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Wilsdruffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, «i^P'Aa^ft-iirn Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboteilund>,ris»eA>i-. M»,er »ad »eschLftrst-llen ^7 ' »ehmcn ,u jeder Zeil B-. »eLaagen nilaeaen. I« S»0e h»hrrer Gewalt, «rieg oder sonstwer «crneb-ftörun,en destch: Kela Anspruch auf Laserung irr gettu», »der Kür,ung der D-,u,»preise». — Rü-ks-ndun, eingesandter Schriftstülite crsol,t nur, wenn Porto oeilie,t. für ÄüraertuM/ Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gefpaltcneAaumzeile 20 Goldpfennig, die LgespalteneZeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold pfennig, die 3 gespaltene Beklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Siechweisungsgedühr 20 Goldpfennig. Dor» geschriebene Erscheinung»- läge und Platzvorschriften werden nach Möglichkeir Fernsvrem er: Amt Wllsdruff Nr. p lerücksichtigt. Anzeigen- annahme bis vorm.lOUHr — ' Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch rrlischt, wenn der Betrag durch Klage eiugezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeig cn nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen- Da« Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Weihen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forfirentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr. 242. — 85. Jahrgang. Teiegr-Adr: .Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck Dresden 2640 Freitag, den 15 Oktober 1926 MnmMig 11 41 i Uw vlllllNk"!"' Sie Meter beim VolkSivMaMmmifirr Die Verwendung der Hauszins st euer. Wie von dem Bund Deutscher Mietervereine E. V. (Litz Dresden) mitgeteilt wird, hatten seine Vertreter eine mehrstündige U n t e r r e d u u g m i t M i n i st e r H i r t - fieser und den Sachrefercnten des Vollswohlsahrts Ministeriums wegen der Hirtsicferschcn Neubauvorschläge unter Erhöhu » g dcr Hauszinsstcucr um 30 der Friedensmietc. Die Vertreter der Mieterschaft haben einem erhöhten Wohnungsbau zur Beseitigung von Woh nungsnot und Ärbcttvlosigkeit zugestimmt und auf Wege zur Beschaffung der Mittel hmgcwiesen (Verwendung der ncsamtcn Hauszinsneuer für den Neubau; Erhebuna der Lugend in Gefahr. In der Berliner Polizeiausstellung befindet sich eine Abteilung der „politischen Polizei", die außerordentlich interessantes Material über alle Mittel des politischen Kampfes enthält; dieser Kamps wird ja heutzutage nicht nur mit Wort und Bild und Schrift geführt, sondern all zuost mit „schlagenden" Gründen oder gar mit Schieß- waffen. Man sieht in jener Abteilung also allerhand Waffen nn Kampf dieser Art ausgestellt — das schlimmste daber rst aber, daß sie in der Hauptsache Jugendlichen abgenommen sind — schwere Stöcke mit Eisenspitzen, Schlagringe und Totschläger, Handgranaten und Revolver. Es ist einfach nicht wahr, daß das Männergeschlecht, das rm Feuer des Weltkrieges stand, die Scheu vor dem Leben des Mitmenschen verloren hat, — dieIugend ist es, der! nicht bloß der Knüppel und der Revolver bei derartigen Anlässen sehr lose sitzen. Die Zahl der Vergehen, Ver brechen, ja gräßlichsten Taten von Jugendlichen steigt in innrer drohenderer Weise. In O r a u t e n b u r g mordet in Fünfzehnjähriger, der allerdings über seine Jahre hin- us entwickelt erscheint, in diesen Tagen hemmungslos rej Menschen- Es gelang, ihn in einem Restaurant zu kssen Allzuviel passieren kann diesem Massenmörder ja 'icht, denn die mögliche Höchststrafe von zehn Jahren Ge- ängnis läßt den Fünfundzwanzigjährigen wieder aus /eine Mitmensch^" los. Er ist ein Fürsorgezögling. Die Gerichtsverhandlung erst wird ergeben, wie es möglich war, vaß dieser Knabe zum entsetzlichen Mörder wurde. Ein Engländer hat einmal während des Krieges ge sagt, die verheerende Wirkung der Hungerblockade werde sich Deutschland erst dreißig Jahre nach Friedens schluß deutlich an der körperlichen Verkrüppelung des dann herangewachsenen Geschlechts zeigen. Wohl kaum mit ,-ocht; aber die seelische Verkrüppelung der Jugend ein erschreckend weites Ausmaß erreicht, be- »r fr ' Uch aber durchaus nicht aus die Jugendlichen jener »ilajsen, die nian als die „unteren" bezeichnet. Was die -Abwesenheit des Vaters während des Krieges vielfach begann, vollendete die bittere Notwendigkeit des Geld verdienens in den Notzeiten, die hernach kamen und allzu oft das Familienleben geradezu zersprengten. Falsche Propheten traten auf und verkündeten der Jugend das Recht auf Schrankenlosigkeit, verspotteten alle moralischen und sittlichen Hemmungen — die Folgen sind da. Wir sind stolz, vielleicht allzu stolz auf unsere Jugend pflege; gewiß, sie ist vorbildlich — aber die bange Frage taucht auf, ob wir nicht dabei über dem Körperlichen das Seelische vergessen, vielmehr im Hinblick auf die wach sende Zahl der jugendlichen Straftaten bis zum kalt blütigen Mord hinaus alle Veranlassung haben, darüber gMenklich zu werden, ob wir es wirklich so herrlich weit Geciei" haben, wie wir es uns einbilden. Hart ist die Kamps"»"' ssets wird sie härter werden, erbitterter der seelische Dasein. Da muß der Jugend gerade die wenn -^''dsfähigkeit cingeslößt werden. Aber zu Straßeudemonstrationcn mit- genommen we^>en wem, die Sechzehnjährigen nur noch von vmngen Boxkämpfen reden, wenn ein großer Ver brecher als Held hingestellt, wenn unausgesetzt das Inter esse angefacht wird für Schandtaten wie die eines Schrö der in Magdeburg, der sich als Mittelpunkt der Aufmerk samkeit von Millionen fühlen konnte, dann kann das alles seine Wirkung auf die Jugend nicht verfehlen. Gräßlich ist die Tat des Fünfzehnjährigen in Oranien burg; wir Älteren müssen uns aber an die Brust schlagen, weil wir in dem Kampf des Tages gegeneinander den furchtbar ernsten Sinn des Wortes vergessen, daß, wer die Jugend hat, auch die Zukunft besitzt. Dieses Wort schließt die Pflicht in sich, uns um duffe Zukunft zu sorgen. Oie kriminalistische Welle. In einer Ansprache durch den Rundfunk teilte der Berliner Vizepolizciprastdent Di. Friedensburg mit daß im Jahre 1923, dem Höhepunkt der kriminalisti schen Welle, in Deutschland fast eine Million Personen wegen Verbrechen und Vergehen gegen die Reichsgesetze verurteilt wurden, gegen kaum 600 000 Perionen im Jahre 1912, die dazumal bei einer größeren Bevölkerungszahl abgeurteilt werden mußten. Die Zaft -.er ^urteilten Jugendlichen stiea im gleichen Zeitraum von 55 000 auf 90 000. Die Verhältnisse der VoskrlegszM können noch längst nicht wieder als erreicht gelten. WernMMW der «WWen WeriW Prag, 14. Oktober. In der heutigen Sitzung des Prager Abgeordnetenhauses stellte sich die neue Regierung unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten Svehla vor. Finanzminister Dr. English erstattete zunächst ein Expose zu dem Budgetentwurs. Hierauf gab der Ministerpräsident die Regierungserklärung ab. Er führte u. a. aus, das; Hie parlamentarische Arbeit in der Er ledigung des Budgetentwurfes der Lösung der Steuerreform, der Wehrmachtfrage und der BEibegünstigung bestehen werde. Eine große Aufgabe sei die Lösung der Wirtschaftskrise. Die neue Re gierung bedeute eine erweiterte politische Grundlage des Parla mentarismus in der Tschechoslowakei und sei eine neue bedeu- tunasvolle Etappe in der Entwicklung des Staates. Während die tschechoslowakische Staatskunst aus die Stabilisierung inner- und außerhalb der Grenzen hinwirke, bleibe sie auch bei der Lösung der eigenen Probleme nicht stehen und die Anteilnahme der Ange hörigen aller Schichten der Bevölkerung ohne Unterschied der Nation, Konfession und sozialen Schichtung an dieser Stabili sierung sei der sichere Ausdruck des ehrlichen Willens zur Arbeit. So schlössen sich die arbeitswilligen Elemente heute zu gemein samer Arbeit zur Schaffung eines harmonischen Zusammenlebens in dem durch die Grenzen des tschechoslowakischen Staates und seine hohe Historische Sendung in Mitteleuropa gegebenen Rah men zusammen. Die aus den verschiedenen Volkskulturen ent- fpringeuden Differenzen würden zwar nicht verschwinden, aber es müsse gelingen und sei notwendig, diese Differenzen zu mildern. In dieser Richung werde die Regierung neue Wege einschlagen und sie glaube, daß die Demokratie, die die Lösung des sozialen und kulturellen Kampfes erzielte, auch die Lösung des nationalen Zusammenlebens und die nationale Zusammenarbeit ermöglichen werde. In der ganzen Erklärung wurde die Tatsache der Teil nahme von zwei deutschen Ministern an der neuen Regierung mit besonderen Worten nicht erwähnt. Bor dem Parlament. Prag, 15. Oktober. Das Prager Parlament hatte gestern einen großen Tag. Zum ersten Male seit dem Bestände des Staates sitzen Deutsche in der Ministerbank. Diplomatenlogen und Galerien sind überfüllt. Svehla wir- besonders von den deutsch-tschechischen Parteien begrüßt. Bei der Rede des Mini sterpräsidenten eilten zahlreiche Abgeordnete zur Ministerbank. Die Deutschnationalen machten dauernd scharfe Zwischenrufe. Zum Schluß der Rede Svehlas erhob sich lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. Die Sitzung wird heute forgesetzt. Vie NotwenMgkeit cker Aul- Hebung cken kielsbung. Eigener Fernsprcchdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Kreuznach, 14. Oktober Der Minister für die besetzten Gebiete, Dr. Bell, kam auf seiner Rheinlandreise auch nach Kreuznach, wo er vom Regierungspräsidenten Dr. Brandt im Kurhaus empfangen wurde. Dort fand eine Besprechung unter Zuziehung der politischen Parteien, der Gewerkschaften, der Geist- nchlett M- der wirtschaftlichen Vertretungen statt, in der Bürger meister Fischer die durch die Besatzung geschaffene trostlose Lage Leg Landes und der Stadt Kreuznach darlegte. Die Ausführun gen wurden vom Regierungspräsidenten unterstrichen. Der Mini ster versprach, für Kreuznach eintreten zu wollen. Mit Nachdruck betonte er dabei, daß sich auch in Kreuznach ebenso wie auf seiner Reise in Esten, der Pfalz und Wiesbaden durch alle Be sprechungen wie ein roter Faden der berechtigte Wunsch der rheinischen Bevölkerung nach völliger Beseitigung der Besatzung gezogen habe. Erst nach Beseitigung der Besatzung könne eine wirkiche Befriedigung, die doch alle Staaten wollten, eintreten. Die Reichsregierung habe olle Bemühungen auf die Herbei führung eines sochen Friedens gerichtet. Nach den Verhand lungen in Locarno und nach der Ausnahm-r Deutschlands in den Völkerbund fehle für die Beibehaltung der Besatzung die Be gründung, da in dieser Stunde durch die abgeschlossenen Ver träge jede Garantie zur Ersüllung des Friedensvertrages un dec Deutschland obliegenden Leistungen und für den Fall der Nichterfüllung Vorkehrungen getroffen seien. Noch keine knis-beiäung über sie Stellen- besrtzung beim Wkerbunä Berlin, 14. Oktober. Gegenüber den zahlreichen Mel dungen der letzten Zeit über diplomatische Personalien in Ver bindung mit dem Völkerbunde wir- von zuständiger Stelle Er neut darauf hingewiesen, daß es sich hierbei nur um Kombina ttonen handeln kann, da irgendwelche Bestimmungen diesbezüg lich noch nicht emgetroffen sind und auch in der nächsten Zeit nicht zu erwarten sein dürsten. Keine Auswellung polnischer Arbeiter aus veutlcdlsna Bcrlin, 15. Oktober. Amtlich wird mitgeteilt: Die pol nische Ostagentur bringt Nachrichten über die angebliche Absicht der deutschen Regierung, 80 000 polnische Arbeiter aus Deutsch lon auszuweffen. Diese völlig aus der Luft gegriffene Meldung kann nur bezwecken, die deutsch-polnischen Handelsvertragsver handlungen zu stören. Absichten, polnische Arbeiter auszuweisen, bestehen bei den deutschen maßgebenden Stellen nicht. Wie üb lich, werden auch in diesem Jahre die polnischen Saisonarbeiter noch beendeter Arbeit in ihre Heimat zurückkchren. Es han delt sich hierbei jedoch nicht um behördliche Maßnahmen, sondern um die jahrzchntealtc spontane Wanderbewcgung der Sachsen- gänger. Die amtliche Grotzhandelsiadexziffer vom 13. Oktober 1926 Berlin, 14. Oktober. Die aus den Stichtag des 13. Ok tober berechnete Großhandelsindexziffer des Statistischen Reichs- cmtes ist gegenüber dem 6. Oktober um 0,5 Prozent auf 128,6 ge stiegen. Von den Hauptgruppen haben die Agrarerzeugnisse auf 131,4 angezogen, währen- die Industriostoffe auf 123,2 leicht nach- gegeben haben. Hauszinsstcucr ohne Zwischengewinnc für den Hausbesitz, Wertzuwachssteuer usw.) Diesen Vorschlägen gegenüber verwies der Minister aus die parlamentarische Lage. Die Mietervcrtreter haben auch gesetzliche Garantien dafür ge fordert, daß die Hauszinssteuer der öffentlichen Hand für die Wohnwirtschaft erhalten bleibt und auch künftig nicht französische Fmanzkommission in Verlin. i Unter Führung des Ministerialdirektors Alphand ist eine französische Fmanzkommission in Berlin eingatroffen, um die in Thoiry beschlossenen wirtschaftlichen Verhand lungen zu beginnen. I dem Hausbcsitz als weitere unverdiente Rente zuflicstt. Sie haben eine ausführliche Denkschrift in Aussicht gestellt. Im Preußische» Landtag ist zur Frage der Verbilli gung des Wohnungsbaues folgende Kleine Anfrage ein gebracht worden: „Der Zeitpunkt ist gekommen, wo von den jetzt noch zahlreichen Wohnungsuchenden die Mieten für die zu erbauenden Wohnungen in Anbetracht ihres Ein kommens nicht mehr bezahlt werden können. Da die Preise für Baustoffe, Löhne usw. aller Voraussicht nach nicht zu senken sind, muß der Zinssatz sür auszunehmende Hypotheken, außer der Hauszinssteucrhypothek, ver ringert werden. Dieses kann geschehen, wenn ein Teil des Aufkommens der Hauszinsstcucr dazu verwendet wird, die Zinsen, welche von Geldgebern verlangt werden, so weit aus der Hauszinssteuer zu ersetzen, daß der Preis der neu hergestellten Wohnungen nicht wesentlich über die 100 A Vorkriegsmiete kommt. Die Staatsregiernng wird gefragt, ob sie bereit ist, das Nötige zu veranlassen. 1-6 Milliarden für soziale Zwecke Die Tagung des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Auf der in Nürnberg tagenden Herbstausschußsitzung des Deutschen Gewerkschaftsbundes sprach Reichsarbefts- minister Brauns über die Erfolge der während der letzten Jahre in Deutschland betriebenen Sozialpolitik. Der Minister betonte, daß wir vor gewaltigen Umwäl zungen in der Volkswirtschaft und in der Weltwirtschaft stehen. Im Jahre 1925 sind nach Angabe Dr. Brauns' 1,6 Milliarden für soziale Zwecke ausgegeben worden, während der Gesamtetat des Reiches 7,1 Milliarden betrug.