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MsdmfferTageblatt für Mraertum, Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Artzeitzevorris: die8tze1paUeneAsun:zeUr20Gsldpjenmg, die igrlpaltette Aeiie de^ LmUichenBckunnrmachunLen 40Gold pfennig, die 3 gespaltene Nrdlanrezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Äcchweijungsger ühr 20 Goldpfennig. Bor- qeschriebene Erscheinung»- rage und Platzvorschristr« werde» nach Moglichdeir Fernsprecher: Amt Tvllsdruff Nr. b Irrücdsichtigl. Anzügen- annahme di» oorm. IdUhr — - » — Für die Nichtigkeit der durch Fernruf übermittelten Atrzergen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanfpruch erlischt, wenn der Betrog durch Nationale Tageszeitung für die Fandwirtschast, S"l" Tag. Bezugspreis: Ber Abholung in .»ch ... -.-«Md., b-^-stb.^un, «°1.°nVn Wochenblatt für Wilsdruff «. Umgegend -»Lger ««d Geschäftsstellen (Gewalt. Krieg oder ssnstigrx Berrrebsstürungen besteht »rin Anspruch auf Lieferung OeLnngen g;s^s„dnng eingesandter SchriMüche erfolgt nur, wen» Port» oeiliegt. Va^ MUsdr«ffer Tageblatt entbittt die amtlichen Lekanntmachuvaen der «mtshouptmannschaft Meißen, de» Amtsyerichts und Stadtrats ru Wilsdruff, Forftrenlamts Tharandt, Finanzamts Noffen. »> Nr. 254. — 85. Jahrgang. Telegr.-Adr.: .Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck Dresden 2640 Freitag, den 29 Oktober 192« Konfliktsstoff im Reichstag. Von unserem parlamentarischen Mitarbeiter wird uns geschrieben: Verfassungsgemäß hat der Reichstag am ersten Diens tag im November zusammenzutreten; in der nächsten Woche werden demgemäß die Verhandlungen beginne« nach einer Pause, die fast fünf Monate beträgt. > An der innenpolitischen Situation hat sich inzwischen^ vom parteipolitischen Standpunkt aus gesehen, äußerlich nichts geändert. Der Versuch, im Reich eine Große Koalition h e r z u st e l l e n, also die parlamentarische Bau» der Regierung Marx nach links zu erweitern, ist vorläufig ebenso gescheitert wie die Absicht der deutsch nationalen Rechten, sich der Regierung zu nähern, über die preußischen Verhandlungen sind die Koalitionspläne zunächst gestolpert; es wird freilich nicht an sofortigen Be mühungen fehlen, neue Verhandlungen anzuknüpfen, ob wohl die Deutsche Volkspartei der Ansicht ist, daß die Re gierungskoalitionen im Reich und in Preußen ebensowenig notwendig identisch sein müssen, wie sie es bisher waren. Während aber in Preußen die bestehende Weimarer Koalition eine wenn auch nur ganz kleine Mehrheit hat, lst die Regierung Marx im Reich ja eine ausgespro chene Minderheitsrcgierung, kann also über Nacht gestürzt sein, wenn die Gesamtopposition in irgendeiner Frage einmal zusammengeht und dann über die Mehrheit verfügt. Nun ist aber im allgemeinen eine deutsche parlamentarische Opposition — ebenso auf der Rechten wie auf der Linken — nur in sehr seltenen Fällen zu einem solchen Experiment zu haben; der Sturz Dr. Luthers bildet eine Ausnahme und die Drohung mit einer allen Parteien unangenehmen Reichstagsauflösung ist ein starker Trumpfin der Hand der Negierung. Die parlamentarische Entwicklung der nächsten Wochen erst wird auch die parteipolitische Konstellation beein flussen. Diese Entwicklung birgt allerhand Gefahren in sich. Hohenzollernabfindungsgesetz nebst dem bekannten sozial demokratischen Zusatzantrag, der Kampf um die Er werb s l o s e n f ü r s o r g e und um die auswärtige Politik, die Ratifikation des Washingtoner Abkommens über den Achtstundentag und anderes mehr enthält Kon fl ikts stosse genug. Außerdem hat der Reichstags präsident Löbe erklärt, daß er mit der Absicht umgehe, eine grundlegende Änderung der Geschäfts ordnung zu beantragen, weil oder wenn die bisherigen Bestimmungen nicht ausreichen, um derartige Szenen zu verhindern, wie sie sich vor kurzem im Preußischen Land tag abspielten. Der Präsident darf nämlich grobe Unruhe stifter und „schlagfertige" Abgeordnete nur für einen Tag von der Sitzung ausschließen. Bemerkt sei, daß der Vor sitzende der Essener Stadtverordnetenversammlung das Recht Hai, jeden renitenten Stadtverordneten, der auf seine bin de" Saal nicht sofort verläßt, auf acht "" Verlust der Straßenbahnfrei- und der Entschädigungen. Und wenn das noch nicht hilft, dann kann durch einen einfachen Beschluß der Ver sammlung Ausschluß auf die Dauer der Sitzungsperiode erfolgen. Der Grundgedanke Löbes wird wohl von den bürger lichen Parteien gebilligt werden, aber derartige Ände rungen der Geschäftsordnung haben stets zu den erbittert sten parlamentarischen Kämpfen geführt, weil sich die Minderheit immer für „vergewaltigt" erklärte. Da schellt man denn d,e agitatorische Rückwirkung auf gewisse Teile des Volkes. -paß derartige Verschärfungen trotzdem not wendig sind, noch viel notwendiger werden können, muß der vor allem emsehen, der nicht will, daß der Parlamen tarismus sonst m die Gefahr des Selbstmordes gerät. So manches an ihm und seinem Betrieb ist ja noch verbesserungsfähig, und Löbe wies auch auf entsprechende Anregungen hin, die vor allem den« parteipolitischen Leerlauf entgegenwirken, eine strengere Konzentration aus wirkliches Arbeiten herbeiführen wollen. Was hierin ge schehen wird, das wird gleichfalls erst von der Entwicklung der nächsten Wochen abhängen. Keine Verstimmung Amerikas gegen Deutschland Eine offiziöse Auslassung. Associated Preß" meldet aus Washington: In Re- gierünZr^ ist man überrascht über die im Auslände veröffentlichten Nachrichten, daß Amerika gegen Deutsch- land verstimmt sei wegen der geplanten Auflegung von deutschen Eisenbahnbonds und der Bildung des euro päischen Stahlkartells. Das Staatsdepartement und das Schatzamt erklärten, daß die amerikanische Regierung über die beiden Vorschläge nicht befragt worden sei. Vas Weiße Haus gab keine Erklärung av. Das Staatsdepar tement erklärte ausdrücklich, daß es nur durch Prcssenach richten Kenntnis von dem Stahlkartellplan erhalten habe. Das Schatzamt äußerte, es sehe keinen Grund, warum cs über den Trustplan hätte befragt werden sollen. Der Plan einer Auslegung von deutschen Eisenbahubonds sei m England durchkreuzt worden, ehe er der amerikanischen Regierung Vorgelegen habe. In Negi.erungskreisen wird Vie krage der Mlungskontrolle. ZniernalilMle Ltsberwachuns der Röstungen Beschlüsse in Geils. Der gemischte Ausschuß, der von der Vorbereitenden Konferenz für die Abrüstung mit der Prüfung der wirt schaftlichen Seite des Problems beauftragt wurde und der in Paris seit dem 19. Oktober getagt hat, hat seine Arbeiten beendet. Nach der Agentur Havas hat er sich mit folgenden Fragen beschäftigt: > 1. Prüfung der Methoden, die geeignet sind, die An- ' Wendung des Völkerbundstatuts sicherzustellen. Hier werde die Schaffung eines ständigen Organs vorge- schlagcn, das die Ausgabe habe, alles, was die Anwendung des Bölkerbundstatuts betreffe, unter statistischen Gesichts punkten zu sammeln und zu prüfen. Es handle sich um die Frage der Rüstungskontrolle. Hier sei der Ausschuß der Ansicht, daß unter gewissen Vorbehalten eine sogar internationale Überwachung der Rüstungen und der Herstellung von Kriegsmaterial zulässig sei. 3. Prüfung der Möglichkeit, den Rüstungsstand der verschiedenen Staaten durch Vergleichung ihrer militäri schen Ausgaben sestzustellen, sowie Prüfung der allgemei neren Frage einer Beschränkung der Streitkräfte durch eine Beschränkung des Militärbudgets. Der Ausschuß habe die Ansicht vertreten, daß das Studium der Budgets bei der gegenwärtigen Lage nicht als Grundlage für die Rüstungsbeschränkungen dienen könne. Eine Einschrän kung des Budgets würde das Ergebnis von Verein barungen zwischen den kontrahierenden Staaten sein müssen. Doch würde diese Beschränkung nur wirksam sein als Folge der Beschränkrmg der militärischen Elemente, d. h. des Materials und der Mannschaften. 3. Prüfung des Einflusses der wirtschaftlichen Ele mente auf die Rüstungen und auf die Kriegsstärke. Als wirtschaftliche Elemente wurden aufgcführt: die Zahi der Einwohner, die Hilfsquellen an Rohstoffen, Nahrungs mitteln, und sonstigen Produkten. Wichtig seien Umfang und Natur der Verkehrsmittel und schließlich die finan ziellen Mittel eines Landes, von denen die Möglichkeit der Kriegführung abhänge. Der Ausschuß stellt fest, daß mangels einer Organi sierung der Weltwirtschaft eine regionale Organi sation wirksam zur Sicherheit und infolgedessen zur Er leichterung der Abrüstung beitragen könne. Frankreichs Gicherheiien. Der frühere Vorsitzende der Interalliierten Militär- 'ontrollkommission und Mitglied des französischen Obersten Kriegsrats, General Nollet, kam bei einem Frühstück des Englisch-Französischen Frühstücksklnbs in London auch auf die Nüstungsfrage zu sprechen. General Nollet führte hier bei aus: Die Tatsache, daß Nationen sich nicht länger aus Söldnerheere verließen, mache die Bestimmung des Ans- drucks „Abrüstung" schwierig, was durch das, was in Genf stattgefunden habe, bewiesen worden sei. Tatsächlich könne eine Nation nicht länger zur Impotenz verurteilt vetont, daß die Londoner und Pariser Meldungen über ein, amerikanische Verstimmung keinerlei berechtigte Grundlage haben. Es wirb dagegen angedeutet, das hier einige Verstimmung bestand über das kürzliche Be streben der britischen und der französischen Presse, den Ver einigten Staaten die Verantwortung für ein mögliches Scheitern von Vereinbarungen zwischen der deutschen und der sranzösischcn Regierung zuzuschieben. Bayerns Verhalinrs zum Weich. Dr. Held über Staat und Wirtschaft. In der Vollsitzung des Wirtschaftsbeirats der Bayeri schen Volkspartei nahm Ministerpräsident Dr. Held das Wort und erklärte u. a. zur Anschlußfrage, daß auf dem Wege der Wirtschaft der Anschlußgedanke am ehesten ver wirklicht werden könnte. Er gab der Hoffnung Ausdruck, daß die Verbindung zwischen Deutschland und Österreich sich immer inniger gestalten möchte. Dr. Held kam darauf aus das Verhältnis von Staat und Wirtschaft zu sprechen. Er sagte hierbei: Die Wiri sch a f t k a n n n icht der Staat sein, die Staatsidee, der staatspolitische Gedanke geht viel weiter und ergreift alle Stände und Interessen. Die Staatsautori tät mnst die erste Voraussetzung dafür sein, daß jede ein zelne Wirtschaftsgruppr sich zur Geltung b:: "c: Ich würde es begrüßen, wenn gerade vom Wirtschafts- Heirat der Bayerischen Volkspartei im Gegensatz zu man chen Wirtschsftsgruppen im Reiche der Staatsgcdanre an erste Stelle gesetzt würde. Wenn man dir Staatswirt schaft und die Privatwirtschaft glaubt an die Stelle des Staates setzen zu können, dann verfällt alles un rettbar in einen heillosen Materialismus. Wir stehen, jo schloß der Ministerpräsident, in einem schweren Kampfe werden, wenn diese Nation beträchtliche industrielle Hilfs quellen besitze, die rasch die Herstellung von Munition er möglichen, und wenn außerdem diese Nation sowohl quan titativ wie auch aualitativ genügend „Menschenmaterial", wie man es in Deutschland nenne, zur Verfügung habe. Nollet fragte, was Frankreich als Sicherheit habe, und erklärte, es halte weiterhin einen Teil des Rheins besetzt und es sei wohlbekannt, welche Bedeutung die französische öffentliche Meinung dieser Besetzung beimesse. Sie grenze an die entmilitarisierte Zone, die sie isoliere und ihr eine insulare Lage gebe. Aber dieser Schutz könne nur seinen vollen Wert haben, wenn eine Überwachung bestehe. An dererseits sei Frankreich des Vorteils des Garantiepaktes beraubt, der im Falle eines neuen Konfliktes die Streit kräfte Amerikas und Großbritanniens Seite an Seite mit seinen eigenen gestellt hätte. General Nollet gab seinem Optimismus für die Zukunft Ausdruck und schloß dann unter Beifall: „Ich glaube, daß unsere beiden großen Länder weiterhin Hand in Hand gehen werden. Wir müssen das Spiel bis zu seinem Ende spielen, solange der angerichtete Schaden noch nicht wieder gutge macht und wenn das gemeinsame Ziel noch nicht erreicht ist. Interessen und Gefühle verlangen die Freundschaft Frankreichs und Großbritanniens. Jie MemdW WM—Hoesch. Paris, 28. Oktober. Die angekiindigte Unterredung zwi schen Bricnd und dem deutschen Botschafter von Hoesch fand NLchmittegs von 4,30 bis 6 Uhr statt und trug einen i hr in timen Charakter. Obgleich das Resultat der Unterredung als keineswegs sinsetionell zu bezeichnen ist und daß von deutscher Seite ausgegebene Kommunique sich in sehr allgemeinen Redens arten bewegt, docs ihre Bedeutung nicht unterschätzt werden. Tis UnttchZwng wer erneut dem gesamten Fragenkomplex ge widmet, der sich aus den Verhandlungen über eine deulfch- sranMsche Verständigung ergibt. Die Unterredung knüpfte an die Zusammenkunft vom Freitag der letzten Woche an und war ihrer E-esamtdispcsition nach vom deutschen Standpunkt durchaus be- ftftdigrtd. Im Laufe der Unterhaltung wurden von beiden Seiten dir großen Schwierigkeiten nicht verschwiegen, die einer deutsch-französischen Verständigung im. Wege stehen und eine leichte und schnelle Lösung erschweren. Bevor die Stellungnahme der französischen Regierung zur Ratifizierung des Washing toner Schuldenebkommens nicht endgültig seststeht, bevor die Kammer sich nicht zu der auswärtigen und Finanzpolitik der Rr- gÄlung Primäre geäußert hat, werden die deutsch-französischen Verhandlungen stets unter der Unsicherheit der sranzöfischen Preße leiden. Wenn man, wie es im Kommunique heißt, nach Lösungsmöglichkeiten gejucht hat, so sind hierunter anscheinend die jenigen wirtschaftlichen Probleme zu verstehen, die die Basis für die deutsch-französische V rsiändiWnq bilden sollen. Die Vesor-cbong wird Antong nächster Mocks fortgesetzt werden. Der Verlauf der heutigen Unterredung gibt keinerlei Anlaß zu brsvndrrcm Optimismus. Immerhin kann man aber mit Be friedigung feststellen, daß Briand erneut den guten Willen zur Schau getragen hat, der ihn seit den Tagen von Thoiry leitet. nm die Erhaltung unserer Eigenstaatlich keit. In diesem Kampfe kann die Wirtschaft nicht beiseite stehen, und gerade die bayerische Wirtschaft hat ein Lebcns- intcresse daran, in diesem Kampf an der Seite des Bayeri schen Staates zu stehen. Wir gehen nicht gegen ras Reich. Wir in Bayern sind ebensog ute Deutsche als irgend jemand im Norden. Wenn mir »en föderalistischen Gedanken hochhalten, so sind wir uns icwußt, daß wir mindestens ebensogut für das Reichs- sanze sorgen wie andere Leute, welche glauben, diese Zorge in Erbpacht zu haben." Danzigs neue Wsgismng. Neuwahl des Danziger Senats. Im Volkstag ist die neue Danziger Bürgerblockre- gierung gewählt worden. Nach dem Rücktritt der Links koalition haben sich die Deutschnationalen, das Zentrum, die Liberalen und die Beamtengrupps zu einer Regierung zusammengeschlossen, die sich allerdings nur auf die knappe Mehrheit von 62 Stimmen bei 120 Abgeordneten stützt. Zum Vizepräsidenten des neuen Senats wurde der deutsch- nationale Fabrikbesitzer und Landesbaurat a. D. Rispe mit 60 von 66 abgegebenen Stimmen der Koalitionspar- teirn gewählt, sämtliche Oppositionsparteien, also die Danziger Volkspartei, die Sozialdemokraten, die Kom munisten und die Polen, beteiligten sich nicht an der Wahl. Hierauf erfolgte die Wahl der übrigen 13 Senatoren, die ebenfalls etwa 60 Stimmen erhielten; es wurden gewählt: 6 Deutschnationale, 4 Zentrumskandidaten, 2 Liberale und 1 Beamtenvcrtreter.