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Wie Gras auf dem Felde... Der Saemann säet den Samen. Die Erde empfängt ihn und über ein Keines Wachset die Blume herauf. Du liebtest isie. Was auch dies Leben Sonst für Gewinn hat war Kein dir geachtet. Und sie entschlummerte dir. Was weinest du neben «dem Grabe Und hebst die Hände zur Wolke des Todes Und der Verwesung empor. Wie Gras auf dem Felde sind Menschen Dahin, wie Blätter, nur wenige Tage Gehn wir verkleidet einher. Der Adler besuchet die Erde, Doch säumt nicht, schüttelt vom Flügel den Staub und kehret zur Sonne zurück. Matthias Claudius. Der Landsberger Jemeprozeß. Die Verteidiger Gödickes treten zurück. § Landsberg a. d. W., 10. November. Oberst Gudovius bekundete als Zeuge, daß sich in den Arbeitskommandos eine private Disziplinargewalt heraus- gebildet habe, die er auch gebilligt habe, weil in den Kom- mandos Ordnung sein sollte und nicht wegen jeden Verstoßes ein Mann entlassen werden konnte. Eine ganze Reihe von Fragen lehnte der Zeuge ab mit der Begründung, daß ei darüber nichts aussagen dürfe. Da Rechtsanwalt Dr. Löwen thal immer weiter in ihn drängte, lehnte er schließlich allgemein jede Beantwortung ab. Die Verhandlung schreitet unter fort gesetzten Zusammenstößen zwischen dem Vorsitzenden und der« Anwalt des Nebenklägers weiter. Nachdem R.--A. Dr Löwenthal fortgesetzt an die Zeugen Fragen gerichtet Hatz die nach Ansicht des Gerichts nicht zur Sache gehören, frag« der Vorsitzende den Verteidiger: Herr Dr. Löwenthal, ich frage Sie zum letztenmal, ob Sie sich innerhalb der Ihnen gezogenen Grenzen halten wollen? Ich ersuche Sie jetzt, dem Gericht eine Erklärung abzugeben, ob Sie sich an den Beschluß und den Standpunkt des Gerichts halten wollen oder nicht. Tun Sie es nicht, so wird das Gericht Ihnen gegenüber von seinen Machtmitteln Gebrauch machen. Erklären Sie jetzt endlich, ob Sie sich fügen oder nicht. R.-A. Dr. Löwenthal (in höchster Erregung): Dann bitte ich sofort um eine Pause, um mich mit meinem Mit- Verteidiger zu beraten, ob wir die Nebenklage weitersühreq oder nicht. Nach der Pause nahm Rechtsanwalt Dr. Löwen- thal das Wort und erklärte: Nachdem das Gericht entgegen der Strasprozeßordnung erklärt hat, daß es dem Nebenkläger die zur Beweisaufnahme erforderlichen Fragen abschneiden wird, und nachdem das Gericht vorher die Erklärung abge geben hat, daß es mit Gewalt diesen seinen Standpunkt durch setzen werde, einer Gewalt, die nach Ansicht des Nebenkläger; und in bisher vom Gericht nicht widersprochener Weise nm als Polizeigewalt anzusehen ist, erkläre ich, daß wir nach diesei ungesetzlichen gewaltsamen Behinderung der Nebenklage es mit der Würde eines deutschen Anwalts nicht für vereinbai halten, vor diesem Gericht in diesem rechtswidrigen Verfahre^ Wetter mitzuwirkcn. i Ich lege die Vertretung des Nebenklägers hiermit nieder. ! R.-A. Dr. Falkenfeld: Ich habe geglaubt, dem deutschen Vol durch die Aufklärung zu nutzen. Unter diesen Umstän den lege ich gleichfalls nieder. Die beiden Anwälti packten ihre Akten zusammen und verließen den Saal. Der Nebenkläger Gädicke behielt sich seine Entscheid««! darüber, ob er die Nebenklage zurückzieht oder nicht, vor. Dav auf wurde die Beweisaufnahme fortgesetzt. Der Zeuge Feld Webel Rentsch erklärte, schon bei der Anwerbung sei ihn gesagt worden: Unbedingt Maul halten, sonst . . .! Es sei du Gebärde des Halsabschncidens gefolgt. Bei der Einstellum ^»„»-Oberleutnant Schulz den Zeugen angewiesen, Spitzel eine klciite Filr diese nberwachungstätigkcit habe ei eine -leine -Zulage erhalten. Von einem Befehl Oberleutnant! Schulz, Leute zu beseitigen, sei ihm nichts bekannt ' Dann wurde der Zeuge Gärtner Feldmann, der vom Vor sitzenden sehr ernst zur Wahrheit ermahnt wurde, vernommen. Er sagt u. a. aus: Klapproth, Büsching und Fahlbusch Ware« als Rollkommando gefürchtet. Ich war in Potsdam in de, Nedlitzkaserne und bekam eines Nachts von sechs Mann Prügel. Ich tras eines Tages mit Klapproth aus der Division zu sammen. Ich wollte zu Schulz und mußte warten. Wir kamen ins Gespräch und Klapproth meinte, daß es für Plauderer Prügel gäbe. Ich sagte: Dann setzt man sich einfach zur Wehr. Da sagte Klapproth: Bei Verrätern ist das sehr einfach. Man läßt den Mann vorausgehen. Zwei Schüsse in den Hinter- kops genügen. i _ Darauf sollte der Kunstgewerbler Schmidt, genannt H a lb s ch u h. vernommen werden. Aus die Frage, ob er über den Fall Gädicke aussagsn könne, erklärte er. bis vor einer ^unde hatte er das gekonnt, jetzt habe er das Aktcnmaterial an Gädicke verschenkt. Im übrigen verweigere er die Aussage, weil er sich sonst strafbar machen würde. Auf den Hinweis des Vorsitzenden, daß Schulz hauptsächlich auf die Behauptungen dieses Zeugen hin seit zwanzig Monaten in Untersuchungshaft Utze, erwiderte der Zeuge, er habe die Unterlagen nicht mehr und habe die Dinge größtenteils nur von Klapproth, Fahlbusch und Büsching gehört. Aus den weiteren Hinweis des Vorsitzenden, daß der Zeuge vor dem Unter suchungsausschuß große Dinge erzählt habe und jetzt unter Eid nicht das geringste von dem ausrechterhalte, erklärte der Zeuge, er werde aussagen, wenn er die Gewähr erhalte, daß er nicht verfolgt werde. Es folgte dann die Ver nehmung des Zeugen von Albert. Er erklärte, daß ihm ein dienstlicher Befehl zur Beseitigung eines Angehörigen des Arbeitskommandos durch Schulz nicht bekannt sei, Schulz habe ihm im August 1922 bei seinem Eintritt auseinandergesetzt, daß die Disziplin nur durchgesetzt werden könne, wenn Ver räter standrechtlich erschossen würden. Die kirchliche Trauung in Druffel. In Brüssel fand in der St.-Gudula-Kirche die kirch liche Trauung des Kronprinzen Leopold mit der Prin zessin Astrid von Schweden statt. Seit 73 Jahren, seit der Vermählung des nachmaligen Königs Leopold ll. mit der Erzherzogin Maria Henriette von Österreich, hatte dis Kircke keine derartige Feierlichkeit erlebt. Das Brautpaar bei der Ankunft in Brüssel. Das Fest wurde von gutem Wetter begünstigt. Eine riesige Menschenmenge, die das glänzende Schauspiel an gelockt hatte, bekundete lebhaft ihre patriotischen Gefühle und begrüßte begeistert das junge Paar, die königliche Familie und die fremden Fürstlichkeiten. Aus den Straßen, die der Brautzug passieren mußte, hatten Truppen in Feld- dienstuniform und Stahlhelm Aufstellung genommen. Vor der Kirche wurde ein 60 Mann starke Abteilung schwe discher Marinesoldaten bemerkt. Im Innern der Kirche, die mit den Bannern der alten Brüsseler Gilden rind mit einem von einer Köniaskrone überhöhten Thronhimmel k aus rotem Samt geschmückt war, hatten sich alle offiziellen Gäste eingefunden. Die Trauzeremonie wurde vom Erz bischof von Mecheln, Msgr. van Noch, zelebriert. Nach der Trauungsfeierlichkeit fand im Schloß ein Frühstück und am Nachmittag ein großer Empfang statt, an dem über 3000 Personen teilnahmen. polWÄe KuntNGsu s Gegen die 26^ige Rcparationsabgabe. Der Auswärtige Ausschuß des Reichstages nahm einen deutschnationalen Antrag an, die Neichsregierung möge mit Frankreich einen endgültigen Handelsvertrag nicht abschließen, bevor nicht die 26^öige Neparations-: exportabgabe aufgehoben worden sei. Zur Annahme ge-H langte ferner ein Antrag des Abgeordneten Dr. Schnee (D. Vp.), in welchem die Regierung ersucht wird, den Reichsangehörigen in den sranzö fischen Man datsgebieten durch Verhandlungen mit Frankreich die gleichen Rechte in bezug auf Einreise, Niederlassung usw. zuerkennen zu lassen wie den Angehörigen der übrigen Völkerbundstaaten. Abbau der Wohnungszwangswirtschaft in Preußen. Das preußische Wohlfahrtsministerinm bereitet eine Verordnung vor, die eine weitgehende Lockerung der Zwangswirtschaft für Wohnungen und gewerbliche Räume bringt. Danach werden Wohnungen mit einer Friedensmiete von 3000 Mark und mehr jährlich aus der Wohnungszwangsbewirtschastung in der Weise heraus genommen, daß diese Wohnungen für die Folge ohne den Nachweis einer Wohnungsberechtigung und ohne Karte des Wohnungsamtes frei gemietet werden können. Miet preisregelung und Kündigungsschutz bleiben jedoch für diese Wohnungen noch bestehen. Rein gewerbliche Räume jedoch, die nicht mit Wohnungen Zusammen hängen, werden aus der Zwangswirtschaft völlig losgelöst. Für derartige Räume füllt also für die Folge auch der Kündigungsschutz, die Begrenzung der Mieten und die Mitbestimmung des Wohnungsamtes bei der Vermietung vollkommen fort. Die letzte Bestim mung soll ab 1. April des kommenden Jahres in Kraft treten. — " - Zur Regierungsbildung in Sachsen. Wie die Volkszeitung für die Oberlausitz meldet, haben Landesinstanzen und Landtagsfraktion der Sozialdemo kratischen Partei Sachsens beschlossen: Die Sozialistische Partei Sachsens bekundet ihren ernsthaften Willen, den Versuch zur B i l d u n g e i n e r s o z i a l i st i s ch e n Ne gierung zu machen und wird als stärkste Partei des Landtags die Initiative ergreifen, indem sie erstens ein Negierungsprogramm aufstellen, zweitens einen Kandi daten für das Amt des Ministerpräsidenten Vorschlägen wird. Italien. Wiedereinführung der Todesstrafe. Die Kammer beschloß, alle Mandate der oppositionell eingestellten Aven tinabgeordneten und der Kommunisten als verfallen zu er klären. Damit hat die Opposition auch der parlamentari schen Form nach ausgehört, zu existieren. Der Gesetzent wurf des Justizministers Rocco über die Wiederein führung der Todesstrafe und über die Einsetzung eines Revolutionstribunals wurde mit 295 gegen 8 Stimmen angenommen. Mussolini wurden in ? der Kammersitzung begeisterte Ovationen dargebracht. Japan. Der japanische Premierminister des Meineids be schuldigt. Nach Blättermeldungen aus Tokio ist gegen den Premierminister Wakatsuki die Beschuldigung erhoben worden, eirren Meineid geleistet zu haben, als er die Be teiligung an gewissen Finanzspekulationen leugnete. Die Angelegenheit habe in politischen Kreisen ungeheures ' Aufsehe n hervorgerufen. Die Anhänger des Premier- s Ministers behaupteten, es handle sich um eine Intrige, nm s den Sturz des Kabinetts vor dem Zusammentritt des Parlaments, am 20. Dezember, herbeizuführen. Aus In- und Ausland. Paris. Venizelos, der in Paris wohnt, hat nach dem j „Quotidien" erklärt, daß er das Portefeuille für auswärtige ' Angelegenheiten, wenn es ihm cmgeboteu würde, ablebnen 39. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) „Wie meinst du das?" Da lachte sie kurz und spöttisch auf — „O Königin, das Leben ist doch schön!" Vor dem Spiegel stehend, ordnete sie ihr Haar, zupfte an ihrem Kleide,' er stand dicht hinter ihr, und sie sah in dem Spiegelglas in ein Paar leidenschaftlich glühende „Ulla, ich könnte dich töten!" stieß er zwischen den Zäh nen hervor Sie lehnte den Kopf gegen seine Brust, von unten her auf schelmisch in seine Augen blickend. „Es wäre doch sehr schade um mich. Meinst du nicht auch? — So, sei jetzt so lieb und lasse mich los! Deine Mutter wird schon warten, und der Tee wird kalt! Der Herr Doktor geht jetzt schön nochmals nach dem Labo. Bis sechs Uhr fünfzehn bleibe ich bei der Frau Kommerzienrat — dann darf er mich heimbegleiten. Genug des grausamen Spiels! Mein Hut, meine Handschuhe —! So, Kuß, Schluß —!" Sielachte ihr girrendes Lachen. „Woran denkst du, mein Teurer? Sorgenfallen auf der Stirn —?" „Besitz kann ja leicht verändert werden! Sagtest du nicht so, Süßeste?" „Möglich! Doch habe ich es wieder vergessen," entgeg nete sie leichthin. „Wäre das dein Ernst, Ulla?" „O, diese feierliche Frage! Wozu —" „Ich frage nochmals: wäre eine — Trennung deiner Ehe möglich?" „Nein!" sagte sie da rasch. „Mein Mann hat mich aus Tiebe geheiratet, und meinetwegen hat er eine ältere Ver- pftlchtung gelöst — es ist unmöglich —" »Ulla, auf dich kommt es in erster Linie an —" „Die Antwort habe ich dir doch längst gegeben! Wäre ich sonst wohl zu dir gekommen — hierher?" fragte sie mit verhaltener Stimme — und dann hatte sie schnell und vorsichtig das Zimmer verlassen. Und er stand noch da und blickte ihr nach, die mit Unruhe und stürmischem Verlangen sein Blut erfüllt, daß er nur an „sie" dachte — er mußte sie besitzen, eher kam er nicht zur Ruhe — und wenn er sie nicht so haben konnte, dann mußte ihr Gatte sie freigeben! Und Doktor Eckardt würde sich nicht sträuben, sobald er erfuhr, daß Ulla ihn nicht mehr liebte. Kein Mann von Charakter hielt eine Frau, die von ihm fortstrebte, einem anderen zu! XIV. Elisabeth Schwarz war nun schon vierzehn Tage Gast bei der Frau Nat Eckardt, und es war beinahe so wie früher — sie hatte die Leitung des kleinen Hauswesens in die Hand genommen, so daß die alte Dame sich um nichts zu kümmern brauchte. Die Kleider, die sie sich bei der Schneiderin bestellt, waren fertig, und sie mußte allmäh lich an die Heimreise denken. Doch als sie davon sprach, war die Frau Nat sehr erschrocken. „Du willst fort, Elisabeth? Nein —" „Ueber Gebühr habe ich deine Gastfreundschaft schon in Anspruch genommen, Tantchen — ich muß mir Vorwürfe machen! Meine Garderobe ist in Ordnung. Morgen schickt die Schneiderin noch das Musselinkleid —" „Ach, Kind, daß du reisen willst, daran habe ich gar nicht mehr gedacht — nun ist meine schöne Zeit wieder vorbei!" Tränen glänzten in den Augen der alten Dame. „Kannst du denn nicht noch ein paar Tage zugeben? Du sagtest doch, daß euer Mädchen ganz gut ist! Außerdem hat dein Bruder doch erst in seinem letzten Briefe geschrie ben, du könntest ohne Sorge um ihn noch ruhig fortbleiben. Bleibe noch ein wenig, Elisabeth! Was soll ich ohne dich anfangen?" Und Elisabeth tat, als ob sie sich noch zum Bleiben überreden ließ; von vornherein hatte sie ja im Ernst noch nicht an eine Abreise gedacht, da sie sah, wie nötig ihre Anwesenheit hier war. «MMN« „Elisabeth, eins mußt du mir noch versprechen," sagte die Rätin, als sie abends im Bett lag und Elisabeth noch für ein paar Minuten bei ihr saß. „Du darfst Werner nicht verlassen —" Elisabeth wurde dunkelrot. „Aber Tantchen, wie kommst du darauf! Er hat doch seine Frau —" Ach Ulla —! Du weißt doch nun, Kind, wie sie ist! Werner ist schon jetzt totunglücklich, und wenn er erst er fährt, was ich weiß " „Er wird es aber nicht erfahren!" sagte Elisabeth ent schieden. „Er darf es nicht —" „Es quält mich so unbeschreiblich," murmelte die alte Dame. „Wenn er wenigstens glücklich mit ihr geworden wäre, müßte ich mich damit abfinden. Aber so — nein, ich komme nicht darüber hinweg " „Ulla kann nicht für das Vergehen ihres Vaters ver antwortlich gemacht werden!" jagte Elisabeth ernst. „Ich tue es ja auch nicht! Aber sie hat Werner be logen, sie hätte ihm die Wahrheit sagen müssen — und ihm dann die Entscheidung überlassen! Du hättest nicht so wie Ulla gehandelt —" ' „Wenn man liebt, Tantchen —! Es ist sehr schwer für Ulla gewesen — und begreiflich! Urteile nicht so hart —" „Elisabeth, willst du es mir nicht versprechen — ich sehe es ja ganz deutlich vor mir: Werner und Ulla sind nicht mehr lange zusammen. Es kann so nicht mehr lange weitergehen in der Ehe er ist dann ganz allein und verlassen, und wenn er dich sucht, stoße ihn nicht zurück!" „Er denkt ja nicht daran, Tantchen! „Du weichst mir aus, Elisabeth —" von einem plötz lichen, sie erschreckenden Gedanken erfaßt, richtete sich die alte Dame im Bett auf — „oder — liebst du einen an deren? Bist du nicht mehr frei?" Elisabeth schüttelte den Kopf, ihr erglühendes Gesicht zur Seite wendend. Ein erleichtertes Ausatmen hob die Brust der alten Dame — „Dann ist's gut, du bist treu —! Du wirst ihm vergeben, was er dir und mir zugefügt. Glaube mir, er hat es längst eingesehen —! Gib mir dein Wort, damit ich ruhig aus der Welt gehen kann!" . (Fortsetzung folgt.)