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MsdmfferTageblatt Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forfirentamts Tharandt, Finanzamts Raffen. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gejpaltenc Raumzeile 2V Goldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40Gold- pfenntg, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Aachweisungsgebühr 20 Goldpfennig. Dor- ^eschriedcneErscheinungs- tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 deriicksichtigk. Anzeigen annahme dis oorm. 10 Uhr - - 2 Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen Übernehmen wir keine Garantie. Jeder RabaNanspruch erlischt, wenn der Benag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nr 297. — 85. Jahrgang Telegr Adr .Amtsblatt« Wilsdruff-Dresden Postscheck Dresden 2640 s ienstag, de« 21. Dezember 1926 Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, 15^ LBÄL Wochenblatt für Wilsdruff «. Umgegend träoer und Geschäftsstellen ——— ""177 I '—7° " ' nehmen zu jeder Zeit Be- ktellunaen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Verschleudertes deutsches Vermögen in Amerika. Sensationelle Enthüllungen über die Mißwirtschaft. Die Annahme der Rückgabebill des beschlagnahmten deutschen Eigentums in Amerika durch das Repräsen tantenhaus wird von sensationellen Enthüllungen der „New York World« begleitet, die über unerhörte Mißver- waltung und Riesenverschleuderung der beschlagnahmten deutschen Vermögen zu berichten weiß. Der Bericht beruht auf dem im Auftrage des Präsidenten Coolidge erstatteten mehrbändigen Rapport des Generalkontrolleurs MacCarl über die Verwaltung der deutschen Vermögen, Von dem sich die „New York World« ein Exemplar verschafft hat. Bisher verlautete lediglich, daß der Rapport die Verwal tung im allgemeinen einwandfrei befunden habe und nur einige übermäßige Gehälter und Provisionen kritisiere. Sie Wirren an unserer Ssigrenze. Die überraschenden Ereignisse in Litauen, also unmittelbar jenseits der deutschen Grenze, haben nicht bloß ihre innenpolitische Bedeutung, sondern können auch Stoff zu einem außenpolitischen Zwist abgeben. Ganz durchsichtig sind die näheren Gründe des Putsches ebensowenig wie etwa eine Sicherheit dafür besteht, ob sich die frühere Rechtsherrschaft in Litauen mit Hilfe des Militärs nun auch wirklich überall durchsetzen wird; die in Litauen sehr radikale Sozialdemokratie, vor allem aber die dortigen Kommunisten scheinen einen nicht ganz erfolglosen Widerstand organisiert zu haben, kurzum, der Bürgerkrieg ist im vollen Gange. Die bisher siegreichen Militärs erregen nun natürlich bei dem Nachbarstaat Polen allergrößte, zum mindesten aber sehr gut gespielte Sorgen. Ist es doch die bisher immer noch ungelöste Wilnafrage, die zwischen den beiden Ländern steht, jene polnische Eroberung also, die mitten im Frieden vor sich ging, trotzdem aber die spätere Billigung des Völkerbundes fand. Litauen Hai nie aufgehört, gegen die internationale Rechtsgültigkeii dieses ihres Friedensbruches und nach dieser Eroberung zu protestieren, formell befindet es sich noch immer im Kriegszustand mit Polen. Die Dinge liegen ganz eigenartig: es wäre für Polen das Allererwünschteste, unter irgendeinem Vor wand in Litauen einmarschieren zu können. Vorwände hierfür sind ja immer billig und leicht zu beschaffen. Polens Wünsche gehen nämlich schon lange dahin, durch eine Verschmelzung Litauens mit Polen nun auch nörtu lich des deutschen Ostpreußens zum Meere ztz gelangen und so Ostpreußen von drei Seiten zu umfasset; und in die Zange zu nehmen. Wir haben gegen den Einbruch der Litauer in das Memelgebtet zwar pro testiert, diesen Bruch des Versailler Friedens aber schließ lich doch anerkannt. Die Deutschen im Memelgebiej unterliegen einer rücksichtslosen Machtpolitik der Kow, noer Regierung; einen der fanatischsten Litauer hat man jenem Gebiete als ziemlich selbstherrlichen Leiter auf gelegt. ! Politisch außerordentlich interessiert an der ganzen Entwicklung ist weiter vor allem Rußland, das mit det bisherigen linksorientierten Negierung Litauens vor ganz kurzer Zeit einen gegenseitigen Garantievertrag abge schloffen hatte, dessen antipolnische Spitze unver- kennbar war. Außerdem treibt die russische Sowjet republik seit Jahren eine ganz zielbewußte Randstaaten! Politik, also auf jenen Gebieten, die früher dem Russisches Reiche angehörten. Man will in Moskau ein mehr oder weniger festes Bündnis dieser Staaten zusammeubringer; mit dem deutlichen Ziele, es gegen Polen einzusetzen. Nutz ist an und für sich der litauische Militärputsch rein natich nalistisch und damit antipolnisch. Rußland wird abei 'Ncht zöaern den Linksparteien in ihrem Kampf gegen di« Militärs jede Unterstützung angedeihen zu lassen die nui irgend möglich ist. i Polen Wäre natürlich durchaus in der Lage, in Litauen irgendwie einzugreifen. Die Selbstverständlich keit mit der das von einem großen Teil der Warschauer Presse gefordert wird, ist geradezu naiv, stößt aber in London und Paris auf ein gewisses Verständnis. Was den Polen früher mit Wilna in kleinerem Maßstab« glückte, das jetzt im größeren zu wiederholen, könnte wohl reizen. Wenn die polnische Presse über angebliche Polen- Verfolgungen in Litauen schreibt, so kann man darin schon eine Art Vorbereitung zum Eingreifen sehen, wenn man will. 1921 ist Polen ja auch ganz plötzlich in das deutsche Oberschlesien einmarschiert — warum sollte man sich also dem viel kleineren Litauen gegenüber, das zudem mili tärisch ohnmächtig ist, irgendwelche Beschränkungen auf- erlegen! Ob allerdings Rußland sich eine derartige Unternehmung so ohne weiteres gefallen lassen würde, ist eine Frage, die auch lediglich vom Standpunkt der mili tärischen Kräfteverteilung aus zu beurteilen ist. Auch wir Deutsche müssen uns beizeiten vorsehen, daß wir in einer lebenswichtigen Frage nicht plötzlich vor sertigen Situa- tionen stehen; denn es braucht ja gar nicht erst erwähnt zu werden, in welch bedrängte Lage O st Preußen käme, wenn der Pole auch im Norden vor seinen Toren stände. Wie aus dem Artikel der „World" hervorgeht, handelt cs sich jedoch um Millionen Dollar, und die Enthüllungen dürften einen Riesenskandal zur Folge haben. Nach dem Bericht MacCarls wurden Millionen und aber Millionen Dollar abgegeben für Bnwaltsgebühren sowie für Provi sionen an Banken; Gesellschaften, die längst liquidiert waren, wurden jahrelang weiterbetrieben. Die vom Kongreß festgesetzte Grenze für die Verwaltungskosten wurde vollständig ignoriert. Gewisse Fonds blieben jahrelang in den Händen der Interessenten, ohne daß der Versuch gemacht worden wäre, sie einzuziehen. Die be schlagnahmten Wertpapiere wurden an so viele Banken und Gesellschaften verteilt, daß eine Kontrolle kaum möglich war. Niedrig bezahlte Beamte erhielten über mäßige Zuschüsse,- - Regiernngsbeamte benutzten Privat- autvs auf Kosten der beschlagnahmten Vermögen. M-c- Der Putsch in Litauen Smetona Präsident von Litauen. Opposition gegen die Regierung. Der bisherige Präsident der Republik Litauen ist von seinem Amt zurückgetrcten. Der Sejm hat in einer außer ordentlichen Sitzung sofort die Neuwahl des Präsidenten vorgeuommen. Die Wahl fiel auf Professor Smetona, der als geistiger Urheber der jetzigen Revolution gilt. Smetona war der erste Präsident der Re publik «ach Herstellung der Unabhängigkeit Litauens. Er hat bereits den Eid auf die neue Verfassung geleistet und die Geschäfte übernommen. Zum Präsi denten des Sejms ist StuLginskas, vormaliger Präsident der Republik, gewählt worden. Kowno hat Flaggen- schmuck angelegt. Die Mitglieder des alten Kabinetts sind auf freien Fuß gesetzt worden. Nachträglich wird das Manifest bekannt, das von den Aufständischen an die Bevölkerung gerichtet wurde. Es hat folgenden Wortlaut: „Das litauische Heer, das sein Leben für das teure Litauen einsetzte und auch jetzt bereit ist, fein Blut für die Unabhängigkeit des Landes zu vergießen, erkannte, daß die jetzige Regierung und der Sejm unser Vaterland an die Bolschewisten und Fremdstämmigcn verrät, und faßte infolgedessen den Entschluß, die Verwaltung des Landes zeitweilig in seine Hände zu nehmen, um sie so schnell wie möglich den echten Söhnen Litauens zu über tragen." Ein Wilnaer Blatt, der „Goniec Wilenski", bringt in einer Sonderausgabe Nachrichten über blutige Kämpfe, die angeblich noch in Litauen im Gange sein sollen. Diesen Meldungen zufolge sollen in der Um gebung von Schaulen unter der Führung des Obersten Somaitis und eines Ministers der gestürzten Regierung namens Posello Kommunisten und Anhänger der alten Regierung sich konzentrieren. Die kommunistschen Arbeiter sollen sich angeblich zum Marsche aus Kowno rüsten und einen Aufruf erlassen haben, in dem sie ver sichern, daß nach der Eroberung von Kowno durch die Kommunisten die Hilfe der Räteunion bei dem Marsche auf Wilna gesichert erscheine. Weiter behauptet das genannte Blatt, daß die Gar nisonen von Mariampol, Kalwaryn und Olita auf der Seite der alten Regierung stünden. Diese Wilnaer Nach richten haben in einen Teil der Warschauer Presse Ein gang gefunden. RlNstllrzMbmituWN auch in Lettland ? Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Riga, 20. Dezember. Im Zusammenhang mit dem Um sturz in Litauen sind Gerüchte im Umlauf, daß auch in Lettland ein ähnlicher Umsturz erfolgen werde. Diese Gerüchte werden vom S-tcdttomlnandaM der Stadt Riga entschieden dementiert. Prager puischenihüllungen. Aufdeckung eines faschistischen Umsturzplans. Das Legionärorgan veröffentlicht den Inhalt von Dokumenten, die sich in den Händen der Behörden befinden und die sich auf einen faschistischen Umsturzplan in der Tschechoslowakei beziehen. Der erste Teil der Dokumente enthält die technische Durchführung des Umsturzes in allen Städten, Anweisungen, wie die Kasernen, Polizei ämter, Bahnhöfe, Post- und Telegraphenämter und alle übrigen öffentlichen Gebäude zu besetzen seien. Alle Abgeordneten und Parteisekretäre der Sozia listischen und Kommunistischen Partei hätten verhaftet werden sollen, Außenminister Dr. Benesch hätte wegen Hochverrats, alle sozialistischen Minister seit 1918 wegen Schädigung des Staates und wegen Bereicherung auf Kosten des Staates vor Gericht gestellt werden sollen. Da neben war die Einstellung aller antifaschistischen Blätter, Verhaftung von Redakteuren, Verkündigung des Stand rechtes und Proklamation eines faschistischen Negierungs programms vorgesehen. Das Blatt kündigt weitere Einzelheiten an. Die PestI» dkk MWnrei Md MM Paris, 20. Dezember. Dach Meldungen aus Tokio ist in verschiedenen Gegenden der Mandschurei und Mongolei die Pest ausgebrcchen und hat viele Todesopfer gefordert. 300 chinesische Kulis erfroren London, 20. Dezember. Wie aus Kalgau in der Provinz Tschrli gemeldet wird, sind 300 Kult, die von den Truppen der chinesische« Nordarmee gefangen gesetzt waren und in offenen Eifeubahnwaggons nach Ring Tschuren befördert werden sollten, während der Fahrt vor Kälte und Hunger gestorben. Der Wahlsieg des Grafen Bethlen. Die ungarischen Wahlen haben einen entschiedenen Sieg des bisherigen Ministerpräsidenten Grafen Bethlen ergeben. Allerdings waren fast in allen Bezirken offen« Zahlen, denn wo geheime Wahlen stattfanden und namentich in Budapest, hatte die Linkspartei bedeutens mehr Stimmen. Unser Bild zeigt den ungarischen Mi nisterpräsidenten Grafen Bethlen. Carl brachte das ganze Jahr mit der Überprüfung ver Bücher zu. Seine Untersuchung verschlang 200 000 Dollar. Trotzdem MacCarl behauptete, daß ein weitgehender Miß brauch nur mit einer verhältnismäßig beschränkten Anzahl von Treuhandsonds betrieben worden sei, führt er mehrere Hundert solcher Fälle an. Der ganze Bericht MacCarls wimmelt von Unregel mäßigkeiten, von Unterbewertung der deutschen Vermögen, von Vergeudung und Verschleuderung, welche Seite man auch aufschlagen mag. Das AnteiheaSlöfungsverfahren. Fristverlängerung bis 31. Dezember. Zum Anleiheablösungsversahren gibt der Reichsminister ser Finanzen folgendes bekannt: Die Frist für die Beantragung von Auslosungsrechten ruf Grund von Reichsanleihen alten Besitzes ist am 31. März viescs Jahres abgelaufen. Der Reichsfinanzminister hat sich jedoch bereit erklärt, wie bereits Anfang November durch die Presse mitgeteilt worden ist, für die Anmeldung eine Nach frist zu gewähren, wenn die rechtzeitige Anmeldung wegen Krankheit, Geschästsungewandtheitz Alters oder ähnlicher zwingender Gründe unterblieben ist. Es wird daraus auf merksam gemacht, daß der Antrag aus Gewährung einer Nach frist spätestens bis zum 31. Dezember d. I. bei dem Reichs- kommissar für die Ablösung der Reichsanleiben alten Besitzes, Berlin SW., Alte Jakobstraße 117/120, gestellt werden muß. — Die Vorbereitungen für den Umtausch der Reubesitzanleihen des Reiches gegen Anleiheablösungsschuld find, nachdem das Anmeldungsverfahren für die Altbesitzanleihen des Reichs, der Länder und Gemeinden abgeschlossen ist, soweit gefördert, daß die Frist für die Anmeldung dieser Anleihen voraus sichtlich Anfang Februar nächsten Jahres beginnen wird. Nichtige Aendermgen der Strasprvzeßordnmg. „Lex Höfle« und Zeugnisverweigerungsrecht. Kurz vor Ferienbeginn des Reichstages sind vom Reichsparlament noch zwei wichtige Änderungen der Strafprozeßordnung beschlossen worden. Das ist erstens die Einführung des mündlichen Verfahrens bei Haft beschwerden, die sogenannte Lex Höfle, und zweitens die Ausdehnung des Zeugnisverweigerungs- rechts auf Redakteure, Verleger und Drucker. Diese Berufsklassen werden damit den Ärzten und Rechtsan wälten gleichgestellt, auch ihr Berufsgeheimnis wird an erkannt. Us ist eine alte Forderung der.gesamten Presse,