Zweck, Erößenverhältnisse zu verschieben, wie auch preiswerte Katastrophen zu ermöglichen (Metropolis). Hier her gehören Seeschlachten, der Traum, in dem das Bett so groß wie ein Haus ist, Erdbeben und vulkanische Ausbrüche. Das Innere von Eisenbahnabteilen und Autos wird stets im Atelier aufgebaut, da di« erforderlichen Lichtstärken im In nern eines Wagens nicht gut möglich zu machen sind. Die vor überziehende Landschaft am Fenster wird nachher koupiert. Die Stell« des Fensters wird auf der Objektivlinse schwarz abge deckt, so daß also in den Film ein zweiter Film hereinkoupiert wird. Modellbauten sind das kippende Haus am Abgrund (Gold rausch), die Turmuhr, an deren Zeigern Harold Lloyd herum-, turnt; die in grauser Tief« hastende City ist hineinkoupiert/ „Sein" Auto, das führerlos durch das Getriebe des Broadway läuft, wird teils vom Kamerawagen gezogen, teils unsichtbar geschoben. Das Hauptaugenmerk des Regisseurs richtet sich da bei auf möglichst verschiedene Bildeinstellungen, die das Auto in rascher Folge von allen Seiten sehen lassen, so daß dem Zu schauer ein eventuelles Auswechseln der Hilfsmittel — falls er. einen Verdacht gefaßt hätte — gar nicht zum Bewußtsein kommt. Das Filmauto, das besonders in amerikanischen Gro tesken in den seltsamsten Ur- und Phantasieformen vorkommt,! hat in Hollywood eine eigen« Firma gezeitigt, die mit den ab sonderlichsten Vehikeln handelt. " < Ein Nekordbcispiel für Modellbau war unter anderen der Drache im Nibelungenfilm, der ein ganzes Nervensystem von Leistungen, Menschen und Maschinen tn seinem Leibe barg. Doppelrollen werden durch Einkoupieren ermöglicht. Zu Anfang dieses Verfahrens beobachtete man oft ein Zittern der beiden Bildhälfien, auch konnten die beiden Figuren einander nicht überschneiden. In diesem Falle war ei» zweiter Darsteller notwendig, der in der betreffenden Maske, meist in Rücken ansicht, die Szene spielt«. Schwierigkeiten, die durch das Ab- deckungsvcsfahren überwunden sind. Geister, Spiegelbilder, die aus dem Rahmen treten, beruhen hierauf oder auf dem Ver fahren der Spiegelung, der ebenso genialen wie einfachen Schöpfung von Eugen Schllfftan. Mit Nennung dieses Namens müssen wir mit rückwirkender Kraft erklären, daß seit neuester Zeit die meisten vorstehenden Methoden schon zur Geschichte des Films gehören. Das kombinierte Schüfftanbild, das Spiegel verfahren des deutschen Erfinders, hat schon manche Ausland reise, manch kostspieligen Bau von Filmpalästen erspart. Pla stisch gebaut wiü> nur der Vordergrund, in dem lebende Per sonen sich zu bewegen haben. Eine Säulenhalle z. B. würde in drei Meter Höhe abschneiden, die obere Hälfte des Bildes wird in die ausnehmende Kamera hineingespiegelt. Vor der Kamera steht im Abstande eines Meters unter einem Winkel von fünfzig Grad ein rechteckiger Spiegel in der Sehlinie des Objektivs. All« in ihn hineingespiegelten Bilder wirst er also in die Ka mera zurück. j Trotzdem das Prinzip klar und überzeugend ist, fühlt jeder, daß eine solche Kombination von Tcilbauten, Modell und Spie gelung das Aeußerste an Präzision erfordert. Die Möglich keiten, die dem Film mit diesem Verfahren erschlossen wurden, find gar nicht zu umgrenzen. Gulliver kann erstehen, auf meinem Spazierstock kann ein Cowboy hoch zu Roß dahintraben. P. S. Der Settler. Die Hauptgründe für die Entstehung der Bettelei find! /abgesehen so« schweren Schicksalsschlägen, in den schlechtestes Ligen schäften des Charakters des Menschen: im Trunk, Spiel, sim Müßiggang und letzten Endes in der Faulheit zu suchen.' Die Menschheit hat sich im Laufe der Zeit an den Stand ides Vagabunden gewöhnt, der als ein Erbstück des Mittelalters anzusehen ist. Die Religion, das Ehristentnm der !Licbe, befiehlt jedermann Gutes zu tun, ganz gleich ob die betreffende Person die erwiesen« Wohltat verdient oder nicht.' «Diese religiöse Ansicht über das Almosengcben erklärt auch die lTatsache, daß gerade an Wallfahrtsorten zu Zeiten der Pro zessionen ein« enorm große Anzahl von Bettlern vertreten ist. Auch hier leben die Armen auf Kosten der Reichen, die sich in folge ihrer gehobenen Stimmung veranlaßt fühlen, von ihrem Reichtum in dieser Weise ausgiebigen Gebrauch zu machen. Da der Bettler von d«r Gnade der Vorübergehenden lebt,' rnuß er seine Bitte »m ein Almosen logischerweise recht oft! und in eindringlicher, ausfälliger Form wiederholen. Zwei« Eigenschaften muß er sich bei dieser Handlung abgewöhnen: di« Bescheidenheit und di« Schüchternheit. Di« Fähigkeit, Men-' ischen, di« ein«m zum ersten Male im Leben begegnen, zu rühren,! erfordert eine gewisse Technik. Dazu gehört z. B. das Zittern! der Stimm« beim Sprechen, das willkürliche Hervorbringen der l Tränen, Vortäuschen von Verstümmelung durch Festbind«» eines > Armes. Halten der Hände und Füße in monströsen Stellungen usw. Selbst mit großer Genauigkeit geführte Bücher über täg- llche Einnahmen mit Angab« des Standortes wurden bei solchen Individuen vorgefund«». Di« Leut« verfügen hin und wieder beträchtlich« Einnahmen. . Eine groß« Rolle im Bettlerleben spielt die Gewöhnung.' Rur so ist es psychologisch zu exfiären, daß Kinder, die von i sittlich heruntergekommen Eltern zu dieser widerlichen Beschäf tigung ungehalten werden, später professionelle Bettler werden/ „Jung gewohnt ist alt getan." Es ist eine bekannte Tatsache,' Haß namentlich in Rußland und in Großstädten gewissenlose Eltern ihr« Kinder, besonders solH«, die an Tuberkulose; Rachitis leiden, gegen Bezahlung an Bettler zum Erregen von Mitleid bei Ausübung ihres „Gewerbes" vermieten. Angesichts dieser Tatsache drängt sich jedem denkenden Mensche di« Frag« auf: Was soll aus diesen armen Geschöpfen werden? Eine Ant wort gibt es nur darauf: schädliche Mitglieder der menschlichen Gesellschaft, Bettler, Dirnen, Diebe. Gerade Kinder im Bcttler- gcwand üben auf das vorübergehende Publikum ein« ungeheuer große Wirkung zugunsten des Bettlers aus. ' Ost müssen diese Kleinen allabendlich einen bestimmten Betrag den Eltern abliefern, wenn sie nicht mit Schlägen bestraft werden wollen. Wer mit offenen Augen durch die Straßen der Großstadt geht, wird ost weinend« Kinder in erbärmlicher Kleidung auf der Straße vorfind«». Nach dem ,-Grunde ihrer Traurigkeit befragt, erzählen s!« dann unter .Schluchzen, das zum Einkäufe» erhaltene Gelt verloren zu Haben und fürchten sich vor den Schlägen der Mutter. Dieses 'Komödienspiel geschieht nur in der Absicht, von gutmütigen Mensch«» Geldbeträge zu erhalten. Die i» der Kindheit empfangenen Vorstellungen werden von der kindlichen Psyche ausgenommen, und eine einmal anf- S«nommene Vorstellung läßt sich nach den Gesetzen der Psycho logie niemals mehr aus der Seele verdrängen. Wohl sinken sie, UM es auf ein« vulgäre Formel zu bringen, unter die „Schwelle" des Bewußtseins, kehren aber wieder bei geeigneter Gelegenheit ins „Blickfeld" zurück. Aufgabe der Erziehung ist es nun. Vor- stellungen von ethischem Wert zu schaffen, die dann später unser Tun und Handeln in gutem Sinn beeinflussen. P. B. - wie sich verschmähte Liebe zu trösien weiß. Alt«r schützt vor Torheit nicht. Und die Reu« kommt zu spät. Denn verliebt ist noch lang« nicht verheiratet. Das mußt« auch ein« bekannte Dam« der Londoner Gesellschaft, Miß Mar garet Thomason, erfahren. Den größten Schaden aber hatte ihr abtrünniger Liebhaber, der in diesen Tage» von der Ver schmähten vor Gericht zitiert worden war. > Dieser nicht mehr ganz junge Herr von 82 Jahren hatt« sich bis über die Ohren in di« immer noch schöne, doch weit über> 50 Jahr« alte Miß Margaret Thomason verliebt; sie selber» war des ewigen Herumschwcifens müde und wollte ebenfalls' ^in den Hafen der Ehe einlaufen, darum war sie dem nicht meho ganz jungen, aber reichen Herrn durchaus nicht gram, daß er» sie zur Frau begehrte. Mair schrieb sich glühende Briefe, malt«/ sich in den rosigsten Farben das zukünftige Heim aus, abev an der letzten Stunde kamen dem nicht mehr ganz jungen zu-' künftigen Ehemann doch Bedenken, er fand sein Junggesellen, dasein doch zu schön, um es gegen das Sklaventum der Ehe ein«' zu tauschen, er verstummt« allmählich, während Miß Margaret« Thomason immer noch im holden Wahne seiner Liebe lebt«. > Schließlich aber mußte sie doch zu der Erkenntnis kommens daß auch dieser nicht mehr ganz junge Herr von 82 Jahren ge nau so falsch und treulos war, wie alle anderen, samt und' sonders. Sie hatte wochenlang Migräne, Weinkrämpf«, zerrist Dutzende von Taschentüchern, bis sie in ihrer Enttäuschung unV Wut zum Richler lief und den verflossenen Liebhaber auft Schadenersatz, wegen Bruch des Eheversprechen» verklagt«. Ew 'gibt noch Richter auf der Welt! Das mußte auch d«r ewige» Junggeselle erkennen. Das Gericht erachtete die Klage der MiÄ Margarete Thomason für berechtigt und verurteilte den nichn -mehr ganz jungen Herrn von 82 Jahren zu einer Strafe von» 500 Pfund Sterling. > ! Nun wird er für den ganzen Rest seines Innggesellendaseinr »von allen Eheversuchen geheilt sein . . . Ersatz für Sie Zürsorgerrzietzung. Nach Beendigung der Osterferien wird in einigen Berlin«» Schulen mit einem Experiment begonnen, das für di« zukünf» tige Entwicklung der Pädagogik von grundlegender Bedeutung» ist. Für schwer zu erziehende Schüler werden nämlich besonder« sogenannte E-Klassen eingerichtet, damit der Unterricht in den Normalklassen nicht durch schwierig« oder bedenkliche Element» jgestört oder gehemmt wird. Wenn auch die Absicht besteht, eine ganze Anzahl solcheo Klassen in Berlin und außerhalb einzurichte», so wird man es doch zunächst bei drei Erziehungsklassen für die nächsten Mo- mate bewenden lassen, um erst einmal Erfahrungen auf! diesem Gebiete zu sammeln. Dieser neu« Weg soll ein/ Mittelding zwischen normaler Schulklasse und Fürsorge erziehung darst«llen. Es harrt also der Lehrer eine große und schwierige Aufgabe, und es muh Pflicht der Schulbehörde fein, für diese Lehrpvften nur Kräfte mit außergewöhnlicher päda gogischer Begabung auszusnchen. Die lächelnöe Mrs. Looli-ge. Der amerikanische Präsident Coolidge ist der glücklichste, der -beneidenswerteste Mann der Welt jenseits und diesseits des Ozeans. Den» er hat eine Frau, deren Lächeln nicht nur das Parlament, sondern ganz Amerika in Vann schlägt. Mrs. Coolidges Lächeln ist berühmt. Ueberall schwebt cs den Amerikaner» vor, auf den Straßen, in der Hochbahn, auf allen möglichen Bildern, in Kinos und Zeitungen. Mrs.! Coolidge lächelt. Und mit ihr lächelt ganz Washington, ganz Amerika. Wie eine nie untergehende Sonn« steht ihr Lächelns über Menschen nnd Begebenheiten. Mrs. Coolidge wird vow Reportern und Filmleuten angefleht, sie in das Geheimnis ihres Lächelns einzuweihen, die Filmdiven in Hollywood übe» ihr Lächeln stundenlang vor dem Spiegel. Aber nur Mrs. Coolidge kann so lächeln, daß die Sonne eifersüchtig wird. Nie-, Mals gibt sie ein Interview. Aber sie lächelt. Washington wird alle Fahnen auf Halbmast hissen, wenn Mrs. Coolidge nicht mehr lächeln kann. Nicht nur Mr. Coolidge also, auch das amerikanische Volk ist um Mrs. Coolidge zu beneiden. Welche Wunder würde ihr Lächeln im Deutschen Reichstage bewirken! Man würde Brüderschaft schließen zwischen Rechts und Links, jeder Haus haltsplan würde restlos bewilligt werden, Prügelszene» kämen niemals wieder vor, mancher Abgeordnete würde gern auf fein« Diäten verzichten für ein Lächeln der Mrs. Coolidge. Schaffen wir uns also bei der nächsten Reichspräsidentenwahl einen Prä sidenten an, der eine Frau hat, die so zu lächeln versteht, wie Mrs. Coolidge, die Gemahlin des amerikanischen Präsidenten..^ Der blinde Tourist. Beim Uebcrschreitcn der Brooklyner Brück« in Ncwyork ver unglückt« in diesen Tagen ein gewisser Thomas Campell. dessen Unglücksfall besonders tragisch ist durch die Tatsache, daß Cam pell vor noch nicht allzu langer Zeit trotz seiner völligen Blind heit — den Gipfel des Mont blanc erstiegen hatte! Bon dieser gefährlichen Kletterpartie kehrte er mit heilen Gliedern zurück, um ein paar Tag« später, ein Opfer seiner Blindheit und des modernen Verkehrs, auf der Brooklyner Brücke unter den Rädern eines Autos zu enden . . . Campell hatte es sich in de» Kops gesetzt, den Mont Blanc zu ersteigen. Alle Gegenreden konnten ihn von diesem Beginnei« nicht abbringen. Er entivarf selbst den Plan zur Besteigung, sucht« sich die Begleiter aus und unternahm unter den denkbar ungünstigsten Verhältnissen das Wagnis Der Aufstieg war natürlich äußerst langsam nnd schwierig. Man führte den Blin den, wie ein Teilnehmer der Expedition berichtet, vorsichtig in die Höhe, indem man den Bergstock und de» gewohnten Spazier- stock des Blinden dorthin stellte, wo er den Fuß hinsetzen sollte. Auf diese Weise gelang es, den Berg zu erklimmen, doch brauchte man, den Umständen angemessen mehr, als das Doppelte der sonst benötigten Zeit zum Ausstieg. Der Abstieg »var noch bedeutend schwieriger. Der Blinde mußte seine Hand auf die Schulter des Führers legen: dicht hinter ihm gehend, so daß seine Fußspitze den Absatz des Führers berührte, gelangte Campett wieder ins Tal. Nach seiner Rückkehr nach Newyork gründete Campell eine» Verein blinder Radfahrer, mit dem er Fahrten in die Um gebung Newyorks unternahm, ohne jemals einen Unfall zu er leiden. Nun aber hat ihn das Schicksal doch erreicht. Der Blinde, der den höchsten Berg Europas bezwungen hatte, mußt« »nn seinen irdischen Meg für immer unterbrechen, weil er — «inem Fahrzeug nicht mehr auscmuchcn konnte
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