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MMMTageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstreutamts Tharandt, Finanzamts Noffe«. Anzeigenpreis: die «gespaltene Raumzeile 20 Doldpfcnnig, die ^gespaltene geile der amtlichen Bekanntmachungen 4V Gold« Pfennig, die «gespaltene Reklame,eil« im textlichen Teile 1VV Goldpsennig. Rcchwetsungsgedühr 2» Goldpscnnig. Vor« werden nach Möglichkeit AerNfVkLÄKr: Amt Töilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme dir vorm. 1V Uhr — — — — — — Für hir Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten An,eigen übernehmen wir kein« Gaiantic. Jeder Raballanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muh oder der Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, L Abtraa, gebühr. Einzelnummern »Pf,.LP^°nfta,,en Wochenblatt für Wilsdruff «. Umgegend M°'^undunk»°A^. »^g"n enlg?g°en^2m Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger B-tri-bsstSru-U« d-st-hl kein Anspruch aus Lieferung Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erf^gt nur, wenn Porto beiliegt. Nr 206. — 85 Jahrgang. r-isgr Adr: .Smtrblatt« Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2SM Freitag, den 3 September 1S26 !Is H !,!l „II I IIIW ttllMILÜWIIIWM 'M»» Die bedrängten OSerschlesier Die Augen der ganzen Welt sind jetzt fast ausschließlick auf (Senf gerichtet, so daß man für andere interessierend, Angelegenheiten wenig Aufmerksamkeit übrig hat. Das ist nicht nur bei uns so, sondern in der ganzen Welt. Es jsi aber in gewisser Beziehung sehr zu bedauern, geht doch jetzj eine Reihe von Dingen vor sich, die gerade die höchste Auf merksamkeit verdienten. Es scheint fast so, als ob manche Kreise direkt auf solche Ablenkung der Oeffentlichkeit warten, um in aller Heimlichkeit vollendete Tatsachen zu schaffen, über die man nachher, wenn man sie entdeckt, klagt, die man aber dann nicht mehr ändern kann. Die Genfer Vorgänge haben die Blicke fast vollständig nach Westen abgelenkt. Es ist zu begrüßen, wie dabei die Interessen der besetzten Gebiete und die Bemühungen der Reichsregierung um diese von allen Seiten unterstützt wer den. Aber der Osten verdient es trotzdem, daß man sich mit ihm von Zeit zu Zeit auch jetzt beschäftigt. Einer der wun desten Punkte ist dabei noch immer, und wird es noch lange bleiben, die oberschlesische Frage. Hier' treten im mer neue Tatsachen auf, die die Welt jedesmal wieder von der Unzuträglichkeit der seinerzeit vom Völkerbunde vorge nommenen Zerreißung Oberschlesiens überzeugen müßten. Jetzt bereiten sich wieder in Polnisch-Oberschlesien Dinge vor, die später zu den größten Verwicklungen führen müssen. Vor kurzem ist der Kattowitzer Woiwode Bilski plötz lich seines Amtes enthoben und nun durch den Krakauer Professor Graszynski ersetzt worden. Die Lage der Deutschen in Ost-Oberschlesien war schon unter dem früheren Woiwoden keine rosige. Die Herkunft des neuen Woiwoden läßt nun aber leider die Befürchtung auskommen, daß man sich noch auf Verschlimmerungen gefaßt machen muß. Als seinerzeit PiIsudski seinen Staatsstreich in Polen unter nahm, hofften die nationalen Minderheiten aus Besserung ihrer Lage. Die alte Politik blieb jedoch nicht nur, sie trat noch mehr in Erscheinung. Als einen Ausfluß dieser Strö mung kann man auch die neue Kattowitzer Ernennung an- sehen. Der neue Woiwode ist ein unbedingter Anhänger Pilsudskis. Was ihn aber besonders charakterisiert, ist der Umstand, daß er zu den Führern der früheren polnischen Aufständischen in Oberschlesien gehörte und sich auch jetzt wieder als deren Vertreter fühlt. Diese vollständig auf Deutschenfeindschaft eingestellten Elemente dürsten von jetzt ab wieder die erste Geige spielen. Es ist erklärlich, daß diese Ernennung nicht nur in den deutschen Kreisen Ost-Oberschlesiens große Besorgnis hervor gerufen hat. Es kam der berechtigte Wunsch zum Ausdruck, daß man zum Leiter eines solchen Landstrichs doch zum mindesten einen Mann ernennen müßte, der gründlich die Verhältnisse kennt, der also selbst ein Oberschlesier ist. Dann würde es sich vielleicht auch ermöglichen lassen, in der «chulfrage, die für die nächste Zeit in den Mittelpunkt der vbsrschlestlwen Probleme gerückt ist, zu einem Vergleich zu kommen, -rotzdem der vom Völkerbunde eingesetzte Schlich ter Calonder die Berechtigung der Forderungen der deutschen Minderheiten anerkannt hat, rührt man sich auf polnischer Seite mcyt. Im Gegenteil, man tut so, als ob es für Polen keine Bestimmungen des Versailler Vertraqs-- und kein Genfer Abkommen gibt. Man untersagt einfach fast in allen Fällen die Erlaubnis zum Besuche der deutschen Minderheitenschulen. Der die Interessen des Deutschtums in Ost-Oberschlesicn vertretende Dolksbund hat sich nun direkt an den Völkerbund mit seiner Beschwerde gewandt. Man kann neugierig sein, ob der Völkerbund dem von ihm eingesetzten Manne im gegebenen Augenblick auch die Unterstützung gibt, damit dessen Entscheidungen nicht einfach nur leere Worte bleiben, wie es mit dem Urteile des Haager Schiedsgcrichtshofes geschah, das die deutschen Ansprüche auf das Stickstoffwerk Chorzow anerkannte und die Beschlag nahme durch Polen für ungesetzlich erklärte. In diesem Falle hat cs Polen nicht einmal für nötig gehalten, auf die vielen deutschen Erinnerungen und Anfragen zu antworten, so daß man deutscherseits um ein Ergänzungsurtcil bitten mußte. Aus allem spricht dis Nichtachtung, die man in Polen Deutsch land gegenüber sich glaubt leisten zu können. Hier muß die deutsche Oeffentlichkeit laut ihre Stimme, erheben, damit > beim Versagen des Völkerbundes das Gewissen der Welt auf gerüttelt wird. Deutschlands Zahlungen im 2.ÄuU>esjchr. Bericht des Reparationsagenten. Der Generalagent für die Reparationszahlungen teil! mit, daß mit der 'Mittwoch früh erfolgten Zahlung von 45 000 000 Goldmark durch die Deutsche Reichsbahngesell schaft Deutschland den vollen Betrag der im Sachverständi genbericht für das zweite Jahr vorgesehenen Iahreszahluna von 1220 000 000 Goldmark gezahlt hat, mit Ausnahme eines kleineren Betrages von etwa 8 Millionen Goldmar! aus der Transportsteüer, der erst am 21. September 1926 fällig ist. Die heute von der Deutschen Reichsbahngesell- schaft geleistete Zahlung stellt den am 1. Septeniber 1926 fälligen Zinsenbetrag für die Reparationsbonds für das zweite Jahr dar. , Deutschland kommt demnach seinen Verpflichtungen pünktlich nach und hat die während des zweiten Jahres de? 4>awesplanes fälligen Zahlungen richtig geleistet. JeiiWmdr AOahm m«. SeMM? katslitzung in Senk Auch Brasilien fehlt. Donnerstag vormittag wurde die 41. Sitzung des Völker, bundrates mit einer kurzen geheimen Sitzung eröffnet. Spa nien hatte keinen Vertreter entsandt, ebenso Brasilien nicht. Nach bestimmt auftretenden Gerüchten soll beim Eeneralsekre- tariat bereits ein Schriftstück der spanischen Regierung ein- getroffen sein, das sich mit der künftigen Haltung Spaniens zum Völkerbund befaßt. Gegen 12 Uhr begann dann unter dem Vorsitz des tschechoslowakischen Ministers des Auswärti gen, Benesch, die öffentliche Ratssitzung. Vertreten waren England durch Chamberlain, Frankreich durch Briand, Italien durch Scialoja, Japan durch Ishii, Belgien durch Vandsrvelde, Schweden durch Unden und Uruguay durch Euani. Die beiden weiteren nichtständigen Ratsstaaten Brasilien und Spanien sind nicht verteten. Das ganze Interesse gilt der spanischen Frage, so daß die behandelten Hyglene- angelegenheiten kaum beachtet wurden. Nach 20 Minuten wurde die Sitzung vertagt und die nächste aus Freitag nach mittag angesetzt. Nachdem Mittwoch der Schweizer Motta zum Schluß der Studienkommissiousberatungen erklärt hatte, die Mehr heit der Studienkommission lehne die Vermehrung der stän digen Ratssitze ab, ergab sich von selbst die Unmöglichkeit, den spanischen Ansprüchen auf einen ständigen Ratssitz zu will fahren. Spanische Erklärung. Der Vertreter der Agentur Havas in Genf erklärt, in der Lage zu sein, mitzuteilen, daß die Madrider Regierung, ohne den Beschluß des Völkerbundrates über die vom Ratsaüsschuß ausgearüeiteten Vorschläge abzuwarten, beschlossen habe, be reits jetzt bekanntzugeben, daß sie sich an den Arbeiten des Völkerbundes desinteressiere. Binnen 24 Stunden werde der Generalsekretär des Völkerbundes eine amtliche Note der Ma drider Regierung erhalten, die diesen Beschluß bekannt gebe. Das würde bedeuten, daß Spanien aus dem Völkerbund ausscheidet. Welche Nachwirkungen ein derartiger Beschluß haben wird, muß sich alsbald entscheiden. OeuischlanSs Ausnahme am 6 September? Vermutlich wird die jetzt wohl als feststehend zu be trachtende Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund am 6. September erfolgen. Die Zuteilung eines ständigen Sitzes im Völkerbundrat wird wohl am 7. September, spätestens am 8. vor sich gehen. Unmittelbar nach dem Eintreffen der Nachricht von der erfolgten Aufnahme und der Wahl in den Rat. wird die deutsche Delegation nach Genf abreisen. Das wird am 7. oder am 8. September geschehen, so das; der feier- liche Einzug der deutschen Deputation in den Reformations- saal spätestens am 10. September erfolgen wird. ... Die Kabinettssitzung in Berlin wird ihre Entschließungen t!. . Zusammensetzung der deutschen Delegation voraus- faMch sofort nach Eintreffen Ministerialdirektor Gaus' aus wenf treffen. ReichsaußenMinister vr. Stresemann wird f dis Delegation führen. Außer dem Staatssekretär v. SLu - l bert und den zuständigen Referenten des Auswärtigen j Amtes werden der Delegation mehrere Parlamentarier an- ; gehören, vr. Stresemann hat an den Reichstagsabgeord- netcn, Prälaten vr. Kaas (Zentr.) die amtliche Anfrage ge richtet, ob er bereit sei, als Mitglied der deutschen Völker- bunddelegation nach Genf zu gehen. vr. Kaas soll zugesagt haben. Gleiche Anfragen erhielten Graf Bernstorfs (De mokrat) und vr. Breitscheid (Soz.) Der Deutsche Volksbund gegen die Zwingherrschaft am Rhein in München erläßt einen Appell an dis Oeffentlichkeit, in der er verlangt, daß vor Deutschlands Eintritt in den Völkerbund der Kriegsschuldparagraph des Versailler Ver trages vor aller Welt gestrichen werde. Das deutsche Volk müsse sich einmütig von der Schuld am Kriege lossagen und für die falsche Anklage Genugtuung verlangen. Marx für europäische Verstäuöigung. Reichskanzler vr. Marx hat an dis Konferenz für euro päische Verständigung in Genf folgendes Telegramm gesandt: „Namens der Reichsregierung, die den Bestrebungen der Konferenz für Europäische Verständigung größtes Interesse entgegenbringt, übermittle ich der Tagung die besten Wünsche für einen gedeihlichen Verlauf." * Frankreichs Abgesan-Le. Die französische Delegation für die Völkerbundtagung setzt sich folgendermaßen zusammen: Delegierte: Briand, Paul - B o n c o u r, Senator Pams, stellvertretende Dele gierte: de Iouvenel, Loucheur, Senator Labrousse; Beisitzer: Iouhaux, Generalsekretär des Allgemeinen Arbeiterverbnndes; die Abgeordneten Plaisant, Barthelemy, Serot, Bastid und Professor der Rechtswissenschaften an der Universität Lille Cassin; als Sekretäre fungieren Planzel, Leiter des franzö sischen Dienstes beim Völkerbund, und Konsul Ame-Leroy. Wie in unterrichteten Kreisen verlautet, wird der jugo slawische Minister des Aeußeren Nintschitsch zum Präsiden- ten der am Montag in Genf zusammentretenden 7. Völker, bundversammlung ernannt werden. * Keine Mm der StMenlminWii An ihr« Bericht m d« Rat. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Genf, 3. September. Die Studienkommission verhandelte in ihrer heutigen abschließenden Sitzung über das Projekt der Er weiterung des Nats. Die Sitzung, in der dem Bericht die letzte Redaktion gegeben werden sollte, dauerte von 6—8 Uhr abends. Es gelang nicht, eine Einigung herbeizusühren. Dadurch verlor die Sitzung ihren ursprünglichen formellen Charakter und bekam einen hochpolitischen Anstrich. Ueberraschewderweise wurde von englischer Seite der Versuch eines letzten Drucks auf die spanische Regierung unternommen, indem in Idem Bericht ein Passus ausge nommen werden sollte, der besagt, -aß die Studienkommission alle nur denkbaren Versuche gemacht hätte, den spanischen Wün schen entgegenzukommen, doch leider ohne Erfolg. Die bisher als Zahlung auf die zweite Jahresrate ein. gegangenen Beträge setzen sich wie folgt zusammen: 1. Beitrag aus dem deutschen Budget . 2. Zinsen auf deutsche Eisenbahnbonds . 3. Transportsteuer 4. Zinsen auf deutsche Industrie-Obligat. Goldmark 250 000 Ott' 595 000 000 241 905 000 125 000 000 Insgesamt ... 4211905000 Die Häufung Ksr Ersenhahnaiieniaie. DerLokomotivführer verhütet ein Unglück. Aus Vergedorf wird berichtet, daß der Fern-V-Zug Nr. 24, der um 6,05 Uhr Berlin verläßt und 9,35 Uhr abends in Hamburg eintrifft, zwischen den Stationen Reinbeck und Bergedorf beschossen wurde. Die Scheibe eines Abteils zwei ter Klasse wurde von einer Kugel glatt durchschlagen. Glück licherweise wurde aber niemand verletzt. Die Bergedorfer Polizei forschte sofort eifrig nach dem Täter, bisher jedoch ohne Erfolg. Wie bereits berichtet, wurde auf den Fern-V-Zug Nr. 24 erst vor einigen Tagen in der Nähe von Boizenburg ein Attentat verübt. Bubenhände legten zwei eiserne Schwel len auf die Schienen, die von den: Bahnräumer der Loko motive etwa 500 Meter mitgeschleppt wurden. Auf einen von Bremen nach Harburg fahrenden Per- jonenzug wurde in der Gegend von Meckelfeld (Kreis Har burg) ein Stein geworfen, wodurch im Postwagen eine Scheibe zertrümmert wurde. Verletzt wurde niemand. Der Täter konnte bisher nicht ergriffen werden. Unweit der Station Gengenbach wurde ein Eisen bahnunglück Nur durch die Geistesgegenwart des Lokomotiv führers tws den Bahnhof Offenbach um 9,20 Uhr vormittags verlassenden O-Zuges verhütet. Etwa 600 Meter hinter der Station Gengenbach sprang die Lokomotive aus den Schienen N'.nd riß den Bahnkörper in einer Länge von 200 Metern auf. 'Nach dem sofortigen Bremsen desLokomotivführers rutschte die Lokomotive noch einige Meter auf dem Bahnkörper entlang und koamte von dem Lokomotivführer erst kurz vor einer Unterführung zum Stehen gebracht werden. Ohne die Geistes gegenwart des Beamten wäre der Zug zweifellos den Abhang heruntergestürzt. Die Erkrankungen an Kinderlähmung. Amtliche Erklärungen. In der letzten Zeit haben sich in der Presse Nachrichten über das Auftreten von spinaler Kinderlähmung gehäuft, und es ist dadurch eine gewisse Beunruhigung in die Be völkerung hineingetragen worden. Tatsächlich ist jedoch, wie dem Amtlichen Preußischen Pressedienst aus dem Wohlfahrts ministerium mitgeteilt wird, kein Grund zur Beun ruhigung vorhanden. Denn es wird seit Jahren mit mehreren hundert Fällen von spinaler Kinderlähmung jährlich gerechnet. Nur sind diese Fülle früher nicht berannt- geworden, weil diese Erkrankungen nicht anzeigepf l i ch > tig waren. Seit dem Jahre 1924 jedoch ist die spinali Kinderlähmung in die Reihe der anzeigepflichtigen Kranb heiten ausgenommen worden, und zwar in dem Maße, das der Kreisarzt verpflichtet ist, nicht nur in jedem Erlrankungs falle, sondern auch schon in jedem Verdachtsfalle die not