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Schaden wird auf drei Millionen Kronen geschätzt. Eine Hilfsaktion ist bereits eingeleitet. Ruhrepidemie in Polnisch-Oberschlesicn. Nach einer Meldung aus Kattowitz sind in verschiedenen Ortschaften scr Kreise Pleß und Rhbnik Ruhrerkrankungen eingetreten. Im Dorfe Bojscow im Kreise Pleß sind nach dieser Mel dung über 900 Personen erkrankt. 38 Kinder sollen bereits gestorben sein. Außer den Ruhrerkrau- kungen wurden Choleraverdächtige gemeldet. Ebenso nimmt das Scharlachfieber bedeutend an Umfang zu. Priestermorde in der Slowakei. Wie aus Prag ge meldet wird, wurden in den letzten Tagen zwei Priester in der Slowakei von Räubern ermordet. Der erste Fall ereignete sich in der Gemeinde Valsa, wo der katholische Priester Johann Magyar in der Nacht von Räubern über fallen und erschlagen wurde. Das zweite Opfer derselben Räuberbande ist der Pfarrer der Gemeinde Udva, Dr. Stephan Heszek, der ebenfalls ermordet und beraubt wurde. Von den Tätern fehlt jede Spur. Ein Schleppdampfer auf der Maas gesunken. Bei Amsterdam ist auf der Maas der Schleppdampfer „Minerva" von L. Smith u. Co., Internationaler Schleppdienst, gesunken. Der Kapitän und zwei Matrosen sind ums Leben gekommen. Ungeheure Hitze in Spanien. — 55 Grad im Schat ten. In Spanien herrscht gegenwärtig eine gewaltige Hitzewelle. In Sevilla zeigt das Thermometer 55 Grad Celsius in der Sonne und 43 Grad im Schatten. In Madrid war die Hitze noch größer. Man zählte 57 Grad in der Sonne und 55 Grad im Schatten. Es sind zahlreiche Todesfälle infolge Hitzschlags zu ver zeichnen. ' Zusammenstoß zwischen Zug und Autobus. Aus Carlisle in England wird berichtet: Bei einem Zusam menstoß zwischen einem Expreßzug und einem Autobus bei Naworth wurden neun Personen getötet und sieben andere verletzt. Bunte Tageschronik Halle. Der frühere Siadtbankdirekior Berger, der die Stadt Halle durch leichtfertige Kreditgewährung um mehrere Millionen Mark geschädigt hat, ist aus Anordnung der Staatsanwaltschaft von der Kriminalpolizei in seiner Wohnung verhaftet worden. Nordhausen. Auf Anordnung der Regicrnug zu Erfurt sind infolge der K i n d c r lä h m n u g s e p id c m i e die vier unteren Klassen in allen Nordhäuser Schulen geschlossen worden. Regensburg. In Regensburg geriet ein Vater, dessen Tochter sich ohne sein Wissen einen Bubikopf schneiden ließ, in derartige Wut, daß er dem Mädchen schwere Verletzungen beiürachte. Die Verwundete mußte ins Krankenhaus gebracht werden. Innsbruck. Von dem Dorfe Ried im Pitztal, das aus 19 Häusern besteht, sind 15 Häuser u i e d e r g e b r a n n t. Der Braud ist ans die Unvorsichtigkeit eines Alkoholikers zurück- »usühren, der mit verbrannt ist. Paris. In Vienne sind dieBacker in den Streik getreten. Tie städtischen Behörden haben sich wegen der Browersorgung de: Bevölkerung an die Militärbehörden gewandt. Newhork. Nach einem Telegramm aus Washington ist deutscherseits die Auslieferung des Schwindlers, der sich als „F r i e d r i ch v o n K r u p p" ausgab und unter diesem Namen eine große Schwindelreise durch die Vereinigten Staaten unter nahm, beantragt worden. SietMSers Kanarsisg. Schwierige Landung. Alle Londoner Blätter berichten mehr oder weniger ausführlich über die hervorragende Schwimmleistung Vierkötters. Da der deutsche Schwimmer kurz nach seiner Landung an der englischen Küste bereits wieder mit dem Dampfboot nach Boulogne zurückfuhr, ist es nur einigen Zeitungen gelungen, sich eine Photographie von ihm zu besorgen. Etwa 200 Meter vor dem Ziel hatte Vier kötter mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, da Ebbe einsetzte. Als der Schwimmer, so berichtet der Korporal Long von den an der Küste stationierten Füsilieren, sich der Küste näherte, war das Wasser sehr niedrig und über all waren Felsen unter dem Wasserspiegel sichtbar. Un glücklicherweise geriet Vierkötter auf diese Welsen und 10a sich scharfe Schnittwunden, vor allem an den Füßen zu. Nachdem der Schwimmer von den Wellen mehrere Male wieder in die See zurückgeworfen worden war, gelang es ihm schließlich, auf Händen und Knien mehrere Meter nach der Küste zu kriechen. Man gab ihm etwas Rum zu trinken und einige rohe Eier; als er sich etwas erholt hatte, verlangte er eine Zigarette, die er auf dem Rücken an der Küste liegend zufrieden rauchte. Vierkötter traf an Bord seines Begleitschiffes in Ca lais ein, wo ihm Vertreter der städtischen Behörden ihre Glückwünsche darbrachten und einen Blumenstrauß über reichten. Er wurde im Hause eines Sportfreundes in Anwesenheit zahlreicher anderer Sportsleute bewirtet. Er begab sich dann in einem Auto nach Sangatte, wo er Wohnung genommen hat. Gertrud Edsrles Herausforderung. Gertrud Ederle kabelte Hans Vierkötter die herz lichsten Glückwünsche zu seinem Weltrekord und forderte ihn zu einem Wettkampf im nächsten Jahre heraus, wo sie dann den Weltrekord für ihr Geschlecht und ihr Hei matland zurückerobern wolle. Eine weitere Meldung aus Newyork besagt: Gertrud Ederle ist von einem Nerven zusammenbruch bedroht, weniger durch die Folgen der Anstrengung bei der Kanaldurchschwimmung als durch die Popularität bei den Newyorkern. Ihre Wohnung wird ständig von vier Polizisten bewacht, Die neue preaeSSrücke- die dieser Tage unter großer Beteiligung der Bevöl kerung im Beisein der Spitzen der Behörden bei K S n i g s b e r g i. Pr. dem Verkehr übergeben wurde und eine der ansehnlichsten Mußüberführungen des ganzen Gebietes ist. Spiel und Sport. Zur ADAC.-Reichsfahrt sind insgesamt 80 Touren- l and 34 Sportwagen gestartet. Bemerkenswert ist die j Teilnahme der Fabrikmannschaften. Stöwer und Fiat s beteiligen sich hier mit je zwei, Hanomag, Vrennabor, s Hansa und Presto treten mit je einer Mannschaft an. i ünter den Teilnehmern befinden sich fünf Damen. Beginn der Vundespokalspiele. Am 10. Oktober steigt s ne Vorrunde um den Fußballbundespokal. Es spielen: s in Köln Nord gegen West, in Stettin Berlin gegen Balten- s oenband und in Breslau Süd gegen Südost. Mittel- ; veutschland ist spielfrei. Neue Tnmrnschminnnrckorde. In Königsberg in ' Preußen wurden einige neue deutsche Dameuschwimm- : rekoröe ausgestellt. Frl. Leskien schwamm die 500-Meter- ! Freistil in 9 : !1, die 800 Meter in 16 :55 und die 1000 - Meter in 20:02,8 Minuten. Bisher wurden Rekorde über diese Strecken allerdings noch nicht geführt. Arbeiisr und Angestellte. München. (Schiedsspruch in der südbayert, scheu Textilindustrie.) Durch einen Schiedsspruck werden die "tariflichen Mkorddurchschnittslöhne in der süd bayerischen Textilindustrie mit Ausnahme der Akkorddurch schnittslöhue in den Baumwollwebereien sowie die Zeitlohn Zuschläge nach Maßgabe des Schiedsspruches vom 14. Oktober 1925 mit Wirkung vom 27. September 1926 ab wieder n Kraft gesetzt. Die Erklürungsfrist der Parteien läuft bis zu« 8. September 1926. Wett und Wissen. rv. Die Ostasienexpedition der Lufthansa in Peking. Die Ost- rsienexpeditiou der Deutschen Lufthansa ist in Peking gelandet. Die 10 000 Kilometer lange Strecke von der deutschen bis zur tunesischen Hauptstadt wurde in zehn Tageseiappen zurück- zclegt. Nachdem der erste Teil des Unternehmens bis Jrkuisk, NN 6600 Kilometer langer Luftweg, in fünfeinhalb Tagen er ledigt war, wurde in Irkutsk ein längerer Aufenthalt ge nommen, um neben den erforderlichen Besprechungen geogra phische, meteorologische und bodenorganisatorische Feststellungen W machen. Der deutsche Sachverständige, Dr. Seilkopf von der Deutschen Seewarte, leitete die wetterkundlichen Untersuchuu- zen. Ans Grund der vorliegenden Ergebnisse dürste die Reise zeit im Rahmen eines regelmäßigen Luftverkehrs künftig fünf Lage gegenüber einer heutigen Eisenbahnfahrzeit von 17 Tagen betragen, wobei zu berücksichtigen ist, daß Nachtflüge eine vettere wesentliche Verkürzung bringen würden. Das hundertjährige Jubiläum der SchifsSschrauve. Es jährt sich jetzt zum hundertstenmal der Tag, an dem Joseph Ressel die von ihm konstruierte Schiffs schraube, eine der wichtigsten Erfindungen aller Zeiten, zum erstenmal vorführte. Ressel war einer der unglück lichsten aller großen technischen Erfinder der neueren Zeit: es ging ihm zu Lebzeiten herzlich schlecht und seine epochemachende Erfindung wurde von klugen Geschäfts leuten ausgebeutet, während er selbst im Hintergrund blieb. Nach seinem Tode aber stritten sich die verschieden sten Städte um die Ehre, sein Geburtsort zu sein: mehrere sächsische Städte, Weimar u. a. wurden als Heimatsorte Ressels genannt. In Wirklichkeit stammte er aus Chru- dim in Böhmen. Englische Gesellschaften haben 1840 als erste die von Ressel erfundene Schiffsschraube in der Praxis benutzt, aber andere machten ihm die Priorität der Erfindung streitig, und er erlebte es nicht mehr, daß er glänzend rehabilitiert wurde. Der Populärste Räuber der rumänischen Berge heißt Miculaica, der seine Raubzüge stets in Feldwebelnuiform ausführt. Als er mit feiner Bande nach einem Jahr- ürarkt wieder einmal die heimkehrenden Marktbesucher überfallen hatte und gerade mit dein Ausräumen der Taschen einiger Bauern fertig war, kam ein Soldat des Weges, leistete die vorschriftsmäßige Ehrenbezeigung und beantwortete die Frage des „Herrn Feldwebels", wohin er gehe, mit der Meldung: „Auf Urlaub." Da griff der „Vorgesetzte" in die Tasche und gab dem Sol daten eine Handvoll Geld, damit dieser den Urlaub recht Angenehm verbringen könne. Durch diese kleinen Scherze Lrwirbt sich der Bandit eins gewisse Popularität in der Bevölkerung; weniger allerdings bei der Polizei, die nun !tm so eifriger nach ihm fahndet, ohne bisher feiner hab- haft zu werden. Sterbender Drachsnsport. In früheren Jahren war Vas so: Wenn mit dem August der Höhepunkt des Jahres überschritten war und weithin die Stoppelfelder sich sehnten, begann das Spiel mit dem Drachen. Es war ein sehr beliebter und eifrig betriebener Sport und es gab Rekorde wie sonstwo. Es gab Drachen van allen möglichen Formen und Größen, und viele von ihnen waren mit ihren farbigen Papicrsetzchen und ihrer klas sischen Bemalung durchaus sehenswert. Hätte es damals schon Sportpreise gegeben, manches Erzeugnis der Drachengestaltung wäre preisgekrönt worden. Ein Mär chen von vorgestern, eine „Es-war-einmal"-Geschichte! Um es rund heraus zu sagen: der Papierdrachen steht — mindestens in den Großstädten — auf dem Aussterbe etat, und nur die Wissenschaft, die ihn zn meteorologischen Zwecken steigen läßt, scheint sich noch seiner annehmen zu wollen. Das Häusermeer der großen Städte dehnt sich immer weiter au,s, und wenn man Stoppelfelder für Drachen braucht, liegen sie meilenfern. Schade drum! Aber die Kinder von heute sollen wenigstens wissen, daß der Drache eine sehr alte Sache ist. Die Gelehrten be haupten, daß ihn um 400 v. Ehr. ein Herr Archytas aus Tarent erfunden habe, und daß ihn Chinese^ kanntlich alles vorher gehabt lmben, schon in grauer Vor zeit als Spielzeug benutzt hatten. » vermachtes Thoms HSglins SsMNWZ 2g Roman von Rar! Gauchel. Und nun stand er, der Sohn des reichsten Wsingutsbe- sitzers der Rheinlands, bald dem Ruin gegenüber. Da fand er, zum erstenmal seit Jahren, den Weg zur Mutter. Sie hörte den schweren, ungleichen Schritt auf der Treppe, sie hörte ihn draußen im teppichbelegten Korridor. Und sie schaute auf zum Bilde ihres Wolfgangs und die Augen fragten, während ihre Lippen sich trotzig zusammenprcßten: „Ist das unser Sohn?" Doch das Bild lächelte gleichzeitig, so daß ihre Lippen sich zu einem Seufzer formten. Das da, das Kommende, mußte sie allein ausfcchten; ach, sie wußte es wohl. Sie wußte es, und ihr Herz war wie von Stein, obwohl es darinnen hämmerte, vor Liebe, vor Mitleid. „Die Zeit der Zeichen und Wunder ist vorüber", sagte ihr der Verstand. Und da wußte das Mutterherz: „Es ist zu spät." Dann saß er ihr gegenüber, klein, dickwanstig, mit kurzem Atem, kleinen, unruhigen Äuglein und springender, glucksender Stimme. Gegenüber die Mutter: groß, hager, klar di: Augen, herb und willensstark der Mund. Und er: noch nicht sechzig jährig, sie an die vierundachtzig. Ihre Stimme klang wie die Sprache des letzten Ge richts: „Was willst du von mir?" Die kleinen verschwom menen Augen irrlichtern durch den Naum. Ächzend belegt eine Stimme: „Mutter!" Hart und befehlend darauf: „Sprich!" Da wälzte er sie ab, die klägliche Angst seines Alters, die Angst vor dem Ruin, und es folgte der Schrei ohn mächtiger Wut über das Kind, das den reichen, schwerreichen Netter ausschlägt, einem Feudalbesitz zum Trotz, dem Blute zum Trotz, um eines armen, hergelaufenen Fremden willen. Und die scheltende Stimme wird quarrend, weinerlich, als würge die Angst vor der Armut schon jetzt die Kehle dessen, aus dem sie spricht. Die Greisin aber sitzt starr, groß, aufgerichtet, und hört mit harter, unbeugsamer Miene die gurgelnd hervorgestoßene Klage. Ist es ihr Sohn, der da spricht, ihr einziges Kind? Sie fühlt, sie hörte es nicht. Ihr Auge, ihr Herz sieht nur noch zwei junge, blühende, hoffnungsfrohe, lebensreife Men schen und fühlt instinktiv nur das eine große Gebot: „Du mußt die Liebe sonnen." Und plötzlich, als hätte der Gedanke Macht aber ihre Glieder, steht sie groß und starr vor ihrem Stuhl. „So du nicht bist wie die Kindiein, wirst du nicht das Reich Gottes schauen!" und „Gehe hin und lerne von ihnen!" Er schaute die Mutter an mit einem verstörten, nach Rettung suchenden Blick und stammelt: „Mutter, was weißt du von den Geboten der Zeit?" Sie aber steht herrisch, gebietend: „Was weißt du von Liebe? Lerne endlich erfassen: Was nützt es, wenn du die Welt dein eigen nennst und Schaden leidest an deiner Seele?" Seele?" Er schaut ihr ins Auge, sieht darin ein Licht, verborgen, verträumt, aus einer märchenhaft schönen Zeit, bricht ins Knie, küßt die welke Hand und schluchzt. Der Sechzigjährige schluchzt auf. Da legt die zitternde Hand sich auf seinen kahlen Schädel und jetzt ist es die verstehende, verzeihende Mutter, die zu ihm spricht: „Geh, mein Kind, sei selbstlos, sei gerecht." — Mit ihrem Blick verläßt er das stille Gemach. Die träumende Nacht findet die Greisin betend, trostsuchend über die Bibel gebeugt. Unten im Souterrain tönt gleichförmig sein wachender Schritt. Stetig, von Ungeduld gepeitscht. Auf, ab, auf, ab. Da zerreißt der zitternde Ton der Hausklingel die Stille der Nacht. Die Erei in fährt aus halbwachen Träumen empor. Unten der Mann reißt die Tür auf. Seine zitternden Hände halten die Depesche. Flackernd eilen die großen, schreckhaft erweiterten Augen über das Papier. „Koblenzer Kellereien nicht mehr zu halten. Konkurserklärung bevorstehend. Rechts anwalt Schüller!" Er starrt, liest noch einmal, begreift; mit gurgelndem, ächzendem Laut bricht er zusammen. Dumpf schlägt der schwere Körper auf dem Parkett auf. Oben ein sinnverwirrendes Reißen am Glockenzug. Die Herbeieilenden empfängt ein herrisches Wort: „Sehen Sie nach dem Herrn!" Da betten sie den Erkalteten aufs letzte Lager. Oben die Alte beugt sich über dis Bibel. „Der Zerr hat gegeben, der Herr hat genommen, der Name des Herrn sei gebenedeiet!" Frau Agnete will das Wort verstehen. Sie zwingt sich, darüber nachzudenken. Aber verstehen kann sie es nicht. Und die angstvoll hcrbeieilende Enkelin empfängt sie mit den dunklen Worten: „Käthe, die Mutterschaft ist das heiligste und kummervollste Geschick des Weibes. Was ein Mutterherz zu bestehen hat, macht ihm kein Engel nach!" Dann läßt sie sich die Treppen hinab an die Seite des toten Sohnes tragen. Sie weint nicht, sie jammert nicht, sie betet. Und in ihren Augen hat der Engel der ewigen Seligkeit seine Lichter entzündet. Für das Mutterherz löscht der Tod alles aus. Die Mutter weiß eben nur eins, daß sie Mutter ist. Auf Käthes Ruf ist Thomas Hüglin herbeigeeilt. Er steht an der Bahre des Verstorbenen und fühlt die Nähe des Todes. Das versöhnt ihn mit dem Groll des Lebenden. In diesen schweren Tagen ist er der Frauen einzige Stütze. Er ordnet an, er erledigt das Geschäftliche und um gibt die beiden Einsamen mit zarter, wohltuender Rücksicht nahme. So kommt der Tag des Begräbnisses heran. Unten im großen, heute schwarz ausgeschlagenen Salon steht auf schwar zem Katafalk der mächtige Zinksarg, der Friedrich Anton Moselers Sterbliches birgt. Aus hohen Leuchtern brennende Kerzen, dazwischen Palmen und Lorbeerbäume. Dr.-Jng. Westermann, als nächster Verwandter des Hauses, machte die Honneurs. Auch Thomas Hüglin kommt und will ihm die Hand reichen; da wendet der andere sich brüsk um und läßt ihn stehen. Für einen Augenblick wallt jäher Zorn in Hüglin auf. Drohend folgen seine Augen dem Direktor, da begegnet sein Blick dem der Greisin, die sich in ihrem Sessel hat herabtragen lassen, um ihrem einzigen Sohn die letzte Ehre anzutun. Ihre klugen Augen haben den unerhörten Vorgang bemerkt. Und nun hebt sie langsam die welke Hand und winkt Hüglin an ihre Seite. „Lieber Thomas, Sie stehen meinem Hause und meinem Herzen nahe genug, um auch in diesem schweren Augenblick mir eine Stütze und ein Trost zu sein." Sie hatte es laut gesprochen, so daß es alle hörten und daß über Käthes bleiches, tränenllber- strömtes Gesicht eine glutende Welle gleitet. Und während der Priester die Leiche segnet, sitzt Frau Agnete groß, steil- aufgsrichtet mit starrem, tränenlosem Ge sicht. Ihre beiden Hände umklammern die Rechte Hüglins, der an ihrer linken Seite steht. Es ist ihr, als fände in ihm sie den Halt in ihrem Leid, den Ersatz für den Sohn. Sie denkt an das Bild oben, an das forsche Burschengesicht ihres Wolfgangs, und spinnt sich in den Gedanken ein, er stände an ihrer Seite und es käme aus seiner warmen Hand ein Strom liebenden Trostes. (Fortsetzung folgt.)