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MchmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da» Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats z« Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Do» »WMdruff-r Tageblau' erscheint täglich nachm. 8 Uhr sür de» «««» b^Vostbciiellüna »<- D.IchL,„stelle and den «u-g-d-ft-ll-n LMK. im Monat, bei Austeltun, durch die Boten VOMd, "°^°stdn>ellun, » P,"«. SP'kstanftEkn Wochenblatt für Wilsdruff«. Umgegend für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gefpaltene Raumzeile 20 Doldpsennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeilc im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Acchweisungsgedühr 20 Goldpsennig. Vor geschriebene Grscheinungs- tage und Platzvorschriften wcrLni nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. b berücksichtigt. Anzeigen, annahme bis vorm. 10Uhr —- -- — . Für Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder RabaNanfpruch rrlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nr.217. 85 Jahrgang. Tri,gr Adr: .Amtsblatt- W iL« d r uf? - D r L Pd en Postscheck Dresden 26M Donnerstag, 16 September 1926 Einweihung der deutschen Fenster im Genfer Arbeitsamt Gens. Im Internationalen Arbeitsamt sand die Ein weihung der von Deutschland gestifteten Fenster statt, bei welcher Gelegenheit Reichsminister Dr. Stresemann eine >"ede hielt. Französisch-italienische Gegensätze. Im Jahre 1903 erschien im französischen Sozialisten-^ klub in Lausanne ein junger italienischer Maurer, der; wegen seiner politischen Gesinnung hatte flüchten müssen, oor allem aber, um sich dem Militärdienst zu entziehen. Der Führer der geflüchteten italienischen Sozialisten, S e r- cati, verhinderte die Fragen Neugieriger durch den Vorwurf: „Fragt ihn nicht nach all dem Zeug, fragt ihn lieber, ob er Hunger hat." Der Hunger sprach aus den Augen des jungen Maurers — und der ist niemand anders als Mussolini gewesen. Es mutet fast wie ein Witz der Weltgeschichte an, daß es jetzt nach dem Attentat auf den „Duce" zu ziemlich ernsthaften diplomatischen Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und Italien gekommen ist, weil Mussolini ver langt, die Pariser Regierung solle energisch gegen die, antifaschistischen Flüchtlinge aus Italien einschreiten, die namentlich im Süden und Süd osten Frankreichs ein Asyl gesunden haben. Frankreich hat aber erklärt, nicht ein- S" wollen, denn solches Vorgehen würde aufs ""ein viele Jahrzehnte lang geübten französischen Gewohnheitsrecht widersprechen, Mussolini wird also nach wie vor bannt rechnen müssen, daß sich vor den Toren stallens ,emc Gegner sammeln; das Verhältnis freilich zwischen Frankreich und Italien wird durch diese Dinge eine noch weitere Abkühlung erfahren, als es bisher schon geschehen ist. Bei der Maßlosigkeit, mit der namentlich in der italie nischen Zeitungswelt jede Spur des Antifaschismus be kämpft wird, fühlt sich nun wieder Frankreich nicht uner heblich geärgert durch die wilde Zeitungspolemik, die, sicherlich nicht ohne Genehmigung von oben, gegen die Pariser Negierung entfesselt worden ist. Dabei ist es nicht > einmal ein schlechter Witz, wenn der französische Außen minister B r i a n d in seiner Genfer Unterredung mit dem i italienischen Staatssekretär Grandi erklärte, nur bei Angriffen auf den König von Italien könne eine in Frankreich erscheinende italienische Zeitung verboten werden. Aber dem „Duce" Mussolini ist die Sache so ernst, daß er sogar seinen Pariser Botschafter zu Poincarä schickte — allerdings auch ohne jeden Erfolg. Die Freundschaft zwischen den beiden „lateinischen Schwesternationen" und früheren Waffengefährten ist ja schon lange in die Brüche gegangen, seitdem Mussolini als wirkliches Haupt Italiens eine zielbewußte Machtpolitik lm Mittelmeerbecken zu treiben begann und allmählich durch eine ganze Reihe von Bündnissen mit den südost europäischen Staaten der dortigen Vorherrschaft Frank reichs immer gefährlicher wurde. Die Fahrt Mussolinis nach Tripolis beispielsweise war weit mehr als eine Geste, deutete an, daß man den Verlust von Tunis, in dem ja weit mehr Italiener als Franzosen wohnen, immer ^och nicht verschmerzt hat. Andererseits spielen auch die Verschiedenheiten zwischen der staatlich-geistigen s... ^ur beider Völker eine sehr erhebliche Rolle bei die- '^„w^llensatz: auf der einen Seite ein nationalistischer Gnodr» ein Selbstherrschertum von des Volkes der anderen Seite das „Mutterland der Nevo- Der dadurch erzeugte in- stinktlvc (-eg^ den beiden Völkern ist so schroff geworden, daß mancher Italiener in jüngster Zeit deutschen Reisenden gegenüber erklärte, man müsse vereint gegen Frankreich marschieren. Die Rücksichtslosigkeit mit der Mussolini gegen jeden mnerpolitischeu Gegner 'vor geht, ist es aber gerade in der Hauptsache gewesen, die nicht etwa bloß Sozialdemokraten und Kommunisten außer Landes zu gehen zwang, sondern selbst ein so harm loser Liberaler wie der frühere Ministerpräsident Nitti darf es nicht wagen, nach Italien zurückzukehren. Es ist natürlich eine gutgespielte Phantastik italienischer Blätter, wenn sie behaupten, c ie Flüchtlinge vor den Taren Ita liens planten etwa erneu E »fall, um das faschisti che Re gime zu stürzen. Viel zu fest schon ist dieses Regime sun- damentiert. Es wurde wahrscheinlich selbst ein geglücktes Attentat aus Mussolini überstehen. Was man aber wir? lich fürchtet, das ist die allmählich immer stärker und fühl barer werdende antifaschistische Propaganda in Broschüren Flugblättern und Zeitungen, die sich von Frankreich her durch unterirdische Kanäle nach Italien ergießt. Diese Kanäle soll nun die französische Regierung verstopfen. Die schwere Verstimmung zwischen beiden Staaten kann möglicherweise auch in Genf nicht ganz ohne Folgen bleiben, wie sich schon in der eifrigen Unterstützung des spanischen Vorgehens durch Italien gezeigt hat. Aber es ist doch wohl allzu viel Optimismus, wenn gewisse Kreise in Deutschland nun zu einer Ausnutzung dieses Gegen satzes hindrängen, denn Italien wird sich nie bereit er klären, auch nur dem geringsten deutschen Verlangen nach einer milderen Behandlung Südtirols Folge zu leisten. Neue Wege der Zollpolitik. Die Tagung des Großhandels EineRededesNeichs Wirtschaftsmini st er s. Die Tagung des Zentralverbandes des Deutschen Großhandels in Düsseldorf, die am Mittwoch eröffnet wurde, hat Reichswirtschaftsminister Dr. Curtius benutzt, um vor den Vertretern des Großhandels ein Bild über die Lage von Handel und Wirtschaft in Deutschland zu geben. Der Minister beschäftigte sich, nachdem er festge stellt hatte, daß- die erste Welle der Wirtschaftskrise über wunden ist, eingehend mit dem Dawes-Plan, zu dessen Tilgung ja die Wirtschaft in umfangreichem Maße heran gezogen wird. Zu diesem Punkt sagte Dr. Curtius: Die Diskussion über die Grundlagen des Dawes- Planes und seine Ausführbarkeit sind im Ausland im vollen Gang. Im Inland dagegen entspricht di^'Be schäftigung mit diesen Fragen keineswegs der überragen den Bedeutung, die sie für das Schicksal der deutschen Wirtschaft und des deutschen Volkes haben. Ich wünschte eine stärkere Beteiligung der maßgebenden Wirtschafts kreise au rein wirtschaftlichen, leidenschaftslos feststelleil- den Untersuchungen der tatsächlichen Wirkungen des Dawes-Planes in Richtung auf die deutsche Leistungsfähigkeit einerseits, die Aufnahmewilligkeit des Auslandes für die deutschen Leistungen andererseits und; nach vorsichtig abwägender Prüfung der zukünftigen Ent wicklungsmöglichkeiten. Der protektionistische Wettlauf hat, so führte der Minister aus, dem Gedanken dereuropäischenZoll- Union zn neuer, ungeahnter Lebenskraft verhalfen und selbst Kreise in seinen Bann gezogen, die ihm bisher skep tisch gegenübcrstanden. Deutschland wird, wie cs geo graphisch in der Mitte liegt, so auch zwischen diesen beiden Extremen kühl und verständig, unbeirrt von Schlagwor ten und nur von seinen eigenen Interessen geleitet, den rechten Weg suchen müssen. Daß dieser Weg von dem überspannten Protektionismus, der den Kampf aller gegen alle bedeutet und an dessen Ende die Zer trümmerung der europäischen Wirtschaft durch den amerikanischen Wirtschaftskoloß steht, daß dieser Weg vom wirtschaftlichen Nationalismus in der Richtung einer umfassenderen Wirtschaftssolidarität der nächst be troffenen Völker hinzuführen hat, darüber kann man Wohl kaum ein Zweifel sein, auch dann nicht, wenn man das letzte Ziel, das auf diesem Wege liegt, die europäische Zollunion, als eine Utopie ansieht. Trotz mancher mißlichen Erfahrungen glaube ich, daß die Befolgung des Meistbegünstigungs- satzes am ersten geeignet ist, uns dem Ziele näherzv- bringen. Wir müssen jedenfalls am bisherigen System solange festhalten, bis die fehlenden Handelsverträge ab geschlossen sind. Es wird noch eine geraume Zeit dauern, bis wir in der Lage sein werden, wirklich zuverlässig die Ergebnisse unserer bisherigen Handelspolitik zu übersehen. Vor allen Dingen auch ein Urteil darüber zu gewinnen, wie die noch kaum ein Jahr in Kraft befindliche Zolltarifnovelle und das auf dieser Grundlage und auf Grund der letzten Die englische Preise bei Ar. Stresemann. Besetzungs- und Kolonialfragen. Reichsaußenministcr Dr. Stresemann hat aus Anlaß des Austausches und der Nicderlegung der Ratifikations urkunden die in Genf anwesenden Vertreter der englischen Presse empfangen. Die Londoner Zeitungen gebe» über diesen Empfang lange Berichte wieder, aus denen man näheres über Ausführungen und Pläne Dr. Stresemanns erfährt. Der Genfer Berichterstatter der „M oruing P o st" schreibt, Stresemann habe klar erkennen lassen, daß Deutschland eine neue Verteilung von Mandaten oder dic W i c d c r c r/t a t t u n g einiger seiner Kolonien er warte. Der Berichterstatter erwähnt jedoch ebenso wie die übrigen, Stresemann habe hinzugefügt, wann und ob eine Grundlage für ein Vorbringen der kolonialen Ansprüche vorliegen werde, sei von künftigen Entwickelungen ab hängig. Der Genfer Korrespondent des „Daily Chronicle" stellt Stresemanns Erklärungen über den Eiscnpakt in den ^Vordergrund seines Berichtes, der in dem Blatt an erster Stelle veröffentlicht wird. Dem Korrespondenten zufolge besteht in Völkerbundkreisen die weitverbreitete Hoffnung daß die Frage des besetzten Gebietes bald durch Meitige Übereinstimmung geregelt werden wird. In deutschen Delegatlbüstreisen wird, so sagt der Korrespondent, die Hoffnung ausgedriickt, daß die englische Ansicht in dieser Frage bald die Oberhand hüben werde, nämlich die An sicht, daß LocarnoundBesetzungunvereinbar sind und daß, wenn irgendeine Logik in Locarno enthalten ist, dies bedeuten müsse, daß die Grenzen der in Betracht kommenden Länder jetzt so gesichert sind, daß Besatzungs streitkräfte vollkommen unnötig sind. VanoeisveriragsveryauDMngen gewonnene Berrragszou- system, das noch durch die bevorstehenden und schweben den Verhandlungen (Polen, Tschechoslowakei, Frankreich) manche Ausgestaltung erfahren wird, sich auswirkcn. Erst wenn wir über ausreichende und zuverlässige Erfahrungen verfügen werden, werden wir an das eigentliche große Handelsvcrtragswerk, an den Ausbau eines langfristigen und lückenlosen Handelsvcrtragsshstems Her angehen können, zu dem aber vorher noch in dem neuen Zolltrifein brauchbares Instrument geschaffen werden muß. Das Ziel unserer Handelspolitik wird aber bleiben, Nationalwirtschaft und Weltwirtschaft in Einklang zu bringen und mit der Forderung der ersten gleichzeitig der lebten zu dienen. Nach der Rede des Reichswirtschaftsministers sprachen am Vormittag noch Staatssekrtär Dr. Popitz über die Steuerreform, der Stellvertretende Präsident des Reichs verbandes der Deutschen Industrie, Frowein, über das Verhältnis der Industrie zum Großhandel, das geschäfts führende Präsidialmitglied des Deutschen Großhandels, Keinath, M. d. R-, über neue Ausgaben des Großhandels und schließlich Exzellenz Riedl, ehemaliger österreichischer Gesandter in Berlin, über das Thema Handelspolitik und Handelsverträge. Gegen die Sozialisierung. Die in Essen tagende Zentralausschußsitzung des Deutschen Großhandels beschäftigte sich eingehend mit der Frage der „sogenannten kalten oder stillen Soziali sierung". Mit diesem Begriff wurden die Versuche be zeichnet, die auf ein Eindringen des Staates oder der Kommunen in die Privatwirtschaft abzielen. Als Mittel zur Bekämpfung der „kalten" Soziali sierung wurde eine genaue Abgrenzung der Aufgaben von Staats- und Kommunalverwaltungen auf privatwirtschaft lichem und öffentlich-rechtlichem Gebiete sowie die Beseiti gung jeder Steuerbefreiung für Betriebe der öffentlichen Hand gefordert. * Entschließungen des Deutschen Großhandels. Düsseldorf. Am Schluß seiner Verhandlungen faßte der Zcntrnlverband des Deutschen Großhandels eine längere Entschließung, in der es u. a heißt: Trotz des dankenswerten Versuches des Reichsfiuanzministers ist eine wesentliche Milde rung der gesamten steuerlichen Belastung noch immer nicht er reicht. Die von der Reichsregierung angekündigte Herabsetzung der Ausgaben mutz unverzüglich, und zwar in weitestem Umfange, erfolgen. In der Zoll- und Handelspolitik müssen alle Handels hemmnisse beseitigt werden. Im deutschen wie auch im Welt- wirtschastsinlercsse mutz sobald wie möglich der Kreis der Handelsverträge aus Grundlage sowohl der Meistbegünsti gung wie umfangreicher Zollbindungcn und -ermätziguu- gcn geschlossen werden. In der sozialen Fürsorge, in der auch der Großhandel ein Ruhmesblatt des Deutschen Reiches ist, darf nicht durch übermäßige Belastung der Bestand der Wirt schaft selbst in Frage gestellt werden. Die Absicht der Reichs regierung, in die Bestimmungen über die Regelung der Ar beitszeit auch den Großhandel einzubeziehen, ist unannehmbar. Die Vollversammlung des Völkerbundes beschäftigt sich noch immer mit der Beratung der Frage der Nals- resorm. Sie nahm am Mittwoch den Bericht des Bundes rats Motta über die Beratungen der juristischen Kom mission betreffend die Frage einer Wahlordnung sürdie MiLgljeder im Völkerbundrat, Festlegung der Dauer der Mitgliedschaft beim Völkerbundrat und 'Xe Frage der Wiederwühlbarkeft der Ratsmitglieder entgegen. Bun desrat Motta führte unter anderem aus: Die Kommission hat den Entwurf der Studienkommission für eine Reor ganisation des Völkerbuudrates ihren Arbeiten zugrunde gelegt und alle in jenem Entwurf enthaltenen Grundsätze auch in die nunmehr neue Vorlage ausgenommen. Es handelt sich um ein K o m p r o m i ß, durch das die Völ - " krise g e l ö st werden sollte. Rach jahrelan gen Bemühungen ist es gelungen, grundsätzlich einen ^urnus in bezug aus die Besetzung der Ratssitze einzu- fuhren. Von diesem Grundsätze kann ausnahmweise dann Abstand genommen werden, wenn es sich darum handelt, Mächten, deren Mitarbeit im Interesse des Friedens be sonders erforderlich ist, auf längere Dauer Sitze zu gc' währen. Die Wah! der nichtständigen Ratsmitglieder soll am Donnerstag erfolgen. VerschiMiüg der entscheidenden Verhand lungen über Vie Rückwirkungen auf später Genf, 15. September. Von Delegation zu Delegation sind in den letzten Tagen durch Sachverständige und andere Delega- tivnsmitglieder die Verhandlungen über den gesamten Fragen komplex, der Deutschland und Frankreich berührt, weiter fort gesetzt worden. Man erwartet für Ende dieser Woche eine ab schließende und klärende Aussprache in Genf zwischen den bei-