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Wilsdruffer Tageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, . — . s»r d-n ««»- Ta,. v»,u,,prei»: Bei Atüoluna ia «^.Mstan^ Wochenblatts Wilsdruff «. Umgegend Anzeigenpreis: die8gespalteneRaumzeile20 Goldpfenuig, die LgefpaUcuLAeile der am'.UchenDekM'nrmattjungett 40Golb- pfcnnrg, die R gefpaltene Rekiamezeile im Lexilichen Teile 100 Doldpfennig. Rcchweilungsgedühr 20 Goldpscnnig. Bor geschriebene Ersciretnungs- rage und ^latzvorschriften werde» nach M°,l!ch,«i, Fernsprecher: Vmt Wusorun Nr. ft cerücksuhtigl. «nzei,«- unnahmedisvorm.lOUhr -- — ! Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir Leine Garantie. Jeder Rabattanipruch rriischt, wenu brr Betrag durch «r />«rruno » KlageeingezogenwerdenmutzoderderAuftraggeberinKonkursgerär. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen Da« Wilsdruffer Tageblatt enthält d-c am« chen Bekanntmachungen der Amtshauptrnaunschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats z» Wilsdruff, Forstreniamts Tharandt, Finanzamts Raffe». Nr. 270.— 85-Iahrgang Teiegr.Adr .Amtsblatt Wilsdruff-Dresden Postscheck Dresden 2640 Freitag, den 19 November 1826 Banken und Wirtschaft. Von volkswirtschaftlicher Seite wird uns geschrieben. Sehr zufrieden ist die Ge;cyaftswelt großer wi« kleiner Art durchaus nicht mit der Geldpolitik der deut- schen Banken. Das gilt ebenso von der Reichsbanl wie von den Privatbanken und sonstigen Bankinstituten, die für die Hergabe von Kredit in Frage kommen Jene Zeiten, da der Erzeuger so gut wie gar keinen Kredit er- Hielt, da der „rauhe Wind dieser Kreditzurückhaltung alle Jnflationsbluten vom Baum der deutschen Wirtschaft herabblies, liegen schon weit hinter uns, aber noch immer verfahren die deutschen Banken mit einer Kreditzurück- haltung gegenüber der einheimischen Wirtschaft, die in eurem merkwürdigen Gegensatz steht zu dem Wohlwollen, das bei den deutschen Banken ausländische Kreditforde rungen genießen. Leider liegt den Banken auch viel mehr an ganz großen Finanzierungssachen, wobei man sich sehr ent gegenkommend zeigt, so bei dem Russenkredit, bei dem Zu sammenschluß der Farben- und Chemischen Industrie usw Dem kleineren Gewerbetreibenden, dem Kaufmann gegen über ist man aber häufig von einer Verschlossenheit, die in der Lage des Geldmarktes nicht die geringste Begrün dung findet. Die Banken scheinen entschlossen zu sein, bei diesem Verhalten zu verbleiben; wenigstens erklärte aus der Tagung der rheinischen Industrie in Aachen Lei Direktor vom Schaasfhausenschen Bankverein, daß di; Banken den Kurs ihrer bisherigen Politik nicht ändern würden, sondern die bisherigen Grundsätze als richtig und auch für die Zukunft maßgebend bleiben sollten. Ge wiß wäre eine besinnungslose Hingabe der zur Verfügung stehenden Gelder keineswegs zu billigen. Aber es gibt hierbei doch auch einen mittleren Weg, also ein größeres Entgegenkommen, ohne daß nun gleich das Entstehen einer „Scheinblüte mit inflationistischen Tendenzen" zu be fürchten wäre, wie sich der Direktor des bekannten Bank vereins ausdrückte. Nach den Äußerungen jenes Bankdirektors scheint man nun auch nicht an die Herabsetzung der Zinssätze zu denken. Auch hier wieder eine halbe Wahrheit; gewiß Zwingt teurer Kredit dazu, die Lagerbestünde abzustohen, für diesen Zweck auch die Preise hcrabzusetzen. Du Erfahrungen haben aber gelehrt, daß jeder Betrieb eine derartige Roßkur nicht allzulange aushält, bei den Banken in immer größere Verschuldung gerät und schließlich bankerott werden kann. Wieweit derartige Lagerbeständ« unnötig sind, ihre Abstoßung daher eine vom Wirtschafts standpunkt aus nur zu begrüßende Notwendigkeit ist, dürfte außerordentlich verschieden je nach dem einzelnen Fall sein. Es ist also möglich, daß steigende Zinssätze und fallende Preise Hand in Hand gehen — aber in der Regel werden sie es nicht tun. Es ist unverständlich, daß sich die Ausführungen in der erwähnten Sitzung gegen die Gleich- Zinssätze mit den übrigen Ünkostenkonten wenden Gerade drc Höhe dieser Zinssätze herabzudrüüen, ist ja dem Warenerzeuger gar nicht möglich, während das bei een anderen ltnkosienkonten wohl möglich erscheint. Der Kaufmann und der Fabrikant werden deswegen mit Recht ganz besonders harte Vorwürfe gegen übertriebene Zinsforderungen erheben und diese ebenso in die Produk tionskosten hineinkalkulieren müssen wie alle anderen Arten von Aufwendungen. Ob daher wirklich durch die Zitrspolitik der Banken nun die Gelder immer in die Richtung gelenkt werden, die am besten dem Interesse der deutschen Wirtschaft entspricht, darf man doch wohl etwas bezweifeln. So einfach regelt sich das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage doch nicht, wie das auf eine rein könnte, sondern cs sind gerade recht starke Einflüße am Werke, Wirtschaftsgebiete mit überfließender Kapitalversorgung zu bevorzugen ihnen noch weitere Mittel zuzuleiten, während andere Zweige der Wirtschaft infolge des Kreditmailgels schwer bedroht sind. Es ist in letzter Zeit wiederholt vorgekommen daß besonders große Aktienausgaben bei den Banken eine sehr eifrige Förderung gefunden haben. Hier hatte man soviel Geld Wie man nur brauchte. Gerade bei dem schweren Kamvf den die deutsche Wirtschaft jetzt nach dem Zusam- menbruck des englischen Bergarbeiterstreiks wieder wird führen müßen ist es aber besonders notwendig, daß von de Banken reichlich Geld in den Kreislauf der Wirtschaft hineinaeleftet wird. Es ist ein offenes Geheimnis, daß die Rei'chsbank nicht sehr erfreut »ber die der Nrivalbanken in ihrer Kreditpolitik. Andererseits kann die Reichsbank aber selbst nicht mit der Gllenbogem sreiheit arbeiten, wie sie wohl mochte. f jedenfalls, die deutsche Wirtschaft konnte Uwe Gelobedar am heimischen Kapitalmarkt decken, als daz ne für drestn Zweck nach Amerika wandert, andererseits bas Au Ka no aber eine wohlwollende Aufnahme am deutschen Geic- markt findet. Das dürfte nur geschehen, wenn wir llmr- fluß hätten, aber gerade dies ist ja in keiner Weise der Fan. Die Banken würden zweifellos in ihrem eigenen Interesse handeln, wenn sie auf die Interessen der Wirtschaft eine etwas größere Rücksicht nähmen. Der 8eicftsprZIiäenl in vrescken EinNeihnkg de? neuen ManiMWe. Hindenburg über Erziehung des Ossiziersnachwuchfes. Reichspräsident von Hindenburg hat sich in Beglei tung des Reichswehrministers Dr. Geßler und des Chefs der Heeresleitung, Generals Heye, nach Dresden begeben, um dort die neue I n s a n t e r i e s ch u l e einzu- w e i h e n. Zum Empfang des Reichspräsidenten waren auf dem Neustädter Bahnhof die Spitzen der Staats- und städtischen Behörden erschienen. An Stelle des erkrankten Ministerpräsidenten Heldt begrüßte der Volksbildungs- Minister Dr. Kaiser den Reichspräsidenten namens der sächsischen Negierung. Der Reichspräsident fuhr nach Ent gegennahme der Meldungen des Vorgesetzten der Jnfan- terieschule, Generalmajors von Amsberg, sowie des Wehrkreiskommandokommandeurs, Generals Wöllwarth, der mit seinem Stabe erschienen war, im offenen Auto mit dem Neichswehrmmister Dr. Geßler, von einer zahl reichen Menschenmenge stürmisch begrüßt, durch die Königsbrücker Straße, wo Militärvereine und In nungen Spalier bildeten, nach der G a r n i s o n k i r ch e. Vor der Kirche hatte eine Ehrenkompagnie des 10. In fanterieregiments Aufstellung genommen, deren Front der Reichspräsident abschritt. In der Garnisonkirche fand aus Anlaß der Einweihung der neuen Jnfanterieschule ein kurzer Gottesdienst statt, an dem das Osfizierkorps und die Waffenschüler der Jnfanterieschule sowie Abordnungen der Truppenteile des Standortes Dresden teilnahrnen. Nach dem Gottesdienst nahm der Reichspräsident vor der Garnisonkirche den Vorbeimarsch der dort aus gestellten Truppenteile entgegen und begrüßte die erschie nenen ehemaligen Kriegsteilnehmer. Er begab sich dann ftn Kraftwagen nach dem neuen Gebäude der Jnfanterie schule, wo der Inspekteur des Erzirhungs- und Bildungs- Wesens, Generalmajor von Metzsch, ihn begrüßte. Aus dem Hose hatten die Jnsanterieschülrr in einem offenen Viereck Ausstellung genommen. Der Reichspräsident richtete eine kurze Ansprache an sie, in der er etwa ausführte: Er wolle durch seine Anwesenheit zeigen, welch hohenWerterdsr Erzieh ungdcsOffi- ziers Nachwuchses bsimessc. Ter WafscnsäMer müsse vor allem gehorchen lernen, damit er später zu befehlen verstehe. Er dürfe nicht vergessen, daß ihm in seinen Untergebenen ein kostbares Gut des Vater landes anveriraut sei, das er zu braven, aufrechten deutschen Männern erziehen soll, denn er habe dir Pflicht, Achtung und Kameradschaft zu wahren, die mehr sein müsse als alltägliche Freundschaft, wenn man sie richtig auffasse, wie cr auch im täglichen Leben den rich tigen Ton finden müsse, drn Ton der Ritterlichkeit, frei von üüerhebnng. Die Waffcuschiiler sollen eingedenk sein, daß sie die Tradition der alten Armee zu b e - währen und sortzusetzen haben. Der Reichspräsident schloß mit den Worten: „So eröffne ich denn die Jnsan- terieschule in dem festen Vertrauen, daß sie die Pflege- stätte alter deutscher Soldatentugen den sein möge, dann wird auch dieses Haus dem Vaterlandc uützcn." Nach der Ansprache schritt der Reichspräsident die Front der Jnsauterieschüler ab und nahm die Vorstellung der am Neubau beteiligten Heeresbeamten sowie einer Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretung entgegen Im Anschluß hieran begab sich der Reichspräsident zu dem zu . Erinnerung an die im Weltkrieg gefallenen ehemaligen sächsischen Kadetten errichteten Denkmal, wo sich auch eine Abordnung ehemaliger sächsischer Offiziere eingefunden hatte. Hier legten der Reichspräsident, Reichsminister Dr. Geßler und General Heye einen Kranz nieder. Nach einem Frühstück kehrte der Reichspräsident wieder nach Berlin zurück. " . Ein Zwischenfall. Während der Fahrt des Reichspräsidenten vom Neu städter Bahnhof zur Garnisonkirche ereignete sich ein Zwischenfall. In der Königsbrücker Straße sprang ein Mann auf das Trittbrett des Autos, redete auf den Präsidenten ein und versuchte ihm ein Schreiben zu geben. Er wurde sofort von Polizeibeamten ergriffen, wobei er die Worte murmelte „Ich bin Jesus Christus". Die Polizei untersuchte den Mann auf Waffen, Man sand nichts weiter als ein Buch. Der Verhaftete machte den Eindruck eines Geisteskranken, der cn- scheinend ein Bittgesuch an Hindenburg abgeben wollte. Er ist ein stellungsloser Kellner, der erst kürzlich aus einer Heil- und Pslegeanstalt entlassen worden ist. — Dis Komntunisten versuchten eine Gegenkundgebung gegen den Reichspräsidenten, doch wurde ihr Zug von der Polizei nicht durchgelassen. rr;r IN Europa, vas ver Schauplatz des Krieges und des Nachkriegselendes gewesen sei, in einem engen Einver ständnis von Deutschland, England und Frankreich di« Grundlagen für die Lebensfähigkeit geschaffen seien. Lord d'Äbernon erklärte, daß der europäische Fried« gesichert sei, wenn er auch auf dem Wege der Locarnobe schlüsse. etwas langsamer als bisher vorwärtsschreiten würde. Stresemann, Briand und Chamberlain seien per- sönliche Bürgen dafür, daß der Weg weiter beschritten werde. Er betonte, daß die europäische Friedenspolitik ergänzt werden müsse durch eine gesamteuropäische Wirt schaftspolitik, die die Hindernisse des Handels beseitige, GchwiengkZiim der WmKmg. Lord Cecils „lauwarmer" Optimismu s. "" Im Oberhaus erklärte anläßlich einer Bbrüstunsis- debatte Lord Cecil als Vertreter der Regierung, die wich tigste Frage sei nicht, ob die allgemeine Abrüstung erreicht werden könne, sondern wie sie erreicht werden könne. Unterseeboote und Kriegführung mit chemischen Mitteln müßten vollständig abgeschasst werden. Doch diese Frage zu regeln, sei nicht leicht. Bezüglich der Untersee boote herrsche keine Einstimmigkeit. Die Kommissionen und Unterkommissionen seien zu der Ansicht gelangt, daß eine Haltung des guten Willens von jedermann eingenom men sei. Die Erörterungen hätten gezeigt, daß eine allge meine Abrüstung im Bereiche des Möglichen liege. Es sei Sache der vorbereitenden Abrüstungskommission, an erster Stelle, und für die Völkerbundversammlung an zweiter Stelle, ein definitives Schema zu formulieren. „Daily Chronicle" sagt in einem Leitartikel: Lord Cecil hat in seiner Rede hinsichtlich der Aussichten der Ab rüstungskonferenz einen lauwarmen Optimimus gezeigt. Die Wahrheit ist aber, daß bisher der Kern des Problems mit seinen .Schwierigkeiten u »be rührt geblieben ist. Sie Vorbereitung der Weltwirtschaft-- konserenz. Der Entwurf des Konferenzprogramms. Der in Genf tagende Ausschuß der Weltwirtschafts- konserenz schlägt in seinem dem Völkcrüundrat vorgeleg- tcn Taguugsbericht vor, die Weltwirtschaftskonscrenz auf den 4. Mai 1937 einzuberufen und alle Völkcrbundstaaten und wirtschaftlich bedeutenden Nichtmitglieder zur Teil nahme aufzufordern. , Der Entwurf des Konferenzprogramms umfaßt in seinem ersten Teil die gegenwärtige Wirt schaftslage, die nach den wichtigsten Gesichtspunkten ent sprechend der Auffassung der einzelnen Länder und nach den damit gegebenen Problemen untersucht werden soll, sowie die Ursachen und wirtschaftlichen Strömungen, die auf den Weltfrieden Einfluß haben können. Der zweite Teil ist in drei Kapitel: Handel, Industrie und Landwirtschaft gegliedert und enthält im ersten Kapitel (Handel) folgende Materien: A. Freiheit des Handels; S. Zolltarife und Handelsverträge Hindernisse sür den internationalen Handel; 0. Indirekte Mittel zum Schutz des nationalen Handels und der nationalen Schiffahrt. Das zweite Kapitel (Industrie) weist folgende Gruppen auf: 1. Lage der Hauptindustrien; 2. Charakter der gegenwärtigen Schwierigkeiten in der Industrie und ihre internationalen und kommerziellen Ursachen und ihre Ursachen, soweit sie mit den Verhältnissen der Industrie selbst, mit dem Handel oder mit der Währung Zusammen hängen; 3. Möglichkeit zur Lösung. Lord dWernons Zellmer MW«. Friedensreden in London. Zu Ehren des nach England zurückgekehrten srüheren Botschafters in Berlin, Lord d'Äbernon, fand im Savoy hotel ein Festessen statt, an dem über 200 Gäste, daruntei viele führende Diplomaten, teilnahmen. Lord Reading feierte d'Äbernon als einen weitsichtigen Staatsmann, dei seine Tätigkeit dazu benutzt habe, neue Grundlagen des friedens zu schaffen. d'Äbernon sei einer der Meister, die an der Ewigkeit des Friedens mitgearbeitet haben. Nachdem Botschafter Sthamer in einer Rede hervorgchoben hatte, daß Deutschland d'Äbernon dankbar dafür fern werd-, daß er in den schwierigsten Zeiten der deutschen Wirtschaftsnöte auch als Mensch die deutsch! Mentalität zu verstehen versucht habe, folgte eine Rede von Churchill, der d'Äbernon nicht nur als großen Men schen und einen fähigen Botschafter, sondern vor allem als einen guten Europäer feierte, der erkannt habe, daß der Völkerbund nur von Bestand sein könne, wen« zu