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V ir Z v L v »» s - M n LU » ! Um heimischen fierä ! UntervattuMsbrösgr sm» „MEutter LsMvistt" — MAtsblstt. LleHsr allem Versichem Von Käte Lubowski. Joachim Freeberg, dem Siebzehnjährigen, erschien das Leben seit dem jähen Tod seines einzigen, ebenso bewunder ten als geliebten Freundes grausam, rätselhaft und sinnlos. Welchen Sinn konnte es denn auch haben, daß der sein hoff nungsreiches Leben hingeben mußte, um den andern, den früh Verdorbenen, körperlich Gebrechlichen, vor dem Tode des Ertrinkens zu retten?! . . . Sein Vater, der warmherzig und klar denkend, mit ihm darüber beraten haben würde, war aus dem Völkcrringen nicht heimgekehrt. — Seine einzige Schwester — reich ver> heiratet — schön und genußgierig, lachte ihn einfach aus, als er in einem Augenblick des Alleinseins mit ihr die Frage aufwarf. — — Und seine einst so frohherzige, sonnige Mutter? Damit hatte das Rätsel überhaupt begonnen. Sie war, nach der Todesnachricht des Gatten, zusammen- gebrochen und schwermütig. Ihr durfte er nach dem Geheiß des Arztes, nur von lauter scherzhaften, rosenroten Dingen sprechen! Er lief, nach beendetem Unterricht aus der Unterprima in den nahen Wald und grübelte. Seine Seele war voll glühender Nöte. < So kam es langsam, daß Joachim Freeberg, der Früh reife, seinen inneren Halt verlor. — Frost und Grauen trie ben ihn seither. — Troß schwüler Tage und dunstig brüten der Abende blieb ihm die Empfindung, als atme er eine Luft aus Eis und Schwefel. Ihn durstete beständig. Heim lich schlick er sich in das den Gymnasiasten verbotene Hin- terstübchen des Löwenwirts, zu dessen besten Kunden ein Dutzend grüner Nichtstuer gehörten. Die schöne, elegante Schwester drohte ihm eines Tages neckisch: „Iochenkin Jochenkin höbe Di . . fangen ur Di . . . hangen wi Di . . ." Sie kam sich durch die Wiedergabe des alten Raubritter- spruches unendlich witzig vor. „Was soll das . . . was meinst du eigentlich," fragte ei sie, nun doch unruhig. „Jo ... mein Jungchen, einmal habe ich dich mit eigener Augen erblickt . . nämlich gestern, als ich meinen Mann ir den „Löwen" begleiten mußte. Auch sonst bist du nock gesehen. — Hüte dich also . ." Und sie kniff die Augen ein, als wollte sie selbst nicht? mehr sehen und reichte ihm einen Zwanzigmarkschein hin .. Auch feine Lehrer standen vor unlösbaren Rätfecn. Zuweilen — — nach toll durchzechten Nächten -- arbeitete er auch jetzt noch wie ein Unsinniger . . Holte, dank seiner glänzenden Gaben, das Versäumte nach . . brannte wie früher, woll Eifer, um dann plötzlich wiederum zu versagen und zu erlahmen. — Sein Ordinarius nahm ihn sich eines Tages väterlich vor. „Kehren Sie um, Freeberg, sonst sind Sie sehr bald im Sumpf erstickt." Seither fror er noch heftiger — durstete noch grausamer -« mußte also noch hastiger trinken. — . . . Einmal lernte er, im Hinterstübchen des „Löwen", Olaf Schönfeld, den Trunkenbold, kennen. Zufällig war der an diesem Abend nock nüchtern, und kam mit Joachim Freeberg in ein Gespräch über jene rätselhaften Dinge. „Lösung . . . Antwort. . . verlangen Sie, junger Mann? — — Erlauben Sie, daß ich lache. Alles ist Zufall — Sinn- Migkeit und Schmutz. Nur eins regiert! — Macht Uebermacht! - In Kraft oder Mam mon! Alles andere ist nonsens. Materie ist Trumpf. — Geld ist Materie. Ich besitze keins. A propos . . . können Sie mir vielleicht mit, sagen wir — dreißig^ Emmchen,_aus- -12. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) „Richte du es jo, wie du magst, mein Kind! Mir ist alles recht — du weißt's am besten! Es ist doch schön, wenn man nicht mehr jo nachzudenken braucht! Könnte ich es nur immer so gut haben! Die Lina ist ja jo weit ganz brauchbar — aber darin kann sie einen nicht ein bißchen unterstützen man wird doch alt!" Die alte Dame gähnte ein paarmal herzhaft — — „Die Frühjahrsluft macht doch recht müde — ich habe nun so schön geschlafen und bin noch müde ! Vielleicht lege ich mich noch ein Weilchen —" Sie stand auf und ging nach dem Sofa. Ein plötzliches Echwindclgefllhl ließ sie taumeln, so daß sie sich am Tische fcsthalten mußte, um nicht zu fallen. Tödlich erschreckt sprang Elisabeth hinzu, sic zu stützen. Mit mattem Lächeln wehrte die Rätin. „Es ist nichts Kindchen, es ist schon wieder vorüber! Nur ein bißchen schwindelig war ich —" „Ich schicke nach Herrn Doktor —" sagte Elisabeth auf geregt. „Das wirst du schön bleiben lassen, Elisabeth, wenn du mich nicht böse machen willst — mir ist ganz wohl!" jagte die Rätin energisch. Aber als Elisabeth die alte Dame auf das Sofa gebettet und sorglich zugedeckt hatte, eilte sie zu dem Kaufmann, bei dem sie einkauften, und der nur wenige Häuser von ihnen wohnte, um dort zu telephonieren, da im Hause kein Te lephon vorhanden war. Ullii selbst war am Telephon. was ist, Fräulein Schwarz? Ich habe nicht recht verstanden —" „Ei« kleiner Schwindelanfall der Frau Rat ängstigt mich sehr! Ich bin in großer Sorge und bitte Herrn Doktor, heuen — sie retten mich oamn vor dem Tod. Mor gen um diese Zeit und an dieser Stelle gebe ich es Ihnen zu rück. - Mein Ehrenwort!" Nach kurzem Zaudern reichte ihm Joachim Freeberg das Verlangte hin. Ein Zufall . . daß er das für die Klasse ab gehobene Spargeld, das er für die Ausgaben des gemein samen Sommersestes zu verwenden hatte — — nicht da heim verwahrte . . sondern noch mit sich trug . . War es ein Unrecht, daß er es auslieh . . Nein! — Eine Lcbensrettung vielleicht wirklich! — Und zudem . . das ge gebene Ehrenwort sicherte ihn. — Am nächsten Abend, an der nämlichen Stelle, war- tete Joachim Freeberg umsonst auf ihn. — — Einer der jugendlichen Zecher, der auch sonst gern durch Zoten unter hielt. wußte von ihm zu berichten: Heule früh, als ich gegen sechs Uhr Las Fenster aufstieß, sah ich jemand auf der Straße liegen. Wer war es? . . . Sinnlas des . . . bestimmt aus einer Schlägerei entwichen, denn er blutete Ihr neuester Freund, Frseberg . ." — - Nun war Joachim Freeberg zum Diebe geworden! Er stürzte in die Billa seiner Schwester, um zu hören, daß die Herrschaften für drei Tage eine Autotour unternom men batten. Den Unterricht mußte er heute natürlich auslassen . . . Zum erstenmal . . . Er lief in den Wald. Ohne, daß er es merkte, jagte er in einem Kreis . . hetzte sich selbst, bis er totmüde war. Wü tender Hunger begann ihn zu quälen, denn er hatte, seitdem er das Geld . . auslieh, keinen Bissen genossen. Was nun? Sterben? Die junge Kraft in ihm bäumte sich wild dagegen auf. — Er jagte weiter, wie einer, der einen Wettlauf mit dem Bösen auszutragen hat. Nein . . nur nicht sterben . . Was aber alsdann? Plötzlich stutzte er und hemmte den Lauf Ein Silber täschchen funkelte ihm entgegen. Das eine Ende des Kett chens hing an dem kunstvoll geschmiedeten Bügel herab. Die Tasche konnte also unbemerkt vom Arm oder aus der Hand entgleiten ... Er riß sie auf! — Ein seines Spitzentüchlein eine Fahrkarte der Stadtbahn — ein zerknitterter Brief und . . dreihundert Reichsmark! Ein reicher Inhalt! Erlösung — Rettung — Leben für ihn. Nun wurde alles gut. Trotzdem ging er nicht nach Haus. Erft mußte es völlig dunkel sein. Dann wollte er — den Richtweg — am Moorsee vorbei, in kurzer Zeit zurücklaufen. — Mechanisch las er den zerknitterten Bries. . . Ein jauchzender Dank war es dafür, daß die, an welche er gerichtet war, den Schieber durch ihre mütterliche Güte aus dem Sumpf gezogen — zu einem ehrlichen Men schen gemacht habe . . weil sie alles verstehen alles heilen könnte. . Eine Gütige also bestimmt, die leichtsinnige Verliererin dieser Kostbarkcften. — Wer sie wohj sein mochte? Richtig, auf dem Umschlag dieses rührenden Dan kes stand ja ihre Adresse. . . Er wollte sich ihren Namen aber besser nicht ein prägen, sondern nachher die Tasche mit allem, was sie außer dem Geld barg — steinbeschwert in den Moorteich ver senken ... Nun fror ihn nicht mehr! — Er spürte auch weder Hunger noch Durst. ' Kein Fragen . . keine Not mehr! Erlöst - Er löst! Zuerst natürlich . . das geborgte Geld abziehen. Daun aber . . wieviel lustiger, durchzechter Nächte ließen sich aus dem Rest schaffen? --- - Ins Gymnasium freilich ! würde er morgen wieder gehen. Oder . .? Ein Ge- s- danke erwachte, der zum Ensichluß ward. Wozu eigentlich ! das Geld abgeben . . Besser war es, er fuhr gleich non hier aus zum Bahnhof und weiter nach Hamburg . . um von dort . . Nun, das würde sich alles finden. Vorläufig dies! Gegen Mitternacht wagte er sich auf den Heimweg. — Die Nacht war sehr dunkel. Er sah kein Hinternis aus dem Richtweg, zu dessen rechter Seite jetzt, wie ein tückisches Katzenauge, der Moorteich glimmte . . Und doch stolperte er . Ein Mensch war es, über den er fast gefallen wäre. Ein Mann ! — Mit dem Kopf lag er am äußersten Rand im Moor . . . Erstickt von dem ekelhaften Schlamm! — Tot! — Joachim Freeberg zog ihn vollends heraus. Seine elektrische Laterne flammte auf — und zeigte ein grauen erregendes Bild. Der Trunkene mußte mit dem Mund in den Unrat hineingefallen und sinnlos bezecht gewesen sein . . Sonst wäre es eine Kleinigkeit gewesen, sich aufzurichten . . Der Unglückliche . . Elende . . Verkommene, der Olaf Schönfeld hieß . .! War wirklich alles Zufall und Sinnlosigkeit? — Alles, was über dem Verstehen geschah? — War es nicht vielmehr weisestes Lehren ... mit dem Einsatz und Opfern sowohl des edelsten wie des gemeinsten Lehrmittels? Half der edle Freund durch seine mutige Tat, die den Herzschlag ilN Gekolae batte nickt zur Nacheiferung . . risi da- traurige Beispiel dieses Elenden nicht vom Abgrund zum Laster mit eiserner Faust zurück . .? -- Joachim Freeberg fuhr nicht nach Hamburg! Aber er brachte das Gefundene am nächsten Tage nach dem Unter richt persönlich an die Adresse, welche der zerknitterte Um schlag trug. — Und fand in dem stillen, gütigen Gesicht der Verliererin wirklich dasjenige Leuchten, welches seinen Lip pen entspiegelte ... Er hatte nicht daran gedacht, einen Finderlohn zu beanspruchen, aber sie zwang ihm dreißig Mark auf . . Nach seiner Beichte, legte sie sanft und müt terlich ihre Hände auf sein Haupt. „Mein Junge, mein Einziger, ist mir gestorben. Ersetze du ibn mir. Aber dann mußt du auch so gut und treu — so fest und ehrenhaft sein, wie er es war . . Dazu «M dir, ft: Gottes Namen, schon besten!" heitre Llmfchau Das gute Mädchen. Die kleine Else zu ibrcr Mutter: .Mama, ich musi doch wirklich ein gutes Mädchen kein. Die ruderen schickst du alle Augenbliä°" fori und mich hast du schon äinf Jahre behalten!" UM ihre Lippen „du hast mich noch nicht gesehen, Werner — wie gefalle ich dir —?" Sie trat einen Schritt zurück und hob ein wenig die Arme. Er sah sie an. „Du bist immer schön, Ulla! Und das Kleid ist auch sehr schön und geschmackvoll —! Ich bin damit einver standen, daß du einmal etwas anderes als schwarz gewählt hast!" Wieder lächelte sie. Wenn er wüßte, mit wem sie ihre Toilette bis in die kleinsten Einzelheiten besprochen hatte, und wer sie gern auch einmal in weiß sehen wollte! „Du meinst also, wir können uns in dieser hochseudalen Gesellschaft sehen lassen?" „Du jedenfalls wirst dort sicher eine der schönsten Frauen sein!" Werner war sehr überrascht, wie glänzend Ulla aussah; doch kein wärmeres Gefühl regte sich in ihm. Diese kalte Pracht wärmte ja nicht; sie blendete nur! Uebrigens, Ulla, ist irgendwie telephoniert?" „Nein, gar nicht!" entgegnete sie leichthin, „doch ja, dein Bücherhändler telephonierte, die bestellten Bücher seien nun da " Er machte eine abwehrende Bewegung — „das ist nicht so wichtig! Ich meine: wegen Patienten —" „Nein, nichts!" Schmeichelnd hängte sie sich in seinen Arm. „Nun komm! Wie ernst du aussiehst! Als ob du zu einem Leichenbegängnis und nicht zu einer fröhlichen Ee- sellfchaft gehst „Offen gestanden, bin ich heute gar nicht so recht auf gelegt —" meinte er, indem er Ulla in dem Pelzmantel half, „ich muß heute fo viel an Mütterchen denken —" „Du sagtest doch aber, du seiest zufrieden mit ihrem Be finden " „Nein, Ulla! Es ist alles nur trügerisch. Die Sorge verläßt mich nicht " „Nun, du gehst ja morgen wieder zu ihr — Befriedigt lehnte sich Ulla in die Ecke Les Kraftwagens, und in Ge danken malte sich ihre ehrgeizige eitle Seele die Triumphe aus, die sie sicher feiern würde, wenn sie auch nur die Frau eines schlichten bürgerlichen Arztes war! Denn ihre Schön heit siel überall aufs ' (Fortsetzung solgt.) nochmal mit vorzukommen — aber wie zufällig! Frau Rat wollte nicht, daß ich ihn rief — er möchte darum auch nichts von meinem Anruf erwähnen " „Mein Mann fand seine Mutter in den letzten Tagen doch selten wohl deshalb kann es doch nicht so schlimm sein —" „Ich vermag es nicht zu beurteilen! Jedenfalls bitte ich Herrn Doktor dringend um fein Kommen —" „Gut, Fräulein Schwarz, ich werde es bestellen, so bald er heimkommt! Wie —? — Nein, er ist noch nicht da! Er kommt immer erst in den letzten Minuten! — Natürlich vergesse ich es nicht! Jede Minute erwarte ich ihn eine halbe Stunde kann immer noch vergehen, bis er bei Ihnen ist " Als Ulla den Hörer wieder anhängte, lächelte sie spöttisch vor sich hin. „Du hast wohl Sehnsucht, ihn nochmals zu sehen, heilige Elisabeth? Bis morgen mußt du dich schon noch gedulden!" dachte sie und pries ihren glücklichen Einfall, das Telephon zu kontrollieren, während ihr Gatte sich zum Feste um kleidete. Es war ihm sonst zuzutrauen, daß er noch jedem Rufe nach ihm folgte, und das wollte sie verhindern. Es war sowieso schon mal wieder höchste Zeit — das Auto, das sie abholen sollte, konnte jeden Augenblick eintreffen, und er war noch nicht fertig! Richtig sie hörte schon das Raitern eines Kraftwagens! Aufgeregt eilte sie an das Fenster; ihre Ahnung hatte sie nicht getrogen — es war der Wagen des Fürsten, der vor dem Hause hielt. Ein Diener stieg ab. Unwillig stampfte sie mit dem Fuße auf — unerhört von Werner! Sie klopfte an die Tür des Schlafzimmers — der Wagen ist bereits da! Beeile dich —" „Ich bin fertig!" Werner stand auf der Schwelle. Sie überflog seine Erscheinung mit kritischem Blick, und sie mußte sich gestehen, daß er im Frack eine sehr gute Figur machte; seine statt liche Erscheinung mit dem markanten klugen Gesicht konnte nirgends übersehen werden. Und sie —? Ein selbstbewußtes sieghaftes Lächeln lag