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MsdrufferTageblati Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Di» »Wiltdruffer Tageblatt' erscheint täglich nachm. S Uhr für den gen» : BeiAbholung in »« Deschäftbsteüe und den Aurga bestellen 2 Md. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Md., beiPostdestellung , «>» «Ker»». . gebühr. Einzelnummern «U.P-1t°nft°l.?n Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend 2ü!n°en mt°?a^^w"zalle höherer Dewalt, Krieg oder sonstiger Betried»ftünmxen besteht dein Anspruch aus Lieserung Irr Zeitung oder Kürzung de» V-zugepr-iseo. — «Llüsendun, eingesandter Schriststüche erfolgt mir, wem, Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: diebgespalteueRaumzcileMDoldpfrnnig, die »gespaltene geile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold» Pfennig, die 3 gespaltene Sirklamczeile im textlichen Teile loo Goldpfennig. Siachweisungsgebühr 20 Goldpfennig. Bor. geschriebene Erscheinung». - . läge und Platzoorschristen werde- nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. ß berücksichtigt. Anzeigen, annahme bis vorm.IVUhr —" — .... . - Für ^e Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabaltanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eiugezogen werden mutz oderder Auftraggeberin Konkurs gerat. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgeg«. Da« Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmanuschast Meiste«, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Noffen. Nr.21 o. — 85 Jahrgang. relegr.Mr.: .Amtsblatt- Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2«M Mittwoch, den 8. September 1926 MWmd in den Werdnnd nchenmmn. Geheimverträge. I Mit Schaffung des Völkerbundes sollte die Geheim Politik aus der Welt verschwinden und eine Politik der alb gemeinen Aufrichtigkeit begonnen werden, damit di< Staaten nicht wieder aus Unkenntnis der Lage in ein« solche Katastrophe wie der Weltkrieg hineinstolpern. Aus diesem Grunde ist eine genaue Einzeichnung aller zwischen den einzelnen Völkern getätigten Abkommen vorge- schrieben. Wenn einmal die Kunde von einem Vertrage austauchte, dann dauerte es auch meist nie lange, bis die Welt erfuhr, daß auch der Inhalt und der Wortlaut del Verträge beim Völkerbundsekretariat hinterlegt worden waren. Deutschland hat sich, trotzdem es bisher noch nicht Mitglied des Völkerbundes war, auch dieser Regel gefügt und hat sofort von allen Abkommen und Verträgen nach Genf Mitteilung gemacht. Es hat auch so gehandelt, wo es dazu gar nicht einmal verpflichtet gewesen wäre. Bei Verträgen mit Völkerbundstaaten wäre ja sowieso von der anderen Seite die Veröffentlichung erfolgt. Wir haben darüber hinaus aber sogar unsere Abkommen mit Rußland mitgeteilt, obgleich dieser Staat kein Völker bundmitglied ist. Deutschland wollte auf jeden Fall schon den leisesten Schein vermeiden, als ob etwas getan wäre, was den Satzungen des Völkerbundes, in den es einmal eintreten will, zuwiderläuft. Trotz dieser schönen Absichten der Väter des Völker bundes tauchen ab und zu Gerüchte über den Abschluß von allerlei Geheimverträgen auf. Auch uns nahm man davon nicht aus. Wir entsinnen uns woh! alle noch dei Hetze, namentlich in der französischen Presse, die von aller lei hinterhältigen Plänen Deutschlands im Bunde mit Rußland zu berichten wußte. Wir konnten zwar jedesmal den Verdacht zerstreuen. Ein gewisses Mißtrauen blieb aber doch schließlich an irgendeiner Stelle zurück. Das war wohl auch beabsichtigt. Man hatte manchmal den Eindruck, als ob das ganze Geschrei über unsere Hinter hältigkeit nur dazu dienen sollte, den Blick von eigenen dunklen Machenschaften abzulenken. Aus amerikanischer Quelle geht jetzt durch die Welt die Meldung von dem Inhalt eines angeblich polnisch, rumänischen Geheim Vertrages, wobei auch Frankreich eine Nolle spielen soll. Nach der amerikanischen Quelle ist der Vertrag gegen Deutschland, Ruß- land und Ungarn gerichtet. Nun ist es allerdings schon lange bekannt, daß Polen und Rumänien einen Ver trag abgeschlossen haben. Prompt erfolgt dazu von fran zösischer Seite die Meldung, daß ein geheimes Militär abkommen mit diesen beiden Staaten nicht abgeschlossen worden sei. Das kann man schon glauben. Aber es ist nicht zu verwundern, wenn durch die ganze Angelegenheit jetzt, so kurze Zeit vor dem Augenblick, wo Deutschland in den Völkerbund eintreten soll, eine gewisse Unruhe in einzelnen deutschen Kreisen entstand. Dazu kommen Meldungen, daß französischerseits immer noch versucht Werden soll, zugleich mit Deutschland auch P o l e n in den Völkerbundrat aufzunehmen, was beweisen würde, daß Frankreich trotz des Locarnovertrages nach wie vor an der weiteren Schmiedung eines Netzes um Deutschland arbeitet. , Wie von anderer Seite verlautet, hat man bei den Polnisch-rumänischen Verhandlungen zwar nie an einen geheimen Militärvertrag gedacht, jedoch sollen Abmachun gen zwischen den beiderseitigen Generalstäben getroffen worden sein. Das käme schließlich aber aus dasselbe wie auf ein geheimes militärisches Abkommen hinaus. Bei der ganzen Angelegenheit, vor allem bei den jetzt wieder entstandenen Gerüchten, ist sicher von allen Seiten mit ziemlich dicker Farbe aufgetragen worden, so daß die Wahrheit in der Mitte liegen durfte. Frankreich kann bis zu einem gewissen Grade ruhig jeden Geheim vertrag abstreiten. Es kann sogar auf solche Abmachun gen verzichten, da es ganz offen ferne östlichen Verbünde, len trotz seiner eigenen Geldnot aufs reichlichste mit Mit teln unterstützt, damit sie ihre Heere auf die möglich größte Höbe bringen können. Trotzdem dabei natürlich nie von Deutschland gesprochen wird, weiß es die ganze Welt gegen wen sich die ganze Sache richtet. Das weiß man auch in Amerika. Deshalb ist man dort bei allen Verträgen, von denen man Kenntnis erhält, miß trauisch. Wenn in diesem Falle vielleicht der Ausdruck Geheimvertrag- zu stark ist, so hat im großen und gan- zen die amerikanische Quelle nicht unrecht, wenn sie die Augen der Welt einmal auf dieses System von Verträgen lenkt. Vielleicht bringt Deutschland in Genf diese An- gelegenheil auch zur Sprache, wozu die kommende Ab- rüstungskonserenz die geeignete Handhabe bietet. Deutsch- land als Völkerbundmitglied kann da ganz anders auf- treten als bisher, wo es nur die Nolle eines geduldeten Zuhörers spielte, dessen Meinung man zwar hörte, dessen Rat man aber nie befolgte. Beileidstelegramm des Reichskanzlers zum Tode Röchlings Berlin. Reichskanzler Dr. Marx hat dem Bruder des ver- Norbenen Kommerzienrats Louis Röchling namens der ^eichsrcgicrung in herzlichen Worten telegraphisch leine Teil- whme ausgesprochen. Dis Mlerbuudtagung in Gens. Wühl des Bureaus der Völkerbundversammlung. Die Völlerbundversammlung hat am Dienstag ihr Bureau gebildet, das satzungsgcmätz aus sechs von der Versammlung in geheimer Wahl zu bestimmenden Vize präsidenten und aus den Vorsitzenden der sechs Ver sammlungsausschüsse besteht. Die von der Versammlung gewählten Vizepräsidenten sind: Chamberlain (Eng land), Briand (Frankreich), Ishii, Scialoja (Italien), Figueroa (Guatemala) und Baron Lehmann (Liberia). Der Genfer Havasvertreter will erfahren haben, daß verschiedene Delegationen einen letzten Versuch unter nehmen würden, um Spanien zum Verbleiben im Völkerbundrat und in der Völkerbundversammlung zu veranlassen. Unter den verschiedenen ins Auge ge faßten Möglichkeiten erwähnt der Korrespondent einer seits die Wahl Spaniens zu einem nichtständigen Rats- mitglied mit erneuerungsfähigem Mandat, andererseits die Besetzung von nur acht nichtständigen Natssitzen mit der Maßgabe, daß ein Sitz für Spanien frei bleiben soll. ! Die Abreise der deutschen Delegierten 'ist zeitlich noch nicht festgesetzt. Sobald aber das Telegramm über den Aufnahmebeschluß in Berlin vor liegen wird, was für Mittwoch erwartet wird, wird die Delegation möglichst umgehend die Abreise antreten. Au den Formalitäten für den Eintritt gehört erstens die offizielle Aufnahme in den Völkerbund und dann die Niederlegung der von den sieben Staaten ausgefertigten Ratifikationsurkunden beim Völkerbundsekretariat Die Rede des Bundesrates Motta. Die Leiferder Mentaler ermittelt. In Berlin sind zwei junge Leute, Otto Schle singer und Willy Weber, im Städtischen Asyl für Obdachlose im Zusammenhang mit dem Attentat auf den D-Zug bei Leiferde verhaftet und nach dem Polizeiprä sidium gebracht worden. Schlesinger legte im Laufe der Vernehmung ein volles Geständnis ab. Nach seiner Aus sage traf er sich durch Zufall mit dem Kaufmann Willy Weber und da beide über keine Barmittel verfügten, be schlossen sie das Attentat aus den Zug, nm sich durch Raub Geldmittel zu verschaffen. Was der Täter erzählt. In dem Verhör hat Schlesinger erzählt, daß er aus ünem guten Hause aus Stuttgart stamme; der Vater sei gestorben, die Mutter lebe noch, habe ihn Musik studieren lassen und er sei Musiklehrer gewesen. Trotz seiner 22 xzahre habe er trübe Enttäuschungen erleben müssen und ier deshalb von Hause fortgegangen. Geldmittel standen ?ur Verfügung, deshalb ging er auf die Walze. Friedrichshafen am Bodenfee hat er den um ein Jahr alteren Techniker Willy Weber kennengelernt und mit ihm Freundschaft geschlossen. Sie seien zusammen gewandert oder haben sich im Algäu Herumgetrieben und seien, Wenn sie Geld hatten, auch auf der Eisenbahn gefahren. Nun hat ihnen ein Zufall den furchtbaren Plan eingegeben, einen Eisenbahnzug zur Entgleisung zu brin gen. Sie fanden nämlich einen großen Schraubenschlüssel und Weber, der Techniker ist, wußte sofort, daß dieser Schraubenschlüssel für die Arbeiten an der Eisenbahn be nutzt wurde. Dieser Schraubenschlüssel hat in Weber den Gedanken zum Reifen gebracht, nächtlich die Schienen arf der Eisenbahn an einer einsamen Stelle zu lockern. Oie Auffindung der Spur. Die Aufmerksamkeit der Polizei wurde auf die beiden Attentäter durch Webers Bruder gelenkt. Dieser Bruder, ei» in Hannover wohnhafter Kaufmann, gab auf dem Polizeipräsidium tu Hannover an, sein jüngerer Brudek Willy habe ihn Sonnabend besucht und sei Sonntag mit ihm nach dem Grabe des Vaters gegangen. Die furcht bare Unruhe Willys sei ihm ausgefallen, so daß er in ihn gedrungen sei, sein Herz zu erleichtern. Weber gab nun werter zu Protokoll: „Mein Bruder brach in Schlucbzen "us wid gestand mir, zusammen mit seinem Freunde Otto Schlesinger das Attentat in Leiferde begangen zu haben. Seither finde er keine Ruhe mehr." Auch der zweite Täter gesteht. Nach längerem Verhör hat auch der zweite Ver haftete, Willy Weber, ein Geständnis abgelegt. Bis- her hat er hartnäckig alles geleugnet. Als ihm die pro tokollierten Aussagen des Schlesinger vorgelesen wurden, der Vollversammlung ab. Er erklärte u. a.: Wenn wider Erwar ten die Vollversammlung sich morgen entscheiden würde, die von ihm vorgeschlagene geschäftsordnungsmätzige gleichzeitige Behand lung der drei Fragen abzulehnen, jo könne seiner Meinung nach nur folgendes das Resultat sein: Die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund, die Zuteilung eines stärHigen Ratssitzes an Deutschland und die Vermehrung der nichtständigen Nalsmit glieder von 6 auf 9, müßten alle drei zusammen an eine Kommis sion überwiesen werden. In diesem Falle, der ihm wenig wahr scheinlich erscheine, behalte sich das Büro das Recht vor, erneut zufammenzutreten und der Vollversammlung neue Vorschläge zu unterbreiten. Vie Hulnabme. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Genf, 8. September. Km 11,45 Uhr begann die nament liche Abstimmung über Deutschlands Aufnahme in den Völker bund. Die Abstimmung war in drei Minuten beendet. Der Präsi des teilte mit, daß sämtliche Delegierte ihre Stimme mit Ja ab gegeben haben, daß somit Deutschland einstimmig in den Völker bund ausgenommen worden ist. Diese Mitteilung des Präsiden ten findet braufenden Beifall bei der Versammlung. ver Nalslik. Eigner Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Genf, 8. September. Die Vollversammlung des Völker bundes beschloß die Zuerteilung eines ständigen Ratssitzes an Deutschland und die Vermehrung der nichtständigen Ratssitze von 6 auf 9. Dieser Beschluß wurde einstimmig herbeigeführt. Die Reichsbahngesellschaft teilt zu der Aufklärung der Eisenbahnkatastrophe von Leiferde folgendes mit: Der Standpunkt der Reichsbahnverwaltung bezüg lich der Entschädigungsfrage hat sich in keiner Weise ge ändert, nachdem jetzt durch das Geständnis Schlesingers feststeht, daß cs sich bei der Eisenbahnkatastrophe von Leiferde um ein Attentat handelt. Es wird betont, daß die Deutsche Reichsbahngesellschaft in diesem Falle nicht nach fiskalischen und rein rechtlichen Grundsätzen vor gehen wolle, nach denen bekanntlich der Reichsbahngesell schaft bei Attentaten keine Entschädigungspflicht aufer legt ist, sondern daß sich die Verwaltung von menschlichen Erwägungen leiten lassen und die Opfer und Hinter bliebenen so entschädigen werde, als ob die Deutsche Reichsbahngesellschaft für das Unglück verantwortlich sei. Sicherheitsmaßnahmen der Reichsbahnverwaltung. Die wie eine Epidemie in letzter Zeit auftretenden Unfälle im Bereich der Deutschen Reichsbahn, die an ähn liche Unfallperioden, z. B. im Jahre 1898, erinnern, haben der Hauptverwaltung der Deutschen Neichsbahngcsellschasl nach ernsten Beratungen zu außerordentlichen Maßnah men Veranlassung gegeben. Obgleich der Hauptverwaltung der Reichsbahn allmonatlich Berichte über die Betriebsführung und den Zustand der Anlagen vorgelegt werden und obgleich in diesen Berichten, die direkt aus der Praxis stammen, stets betont worden ist, daß die Betriebssicherheit durchaus ge wahrt ist, hat sich die Hauptverwaltung zu folgenden Maßnahmen entschlossen: 1. Der Streifdienst ist in star kem Maße auf den Strecken und Bahnhöfen auch bei Nacht zu verstärken. Ist es doch eine alte Erfahrung, daß einmal verübte Anschläge in der ersten Zeit zu Wiederholungen Anreiz geben. 2. Die besten Praktiker der Neichsbahnverwaltung treten sofort mit Vertretern des Reichsverkehrsministeriums und fachkundigen Ver tretern des Beamten- und Arbeiterpersonals zu Kommis sionen zusammen, die das gesamte Reichsbahngebiet zur Kontrolle bereisen. Sie sollen feststellen: den Zustand des Oberbaus, den Zustand des rollenden Materials, die Handhabung des Betriebsdienstes, die Beanspruchung des Personals. Weitere GeMdMffe Schlesingers und Webers. Berlin Die weiteren Vernehmungen Schlesingers mit Webers, die die Verübung des Anschlages aus den Berlin— Genf, 7. September. Bundesrat Motta gab in der ersten Kommission wichtige Erklärungen über die Arbeiten des Büros Seltänänis der Slenbadnattentäter. brach er schluchzend zusammen und gab zu, daß sowobl Schlesinger wie er und sein Bruder Walter, der in Han nover verhaftet ist, alle drei zusammen im Wartesaal des Lehrter Pahnhofes genau den Plan einer Zugentgleisung mit darauffolgendem Raub besprochen haben. Der Bruder Walter sei aber dann zurückgetreten und er habe im Ver^ ein mit Schlesinger das Attentat durchgeführt. Trotz des Attentats volle Entschädigung.