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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da« „Wilsdruffer Tageblatt- erscheint täglich nachm. 5 Uhr für den genv Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2MK. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mk., bei Postbestellung » Mk. zuzüglich Abtrag- gebühr. Einzelnummern 18Pfg. AllePostanftalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend PoftbotenundunsereAus- träger und Geschäftsstellen - - — - nehmen zu jeder Zeit Be- Uellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für LüraertuM/ Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die ^gespaltene Raumzelle 20 Goldpfcnnig, die e gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold- psennig, die3gespaltene Reklamezeile im textlichen reile 100 Goldpfennig. Aachweisungsgedühr 20Goldpjennig. Bor. geschriedeneGrscheinungs- läge und Platzvorschriften werden nach MSglichdei! Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. b dceücksichligl. Anzeigen, annahme dis oonn.lUUHr — — U File di- Richtigkeit der durch Fern ras übermittelten Anzeigen übernehmen wir kein- Garantie. Jeder Rabatianjpruch erlischt, wenn der Betrag durch Klageeingczogen werben muß oderder Austraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen all-Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr.207. — 85 Jahrgaug. rel.gr .Adr : .Amtsblatt- Wilsdruff-Dresde« Postscheck Dresden 2610 Sonnabend, den 4 September 1926 Wettläufe. Im Geschwindschritt, mit Siebenmeilenstiefeln croberi sich derSport die ganze Welt. Das kleine amerikanisch, Mädel aus Schwabenland hat durch recht und schlecht go rechnet gute acht Tage so ziemlich allen Leuten etwas di, Köpfe verdreht, bis der wackere Kölner V i e r k ö t t e r ihi den Rang ablief und nun dafür seinerseits als Rekord brecher im Wettschwimmen durch und über den Ärmel kanal sozusagen für den ganzen Erdkreis den Helden de, Tages abgibt. Reben diesen Leistungen können die Champions des Völkerbundes sich noch so sehr anstrengen, uw die Aufmerksamkeit der Menschheit wieder einmal aus di, schicksalbedeutenden Rats- und Vollsitzungen ihrer Beauf tragten in Genf hinzulenken. Es will ihnen nicht so recht gelingen. Man hat die Genfer Sache nun auch schon zu oft erlebt, weiß im voraus, daß es dort furchtbar um ständlich und langwierig zugehen und daß zum Schluß alles so ungefähr bleiben wird, wie es bisher gewesen ist. Gleichviel, ob D c u t s ch l a n d diesmal ohne jede Störung in den Bund der Rationen hineingehen oder ob es vv-h einige Aufenthalte geben wird oder nicht, dac r^eilfchen und Intrigieren, das Beargwöhnen und Be neiden des einen gegen den andern hat unter dem Zepter des Völkerbundes nicht viel weniger Unfug gestiftet als zr der Zeit, da wir ihn noch nicht hatten, nnd der Hinzutriü Deutschlands wird an dieser unglückseligen Veranlagung der Menschennatur voraussichtlich auch nichts ändern können. Man muß sogar damit rechnen, daß der Eifer jene, Friedensfreunde, die uns bisher schon sehr Vie! zu schaffen machten, weil sie jede Trübung des Einvernehmens unter den Völkern auf Deutschland und immer nur auf Deutsch, land zurücksührten, in Zukunft sich dieses Treibens nichi entwöhnen werden. Wir sind nun einmal nicht beliebt ir den Amtsstuben und den Beratungszimmern, in denen internationale Politik nnd — internationale Geschäfte be trieben werden. Wenn wir uns jetzt auch in Genf als Gleichberechtigte niederlassen, werden wir die Eifersuch gewisser Kreise wahrscheinlich sehr bald in den verschieden- sten Winkel der Welt zu spüren bekommen. Aber nichts- destoweniger: wir müssen hinein in den Strom und sehen wieweit wir es im Wettschwimmen mit den preisgekrönter Größen des Völkerbundes bringen können. Herr Vier- kötter soll unseren Genfer Delegierten und Vertrauens männern dabei ein leuchtendes Vorbild sein! * Neidlos wollen wir dagegen den jetzt auf der inter nationalen Konkurrenz um ständige und nichtständige Sitze im Völkerbundrat nicht ganz zum Ziele gelangten Polen auf anderen Gebieten die Siegespalme über lassen. Wir haben in Deutschland einmal einen Haupt- mann von Köpenick gehabt, der einen harmlosen Vorortbürgermeister mit ausgeborgten Soldaten über listen konnte, und die ganze Welt hat sich über seinen Gaunerstreich königlich amüsiert. In Polen hält man sich mit solchen kleinen und vereinzelten Streichen gegen die öffentlichen Gewalten nicht auf. Da ist es die Polizei, die bewaffnete und uniformierte Polizei, die den Spitzbuben des Landes, den Wegelagerern und Beutemachern zu Hilfe kommt und sich mit ihnen, auf Kosten des Staates und seiner Bürger, bereichert, wo immer sich dazu Gelegenheit bietet. Ganz ungescheut sagt man bereits einigen maß gebenden Polizeileuten in der polnischen Landeshaupt stadt öffentlich nach, daß sie m i t V e r b r e ch e r n u n t e r einer Decke st ecken. * Wenil es nur das alte oder nur das eigentliche Polen wäre, das mit solchen herrlichen Künsten nähere Bekannt schäft zu machen hatte, wir Deutschen könnten mit Ge lassenheit den Dingen ihren Lauf lassen. Aber was sick jetzt so an derWcichsel an Gewalttätigkeit aller Art eiw nistet, fällt auch sehr bald unseren Brüdern an dei Warthe und an dec Oder auf die Nerven — und mehr als auf die Nerven. In Oberschlesien werden deutsche Ärzte systematisch vertrieben und durch polnische Kräfte ersetzt. Die K r a n k e n k a s s e n dürfen nicht mehr deutsche - Medikamente verwenden, sondern müssen polnische Er zeugnisse abgeben, deren minderwertige Eigenschaften voll vielen unzweifelhaft sachverständigen Beurteilern nachge- wiesen sind. Es paßt zum Ganzen, daß sogar den Apo > thekern bei Strafe der Entziehung ihrer Praxis ver boten wird, Medikamente deutschen Ursprungs zu ver kaufen. Auf direkte Verstöße gegen die Genfer Verpflich tungen kommt es dabei nicht im geringsten an. Der Völker bund ist weit — und auch wo er es gut und gerecht meint, verfügt er doch nicht über die erforderliche Amtsgewalt, um seinem Willen den gehörigen Nachdruck zu verleihen. Dr. Sv. Amerikanisch-Chinesischer Zwischenfall Newyork. Wie aus Hongkong gemeldet wird, ist das amerikanische Kanonenboot „Sacramento" zwischen Kanton und Hongkong von Kuomintinganhängern beschossen worden. 7-as Kriegsschiff erhielt mehrere Treffer. In amerikanischen «kreisen glaubt man, diesen Vorfall nicht der Kantonregicrung '^bst zur Last legen zu können, da sie gegenüber den aus dem <ande umherziehenden Streikenden ziemlich machtlos ist. ! Spanien in Senk endgültig abgelehnt. Am für SeuWand rin Sitz. Endlich hat man sich in Genf zu einem bestimmten, Entschluß durchgerungen, nachdem die Verhandlungen über die Vorschläge der Studienkommission den ganzen Mittwoch und Donnerstag resultatlos geblieben waren und es Donnerstag sogar zu heftigen Hin- und Herreden gekommen war. Spanien hatte eine deutliche und unzwei felhafte Ablehnung seiner Ansprüche auf einen ständigen Sitz im Völkerbundrat verlangt. Die Studieukommission faßte am Freitag nach erneuter kurzer Beratung folgen den Beschluß: „Aus den Erklärungen der übrigen Ratsmitglieder s (abgesehen von Polen und China) ergab sich, daß die Mit- i glieder der Kommission trotz des lebhaften Wunsches ihrer s Regierungen außerstande waren, in erhöhtem Maße den i Rechten und Wünschen Spaniens Rechnung zu tragen, nnd daß sie daher dem Völkerbundrat keine weiteren ständigen Sitze Vorschlägen könnten als wiederum den, den nach einstimmigem Wu nsche Deutsch land erhalten soll. Aus diesen Gründen nnd zu ihrem größten Bedauern kann die Kommission dem Rat die Annahme des spanischen Gesuches nicht empfehlen. Der deutsche Vertreter wünscht, sich der Stimme zu ent halten, schließt sich aber der allgemeinen Sympathiekund gebung für Spanien an. Der Vertreter Spaniens danktj für diese Kundgebung, berichtet seiner Regierung und hält seine Forderung aufrecht." Vor dieser Formulierung war in besonderer Sitzung von Lord Cecil, Briand nnd dem Vorsitzenden Motta eine Resolution Cecils angenommen worden, in der die Mit glieder der Kommission für die Zusammensetzung des Rates vor dem Auseinandergehen ihren spanischen Kol legen bitten, seiner Regierung ihre ernstliche Hoffnung zu übermitteln, daß sie die Anstrengungen in wohlwollende Erwägung ziehen möchte, die gemacht worden sind, um so weit als unter den vorliegenden Umständen irgend möglich die Wünsche der spanischen Negierung zu erfüllen. Es wird dann aufgezählt, was alles für Spanien geschehen sei. Präsident Motta hielt die Schlußrede in der Haupt sitzung und drückte dabei noch einmal die Hoffnung aus, daß sich Spanien nicht aus dem Völkerbunde zurückziehen und nicht einmal seine Mitarbeit einstellen werde. Deutschlands Delegierte. In der Berliner Kabinettssitzung wurden als Deutsch lands Hauptdelegierte bei der Völkerbundratsitzung die Herren Reichsautzenministcr Dr. Stresemann. Staatssekre tär v. Schubert und Ministerialdirektor Dr. GauS ernannt. Die Delegation wird ferner die Reichstagsabgeordneten Graf Bernstorff, Dr. Breitscheid, Dr. Kaas und Frhr. von Rhein haben, die Staatssekretäre Dr. Pünder und Weis mann, die Ministerialdirektoren Dr. Kiep und Dr. Schäffer sowie Sachverständige aus verschiedenen Ministerien umfassen. Der juristische Sachverständige des deutschen Auswär tigen Amtes, Ministerialdirektor Dr. Gaus, hat Genf verlassen. Er trifft Sonnabend in Berlin ein. Bot schafter v. Hoesch begibt sich nach telegraphischer Be richterstattung nach Chamonix, von wo er nach einem kurzen Ferienaufenthalt nach Paris zurückkehren wird. Auf der Tagesordnung der öffentlichen Sitzung des Völkerbundrates am Freitag standen die Memeler Frage und der Bericht des Prüfungsausschusses für die Zusam mensetzung des Nates. Die Saardelegation unter Führung von Kommerzien rat Röchling und Rechtsanwalt Levacher ist in Genf ein- getrofsen. Stresemann über Gens. Die Turiner „Gazzetta del Popolo" veröffentlicht eine Unterredung, die der deutsche Reichsminister des Äußern Dr. Stresemann ihrem Berliner Korrespondenten Prof. Senatra gewährt hat. Der Minister erklärt darin auf die Frage, ob nunmehr alle Schwierigkeiten bezüglich des Ein tritts Deutschlands in den Völkerbund als behoben be trachtet werden könnten, daß zwar die Erfahrungen der Märztagung die Möglichkeiten des Unerwarteten in sich bergen, daß man aber nach der derzeitigen Lage den Ein - trittalssicher annehmen könne. über die Eupen-Malmedy-Frage erklärte Dr. Stresemann dem Korrespondenten, daß es sich bei dem materiellen Objekt dieser inoffiziellen Verhand lungen um eine Summe gehandelt habe, die etwa den zehnten Teil der von amerikanischer Seite genannten 1(4 Milliarden ausmachte, und daß auch sie nicht von Reichs wegcy, sondern etwa als eine Besrciungsanleihe im Rheinland privat Hütte aufgebracht werden müssen. Schließlich berührte der Minister auf eine Frage das Kolonialprobleme, das gleichermaßen Deutschland und Italien interessiere. Er unterstrich dabei, daß es in dieser Frage nur eine einheitliche öffentliche Meinung in Deutschland gebe, und daß man mit Bezug auf sie dem deutschen Volke auf das bitterste Unrecht getan habe. Eingreifen des Papstes bei Spanien? Wie aus Nom gemeldet wird, soll der Papst eine längere Unterredung mit dem Madrider Nuntius, Mon signore Tedeschi, gehabt haben, in deren Verlauf der Papst den Nuntius gebeten habe, sich sofort nach Madrid zu begeben und dem König und Primo de Rivera zu erklä ren, daß der Vatikan im Interesse des europäischen Frie dens der Ansicht sei, Spanien müsse seinen Platz im Völ kerbund behalten und dürfe sich nicht von den Arbeiten des Völkerbundes zurückziehen. — Deutschlands Mlerbundeintritt lü. September. Gens. Die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund, die eingehend durch die Herren von Hoesch und Briand er örtert morden ist, ist für Freitag, den 10. September, vorge sehen. Die Aufnahme Deutschlands als ständiges Ratsmit- glicd soll sich der Aufnahme in den Völkerbund unmittelbar anschließen und somit bereits am Freitag abend oder am Sonnabend vormittag erfolgen. Neue Schwierigkeiten? Eigener Fernsprechbienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Genf, 4. September. In den späten Abendstunden ver dichtete sich das Gerücht, daß die schwedische Regierung im Falle des Austritts Spaniens aus dem Völkerbünde ernstlich in Erwä gung zieht, ihre Zustimmung zu dem von der Studienkommission ausgearbeiteten Projekt zurückzuziehen. Wie erinnerlich, hatte es sich diesen Schritt für den Fall Vorbehalten, -aß der Bericht keine Lösung in der Ratssrage mit sich bringen und nicht einstimmig an genommen würde. Von schwedischer Seite verhält man sich die sem Gerücht gegenüber reserviert, ohne es jedoch energisch zu de mentieren. AO meMmfche Bergleute eingeMffm. Neuyork, 4. September. Wie aus Fort Smith gemeldet wird, sind infolge einer Explosion in einem dortigen Bergwerk 200 Bergleute eingeschlossen. 2üü Mionen Bark Reparations zahlungen weniger. Drittes und viertes Dawes-Jahr. Rach dem Sachverständigenplan und dem Londoner Schlußprotokoll hätte Deutschland für das dritte und vierte Reparationsjahr je 250 Millionen zusätzliche Zahlungen zu leisten, wenn die verpfändeten Einnahmen — woran nach der bisherigen Entwicklung nicht zu zweifeln ist — eine gewisse Summe überschreiten. Diese beiden sogenannten „kleinen Besserungsscheine" im Gesamtbetrag von 500 Millionen waren infolge der daraus sich ergebenden Belastungen des deutschen Budgets und der deutschen Wirtschaft Gegenstand ernster Sorge für die Reichsregierung. Zwischen dem Reichsfinanzminister und dem durch die Reparationskommission hierzu bevollmächtigten Ge neralagenten ist nunmehr ein Abkommen getroffen worden, welches an Stelle der zu leistenden 500 Millionen Mark eine Summe von 300 Millionen setzt. Gleichzeitig ist, um eine erhöhte Liquidität der Ncichskasse zu erzielen, mit dem Kommissar für die verpfändeten Einnahmen ein Parallelabkommcn abgeschlossen worden, nach welchcin der Kommissar die verpfändeten Einnahmen, die bisher zu seinen Gunsten jeweils sechs Wochen lang gesperrt waren, unmittelbar sreigibt, nachdem er die zur Erfüllung der Haushaltszahlungen Deutschlands notwendigen monat lichen Summen erhoben hat. Finanziell bringen die beiden Abkommen für die Neichsfinanzverwaltung eine wesentliche Erleichterung des deutschen Haushalts. Es werden durch das Abkommen mit dem Generalagenten haushaltsmäßig gespart im Etatsjahr 1926/27 37,8 Millionen Goldmark, im Etatsjahr 1927/28 58 Millionen und im Etatsjahr 1928/29 104,2 Millionen Goldmark. Die an Stelle von 500 Millionen zu zahlenden 300 Millionen sollen überdies für Sach lieferungen verwendet werden, wodurch das Arbeits- beschafsungsprogramm der Reichsregierung eine sehr wich tige Erweiterung, erführt. Der MasseumörderUBöttcher. Berlin. Das Verhör des Mörders der Gräfin Mar garete von Lambsdorff, des 25 jährigen Arbeiters Karl Bött cher, hat eine sensationelle Wendung genommen. Der gefähr liche Geselle, der nach so langem Suchen in dir Hönde der Polizei geraten ist, hat gestanden, am 8. Juni v. Js. die zehnjährige Schülerin Senta Eckert in einem Kornfeld zwischen Blankenburg und Karow ermordet zu haben.