Volltext Seite (XML)
Die beiden Feen. In meines Hirns verborgnen Kämmerlein Als Buchwart treu bie Fee Gedächtnis schaltet. Die, was ich je geseh'n, gehört, verwaltet Und sorglich ordnet -in die Bücherreih'n. Dort stands zu meinem Dienst. Was ich gebraucht Bon allem, was gesammelt sie im Leben, So hat das kleinste Blatt mir gleich gegeben, War keins ins leere Nichts hinabgetaucht. So ward ich alt. Bist du auch alt und matt, Gedächtnisfee, bist du vielleicht gestorben - Das meiste schwand, was mir dein Fleiß erworben, Ein hutzlich Weiblein schafft an deiner Statt. Das räumt und fegt und dünkt sich fleißig sehr. „Wer bist du?" fragt ich. „Ich heiße Fee Vergeßen. j Hab nach der Schwester Arbeit unermessen, Doch morgen, hoff ich, sind die Kammern leer!" Hugo Salus. 5 poNlilGe kunSWsu Z Amerika in Leipzig. Die zum Besuch der Messe in Leipzig weilenden Mit glieder der Handelskammer St. Louis waren Montag mittag Gäste des Messeamts. Geheimrat Rosenthal be grüßte die Gäste und sprach die Hoffnung aus, das; die Amerikaner von Leipzig den Eindruck mitnehmen wür den, daß die deutsche Industrie sich heute wieder auf dem Wege zur Höhe befindet und daß das deutsche Volk das Arbeiten nicht verlernt habe. Der Vizepräsident der Handelskammer in St. Louis, Weisenburg, dankte in englischer Sprache, während Dr. Schlüter in deutscher Sprache für sich und seine Freunds zum Ausdruck brachte, daß sie, die zum größten Teil deutscher Abstammung seien, sich in Deutschland mit den deutschen Stammesbrüdern Z ms Glieder eines Volkes fühlten. Sie würden in f für den dauernden Frieden und die Freund - i zwischen Deutschland und den Ver- ; m " " Staaten wirken. Der Nachmittag war der f Besichtigung der Technischen Messe gewidmet. Auszug des Rycinischen Bauernvereins. Der Rheinische Bauernverein hat am Montag den Entschluß gefaßt, seinen Austritt aus der Vereinigung der deutschen Bauernvereine zu erklären. Der Vorsitzende, Freiherr von Los, erklärt dazu, der Entschluß sei in erster Linie aus der Erkenntnis gefaßt worden, daß die Land wirtschaft nicht genügend zur Geltung komme; Ziel ves Austritts sei hauptsächlich die Schaffung einer einheit lichen, geschlossenen Organisation der Landwirtschaft in der Nheinprovinz. Frankreich. AwAänderbestcuerung. Der liuksrcpublikanische Nb- zeord'nete Boyer bat einen Gesetzentwurf eingcbracht, oie in Frankreich lebenden Ausländer steuerlich genau mie die Franzosen heranzuziehen. Die Vergnugunasrei- ienden sollen in drei Kategorien geteilt und je nach der Wahl ihres Hotels usw. entweder den Franzosen mit rinem Einkommen von 100 000 bis 150 000 bzw. 200 000 bzw. 400 000 Frank gleichgestellt und dann mit täglich 15 bzw. 25 bzw. 50 Goldfrank besteuert werden. Der Gesetzentwurf widerspricht, wie in der Begründung aus geführt wird, nicht den internationalen Abmachungen, oenn die Ausländer würden nicht eine Soudersieuer be zahlen, sondern nur wahrend ibres Aufenthaltes in Frankreich die in diesem Lande übliche Siener zu ent richten haben. Rußland. Moskau gegen Peking. Wie der Asien-Osteuropa- Dienst erfährt, hat die Sowjetregierung dem Pekinger Kabinett mitgeteilt, daß, falls das Kabinett auf Ent fernung des Sowjetbotschafters Karachan bestehen sollte, Rußland die diplomatischen Beziehungen zu China sofort abbrechen werde. Karachan genieße das Solle Vertrauen seiner Regierung. Es wird die Wider rufung aller chinesischen Noten in der Sache Karachan gefordert. Aus Peking trifft die Nachricht ein, daß Lschangtsolin die Auflösung der chinesischen Gesandtschaft in Moskau verlangt. Nordamerika. Coolidge gegen die Streichung der Kriegsschulden. Der frühere amerikanische Kriegssekrctär Baker hatte an geregt, alle Kriegsschulden zu streichen. Jetzt meldet »Everling Post", diese Anregung werde den Präsidenten Coolidge nicht dazu veranlassen, von seiner Forderung abzugehen, daß die europäischen Schuldner ihren Ver pflichtungen nachzukommen haben. In Coolidge nahe stehenden Kreisen betrachte man den Vorstoß Bakers als demokratisches Wahlmanöver. Aus In- und Ausland. München. Reichspräsident v. Hindenburg weilte vom 26. bis zum 29. August in Fall im Bayerischen Hochgebirge, wo er im Forstdienstgebände Wohnung nahm. Auch in diesem Jahre geht der Reichspräsident täglich zur Jagd aus Gemsen. Warschau. Korfanty hat sich genötigt gesehen, von seiner Stellung als Präsident des Aufsichtsrates der Schlesischen Bank zuriickzütrcten. Die Ernennung eines neuen Präsidenten wird in den nächsten Tagen erfolgen. Mailand. Das Gesetzesdekret über das Tinheitsbrot ist veröffentlicht worden. Jegliche Herstellung von Luxusbrot und Sützgebäck aus reinem Weizenmehl ist verboten. Saloniki. Die Polizei ist einer Verschwörung gegen Reneral Plastiras auf die Spur gekommen. Ein Offizier, ser Plastiras in der Absicht, ihn zu ermorden, nachgereist war, ist verhaftet worden. Kanton. Die im Uangtsctal vorrückenden Kanton- iruppen haben Wutschang und Han kau erobert. Mit Hanlau ist Wupeifus Waffenarsenal und Kräftezentrum ge fallen. Die Wnpeifutruppen haben sich nach Plünderung der Lingeborenenstadt von Hankau in Auslösung in Richtung Schanghai zurückgezogen. l Neuer aus aller wett j Für 30 000 Mark Steuerbanderolen ergaunert. Durch raffinierte Fälschungen gelang es einem Mann, sich im Steueramt Berlin-Nord in der Luisenstraße in den Be sitz von Steuerbanderolen im Werte von 30 000 Mark zu setzen. Der Schwindler erschien als angeblich Beauf tragter der Zigarettenfabrik „Phänomen" und legte das „Betriebsbuch" zur Aushändigung von Steuerbanderolen vor. Das Buch war so täuschend nachgemacht, daß der Beamte keine Bedenken trug, dem Überbringer die Werte auszuhändigen. Tödlicher Unfall bei der Neichsfahrt des ADAC. Ein ernster Automobilunfall ereignete sich bei der Reichs fahrt des ADAC. In der Nähe von Husum kam der Wagen Nr. 90 von Delius-Dresden wegen Reifenschadens ins Schleudern und überschlug sich. BeideJnsassen wurden getötet. Selbst gerichtet. Die wegen Mordes an dem Bank beamten Palmer in Mannheim verhaftete Hermine Hirth hat sich in ihrer Zette erhängt. Man hatte die Leiche des Bankbeamten eine Woche nach der Tat im Kleiderschrank des Mädchens aufgefunden. Mord und Selbstmord. In Dortmund tötete ein Oberwachtmeister seine Ehefrau durch einen Schuß in die Stirn und dann sich selbst durch einen Kopfschuß. Dem Vorfall gingen Familienzwistigkeiten vorauf. Das neun Monate alte Kind war unversehrt. Sein Kind aus dem Fenster geworfen. In Villach hat ein betrunkener Bahnarbeiter sein zehnjähriges Töchterchen vom Fenster seiner im zweiten Stock liegen den Wohnung auf die Straße gestürzt, wo es tot liegen- blicb. Die Polizei hatte Mühe, den Mörder vor der er regten Menge zu schützen, die das Haus stürmen wollte. Der Verbrecher, der die Tat ruhig eingestanden hat und keins Reue zeigt, ist in das Klagenfurter Gefängnis eingcliefert worden. Zehn BauerngchSste niedergebrannt. In der Ge meinde Maschakotten in Westböhmen brach ein Brand aus, dem zehn Bauernaehöfte mit der ganzen Ernte und allen landwirtschaftlichen Maschinen zum Opfer fielen. Der SW m 'M» das den Abschluß der repräsentativen Straße „Unter den Linden" bildet und mit dem historisch und künstlerisch be rühmten Viergespann von Schadow gekrönt ist, wird zurzeit Wiederherstellungsarbeiten unterzogen. Das monu mentale Bauwerk ist in einzelnen Teilen stark von der Verwitterung angegriffen. Ein mächtiges Gerüst wurde errichtet, von dem aus die notwendigen Arbeiten vorge nommen werden. Thoms HUAs SomuM 25 Conran von Karl Gauchel. er während d» ü? letzten Wochen nach Bonn gezogen, wo Unternehmens dem eigentlichen Zentrum des war für m Und noch em anderer wichtiger ^en Ee^ gewesen. Drüben, auf der a". aeiähriicher aem"? Zusammenkunft mit Käthe schwieriger M"a' die Jahreszeit den gemein- Stadt fülltehatte. Hier in der großen - traf sich schon "mm Achter, unqczwun- gener. Man tras^ der Eisbahn, im Konzert ¬ saal oder im Tyea^e., auch bei gemeinsamen Bekannten war man zusammen, und immer bot sich ein unauffälliges stilles Minütchen ZUM Plaudern. Am schönsten aber waren die stillen Dämmerstunden, wenn der g-hemmisvoile Zauber des einsamen Hosgartens oen beiden Liebenden sich auftat. ge borgen in; Schatten der schwarz die Arme des' Mannes den bebenden.Mamchenlew u^ durstig die Livoen in heißen Küsten der Sehnsucht Leihe tranken. Da aost cb Herz, Seele in Seele, zwei Menschen- stben sandel! zueinander- die goldene V ü4e ^ stieg in rosigem Maienlicht vor ihnen auf. Und das Mädchen, dessen Wanken in den letzten Monaten scheinbar bla er ge- worden waren, dessen lustige Blauaugsn so viel gereifte i nd ernster in die Weit schauten, fand in diesen Augenblicken flügm Beieinanderseins neue Kraft für das Leben daheim. Es war kalt und frostig auf der Rheinlust geworden. Ein seltsamer, dumpfer Druck schien auf den Gemütern zu lasten. Der Mtc ging herum mit finsterem Gesicht und suhl jeden, der ihm in den Weg kam, zornig an. Stundenlang schloß er sich jetzt tagsüber in sein Arbeitszimmer ein, und die Burgundcrflasche kam nicht mehr von seinem Tische fort. Ein einziges Mal hatte Käthe mit ihm über den Geliebten ge sprochen, aber da war die Stirnader ihm blauschwarz ange- schwolien, die Augen hatten wild gefunkelt, und fast heiser vor Wnt hatte er das Mädchen angeschrien; wenn der saubere Patron sich ins Haus wage, würde er ihn mit den Hunden hinaushetzen. Und dann war es wie ein Krampf über ihn gekommen; an allen Gliedern bebend, hatte der schwere, halb- trunkene Mann unheimlich röchelnd und Schaum vor den Lippen in seinem Sessel gelegen. Seit jenem Tag lag es wie eine unsichtbare Schranke zwischen Vater und Tochter. Mehr denn je schloß das junge Mädchen sich der greisen Großmutter an. Abend um Abend saß sie oben im stillen Gemach neben der Greisin, stumm mit ihrer Handarbeit be schäftigt, und der alte Achtundvierziger schaute lächelnd auf die beiden einsamen Frauen herab. Und wenn dann die Dämmerung sank und Großmutter die Bibelschnft nicht mehr zu sehen vermochte, die Brille auf die Stirn schob und sich ruhend in den hohen Stuhl zurücklegte, dann war die Stunde gekommen, wo das junge Herz sich dem alten öffnete, wo alles das, was sich an Glück und Leid, an Sehnen und Bangen in der Mädchenbrust regte, ausströmte in das matifchiagende Herz der Frau Agnete. Zuerst war's schmerzliche Enttäuschung gewesen, was in den welken Zügen der Greisin geschrieben stand. Also war's wirklich zu Ende mit den Letzow-Merkenthin? Der Schild blieb zerbrochen? Der alte stolze Name vergessen? Weh mütig schaute sie empor zu ihrem Wolfgang. Der lächelte freundlich zu ihr nieder. Und da fielen ihr dis Worte wieder ein, die er einst in jener Stunde, da sie sich fanden, zu ihr gesprochen hatte. „Freilich, Name und Rang mußt dn hinter dich werfen, Agnete, wenn du dich mir gibst. Aber was ist der Name, was ist ein Rang? Schall und Rauch! Ob wir mnerlich freie, adlige Menschen sind, begeistert und guten Willens für alles Tute und Schöne, Wahre und Rechte, daraus kommt's an." Sie hatte ihm recht gegeben und alles hinter sich gelassen und hatte gemeint, cs würde ihr leicht werden und ohne Kampf abgshen. Es war eins Täuschung gewesen; Lebensgewohnheit und Lebensauffassung lassen sich nicht so leicht wechseln wie ein Kleid. Stürme waren ge kommen, und mit den Stürmen der Kampf, und das stolze, blaue Blut war wildwogend aufgesprungen und dis Sehnsucht nach dem Verlorenen wat übermächtig geworden. Aber da Hails die Liebe danebengestanden und aus blauen Augen sie so treu und innig verstehend angeschaut und fürsorglich und mit milden Händen die Wunden bedeckt. Ja, dis Liebe! Wieder schaute sie auf zu dem Bilde und cs war ihr, als nickte das junoe Studentenhaupt ihr freundlich zu: „Siehst du, Agnete, das" ist immer der richtige Weg, den die Liebe uns ins Leben zeigt! Da hat die alte Frau die Hände gefaltet und auf das Mädchen nicdergeschaut, lange, lange. Und die welken Lippen « ! .«SÜSSSS« murmelten leise, gedankenverloren: „Und hätte ich alle Schätze der Erde und besäße die Liebe nicht, so wäre ich ein klingend Erz und eine Glocke ohne Klöpsel. Die Liebe duldet alles, die Liebe leidet alles — und — die Liebe höret nimmer auf." Große Tränen stehen in den Augen der Greisin, und die müden, weißen Hände liegen segnend auf dem blonden Haar ihres Lieblings. Die Lippen aber sprechen bebend die leisen Worte: „Wenn's an der Zeit ist, Kind, dann bringe ihn mir her, daß ich euch segne." Jubelnd hängt Käthe an ihrem Halse und unter Lachen und Weinen küssen dis jungen, frischen Lippen den eingefal lenen Mund. Und die Greisin sitzt da und hält das Mädchen umschlungen. Eie lächeit leise. Einen stolzen, hoffenden Traum hat sie begraben, aber sie hat noch einmal in ihrem sinkenden Leben Liebe gegeben und wird weiter noch Liebe geben dem neuen, freien, in seinem Geiste so adliaen Geschlecht. Sie ist mit ihrem Tagewerk zufrieden. 13. Kapitel. Cs stand nicht gut um Friedrich Moseler. Ec sclbst konnte sich das nicht mehr verhehlen nach der Schlappe, dis der Konkurs der Rheinischen Schaumwein-Gesellschaft seinen Finanzen beigebracht hatte. Er hatte in den Tag hinein ge lebt, lustig und sorglos, er hatte das eigsne Geschäft aufge geben und seine Gelder in allerlei Jndustriepapieren an gelegt; er hatte das Gut Rheinluft gekauft und das dazu gehörige Areal bedeutend vergrößert, ohne Sorge darum, ob die Einkünfte die Ausgaben deckten. Und sie taten es nicht. Er hatte den Grandseigneur gespielt, er, dem die Mi schung des Blutes zum Verderben ausschiug, und hatte sich dabei ruiniert. In seiner Jugend war er der flotte, lebenslustige rhein ländische Junge gewesen, hatte bei den Bonner Husaren sein Jahr abgekloppt und war avanciert, aber — er hatte zur rechten Zeit nicht den rechten Dreh bekommen — er war ver sumpft. Der Wein, das Spiel, dis Weiber . . . Sie waren das Fatum seines Lebens geworden; an ihnen ging er lang sam zugrunde. (Fortsetzung folgt.)