Volltext Seite (XML)
Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die8gespalteneAaumzeile20Goldpfcnnig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold- Pfennig, die 3 gehaltene Aeklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Acchweisungsgedühr 20 Goldpfennig. Dor- gejchriebeneErscheinung^ rage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeir Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. b berücksichtigt. Anzeigen, annahme bis vorm. 10Uhr — — —— — Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Nabattanipruch rrlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. T-s-dlaM erscheint '"glich n°chm. 5 Uhr sür den «en. A"^ot?n2^M d« G-schästsst-ll- nnd den Ausgabestellen 2 Mk. nn Mona«, bei üUft-aung °n Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend N°.eE^ v-Lg-r nnd Deschastsstellen oder sonstiger D-tri-b-ftSrnng-n besteht kein Anspruch aus Liescrung «LÄgb -- -ing-,andter Schriftstücke --folgt nur, wenn Porto b-Ni-gt. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekannttnachungen der Amtshauptmannschast Weihen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Noffen. Nr. ISS. 85. Jahrgang. Telegr.-Sdr.: .Amtsblatt- Wilsdruff-Dresdeu Postscheck: Dresden 2840 Donnerstag, den 26 August 1926 SS es Tanger. In den Vordergrund der außenpolitischen Fragen womit sich jetzt die gesamte Weltpresse beschäftigt, hat sich auf einmal die Tangerfrage geschoben. Sie ist ja schon stets ein heißes Eisen gewesen. Man umging rine Entscheidung immer nur dadurch, daß man die Ange legenheit auf die lange Bank schob. Jetzt scheint es aber keinen Ausweg mehr zu geben, nachdem Spanien seine Vertreter in London, Paris und Rom an- hat, bei den dortigen Regierungen auf das nach drücklichste seine Ansprüche auf Tanger zu fördern. Das wird im geheimen Wohl immer schon geschehen sein. Die Angelegenheit trat jedoch nie so offen zutage, wie es jetzt der Fall ist, wo Spanien die günstige Gelegenheit wahr nimmt, um zusammen mit seiner Haltung in Genf zu der Ratsfrage gleichsam zwei Eisen im Feuer zu haben. Bis 1904 gab es keine eigentliche Tangerfrage, ebenso wie man Marokko unangetastet ffeß. Dieses Land wurde erst ein Streitobjekt der Mächte, als Frank reich mit England jenen Pakt schloß, wodurch England freie Verfügung über Ä g v p t en erhielt, während es dafür seine Uninteressiertheit an Marokko erklärte, auf das Frankreich schon längst sein begehrliches Auge ge worfen hatte. Jetzt glaubte Frankreich einen Freibrief er halten zu haben und es konnte, gedeckt durch die englische Politik, endlich seine Karlen auf den Tisch legen. Das! ergab Verwicklungen mit Deutschland. In Erinnerung: aller ist wohl noch die Marokkofahrt des früheren Kaisers, wobei er in Tanger landete, und das plötzliche Erscheinen des deutschen Kriegsschiffes „Panther" mehrere Jahre nachher vor Agadir, das seitdem als der sogenannte „Panthersprung" in der Geschichte fortlebt. Vorteil er wuchs Deutschland nicht bei der Sache. Das bekamen wir auf jener Konferenz von Algeciras zu fühlen, wo uns zürn ersten Male die Koalition geschlossen gegen- ubertrat, die wir im Weltkriege als Gegner vorfanoen. Schon damals war es für alle Sehenden klar, ein wie unzuverlässiger Freund Italien war, der uns, trotz dem es noch zum Dreibund gehörte, einfach im Stiche ließ. Der Algeciraspakt, der die Aufteilung Marokkos in eine französische und eine spanische Zone brachte, war die eigentliche Geburtsstunde der Tangörfrage. Eng land war dabei die treibende Kraft, weil es nicht zu lassen wollte, daß diese wichtige, Gibraltar gegenüberlie gende Stadt in die Hand einer bestimmten europäischen Nation geriet. Das Abkommen mit Frankreich hinderte England, die Stadt einsach zu annektieren. So erfand man den Ausweg der internationalen Verwaltung. Für Spanien war diese internationale Tanger zone ein Pfahl im Fleische. Das empfand es besonders während der letzten schweren Kämpfe mit Abd-el-. Krim. Eine Zeitlang schien es, als ob sich Frankreich und Spanien stillschweigend über Tanger einigen wollten. .""f einmal Italien auf dem Platze, das an der Verwaltung des Gebietes anmel- Komplikation scheint allerdings in dem Augenblick aus dem Wege geräumt zu sein, als Spanien seinen Vertrag mit Italien schloß, der doch wohl etwas weiter geht, als beide Teile zugeben wollen. Denn sonst hätte wohl Spanien nicht gewagt, jetzt auf einmal so offen seine Forderungen zu stellen. Deutschland ist an der eigentlichen Tangerfrage nicht mehr interessiert, nachdem man es nach Kriegs ende zwang, sich von den Marokkoangelegenheiten über haupt zurückzuzlehen. Die Frage hat jedoch inzwischen für uns insofern eme Bedeutung gewonnen, als sie mit der Ratsfrage zusammengekoppelt ist. Es sieht so aus, als ob Spanien Tanger als Pflaster auf die Wunde verlangt, die ihm geschlagen wird, wenn mau seinen An spruch auf einen ständigen Natssitz in Genf ablchnt Das muß geschehen, wenn man das Locaruoabkommen halten Will. Der Schlussel zur Lösung liegt bei England wo man sich bis jetzt in Schweigen hüllt, wenigstens liegen offizielle Äußerungen nicht vor. Nach seiner früheren Haltung müßte es allerdings gegen den spa nischen Anspruch sein. Aber es ist möglich, daß es, um ein Scheitern der ganzen Ratsaktion zu verhindern, doch nachgibt, zumal Gibraltar kaum noch den früheren Wert für England hat. Deutschland hat, wie gesagt, kaum In teresse, Spanien den Tangerbesitz zu neiden. vM Ge genteil würden dadurch nur klare Verhältnisse geschahen werden. Von deutscher Seite muß allerdings darauf gesehen werden, daß diese Frage nicht plötzliche Über raschungen bringt, die dazu zwingen könnten, die ganze Stellung Deutschlands zum Völkerbundprogramm erneut einer Revision zu unterziehen. Von maßgebender deut scher Seite ist wiederholt worden, daß wir erst nach Genf gehen, wenn die Ratsfrage in unserem Sinne gelöst ist. Es muß also bis dahin auch in der Tangerfrage Klarheit geschaffen sein, da nicht anzunehmcn ist, daß Spanien so wohl in der Ratsfrage wie in der Tangersrage nach gibt. Dazu hat es sich nach beiden Richtungen hin zu sehr festgelegt. Polizeiaufgebote im englischen Streikgebiek H London. Die Negierung har beschlossen, sehr starke Achizeitruppen in die Bergwerksdistrikie zu senden, um den -Asbruch von Unruhen möglichst zu verhindern. WWSHW m AM M FmkrM. Ausblicke auf Gen?. Der Besuch Fromageots in Berlin Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 26. August. In politischen Kreisen wird der Be such des französischen juristischen Sachverständigen Fromageot in? Berlin viel bemerkt. Daß der Besuch zunächst amtlich nicht be stätigt werden konnte, hat seinen Grund darin, daß sich die deutschen amtlichen Stellen zur Geheimhaltung des Besuches ver pflichtet hatten. Der Besuch hat zunächst insofern große Bedeu tung, als durch ihn zum Ausdruck gebracht sein dürfte, daß England und Frankreich nach wie vor gewillt sind, bei der Um bildung des Völkerbundes nur in Fühlungnahme mit Deutsch land vvrzugehen. Wie man hört, bleibt nach wie vor die Ab sicht bestehen, von den Cecilschen Refonn-vorschlägen, die in der letzten Sitzung der Studienkcmmifsion angenommen wurden, auszugehen. Die Tatsache jedoch, daß eine persönliche Fühlung nahme der juristischen Sachverständigen noch vor Zusammentritt der SLudienkommission als erforderlich angesehen wurde, läßt darauf schließen, daß von Seiten der übrigen Locarnomächte gewisse Modifikationen im Rahmen der Cecilschen Vorschläge ernstlich in Erwägung gezogen werden. Der deutsche Delegierte für dri Studienkommission, Botschafter von Hoesch, wird für den 27. -. M. in Berlin zur Entgegennahme seiner Instruktionen erwartet. Schweden wird auf der Septembertagung im Völker- bundrat durch den ehemaligen Außenminister Undeu vertreten sein. Unden spielte bekanntlich auf der letzten Tagung durch sein Eintreten für Deutschland eine be deutende Rolle. Die österreichische Delegation besteht aus Botschafter a. D. Graf Meusdorfs, Gesandten, beim Völkerbund Pflügl, Gesandten in Bern Baron Di-' Pauli. Die Schweiz delegiert Bundesrat Motta, Stände rat Volli, Nationalrat Gaudard. Amerikanische AüfiunMÄündigmiarn. Kurz vor der Genfer Tagung und offenbar mit Be ziehung auf diese wird aus Washington gemeldet, der Vorsitzende des Flottenausschusses des Repräsenkan- teuhauses, der Republikaner Butler, habe erklärt, das Versagen der europäischen Mächte bei der Zustimmung zu einer wirklichen Entwaffnungskon serenz bereite ihm Unruhe. Amerika würde dadurch gezwungen, in naher Zu kunft aus Gründen der Vorsicht ein verstärktes Flotten programm anzunehmen. Amerika kenne die Lage der Rüstungen der übrigen Weltmächte. Wenn die einzelnen Nationen ihre Rüstungen nicht weiter hcrabsetzcn, könnte Amerika nur eins tun, nämlich weitere Schiffe bauen, so weit dies das Washingtoner Programm erlaube. Wört lich fasste Butler seine Erklärungen in die Parole zu sammen: Entweder weitere Herabsetzung der Rüstungen durch gegenseitige Abmachungen oder Ausbau u n - serer Rüstungen. j Weiter sagte Butler, seine Stellung zwinge ihn, Eu- , ropa stärkstcns zu beachten, er sehe aber dabei nur, daß alle Bewegungen für die Abrüstung fehlschlügen. Gin französisches Zugendheer. Der Leiter der Abteilung sür körperliche Ertüchti gung im französischen Kriegsministerium, General Echard, veröffentlicht die Grundzüge eines geplanten ! Gesetzes, dessen Ziel es ist, durch militärische Jugender- > ziehung die Militärmacht Frankreichs zu stärken. Der Artikel 1 dieses Gesetzes lautet wörtlich: Be- i reits in der Schule soll die militärische Erziehung als j Unterrichtsfach eingeführt werden. Auch nach Vollen- f düng der Schule bleibt sie obligatorisch. Zwei Jahre lang i vor Eintritt in die Armee wird so jeder Mann im Zivil- z rock zum Soldaten gemacht. Sogar die Ausbildung sür - die Spezialwaffen (Maschinengewehre, Mechaniker, Feuer- ! Werker usw.) soll schon vor der Dienstzeit geschehen. Minderheitenkongreß. Am Mittwoch wurde in Gens der zweite Kongreß der ! nationalen Minderheiten durch den Präsidenten des Stau- : digen Komitees, Dr. Wilsan (slovenischer Abgeordneter > im italienischen Parlament) eröffnet. Auf dem Kongreß j sind 38 nationale Minderheitengruppen aus 19 Staaten z vertreten. Das Programm des Kongresses umfaßt fol- ? gende Punkte: Garantie der freien Entwicklung der natio nalen Kultur, Erhaltung der Muttersprache, Zusicherung der wirtschaftlichen Gleichstellung innerhalb des bürger lichen Rechts, Gleichheit mit Bezug aus das Wahlrecht und dessen Ausübung, Mittel zur Regelung von Konflik- ten zwischen Regierungen und nationalen Minderheiten. - Die Bedeutung des Kongresses erhellt aus der Tak- j sache, daß allein in Europa 50 Millionen Menschen zu j einer nationalen Minderheit gehören. — Notlandung eines französischen Flug zeuges bei Linz — Bomben an Bord Linz a. d. Donau, 26. August. Gestern mußte zwischen Schönaring und Aitloven in der Nähe von Linz ein französisches Militärflugzeug infolge Motordesektes notlanden. In dem Appa rat befanden sich zwei Piloten und ein Beobachter. Bei der Prü fung der Landung des Apparates, in dem sich eine große Menge Proviant befand, wurde festgestcllt, daß das Flugzeug auch zwei große Abwurfbomben mit sich führte. Der Apparat wurde des halb von der Gendarmerie bewacht. Die Flugzeugführer wurden einstweilen nach Altkoven gebracht. Neue Oftenkive im M. Paris, 25. August. Wie aus Fez gemeldet wird, hat i heute eine neue militärische Operation zur vollen Besetzung des f Rifgebietes begonnen. Auf einer Front von 50 Kilometer Länge und 20 Kilometer Breite sollen insgesamt 600 Quadratkilometer !- besetzt werden. Man rechnet besonders im Gebiete der Djaballa und Gheza mit erheblichem Widerstand. Argentinien als einwanäerungsianä. Me AuswrmderiWSsrtM. Einer unserer Mitarbeiter wurde m diesen Tagen von dem argentinischen Generalkonsul in ' Berlin, Herrn Oberstleutnant Justo E. Dia na, empfangen und gibt nachstehend die Ein drücke wieder, die er bei dieser Unterredung gewann. Vor einigen Tagen besuchte ich den argentinischen Gene ralkonsul in Berlin und hatte Gelegenheit, mich mit ihm über Argentinien als Einwanderungsland zu unterhalten. „Herr Konsul! Sie wissen, daß wohl eines der heikelsten, aber auch der brennendsten Probleme der Gegenwart das Ein- bzw. das Auswanderungsproblem in den europäischen Ländern, speziell aber in Deutschland ist. Wenn cs auch das Ziel jeder deutschen Regierung ist und sein muß, durch den Völkerbund wieder die Verfügungsgewalt über koloniale Gebiete zu erlangen und damit zu verhindern, daß zahl reiche Söhne unseres Vaterlandes in einem fremden Land ohne Nutzen für die Heimat zu Pionieren der Kultur und Zivilisation werden und in einem fremden Volke aufgehen, so wird sich aus absehbare Zeit doch dieses Übel nicht so rasch und befriedigend abftellen lassen. Das Auswanderungspro blem ist da und wird nach weiter dablciben. Neben unseren Bemühungen zur Erlangung kolonialen Besitzes kann es darum vorläufig keine bessere Arbeit geben, als die große Z.hl der zur Auswanderung Gezwungenen richtig zu be- aten. Gute Meinung besteht gegenüber Argentinien und seiner Bevölkerung." „Das ist richtig. Die Republik Argentinien bietet die t größten Möglichkeiten zur Einwanderung aus Europa und i ist für das deutsche Auswanderungsproblem von besonderem > Interesse. Schon in der argentinischen Staatsverfassung, wel- i ehe nach dem Vorbild der nordamerikanischen errichtet worden ist, wird es zum Ziel der argentinischen Politik gemacht, die Einwanderung von arbeitskräftigen Ausländern aus den alten europäischen Kulturländern zu fördern." „Hat sich diese Einstellung in der Einwanderungsfrage für Argentinien bewährt?" „Der Verfolgung dieses Zieles ist es zu danken, daß die Argentinische Republik aus die hohe Kulturstufe, auf der sie heute steht, gelangen konnte. Aus wohl allen Teilen des allen Erdteils strebten die Söhne der Kulturvölker dem unerschlos senen Reiche jenseits der Meere zu. Sie vermischten ihr Blut, ihre Arbeitskraft und ihre Tugenden miteinander, um ge meinsam mit den Eingeborenen dem freigebigen Boden die Überfülle seiner Schätze zu entlocken. Hierin liegt das Ge heimnis unseres so schnell erreichten Aufstiegs." „Wird der Strom der Auswanderer aus dem alten Euro pa nach Berufsarten und Fähigkeiten systematisch über das Land verteilt oder bleiben sich die Einwanderer selbst überlassen?" „Früher war es natürlich nicht möglich, die Einwanderer massen zu organisieren und auf die verschiedenen Gebiete der Republik angemessen zu verteilen. Sie waren sich selbst über lassen und suchten sich nach eigener Wahl, so gut es ging, je nach ihren Neigungen und Verufsarten, die für sie geeigneten Gegenden aus. Das war den einzelnen im gänzlich fremden Lande natürlich nicht immer leicht. Viele sind dadurch unter gegangen oder haben ihre Kräfte lange Zeit nutzlos verschwen-