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rm Sonntag, den 8. Mi Pfingsten I92l Mix Leo Göckeritz. Sonne über Berg und Hang, Tief im Blühen der Hollunder — Gebt euch hin deni sei'gen Wang Und dem pfingstlich frohen Wunder! Biacht die Herzen hoch und weit, Daß nach Alltags Not und Bann Pfingstgeist voller Seligkeit Bei euch Einzug halten kann! Schüttelt ab des Alltags Tual, Macht euch frei von Last und Sorgen— Durch das sonnentrunk'ne Tal Jauchzt des Pfingstfesi's Heller Morgen. Alle Quellen sind erwacht, Lrrchen jubeln über'm Leide Und der Sonne gold'ne Pracht Strahlt vom blauen himmUszelte! Seidig zittert rings die Luft Voller Wingen, voller Assen, Durch das Tal weht leis der Duft Erster purpurroter Rosen. Sel'ge Fülle, zart und grün, Dufterschloffen der Hollunder, Und das Anospen und das Blüh'n Biacht di« Welt zum Märchenwund«. Flammend sind schon aufgewacht Der Kastanien schlanke Aerzen — Acht hinaus in all' die Pracht, L hoch der Simi und frei die Herzen! Und dis Seele aufgetan All den Wundern in den Gründen, K Die auf Berg und Wiesenplan xs Sel'ge Schöpferkräfte kündm, ft Die in Duft und Glanz und Pracht, M Die mit Lenz rmd ^uellenspringen Von des heil'gen Geistes Biacht h Ueber alles Werden singen, ? Die mit jubelhellem Wang Durch die Nacht der Trübsal fahren Und im sel'gen Frühliugsdrang Gottes Allmacht offenbaren! — Frankenberger Erzahker Unterhaltungsbeilage zum Frankenberger Tageblatt Me mtt Trünen füen... Roma« vs« Ernst Herzog Urheberschutz durch Hermann Berger, Roman-Verlag, 14 Nachdruck verboten Heddi dachte hm und her, welche Worte sie wohl zur Aufdeckung ihrer Herzensnot sprechen sollte. Doch war ihr das, was ihr vor kurzem noch leicht und selbstverständlich erschien, recht schwer, beinahe unmöglich. Endlich zwang sie sich doch dazu, ein Gespräch zu beginnen. „Ich habe viel über das Gedicht nachgedacht, Vater Erd mann, das Sie mir zuletzt gegeben haben." „Ja," kam es traurlg von den Lippen des Alten, „ich denke jetzt noch daran, es will mir nicht aus dem Kopf," „Wre sind Sie nur auf diese Gedmrken gekommen?" ,Zch weiß es nicht. Sehen Sie, Fräulein Heddi, wenn man ein Leben lang mit Neben Menschen zusammen ist, dann braucht es keine Worte, um sich darüber, was im Herzen vorgeht, zu verständigen. Das liest man sich gegenseitig von den Augen ab, das schwingt in der Stimme mit, auch wenn die Work vielleicht ganz anders sein mögen." „Und das Gedicht?" ,^Das Gedicht?" wiederholte der Mte leise. „Das habe eigentlich nicht ich gedichtet. Ich habe es nur abgeschrieben." ,^8on wo haben Sie es abgeschrieben?"' „Aus Ihren Augen," Und der Alte fuhr mit seiner brüchi gen Stimme, in jedes Wort die Bangigkeit seiner Seel« hineinlegend, fort: „Dem 'Weg führt dich durch Nacht und Licht, bergauf, bergab, durch Licht und Nacht. Wenn sich der Strahl durch Wolken bricht, eilt schon die nächste, ihn zu decken. So weiß ich nicht, soll ich erschrecken, soll ich mich freu'n zu deinem Glück: wo das Geschick mit holem Blick aus deinem Wege wacht." Heddi hatte die Hände oors Gesicht gedrückt und weinte. Ihr war, als sähe neben ihr ein treuer Lebensführer, dessen rettende Hände sie doch trotz der Nähe nicht zu fassen ver mochte, dessen Blick in banger, väterlicher Liebe auf sie nieder schaute, ohne dah sie fähig war, ihm zu folgen. Der Alte richtete seine Augen auf die Schluchzend« und schaute sie lange an. Dann sagte er — und es schien, als wolle sich eine leise Freude in seine Stimme schleichen —< fast kaum hörbar: „Tränen? Ja, sw sind gut, sie erleichtern uns das Herz, sie tragen viel von dem davon, was uns drückt und schmerzt. Aber nicht alles. Und das, was HleDt, ist das Btttenste in uns, und das müssen wir ohne Tranen Werrchnd« ÜM«,"